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KV-Handbuch (1984)

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KV Handbuch

1984

Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine

gegr. 1853 herausgegeben von Bernhard Egen Christoph Erggelet im Auftrag des KV-Rates Kommissionsverlag: Verband alter KVer e.V. Geschäftsstelle: Beckum

  • KV-Sekretariat -

Alle Rechte, auch die auszugsweise Wiedergabe und Übersetzung, bleiben dem Verlag vorbehalten Mai 1984 Druckerei J. P. Bachern, Köln

Einführung für Unwissende Vertiefung für Wissende Belehrung für Allwissende

So den Zweck des vorliegenden Handbuches zu beschreiben, wäre sicherlich etwas vereinfachend - trifft aber im wesentlichen den Kern der Sache. Dieses Büchlein soll uns helfen, die enormen Möglichkeiten zu nutzen, die ein Zusammenschluß Gleichgesinnter von der Größe des KV bietet:

  • Verbreitung von uns als wichtig erkannter Werte

  • Stärkung unseres christlichen Grundverständnisses

  • Erweiterung des persönlichen und intellektuellen Horizontes

Dieses zu erleichtern durch die Beschreibung historischer Hintergründe, durch die Erklärung der Traditionen und durch konkrete Hinweise für die Bewältigung der Probleme von heute ist das Hauptanliegen der Mitarbeiter dieses Werkes. Wir möchten allen danken, die uns dabei geholfen haben; sei es gedanklich, sei es redaktionell oder sei es physisch durch die Bereitung von Speisen und Getränken in lobenswerter Qualität und Menge. An dieser Stelle gilt unser Dank dem einen Elternpaar. Auch in der trockenen Auseinandersetzung mit deutscher Rechtschreibung und Interpunktion beim „Korrekturlesen" wurden wir tatkräftig unterstützt. Hier sei dem anderen Elternpaar gedankt. Dank gebührt auch Michael Lankeit und Klaus Gierse, die durch ihre langjährigen Bemühungen den Grundstein legten für dieses Buch, sowie Herrn Hartrumpf von der Druckerei Bachern, durch dessen engagierte Unterstützung die „Darstellung" unserer Vorstellungen wesentlich erleichtert wurde. Nicht zu vergessen Kb Dr. Wolfgang Löhr, der uns durch seine erfrischend unbürokratische Mitarbeit eine wertvolle Hilfe war. Wir würden uns freuen, wenn die Lektüre dieses Handbuches förderlich wäre für die Entwicklung unseres Verbandes, seiner Ideen und seiner Mitglieder. Mit dieser Bitte sei es nun der geneigten Leserschaft überlassen.

Münster/Essen im Mai 1984

die Herausgeber

AUTOREN

Dr. Dieter Binder (Wi), Wissenschaftlicher Assistent

Bernhard Egen (Mk), cand. med.

Christoph Erggelet (Gm-Ho, Rhpr), cand. med.

Klaus Gierse (Rh-E, Nm-W), Studienrat

Dr. Hermann-Josef Großimlinghaus (UV), Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft katholischer Studentenverbände (AGV)

Andreas Grumpe (Agl), cand. rer. nat.

Prof. Dr. Klaus Hemmerle (Bv), Bischof von Aachen

Rolf Houben (Bsg), Rechtsanwalt

Hans-Gerd Jauch (Arm), cand. jur.

Robert Jauch OFM (Rh-I, Arm, Rh-F, Ta)

Klaus Jostarndt (Mk), Diplomkaufmann und Steuerberater

Dr. Elmar Kammerloher (Ale), Ministerialrat

Wolfgang Kamper (Rh-I, Rh-D), Diplomkaufmann

Prof. Dr. Franz-Ludwig Knemeyer (Mk)

Harald Krusenotto (Agl), Rechtsreferendar

Jochen König (Rh-Mv, Rhpr), Dipl. oec. und Rechtsreferendar

Michael Kumor (Mk), Kaufm. Angestellter

Michael Lankeit (Nbg, Un, Als), Regierungsrat

Erich-Gerhard Lau, Geschäftsführer des KV-Sekretariates

Dr. Wolfgang Löhr (Arm, Car-F, E. d. Un), Stadtarchivdirektor

Dr. Bernd Lübbers (Aln, HM, Ma, Nm-W), Diplom-Chemiker

Bernward Mezger (Rh-Mv, Rh-I, Rhpr), Diplom-Theologe

Joachim Pauli (Rh-Mv, Rh-I, Rhpr), Diplom-Theologe

Gerhard Rastetter (Rp), Richter

Prof. Dr. Michael Schmaus (Ale, Is, Ott, E. d. Sax, E. d. Vn, E. d. Süd, E. d. Erw.)

Dr. Wilhelm Schreckenberg (Sv, E. d. Car-F, E. d. Ta, E. d. Un), Oberstudiendirektor

Winfried Terstesse (Mk, Wf), Presse- und Bildungsreferent

Prof. Dr. Dr. Dr. Gustav Vogel (Bv, Mk, Nc)

Marcus Volpert (Rh-Mv, Rhpr), Diplomingenieur

Prof. Dr. Manfred Wochner (Rp, Albi)

Statt einer Einleitung:

Der KV in der Welt des späten 20. Jahrhunderts Anspruch und Wirklichkeit

von Wilhelm Schreckenberg

Ein Handbuch wie das vorliegende muß zunächst die Frage zu beantworten suchen, welchen Sinn es eigentlich heute, in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, noch hat, einem „Verband katholischer deutscher Studentenvereine", einer Gründung aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts unter völlig anderen Zeitumständen und Weltverhältnissen, anzugehören; welche Entscheidung man damit getroffen hat oder trifft, daß man ihm angehört oder sich sogar zu ihm bekennt; welche Verpflichtungen sich aus Mitgliedschaft und Bekenntnis ergeben; und schließlich sicher auch welcher Anspruch mit solcher Zugehörigkeit verbunden ist. Dabei genügt es nicht mehr, auf die Prinzipien zu verweisen und sie zu kommentieren oder zu interpretieren. Die Prinzipien selbst müssen vielmehr kritisch befragt werden: ob sie nämlich noch von der Art sind, daß der Mensch des späten 20. Jahrhunderts mit ihnen und durch sie eine Welt und sein Leben gestalten und bewältigen kann oder ob sie nur noch Museumsstücke aus einer Zeit sind, die unter anderen Gesetzen stand. Unsere Prinzipien, die Grundpfeiler unserer Existenz in ihrer historischen und aktuellen Dimension, müssen ihre Tragfähigkeit ausweisen, wenn sie KV-Zugehörigkeit legitimieren sollen und - mehr als das - uns als KVer zum Handeln in dieser Welt Richtung und Zielsetzung bieten können. „Wir stehen in einer Zeit enormer Umbrüche. Ein radikales Fragen und Infragestellen hat umsich gegriffen; vor dem Anspruch einer Zukunft alles übergreifender zivilisatorischer Superstrukturen erscheinen oftmals die bedachtsam gesetzten Steine der Vergangenheit und auch der in der Vergangenheit gebildeten menschlichen Gruppierungen als nicht mehr tragfähig. In dieser Situation, die oft selbstzerstörerische Erscheinungen produziert, in der der Zweifel vieler Gutgesinnter zu Resignation und Disengagement führt, ist entschiedenes und auch opferbereites Engagement von um so größerer Bedeutung geworden. Unsere Gemeinschaft hat mit den neu interpretierten Zielvorstellungen eine Aufgabe, der KV hat Chancen für die Zukunft; er nutzt diese Chancen aber nur, wenn er seine Prinzipien vor Deklamationen schützt, sie vielmehr engagiert, gegenwarts- und zukunftsbezogen vertritt und lebt. Und das im Vertrauen auf die Brüderlichkeit mit dem Bundesbruder - einem Ausdruck, der so leicht über die Lippen geht."1)

Dies alles darf nun nicht so verstanden werden, als könnten alle diese Probleme in einem kurzen Handbuch-Artikel wie diesem beantwortet werden. Was hier geboten werden soll, ist nicht mehr - aber auch nicht weniger - als der Versuch, eine der zentralen Leitlinien oder vielleicht sogar die zentrale Leitlinie unserer Existenz aufzuweisen, eine Linie, die von den Anfängen unserer Gemeinschaft bis in unsere unmittelbare Gegenwart hineinreicht und intensiv bestimmend für das Denken und Handeln der KVer, seit es sie überhaupt gibt, gewesen ist. Sie verdichtet sich in dem Thema, das sich der Verband für die Jahresarbeit 1980 gesetzt hatte: „Elite-Dienst aus Verantwortung" und zielt auf die Klärung der Frage, ob es Anmaßung oder berechtigter Anspruch ist, Elite sein zu wollen oder sogar zu sein. Wir können dieser Linie nur folgen, die Frage nur beantworten, wenn wir nachzuvollziehen suchen, was eigentlich die Mitglieder unseres Verbandes von seiner Urzeit, also der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, bis heute gewollt haben, was ihre Motive und Ziele waren und wie sie tatsächlich gearbeitet haben, um das, was sie wollten, erreichen zu können.

„ Wir sind alle Brüder eines Bundes"

„Ein Bund, wie es eine katholische Verbindung ist, ist eben nicht einfach irgendeine studentische Gemeinschaft, sondern er ist in einem rechtverstandenen Sinne eine Zelle der Kirche, eine brüderliche Gemeinschaft innerhalb des großen Bruderbundes, den die Kirche Jesu darstellt. Wir wollen einmal dieses Wort ,Bundesbruder' in einer solchen, fast möchte ich sagen ,heilsgeschichtlichen' Schau sehen. Wir sind alle Brüder des einen Bundes, den Gott in Jesus Christus mit den Menschen schloß. In dieser Sicht ist der Kolpingsohn, der Bauer, die Hausfrau, all jene, die einen ganz anderen Beruf haben, die beim Pfarrgottesdienst neben euch stehen, auch ein Bundesbruder und eine Bundesschwester. Wir spüren alle, daß von einer solchen Überlegung her die innere Gemeinschaft euerer Verbindung vertieft werden kann, über eine bloße Deklamation hinauswächst in ein echtes Sich-lieben, Sich-ertragen, Sich-stützen und sich dabei zugleich von aller Verengung löst. Da ist kein akademischer Dünkel möglich; da ist kein Aburteilen über andere Brüder älterer und neuerer Art denkbar. Wir werden uns auch ganz selbstverständlich in jene Zelle der Kirche hineinbegeben, zu der wir gehören, in die Pfarrei. Dann wird euer Pfarrer froh sagen können: ,Dieser oder jener Akademiker mit seiner Familie ist ein lebendiges Glied meiner Pfarrei. Und soweit es ihm möglich ist, ist er auch zu haben für diese oder jene Aufgabe!' Es ist sicherlich nicht entscheidend, daß jeder von euch im Kirchenvorstand oder Pfarrausschuß ist; aber das muß deutlich sein, daß ihr in der Pfarrei eueren Dienst tut! Und wenn nur das einmal geschähe, was ich einmal von einem hochgestellten Akademiker hörte, der zu seinem Pfarrer sagte: ,Herr Pfarrer, ich bin sehr beschäftigt, ich kann wenig tun in der Pfarrei, aber ich will heute einmal an diesem Caritassonntag ein paar Stunden die Sammelbüchse durch die Straßen tragen!' Solche Beispiele, die man vervielfältigen könnte, werden wir nur dann sehen und vollziehen, wenn wir die gläubige Grundeinsicht haben, daß wir in der ,Koinonia', in der Gemeinschaft der Kirche stehen."2)

Mit der ihm eigenen Präzision hat unser verstorbener Kartellbruder Julius Kardinal Döpfner, Erzbischof von München und Freising, mit diesen Sätzen den Problemhorizont gekennzeichnet, in dem wir uns bewegen: Daß wir nämlich immer in der Gefahr sind, uns im „Dünkel" unserer Akademikerexistenz von denen zu entfernen, die uns „Brüder" sein müßten, und uns in die Exklusivität eines künstlichen Brudertums zu flüchten. Hier wird in der Tat der volle Umfang des Problems erkennbar, das aus der Verknüpfung des Korporationsgedankens mit Katholizität und Akademikertum entsteht: während der Korporationsgedanke zunächst vielmehr die Exklusivität akzentuiert, und Akademikertum oft den Elite-Anspruch ins Elitäre zu überdehnen droht, bedeutet Katholizität immer umfassende „Bundesbrüderlichkeit". Anspruch und Wirklichkeit unseres Verbandes haben durch seine ganze Geschichte hindurch gezeigt, wie sich die positiven Möglichkeiten, die in der Verbindung dieser drei Momente von Anfang an enthalten waren, entfalten konnten, ohne durch gefährliche Verirrungen deformiert zu werden.

Nur auf der sicheren Grundlage der Religion ein lebenskräftiger Organismus

Die so oft zitierte „erste öffentliche Prinzipienrede katholischer Korporationen" des Freiherrn von Hertling aus dem Jahre 1863 weist diese Markierung unserer Existenz als KVer schon mit aller Deutlichkeit auf. Georg Freiherr von Hertling sprach damals über den „starken Einfluß der akademischen Freiheit auf die Entwicklung des jugendlichen Geistes" und die daraus entstehenden Gefahren: „Die Verwechslung der Zeit ernster Lebensvorbereitung mit einer Zeit schrankenlosen Genusses, das falsche Ideal der Wissenschaft, das den Lernenden verlockt, die eigene Meinung und das Ergebnis noch unvollkommener Forschung selbstüberhebend über die Autorität der Offenbarung zu setzen" hat seiner Meinung nach ernste Folgen für das Leben des Mannes. „Diese neuen Vereine erkannten, wie nur auf der sicheren Grundlage der Religion ein lebenskräftiger Organismus erwachse, nur durch das Band der Religion alle anderen Ideen zu einem harmonischen Ganzen vereinigt werden könnten. Nur anhand eines religiös sittlichen Prinzips glauben sie die erste Aufgabe lösen zu können, die sie sich stellten: die Heranbildung echt männlicher Charaktere. Als zweite Aufgabe aber stellten sie sich der Teilnahme an dem großen religiös-wissenschaftlichen Kampf der Gegenwart... Wenn dies die Aufgaben sind, die sich die bezeichneten Vereine gestellt haben, so können diese Vereine nur katholisch sein. Unterscheiden sie sich von allen früheren Versuchen dadurch, daß sie die Ideen, die jeder einzelnen zugrunde liegen, alle in sich vereinigen, so konnten sie nur auf dem Boden der Religion entstehen, die allein den ganzen Menschen erfaßt. Dem innersten Wesen ihrer Bestrebungen nach konnten sie nur dort hervorgebracht werden, wo allein eine Vereinigung von Autorität und Freiheit möglich ist, wo die Forschungen des schwachen Menschengeistes eine unumstößliche Norm und den höchsten Abschluß finden: in den Lehren des Glaubens."3

Die bedrohliche Selbstüberhebung, die Anmaßung des menschlichen Geistes, die im Bereich des Akademischen droht, muß durch die Anerkennung „unumstößlicher Normen" abgefangen werden. Der „ganze Mensch" wird gefordert, der die rechte „Vereinigung von Autorität und Freiheit" möglich macht und dadurch der Gefahr entgeht, sich von denen abzusondern, die seine Hilfe brauchen. Schon hier, ganz am Anfang unserer Geschichte, steht also mit aller Deutlichkeit der Gedanke, daß Akademikertum zugleich heraushebt und einbindet in Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, daß Akademikersein Elite, aber auch das Abgleiten ins Elitäre, in unberechtigte Überheblichkeit, hybride Anmaßung bedeuten kann.

Akademische Exklusivität ist nicht soziale Exklusivität

Damit aber stellt sich erneut die Frage, was wir eigentlich meinen, wenn wir uns „Akademiker" nennen. „Vom Gebildeten unterscheidet sich der Akademiker dadurch, daß er - über den durch Erziehung und Selbstbildung erreichbaren allgemeinen geistigen Standard hinaus - theoretisch methodisches Denken erlernt hat, welche Fähigkeit ihm nicht nur Bereicherung des Lebens, sondern Beruf und soziales Schicksal bedeutet... Durch seine - im Idealfall umfassende - Geistesbildung (im Sinne der Idee der Universität) soll er im Unterschied selbst zu höchstqualifizierten Spezialisten befähigt sein, die ihrer Natur nach komplexen Kulturprobleme zu erfassen und die Führungsfunktionen auf fast allen Kultur (sach)gebieten, besonders auch hinsichtlich ihrer berufsbildungsmäßig unspezifischen Anforderungen, sachgerecht wahrzunehmen. Ein weiteres Moment (und zugleich ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Intellektuellen) ist das aus der Substanz des Wissenschaftsethos' abgeleitete und mit der Entwicklung eines besonderen akademischen Standesbewußtseins konkret ausgeformte Ethos des Akademikers. In seiner rigorosen Ausprägung, zu der sich der Akademikerstand in der Zeit seiner geschichtlichen Reife im Prinzip bekannte, fordert es vom Akademiker, daß er im Bewußtsein, der Elite anzugehören, seine Aufgabe im Interesse des Gemeinwohls um ihrer selbst willen leistet."4) „Umfassende Geistesbildung", ein besonderes „Ethos", Leistung „um ihrer selbst willen" - das sind Kennzeichnungen des Akademikers und Forderungen an ihn, die ihn auch jenseits bloß lexikalischer Bestimmungen immer wieder abheben von den Nicht-Akademikern und in denen eindeutig ein Anspruch erkennbar wird, wie er nur für diese Gruppe erhoben wird. So hat Max Planck einmal als Hauptmerkmal des Akademikers den „Blick aufs Ganze" bezeichnet. Der junge Mensch, so heißt es bei ihm, werde von allgemeinen Vorstellungen eines bestimmten Berufes angelockt. Er dringe, je mehr er sich damit befasse, immer mehr in seine Einzelheiten ein, so daß er zunächst vor Speziellem und Speziellstem das Ganze nicht mehr sehen könne. Verbleibe er in diesem Zustand, so werde er bestenfalls ein akademisch diplomierter Techniker seines Faches. Den Akademiker aber erkenne man daran, daß er auf Grund eingehender Kenntnisse und Beherrschung des Speziellen den Blick auf das Ganze des eigenen Faches, aber auch auf das Ganze des Geistes und des Volkes wiedergewinne und aus dem eigenen Fach Einsichten und Verantwortungsbewußtsein für das Ganze von Wissenschaft und Gesellschaft schöpfe.

Damit stoßen wir in den Kern unseres Akademiker-Verständnisses vor. Nicht das Einzelwissen macht die akademische Existenz aus, nicht der Titel, nicht das Einkommen! Den Akademiker kennzeichnet vielmehr die Fähigkeit, die Gründe des einzelnen, die Zusammenhänge und die Auswirkungen für das Ganze zu erkennen und aus der damit gewonnenen Einsicht Verantwortung für das Ganze zu übernehmen. Mit solcher Kennzeichnung aber wird notwendig eine Abgrenzung vorgenommen: gegenüber all denen nämlich, die der darin enthaltenen Forderung nicht gerecht zu werden vermögen. Die hier erkennbare „Exklusivität" des Akademikers, der Versuch, ihn von den anderen, wie wir meinen: vielen anderen zu unterscheiden, bedeutet aber keineswegs „soziale Exklusivität". „Unser Begriff des Akademischen hat, erstens, mit der Verteidigung eines Bildungsprivilegs bestimmter Gesellschaftschichten schlechthin nichts zu tun. Man kann ,Abgegrenztheit gegen die vielen' für ein Wesensmerkmal des Akademischen halten und zugleich der Meinung sein, die akademische Bildung müsse selbstverständlich allen Schichten des Volkes zugänglich sein. Das Beste der akademischen Haltung ist in jeder sozialen Schicht realisierbar. Überdies ist, zweitens, die akademische Haltung zwar dadurch gekennzeichnet, daß sie sich von der Haltung der vielen unterscheidet; sie ist aber nicht eine Haltung gegenüber den vielen. Zweifellos liegt hier eine Gefahr; sie muß ausdrücklich ins Auge gefaßt und vor allem durch die Hervorhebung der um so tieferen Verpflichtung bekämpft werden . . . Jede Elite ist innerlich durch Hochmut gefährdet (wahrscheinlich um so mehr, je weniger begründet ihr Führungsanspruch ist); dennoch ist Hochmut nicht das Wesen der Elite."5)

Katholische Exklusivität bedeutet vor allem Dienst am Menschen

Nimmt man zu dieser Bestimmung des Akademikers hinzu, was das Mehr des „Katholischen Akademikers" ausmacht, so wird die „Exklusivität" dieser Position noch deutlicher: Ein katholischer Christ - das ist ein Mensch dieser Zeit und dieser Welt, ein Mensch, der diese Zeit und diese Welt besonders ernst nimmt, weil er weiß, daß er in der Nachfolge Christi in ihnen und durch sie sein ewiges Heil erwirken muß. Sein Ziel, das Reich Gottes zu gewinnen, die Herrschaft Gottes in dieser Welt zu ermöglichen, kann er nicht neben und außerhalb und auf der Flucht vor Zeit und Welt erreichen, sondern nur in ihnen und durch sie. Dieses Bewußtsein läßt den Christen die Welt und den Dienst an ihr in neuer, ernster und klarer Sicht erkennen. Unter den Aufgaben des katholischen Christen in der modernen Gesellschaft steht daher an der Spitze der sachgerechte Weltdienst, d. h. das aktive Engagement, die Mitwirkung in der Gesellschaft, kurz: der Weltdienst des Christen. „Der katholische Akademiker, der seine Stellung und Aufgabe im heutigen deutschen Katholizismus recht sehen und meistern will, muß tätig werden; er muß aus der bloßen Konsumentenhaltung (auch des praktizierenden' Gemeindemitglieds) heraustreten im bewußten Entschluß zum Apostolat. Dabei ist es von der Lebenssituation des einzelnen hier und jetzt abhängig, ob dieses Tätigwerden für den einen aktive Mitarbeit in der kirchlichen Gemeinde bedeutet, für einen anderen überdurchschnittliches Engagement im Raum des Berufes und der Standesorganisationen der Fachgenossen, für einen dritten persönlicher Einsatz für Menschen in besonderen Nöten, für nicht wenige unmittelbare Mitarbeit an der Gestaltung der Gesellschaft, an deren staatspolitischer Ordnung. Jeder hat gemäß seinen Fähigkeiten und Neigungen hellhörig auf den je personalen Ruf des Gottesgeistes den Ort seines individuellen Apostolates zu suchen und zu finden . . . Als Kenner und Könner muß er kooperieren mit seinen Fachgenossen, ja mit allen verantwortungsbewußten Menschen guten Willens."6) Die erste Tugend des christlichen Arztes ist es also, ein guter Arzt zu sein, seine ganze Kraft der Heilung seiner Patienten zu widmen. Die erste Tugend eines christlichen Anwalts ist es, seinen Mandanten zu ihrem Recht zu verhelfen, seine Prozesse zu gewinnen und dafür zu sorgen, daß Gerechtigkeit geschieht. Christlicher Weltdienst ist es für den Architekten, gute und schöne Häuser zu bauen, in denen man menschenwürdig und familiengerecht leben kann. Der christliche Lehrer will zunächst und vor allem den ihm anvertrauten Kindern dazu verhelfen, ihre individuellen Anlagen zur Entfaltung zu bringen und ihr Leben danach gestalten zu können. An der Spitze aller Aufgaben des katholischen Christen steht dieser Dienst an den Menschen und ihrer Welt, steht die Glaubwürdigkeit in diesem Tun, steht die Zusammenarbeit mit all denen, die mit ihm auf diese Weise in die Welt hineinwirken und sich - wie er - dieser Aufgabe verpflichtet fühlen.

Die zweite Aufgabe des katholischen Christen ist die Gestaltung des eigenen Lebens im Geiste seines Glaubens. Diese Zielsetzung bedeutet die Präsentation christlichen Lebens in einer pluralistischen Welt und den Versuch, diese Welt dadurch von der Kraft dieses Lebens zu überzeugen. Eng verbunden mit dieser Aufgabe ist die christliche activitas in die Gesellschaft hinein, der betont soziale Aspekt des christlichen Lebens in der modernen Gesellschaft.

Mitarbeit in der Kirche

Unser Verband hat in zahlreichen Veröffentlichungen, Erklärungen und Resolutionen auf die Konsequenzen hingewiesen, die sich aus diesem Selbstverständnis für unser Verhältnis zur Kirche ergeben. „Verband und Gliederungen verstehen sich als eine ,auf katholischem Glaubensverständnis gegründete und aus katholischer Glaubensinitiative hervorgehende Gemeinschaft'. Sie sind freie Zusammenschlüsse, die kirchlicher Aufsicht und Weisung nicht unterliegen. Ihre Mitglieder sind bestrebt, "miteinander aus dem Glauben an Christus zu leben und sich diesem Glauben entsprechend in den verschiedenen Bereichen zu engagieren". Hieraus ergibt sich im Rahmen der Verwirklichung der Grundsätze des KV der Auftrag zur Mitarbeit in der Kirche. Er besteht sowohl für den einzelnen KVer als auch für den Verband und seine Gliederungen. Diese verstehen sich als Gruppe innerhalb der Kirche im Sinne der Rahmenordnung für die pastoralen Strukturen. Daraus ergibt sich für die Gliederungen des KV, daß sie in ihren Gemeinschaften - soweit möglich - die wesentlichen Grundfunktionen kirchlichen Lebens erfüllen sollen: Verkündigung des Glaubens, Feier des Gottesdienstes und diakonisches Wirken... Der KV sieht im persönlichen Einsatz seiner Mitglieder in kirchlichen Gremien oft eine herausragende Möglichkeit, das Prinzip ,religio' im Sinne der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils zur gemeinsamen Verantwortung aller Glieder der Kirche zu verwirklichen."7) „Es zeigt sich, daß die von der Synode beschlossenen Grundsätze zur Stellung und Arbeit der katholischen Verbände sich weitgehend mit den Grundsätzen decken, die in der Satzung unseres Verbandes festgelegt sind und in der praktischen Arbeit ihren Niederschlag gefunden haben. Entsprechend der Eigenverantwortung und Initiative der Verbände muß sich der KV um die Vertiefung und Verlebendigung des Prinzips ,religio' bemühen. In diesem Sinne ergeben sich für den einzelnen KVer und das gemeinsame Handeln in den Gliederungen des Verbandes vielfache Möglichkeiten zur Verwirklichung. Der KV sollte hierbei der Anregung der Synode entsprechend verstärkt mit anderen Organisationen und Institutionen im kirchlichen und im gesellschaftlichen Bereich, besonders ökumenisch, zusammenarbeiten."8) Die Verpflichtung zur Mitarbeit in der Kirche, der hier das Wort geredet wird, geht also davon aus, daß wir als „mündige Laien" auch für das Leben der Kirche mitverantwortlich sind. Dazu gehört vor allem auch der Dialog mit den nichtkatholischen Brüdern und Schwestern. Er soll den Weg öffnen für ein besseres gegenseitiges Verständnis, er soll die unterschiedlichen Standpunkte deutlich erkennbar werden lassen und dadurch die Möglichkeiten zur Annäherung schaffen, er soll Ausgangspunkt und Hilfe zu gemeinsamem Handeln sein. Ein solcher Dialog setzt die Bereitschaft zu brüderlichem Sprechen voraus, die gegenseitige Achtung und Respektierung des Andersdenkenden, er schließt die echte Auseinandersetzung nicht aus, läßt sie aber in brüderlichem Gespräch enden. Es gehört zu den Zielen unserer Gemeinschaften, solche Gespräche, die Fähigkeit und die Bereitschaft dazu, zu ermöglichen und auch damit Dienst an und in der Kirche zu leisten.

Unsere Verpflichtungen zum sozialen und politischen Engagement.

Die schon erwähnte Gefahr, die die geschilderten „exklusiven" Positionen wegen ihres hohen Anspruchs mit sich bringen, hat in unserem Verband von jeher und immer wieder - ganz besonders während und nach der großen Reform zu Beginn der 70er Jahre unseres Jahrhunderts - zu einer intensiven Betonung der Verpflichtung zum sozialen und politischen Engagement seiner Mitglieder geführt. „Tatsächlich sind manche katholische Christen nicht frei von einem Spiritualismus, der sich vor allem der sozialen Aufgabe und der politischen Verantwortung entziehen möchte. Wir sind aber durch Gottes Gebote und durch die deputatio der Taufe verpflichtet zur Mitgestaltung der Welt. Von einem christlichen Mann, von einem Akademiker, wird man erwarten müssen, daß er sich aus christlicher Verantwortung an der Gestaltung des öffentlichen Lebens beteiligt und es so entscheidend mitprägt und mitformt. Es ist keine bequeme Zeit, in der wir leben. Sie verlangt Entscheidung. Aber sollen wir uns nicht das Wort Pius' XI. zu eigen machen: ,Ich bin froh, im 20. Jahrhundert zu leben. Im 20. Jahrhundert ist es unmöglich für einen Christen, mittelmäßig zu leben.' Die Zukunft braucht eine Elite, stellte der Soziologe Schelsky einmal fest, von ihr aber werden Opfer und Abstand verlangt. Denn Kultur ist nicht Genuß der Gegenwart, sondern Verpflichtung der Zukunft. Der Mensch in der industrialisierten und pluralistischen Gesellschaft sucht nach einem letzten Halt, nach einer letzten Sinngebung, die es ihm ermöglicht, sein Dasein zu verstehen und nach einem letzten Ziel auszurichten. Wir besitzen dieses Ziel und diese Sinngebung, die es zu bewahren gilt in den Auseinandersetzungen mit den personalistischen Tendenzen des Individualismus wie des Kollektivismus. Wir sollten uns vor der fatalen Resignation hüten, daß wir in dieser Zeit der Massen als einzelne keinen Einfluß auf unsere Umwelt und ihre Gestaltung ausüben könnten. Wir müssen mit der Verantwortung des Menschen als Person ernst machen."9) Die Demokratie und die demokratische Gesellschaft leben von der geistigen und politischen Auseinandersetzung. Sie bleiben nur lebensfähig, wenn jede Gruppe der Gesellschaft ihren Platz akzentuiert und behauptet. Fällt eine Gruppe aus, dringen andere in den freigewordenen Raum ein und beanspruchen mehr Platz als ihnen zukommt. Dieser Zustand kann sich bis zum unerträglichen Terror einer Minderheit steigern - das bedeutet fast immer das Ende von Freiheit und Demokratie.

Die Selbstbehauptung und die gesellschaftliche Behauptung einer Gruppe, wie sie die Gemeinschaft katholischer Akademiker in unserer Gesellschaft darstellt, ist daher nicht bloß, ja nicht einmal in erster Linie ein Dienst, den diese Gemeinschaft sich selber leistet. Es ist ein Dienst, den die gesamte Gesellschaft von ihr erwarten darf und den sie ihr schuldet. „Das erste Prinzip verlangt mehr denn je Verantwortungsbewußtsein und Bekennermut. In der pluralistischen Gesellschaft kann der Öffentlichkeitsanspruch der Kirche nur insoweit verwirklicht werden, als die Kirche wirksam vertreten wird. Und dazu reicht nicht die institutionelle Vertretung, dabei ist unentbehrlich die Vertretung durch Vertreter kraft Gewissens, kraft Taufe und Firmung in den Schlüsselstellungen von Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Vertreter kraft Gewissens, die Vertreter hie et nunc, sind darum keine Einzelgänger. Wir verzichten auf den modernen intellektuellen Titel der Nonkonformisten, der - gäbe es nur ihn - schlechthin Anarchie bedeutet. Wir sind jedoch auch keine blinden Gefolgsleute, die durch irgendwen oder irgendwas irgendwohin getrieben werden. Wir streben vielmehr aus gleichen Grundanschauungen zu gleichen Zielen, sammeln uns in eigener Einsicht und mit eigenem Beitrag."10)

Daß jede Gruppe von der Wahrheit ihrer Auffassungen und der Richtigkeit ihres Weges überzeugt ist, ist selbstverständlich und Voraussetzung ihres Bestandes. Keiner möchte einer Überzeugungsgemeinschaft angehören, wenn ihm das Gegenteil genau so richtig dünkt wie die eigene Wahrheit. Aufgabe des Christen ist es, Christus in dieser Welt gegenwärtig zu machen. Das geschieht in der Sprechstunde des Arztes, im Büro des Rechtsanwalts, im Laboratorium des Forschers, im Unterricht des Lehrers - aber es genügt nicht, daß es dort geschieht. Es ist nur das halbe Christentum oder nicht einmal das, wenn der Christ glaubt, in individualistischer Genügsamkeit, im „stillen Kämmerlein" Gott dienen zu können. Die Verantwortung für das Ganze, der Dienst am Nächsten, ja die Existenz unserer gesellschaftlichen und politischen Ordnung gebietet die Mitwirkung in allen Formen gesellschaftlicher Zusammenschlüsse. Dies gilt für Berufsvereinigungen, für Interessenvertretungen, für die Tätigkeit in der Gemeinde, für die Mitgestaltung der Universität, für die Mitarbeit in den Parteien. Wer eine christlich verantwortete Politik will, der muß auch den Weg dazu wollen, d. h. eine Partei, die um dieses Ziel bemüht ist. Das bedeutet keinen Unfehlbarkeitsanspruch für die einzelne politische Maßnahme - es bedeutet lediglich den festen Vorsatz, eine verantwortungsbewußte, gute und erfolgreiche Politik unter der Kontrolle des christlichen Gewissens zu gestalten. Kennzeichen des katholischen Akademikers ist auch hier der Überblick, die Einsicht in das Ganze und die Fähigkeit, daraus die Folgerungen für das Handeln zu ziehen.

Der Auftrag in die Gesellschaft hinein bedeutet auch die Verpflichtung, sich organisatorisch zusammenzuschließen. „Die katholischen Akademiker haben von ihrem ganzen Werdegang her den besonderen Auftrag, sich dem politischen und gesellschaftlichen Leben zu widmen. Sie können das als Individuen tun oder im Dienst großer Gemeinschaften. Es ist allgemein nur wenig bekannt, wie groß die Zahl der Akademiker in den Führungsgremien der Kolpingfamilie und der katholischen Arbeiterbewegung ist. Schon oft ist verlangt worden, daß auch das katholische Akademikertum sich als gesellschaftliche Kraft betrachten sollte. Papst Paul VI. hat in einer Ansprache vor dem katholischen Akademikerverband Italiens sogar gesagt, die Akademiker seien die Brückenbauer der Kirche in die moderne Welt hinein. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, brauchen wir Organisationen, wie sie von unseren Verbänden gestellt werden und ohne die eine demokratische Gesellschaft nun einmal nicht denkbar ist."11)

Unsere Korporationen — Studenten auf dem Wege!

Unsere Korporationen sind der Versuch, die junge akademisch-studentische Generation an den dargestellten Auftrag heranzuführen und die Fähigkeit und die Bereitschaft in ihr herauszubilden, dem Auftrag gerecht werden zu können. Wer in eine unserer Verbindungen eintritt, macht sich auf den Weg! Er muß wissen, daß es nicht ein Weg zu satter Selbstzufriedenheit und egoistischem Lebensgenuß ist, sondern der Weg in eine Elite, die Dienst aus Verantwortungsbewußtsein leistet. „Es ist hundertmal gesagt worden, daß unsere Zeit nicht den ganzen Menschen verlange, sondern daß es ihr auf den Bruchstückmenschen, auf den Spezialisten, den Funktionär ankomme; wir aber wissen, daß wir den ganzen Menschen wollen und brauchen; wir brauchen nicht und können nicht haben den Alleswisser — der Fachmann bleibt uns notwendig -, aber wir brauchen noch Menschen mit zureichendem Gegenwartsverständnis und jenen Geistes- und Seelenkräften, die erforderlich sind in den Riesenaufgaben dieser Welt. Man kann sie wirklich in den einen Satz, den einmal Pius XII. ausgesprochen hat, zusammenfassen: Um den Neubau der Welt von Grund auf zu haben. Das ist die Aufgabe, die vor den jungen Akademikern steht, die einmal alte Akademiker sein werden und die diese Welt werden gestalten müssen. Im traulichen Zusammen des Lebens, im studentischen Verein, im Klima der Hochschule, im Austausch der Erfahrungen der verschiedenen Fakultäten, im Spiel und im Ernst des studentischen Daseins, im Bewußtsein der Schicksalsgefährtenschaft vor einer Welt mit riesigen und gewaltigen Chancen, im Willen vereint, diese Welt zu bestehen, und schließlich vereint in der Hut der gemeinsamen Kirche und im Vertrauen und im Gehorsam gegenüber dem Schöpfer aller Dinge - so denke ich, müßte sich das Leben einer christlichen, einer katholischen Studentenkorporation gestalten, damit sie mithelfe, jenen Typus des Akademikers herauszubilden, den kein Volk nötiger hat als das deutsche nach allem, was geschah, und nach allem, was zu tun übrig bleibt."12)

Hier wird die Basis-Kraft unserer Korporationen eindrucksvoll von einem aus unserer Mitte angesprochen, der durch sein ganzes Leben bewiesen hat, wie elementar korporative Existenz den Lebensweg mitbeeinflussen kann. Unverkennbar hat auch durch die beinahe vierzehn Jahrzehnte des Bestehens unserer Verbindungen der Gedanke der „Auswahl", der Gedanke einer frühen Auslese von Studenten aus der Masse der anderen mit dem Ziel, sie zum „Dienst aus Verantwortung" zu führen, eine Rolle gespielt. „Wenn die Verbände ihre Korporationen und ihre Mitgliederzahl zu vermehren bestrebt sind, so ist das natürlich und vollkommen in Ordnung. Aber das Verkehrteste, was sie tun könnten, wäre eine Politik der Ausbreitung um jeden Preis, einmal wegen der unausbleiblichen Zerwürfnisse beim ,unlauteren Wettbewerb' in einer sportsmäßig betriebenen Fuchsenjagd, und dann wegen der unvermeidlichen Rückwirkungen dieses Sports auf die Korporationen selbst. Unsere Vereine sind keine Sammelbecken für alles, was katholisch getauft ist und bezahlen kann, keine Besserungsanstalten für Erziehungsprodukte, mit denen die Eltern schon auf dem Gymnasium nicht mehr fertig werden, und die Zugehörigkeit eines Alten Herrn zum Verbände beweist noch lange nicht, daß nun auch der Herr Sohn unbedingt einspringen muß. Ein Verein, der alles nimmt, was er gerade kriegen kann, wird ganz bestimmt Dinge erleben, die an die fatale Geschichte von den faulen und den gesunden Äpfeln erinnern. Ohne eine gewisse Auslese geht es nicht. Aber sie sollte sich weniger auf Äußerlichkeiten wie ,rustikales Benehmen' als auf die Aussicht beziehen, ob aus dem ,fähigen Fuchs' bei der Exmatrikulation ein tüchtiger Mann geworden sein wird, der auch im praktischen Leben dem Verband zur Zierde gereicht. Nicht auf unsere Zahl kommt es in erster Linie an, nur die Leistung sichert unserem Verband sein Ansehen und den Mitgliedern das ,weitere Fortkommen', das für sie im günstigsten Falle jedenfalls nicht leichter sein wird als für andere Leute. Der alte Windthorst wußte ganz genau, was er tat, als er am 26. August 1890, wenige Monate vor seinem Ende, in seiner ,letzten Kartellrede' auf unserem Koblenzer Kartellkommers die Korona apostrophierte: ,Die Hauptsache ist, daß kräftig studiert wird! Die katholischen Studenten müssen sich nach jeder Richtung ausbilden und auszeichnen."13)

Während in diesen 1913 geschriebenen Sätzen noch die Bitterkeit der katholischen Akademiker über ihre Situation im Kaiserreich der Jahrhundertwende mitschwingt, sah sich die Nachkriegsgeneration von 1945 vor ganz andere Probleme gestellt. „Sie (die katholischen Korporationen, d. Verf.) wollen katholische Akademiker bilden helfen, wie die Zeit und die Zukunft sie brauchen. Der Zusammenschluß in Gemeinschaften, die den anspruchsvollen Beinamen - .katholisch' - tragen, geschieht aus einem innersten Bedürfnis, weder nur einzelner, noch nur Massenteilchen zu sein. Wir spüren es immer mehr, wie wir solche Massenteilchen geworden sind, mit all den Folgen und Erscheinungsformen, von denen unser Conphilister P. Ivo Zeiger S.J. im Februar 1950 vor der Würzburger Studentenschaft gesprochen hat: Doppelleben, Aufnehmen des Massendenkens; dabei Sehnsucht nach Eigenleben; alles relativieren, zerreden, problematisieren; kaum noch der Stille und Besinnung fähig; blasiert, ehrfurchtslos vor dem Wesen des Geistes und des Glaubens; und Scheu vor letzten, lebenslangen Bindungen und Verantwortungen. Den antipersonalen Kollektivismus, der das Ganze bedroht, können nur lebendige Gemeinschaften, echte Ganzheiten überwinden, in denen alte Wahrheiten und neue Zeit, auch die Alten und die Jungen sich verbinden und ergänzen . . . Wir möchten katholische Akademiker bilden, da wir kommen aus langer und harter Erfahrung der Geister; mit der Reife und Erkenntnis, daß für uns, in der vordersten Reihe, nicht mehr ein rudimentäres Wissen von Offenbarung und Glaube, von dem catholica veritas Volksschulwissen - und nicht mehr ein religiöser Minimalismus von Sonntagsmesse und Fronleichnamsprozession genügt, sondern nur ein solides Glaubenswissen und ein lebendiges Gliedsein am mystischen Leibe Christi, der die Kirche ist. Die katholischen Korporationen wollen und werden also, soweit menschliche Schwachheit große Intentionen verwirklichen kann, katholische Akademiker bilden helfen, wie sie eben diese und die kommende Zeit verlangt. Ihre Glieder haben aus Kastengeist und Klassenkampf, aber auch aus der extremen Reaktion der ungegliederten Masse gelernt, daß jedes Volk der gesunden Schichten und Stände bedarf und - daß das Entscheidende die Oberschicht ist. Peter Wust hat recht: ,Die Schuld für die verzweifelte Situation, in der wir stehen, fällt mit ihrem ganzen Schwergewicht auf die Schultern der europäischen Intelligenz.' So wird auch von ihr die Erneuerung ausgehen müssen, von oben nach unten, nicht von unten nach oben. Wenn P. Zeiger in der schon erwähnten Analyse der Anliegen des katholischen Lebens in Deutschland die soziale Frage kaum gestreift hat, so läßt das wohl den Schluß zu, daß nicht sie, zumal in der fälschlichen Einschränkung auf die Arbeiterfrage, das entscheidende Problem ist. Man kann nicht sagen, daß diese Erkenntnis schon allgemein geworden wäre; daß das entscheidende Problem im Religiösen liegt - endgültige Abkehr von Gott oder Rückkehr zu ihm -, und soziologisch gesehen, bei der Erhaltung bzw. Neubildung der naturgegebenen Schichten, allen voran bei der Oberschicht, den kommenden Akademikern. Welche Bedeutung kommt aber dann den Vereinigungen katholischer Jung- und Altakademiker zu!"14) Natürlich sieht sich heute manches anders an: vor allem, das was hier über die Ideologie von „naturgegebenen Schichten" einfließt, muß mit größter Reserve aufgenommen werden. Aber der Kerngedanke gilt heute - 30 Jahre später! - sicher noch wie damals: Elite als Anspruch und Leistung, als Wert und Wirklichkeit fordert Anstrengung, fordert Auslese, macht Bindung und Opfer notwendig! „In einer egalitären Welt, in der die Menschen sich mehr und mehr auf den Status wortarmer, distanzierter Partnerschaft zurückziehen, bedeuten die Studentenverbindungen ein Angebot, das nie notwendiger und verheißungsvoller gewesen ist als heute: das Angebot der Freundschaft, Ziel und Inhalt dieser Freundschaft kann nicht mehr in elitären Ideologien, sondern nur im Dienen gefunden werden: im Freundesdienst aneinander, in der dienenden Hinwendung auf das Ganze der Hochschule, die als Auftrag gesehen werden muß, im Dienst schließlich an unserem Gemeinwesen. Daß diese Beanspruchung über das Studium hinaus gesucht und getragen werden muß in der Kraft der Religiosität, die nicht Herrschaft, sondern den Dienst brüderlicher Liebe fordert, ist Legitimation."15)

Korporation und „skeptische Generation"16)

In einem merkwürdigen Widerspruch zu solchen Aussagen und Einschätzungen stehen die Ratlosigkeit, die Verständnislosigkeit, die Ungläubigkeit, mit denen die Korporationen sich bei ihrem Wiederaufleben nach 1945 konfrontiert sahen. Es hatte den Anschein, als schwände die Beziehung der Gesellschaft zu solchen Kernzellen unverfälschter Gemeinschaftsexistenz, wie die Korporationen sie darstellten, in demselben Maße, wie diese Gesellschaft insgesamt ihre zwischenmenschliche Verbundenheit im Sinne echter Gemeinschaftsbeziehungen verlor. Im Gefolge eines ständig fortschreitenden Zerfalls „menschlicher Beziehungen" prägte sich immer stärker - so hatte es den Anschein - eine individualistische Haltung aus, die der korporativen Lebensweise nur noch ratloses, oft aggressives Unverständnis entgegenbringen konnte.17)

Es schien unfaßlich, daß es da noch Menschen und Vereinigungen gab, die solch idealen Zielsetzungen folgten. Man suchte nach Erklärungen - man fand sie natürlich auch: ,, . . . schließlich steckt doch hinter dem Korporationswesen das Bedürfnis nach einer gerade von ,geistigen Auflagen' entlasteten banalen Geselligkeit, nach Unterhaltung und Zeitvertreib, das eher aus Situations- und Gelegenheitsgründen als aus bewußter sozialer Absonderungstendenz zur studentischen Vereinigung und zur Wiederaufnahme des Verbindungswesens führt. Gerade dem Überfordertsein von der privaten Isolierung und geselligen Unverbindlichkeit, die in jeder intellektuellen Existenz steckt und mit dem Anspruch, ,geistige Elite' zu sein, heute an jeden Studierenden herantritt, wird in den Verbindungen ausgewichen."18) „Wir müssen mit der traurigen Tatsache rechnen, daß der Durchschnitt der Studenten es nicht aushält, sein Leben von einer geistigen Mitte her zu ordnen und die gesellschaftlichen Formen und das berechtigte Bedürfnis nach Entspannung und schwerelosem Genuß von dorther zu gestalten . . . Der durchschnittliche Student kann offenbar nicht immer in der klaren Luft des Geistes leben, und das ist nur zu verständlich. Er braucht ein problemloses, entspanntes, und fast kann man sagen, ein wenig banales Dasein als Ausgleich für die schweren Anforderungen, die das Studium an ihn stellt."19) Hier wird ohne Zweifel zu Recht festgestellt, daß der Pflege der Geselligkeit im Leben unserer Verbindungen große Bedeutung zukommt. Das ist eine natürliche Folge des korporativen Lebensstils.

Handelt es sich doch um Freundschaftsbünde, und welcher Freundeskreis käme nicht gern zu geselligem Frohsinn zusammen? Aber dieser Bereich wird überhöht durch die eigentlichen Zielsetzungen dieser Vereinigungen, die überhaupt nur von der „geistigen Mitte" her und auf sie hin verstanden werden können. Wer sich zu einer Lebensgemeinschaft dieser Form bekennt, anerkennt zunächst und vor allem diese „geistige Mitte" und verpflichtet sich, sein Leben von ihr her und auf sie hin zu gestalten. Nur wer in der „klaren Luft des Geistes" leben und sein Leben von einer geistigen Mitte her gestalten will, kann sich zu einer solchen Gemeinschaft bekennen. Unsere Verbindungen erweisen sich bei genauer Analyse gerade nicht als Leistungs- oder Funktionsgruppen mit Eliteanspruch, sondern als „Wertelite". Denn „Wertbildung gibt es nur durch Wertegemeinschaft. Diese Wertgemeinschaft muß durch unbedingt geltende Werte. . . verbunden sein ... Sie muß zugleich eine geistige Struktur, ein soziales Sinngefüge von Willenshaltungen besitzen, die keinen hindert, seine besonderen Wege zu einem geistigen Sein zu gehen, jenen Weg eben, der dem einzelnen in seiner Individualität vorgezeichnet ist. Diese Gemeinschaftsstruktur muß endlich jedem gestatten, an der Verwirklichung der erlebten geistigen Werte zu arbeiten, wie es die Autonomie seines Wesens, seines Gewissens vorschreibt. Aber die Gemeinschaft wird eine solche Struktur nur dann haben, wenn jeder einzelne zu einer solchen Auffassung der Wertgemeinschaft erzogen ist, wenn jeder sich verpflichtet fühlt, das Seine zu tun, daß die Gemeinschaft selbst ein Träger geistiger Werte wird."20) Um es noch deutlicher zu sagen: „Es wird. . . eine Stärkung des korporativen Bewußtseins' an der wissenschaftlichen Hochschule gefordert unter Einbeziehung aller Kräfte, die zu wirken vermögen. Diesem Postulat liegt eine gültige Erfahrung zugrunde, daß Erziehung und Bildung sich nur in der lebendigen Ich-Du-Beziehung verwirklichen, in einer Lebensgemeinschaft, die -wenn auch nur in bestimmten Grundlinien - zugleich Überzeugungsgemeinschaft bedeuten muß . . . Was K. Seidelmann (in: Bund und Gruppe als Lebensform deutscher Jugend, 1956, S. 162) über die geistige Lebensform der Jugend sagte, gilt auch noch für die Epoche des akademischen Studiums: ,Der Weg durch und über das Herz des brüderlichen Mitmenschen ist für die Jugend immer noch der tiefste und sicherste Weg in das Reich des Geistes, und schon deshalb hängt die wahre Wirkung eines gemeinschaftlichen Lebens weniger von seinen Lehrern und programmatischen Bekundungen ab als von den Menschen, die es tragen."21) Diese Erkenntnis erwies sich als die tiefste und dauerhafteste Wurzel unserer Gemeinschaften. Auf dem Wege über den „Bruder" suchten die Studenten, die zu uns kamen, in das Reich des Geistes vorzudringen, das Herz des brüderlichen Mitmenschen wurde und wird die Pforte zur Welt der Ideen. „Skeptisch" waren sie, diese Studenten - aber nur den Ideologien gegenüber, den Verzerrungen der Wirklichkeit, wie sie so oft und so vielerorts angeboten wurden. Was sie suchten, waren Ideen und Ideale, die standhielten und die den Blick auf eine bessere Welt in konkreten Möglichkeiten öffneten.

Unser Verband hat sich immer wieder bemüht, die Grenze zwischen dem Wirkraum der Universität und dem Auftrag der Korporationen deutlich werden zu lassen. „Der Bildungsauftrag der Hochschule vollzieht sich in der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden und in der Begegnung der Lernenden mit den Problemen der Forschung. Von dort her eignet der Universität ein Erziehungsauftrag, der auf das Verhältnis des Menschen zur Wissenschaft bezogen ist. Darüber hinaus kann nur der verantwortungsbewußte Hochschullehrer kraft seiner Persönlichkeit erzieherisch wirksam werden. In einem Staat, dessen Verfassung die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses uneingeschränkt garantiert, steht der Hochschule kein Anspruch auf einen ganzheitlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu . . . Der über das Fachstudium hinausgehende Anspruch des zukünftigen Akademikers auf Erziehung und Bildung bleibt gleichwohl bestehen. Ihn zu erfüllen sind die Kräfte der pluralistischen Gesellschaft verpflichtet, die ihrer Natur nach (z. B. Studentengemeinden) oder ihrer Zielsetzung entsprechend (studentische Korporationen und Gemeinschaften) dazu berufen sind. Deshalb ist ihnen im Bereich der Hochschule, sofern diese auch künftig eine ,corporatio der Lehrenden und Lernenden' sein will, ein fester Platz einzuräumen. Alle Gemeinschaften, die sich um die Persönlichkeitsbildung bemühen, sollten großzügiger als bisher durch öffentliche Mittel gefördert werden."22) Dieses Verständnis des Verhältnisses zur Hochschule impliziert den Auftrag, im Raum der Hochschule, in den Gremien, die dazu gebildet werden, tätig zu werden. „Die Vertreterversammlung 1963 des KV fordert die Aktivitas auf, sich als integrierender Bestandteil der Korporation Universität' zu verstehen und sich in ihren einzelnen Mitgliedern für die Probleme der Hochschule mitverantwortlich zu fühlen."23)

Korporation und „totale Arbeitswelt"

Und noch etwas kommt hinzu, was die besondere Situation unserer Korporationen charakterisiert: In immer stärkerem Maße wird der Mensch des späten 20. Jahrhunderts von der Arbeitswelt aufgesaugt. Die Arbeit im Sinne des zweckgebundenen, nur für Zwecke und auf Zwecke hin ausgerichteten Wirkens wird „total". In dieser „totalen Arbeitswelt" läuft der Mensch ständig Gefahr, nicht mehr als ein Rädchen in einer übergewaltigen Maschine zu sein. Er ist unablässig in Gefahr, nur mitlaufen zu können, nur noch angetrieben zu werden und zu „funktionieren". Das Funktionärstum ist ein typisches Moment unserer Gegenwart. In diesem Raum der „totalen Arbeitswelt" fehlen in immer stärkerem Maße die Möglichkeit und die Fähigkeit zur Muße. Muße ist auch Tätigkeit, aber sie ist zweckfreie Tätigkeit, ein Wirken, das seinen Sinn in sich selbst hat, das „auf Werte gerichtet ist, die die Arbeitswelt transzendieren",24) in dem sich also die eigentliche Bestimmung des Menschen erfüllt. Zur Muße gehört das Spiel ebenso wie das in die letzten und tiefsten Bereiche der Welt und des Menschen vorstoßende Philosophieren. In dem Maße, in dem die Arbeitswelt den Menschen aufzehrt, verliert er die Fähigkeit zur Muße. Freizeit wird für ihn nicht Gelegenheit zu zweckfreiem Tun, sondern zur Erholung von der Arbeit und für die Arbeit.

In einer solchen Situation wird die studentische Verbindung zu einem Ort der Muße. Denn der Mensch kann nicht nur in der Einsamkeit „Muße wirken", er kann und soll es auch in der Gemeinschaft. In erster Linie ist natürlich die Familie die Gemeinschaft, in der Muße gewirkt werden kann, für den Studenten wird es am Hochschulort seine Verbindung. Es ist kein Zufall, daß immer wieder das „spielerische Element" vieler Eigenarten des Korporationslebens ins Auge fällt, und es ist kein Zufall, daß das Gespräch im Freundeskreis über Alltagsfragen und letzte Fragen ein Grundzug korporativer Gemeinschaft ist.

Aus solcher Sicht werden manche Angriffe gegen unsere Korporation verständlich: Aus dem Blickfeld der „totalen Arbeitswelt" muß die Korporation für den Studenten einen „Zweck" haben, sie muß zum „Funktionieren" seines Lebens beitragen - diese Deutung taucht oft in Verbindung mit der „Protektionsthese" auf: die Korporation hat den Zweck, zur beruflichen Förderung und Sicherung des Studenten beizutragen, daher sucht er sie auf! Aus solchem Blickfeld wird der Raum korporativen Gemeinschaftslebens mit seinen „spielerischen Elementen" zu einer „von geistigen Auflagen entlasteten ,banalen Geselligkeit'". Diese Deutungen erweisen sich bei genauem Zusehen als Versuch, korporative Existenz mit den Kategorien der „totalen Arbeitswelt" zu erfassen. Wer ihr bereits erlegen ist, kann nur noch in ihren Kategorien denken.

Seid unbequem!

Der KVer sieht sich in der Welt des späten 20. Jahrhunderts mehr denn je in seiner Geschichte gefordert! Alles, was ihm von den Gründern seiner Gemeinschaft mitgegeben wurde, ist in Frage gestellt. Das Fundament, von dem aus sein Denken und Wirken in die Welt hinein legitimiert wurde, zeigt Risse. Seine Lebensräume - Kirche, Gesellschaft, Staat, Universität - zeigen Veränderungen, die andere, oft völlig neue Denk- und Entscheidungsprozesse erzwingen. Sein Auftrag und sein Ziel ist es, in diesen Lebensräumen zur Elite - das heißt für ihn: zu den Besten zu gehören, ohne einen Anspruch daraus abzuleiten. Er will wirken durch das, was er ist, auf das hin, was seiner Überzeugung nach sein sollte. Zu diesem Wirken gehört „Hochmut" - nicht Hybris, sondern „hoher Mut", weil jede Verantwortung ständig von der Furcht vor dem Versagen begleitet ist. Von dem Dichter Günter Eich stammt das Wort: „Seid unbequem! Seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!" Unbequem sein ist anstrengend, fordert Kraft, muß ständig die Trägheit des Körpers und des Geistes überwinden. Wer Sand sein will statt Öl, muß sich gegen das Getriebe stellen können - auch wenn Opfer damit verbunden sind! KVer sein wollen und es - vielleicht! - sein können, heißt sich zur Absage an alle Mittelmäßigkeit bekennen, heißt bereit sein, so zu leben, daß andere auch so leben möchten, heißt - ganz einfach - ein Mensch zu sein, dem man anmerkt, daß er etwas Besonderes ist, ohne daß er dieses Besondere wie eine Fahne vor sich her trägt!

Anmerkungen:

1) Aus dem Bericht des damaligen Vorsitzenden des Reformausschusses Wolfgang Kamper vor der a. o. Vertreterversammlung 1970 in Bonn, abgedruckt in „Die Stimme des KV in der öffentlichen Diskussion", KV-Sonderdrucke - Neue Folge - Heft 8, S. 89. 2) Julius Kardinal Döpfner in seiner Predigt beim 90. Stiftungsfest der KStV Normannia Würzburg am 22. Juli 1966; abgedruckt in: Julius Kardinal Döpfner „In dieser Stunde der Kirche", München 1967, S. 168 f.) 3) Nach H. Cardauns: Fünfzig Jahre Kartellverband, Verlag der Kösel'schen Buchhandlung, Kempten und München 1913, S. 19 ff. 4) Walter Dadek unter dem Stichwort „Akademiker" im „Staatslexikon Recht - Wirtschaft - Gesellschaft", hrsg. von der Görres-Gesellschaft, 6. Auflage, Freiburg 1957, Band 1, Spalte l83-189. 5) Josef Pieper: „Was heißt akademisch?" München 1952, S. 61 f. 6) Heinz Fleckenstein: „Der Akademiker im nachkonziliaren deutschen Katholizismus", Vortrag auf der VV 1967 in Würzburg; abgedruckt in „Leben aus dem Glauben in heutiger Zeit", KV-Sonderdrucke (Neue Folge) Heft 7, S. 26 ff. 7) Aus den Ergebnissen der Verbandstagung „Synode '72" 1973, abgedr. in: „Die Stimme des KV in der öffentlichen Diskussion", KV-Sonderdrucke - Neue Folge - Heft 8 S. 1 f. 8) Aus einer Erklärung der VV 1976 in Göttingen, abgedr. in: „Die Stimme des KV in der öffentlichen Diskussion", KV-Sonderdrucke - Neue Folge - Heft 8 S. 33. 9) Der damalige Kultusminister des Landes Rheinland-Pfalz Kb. Eduard Orth auf der VV 1963 in Mainz, abgedr. in KV-Sonderdrucke (Neue Folge) Heft 5: „Die neue Gestalt der Hochschule - auch unser Auftrag" S. 13 ff. 10) Anton Roesen in „Arminia 1863-1963", 1963 S. 170 f. 11) Franz Weibels, Vorsitzender des KV-Rates von 1965-1969: „Die Korporation als Bildungsträger", Vortrag auf der VV 1965 in Hannover, abgedr. in „Akademische Bildung in freier Gemeinschaft", KV-Sonderdrucke (Neue Folge) Heft 6, S. 10 ff. 12) Der damalige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und spätere Bundeskanzler Kb. Kurt-Georg Kiesinger auf dem 100. Stiftungsfest der KStV Arminia-Bonn 1963; abgedr. in: „Religion-Wissenschaft-Freundschaft, Abhandlungen, Erinnerungen und Reden, gesammelt zum hundertjährigen Bestehen des katholischen Studentenvereins Arminia-Bonn". 13) H. Cardauns a. a. O. S. 243 f. 14) A. Sauer in: Normannia Jubilans - 1876-1951 - 75 Jahre Geschichte vom Blühen und Wachsen Normannias", Würzburg 1951, S. 11 f. 15) Max Paul Engelmeier: „Hochschulbildung - Zu ihrer Problematik an den deutschen Universitäten" in: „Katholik und Universität" Köln 1967, S. 44 ff. 16) Umfassend dazu Wilhelm Schreckenberg: „Korporation und .skeptische Generation'", Akademische Monatsblätter 4/1959 und 5/1959. 17) Weitere Untersuchungsbefunde dazu in Ulrich Bartscher: „Korporation in Hochschule und Gesellschaft", Erich Stroh Verlag, Augsburg 1971. 18) H. Schelsky: „Die skeptische Generation - Soziologie der deutschen Jugend", Düsseldorf 1957, S. 422. 19) Erich Weniger: „Das Korporationswesen als soziologisches Problem" in: „Die Sammlung" 1952 S. 128 f. 20) Georg Kerschensteiner: „Theorie der Bildung" 1928, S. 39. 21) Richard Schwarz: „Wissenschaft und Bildung" 1958, S. 77 f. 22) Aus einer Resolution der VV 1963 in Mainz, abgedr. in „Die Stimme des KV in der öffentlichen Diskussion" KV-Sonderdrucke - Neue Folge - Heft 8, S. 51. 23) Wie 22. 24) Josef Pieper: „Muße und Kult", München 1948 S. 57.

Der Student - damals und heute

Entstehung und Entwicklung der deutschen Hochschulen

Grundlegend für die Entstehung der Universitäten des Mittelalters war der spontane Zusammenschluß von Magistern und Scholaren zu einer alle sozialen Schichten umfassenden und aus allen europäischen Ländern stammenden Gemeinschaft (universitas), wobei „weder die Bedürfnisse der Berufsausbildung oder der Allgemeinbildung noch staatliche, kirchliche oder sozialökonomische Impulse oder Motive, sondern ... das gelehrte, wissenschaftliche Interesse, das Wissen- und Erkennen-Wollen" (Grundmann) im Vordergrund standen. Diese Gemeinschaften kannten weder Standesschranken noch eine kirchliche Ständescheidung und erlangten einen eigenen Rechtsstatus. Sie waren eine Art von Berufsgenossenschaften und bildeten sich seit der Wende zum 13. Jahrhundert besonders „in jenen großen Städten mit ehrwürdigen Schultraditionen wie Bologna, Paris und Oxford, die zu urbanen Umschlagplätzen wirtschaftlichen und intellektuellen Lebens aufgestiegen waren: Bologna als Metropole der Jurisprudenz, Paris als Alma mater von Philosophie und Theologie" (Boehm). Die rechtliche Autonomie der universitas wurde durch das Studenten- und Professorenprivileg Kaiser Friedrich Barbarossas von 1158 und verschiedene Papstdekrete (seit etwa 1170) abgesichert.

Allmählich wuchs auch in Deutschland die Erkenntnis, daß hier im Vergleich zu anderen Nationen ein Defizit an gelehrten Einrichtungen bestand, wenn auch die Orden, besonders die Dominikaner und Franziskaner, darum bemüht waren, das Niveau ihrer außeruniversitären Schulen dem allgemeinen Wissensstand anzugleichen. Als besonders markante Lehrerpersönlichkeit unter den deutschen Gelehrten des Mittelalters trat der Dominikaner Albert hervor, den man bereits zu Lebzeiten „den Großen" nannte; er entwickelte eine eifrige Lehrtätigkeit, so vor allem in Köln, Leipzig und Regensburg, und vermittelte seinen Schülern, die sich in großer Zahl um ihn sammelten, als „doctor universalis" das Wissen der damaligen Zeit. Neben Albertus Magnus gab es noch eine ganze Reihe deutscher Gelehrter, doch bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts gab es noch keine deutsche Universität.

Aus diesen Überlegungen heraus gründete Kaiser Karl IV. am 7. April 1348 die Universität Prag in dem zum Römischen Reich gehörenden Königreich Böhmen. Die Universität Prag als korporativer Zusammenschluß der magistri, doctores und scholares verfügte wie die europäischen Vorbilder über eine eigene Gerichtsbarkeit und umfaßte vier Fakultäten (dei Artistenfakultät als Eingangsstufe für das weitere Studium, die juristisch, medizinische und theologische Fakultät). Die in nationes, d. h. die nach geographischer Herkunft eingeteilten Studenten wählten gemeinsam Rektor, Dekane und Universitätsrat.

Bereits 365 erfolgte eine weitere Universitätsgründung auf deutschem Boden: durch die Stiftungsurkunde von Herzog Rudolf IV. von Habsburg und die Bulle von Papst Urban V. wurde die Universität Wien ins Leben gerufen.

Nach Errichtung dieser ersten deutschen Universitäten am Ostrand des damaligen Reiches schien in Deutschland das Interesse an eigenen Hochschulen zunächst nachzulassen. Aber bald schon ergab sich eine neue politische Situation, da durch das päpstliche Schisma von 1378 den Deutschen, die einen anderen Papst anerkannten als die Franzosen, der Weg zur Pariser Universität versperrt war. Unter dem Einfluß des Schismas kam es 1386 in Heidelberg zur Gründung einer Universität, kurz darauf folgten Köln (1388/89) und Erfurt (1389/1392) als städtische Gründungen.

Im darauf folgenden 15. Jahrhundert öffneten in zahlreichen Städten neue Universitäten dem Andrang der Scholaren ihre Tore: 1409 Leipzig, 1419 Rostock, 1456 Greifswald, 1457 Freiburg i.Br., 1460 Basel, 1472 Ingolstadt, 1475 Trier, 1476/77 Mainz und Tübingen. Abgesehen von einigen Stadtgründungen wurden die Universitäten, z. T. bis zum vorigen 19. Jahrhundert, in der Regel von Landesfürsten gegründet und von ihnen mit weltlichen, von Seiten der Kirche mit geistlichen Privilegien ausgestattet.

Die ständigen Auseinandersetzungen im Zeitalter von Humanismus, Reformation und Gegenreformation, die nicht zuletzt aus landesherrlichen Interessen entstanden, führten zu zahlreichen Universitäts-Neugründungen in Deutschland. Als erste rein landesherrliche Gründung entstand 1527 in Marburg die erste reformierte Universität. Königsberg, 1544 durch den Landesherrn Herzog Albrecht gestiftet, lehnte sich eng an die 1502 gegründete Universität Wittenberg an, wo seit 1518 der reformatorische Theologe Melanchthon lehrte.

Bis zum Beginn des 30jährigen Krieges wurden in Dillingen (1549), Jena (1558), Helmstedt (1576), Altdorf (1578), Würzburg (1582), Graz (1586), Gießen (1607) und Paderborn (1614) Universitäten eröffnet. Unter der fortschreitenden Auflösung des Reiches und infolge der Glaubensspaltung erhöhte sich die Zahl der Universitäten bis 1648 erneut: in Salzburg (1619), Rinteln (1621), Osnabrück (1630; die Universität wurde 1635 bereits wieder aufgehoben!) und Bamberg (1647) wurden Universitäten eröffnet. Weitere Gründungen erfolgten 1655 in Duisburg und Kiel, 1671 in Innsbruck und 1694 in Halle.

In Halle wurde im 18. Jahrhundert der bisher gültige aristotelische Wissenschaftsbegriff, der auf Deduktionen aus absoluten Prinzipien beruhte, erstmalig erschüttert durch die Forderung nach der Freiheit philosophischen Denkens. Ein neuer Wissenschaftsbegriff entstand. Er gründete sich vor allem auf Beobachtung und Erfahrung, Experiment und mathematischer Gleichung. Damit trat neben die Lehre, die über ein halbes Jahrtausend vornehmlich an den Universitäten erfolgte, jetzt auch die Forschung. Die großen Fakultäten brachen in viele Einzeldisziplinen auf, die sich auf bestimmte Wissensgebiete spezialisierten und eine Ver- mehrung der Professuren nötig machten.

Die Lehrtätigkeit, die sich im Mittelalter als lectio (Lesung und Kommentierung eines Textes z.B. von Aristoteles) und disputatio (Streitgespräch über den gebotenen Text) vollzogen hatte, erfolgte nun in Instituten, Seminaren, Laboratorien, Kliniken und Botanischen Gärten. In diese Zeit fällt die Gründung der Universitäten von Breslau (1702), Fulda (1734), Göttingen (1737), Erlangen (1743), Münster (1780), Brunn (1778), Stuttgart (1781) und Bonn (1786).

Die Wirren der Französischen Revolution, die Kriege mit den Franzosen unter Napoleon, Säkularisation und schließlich die Auflösung des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" (1806) beenden auch eine Epoche, in der es zu zahlreichen Universitätsgründungen kam; ja von den Universitäten, die 1792 im deutschsprachigen Raum existierten, blieben bis zum Jahre 1818 nicht einmal die Hälfte erhalten. Im 19. Jahrhundert erfolgte teilweise die Wiedererrichtung der aufgelösten Universitäten (z.B. 1811 in Breslau, 1818 in Bonn), Neugründungen wurden seltener (1833 Zürich, 1834 Bern), z.T. knüpfte man auch hier an bereits bestehende Traditionen an (z.B. 1872 Gründung der Universität Straßburg; dort gab es bereits 1567 eine Akademie, die 1621 Universitätsprivilegien erhielt). Im Jahre 1809 erfolgte die Errichtung der Universität Berlin im Geiste des deutschen Idealismus; vom preußischen König gestiftet war sie vor allem ein Werk Wilhelm v. Humboldts. Er war wie Fichte, Schelling und Hegel ein Vertreter der Philosophie des Idealismus, die für das geistige Leben im Deutschland des 19. Jahrhunderts große Bedeutung gewann.

Die Technischen Hochschulen, wie wir sie heute kennen, stammen vornehmlich aus den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts. Die meisten gingen aus Anstalten hervor, die anfänglich ein Mittelding zwischen Schule und Universität darstellten; die in neuerer Zeit gegründeten hatten gleich von Anfang an Hochschulcharakter. Die ersten Technischen Hochschulen wurden gegründet, um die Möglichkeit der eher praktischen Erziehung in den technischen Fächern zu bieten und so die für das Bauwesen nötigen Fachkräfte auszubilden. Von den Universitäten in ihrem wissenschaftlichen Anspruch zunächst nicht ernst genommen, entwickelten sie sich im Laufe der Jahre immer mehr zu Anstalten der Forschung und der wissenschaftlichen Arbeit und erweiterten die Ausbildungsmöglichkeiten der Studierenden.

Tierärztliche Hochschulen sind aus den Tierarzneischulen entstanden, deren Notwendigkeit sich ergab, als um die Mitte des 18. Jahrhunderts in ganz Europa die Viehbestände durch die Rinderpest dezimiert wurden. Die ersten Anstalten dieser Art wurden in Frankreich errichtet. Die erste deutsche Tierarzneischule entstand in Hannover (1778); dann folgten Dresden, Berlin, München, später noch Stuttgart, Gießen und Jena. Bis ins 17. Jahrhundert galt die Landwirtschaft als einfaches Handwerk. Sie war durch das gutsherrlich-bäuerliche Arbeitsverhältnis und den Flurzwang in ein so starres Schema gezwängt, daß kaum jemand auf den Gedanken kam, daß es andere, bessere Formen als die althergebrachten geben könne. Daß Landwirtschaft auch wissenschaftlich greifbar sein kann, wurde erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts erkannt. Die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Verwaltung der großen fürstlichen Besitzungen kamen der Ausbreitung dieser Idee zu Hilfe. So kam es zur Errichtung von Professuren für Ökonomie und Kameralwirtschaft an verschiedenen Universitäten, später, als durch die Nöte der Napoleonischen Kriege der Boden für eine neue Landwirtschaft und eine neue Landwirtschaftswissenschaft bereit war, zur Gründung eigener Landwirtschaftlicher Hochschulen.

Von der Mitte des 18. Jahrhunderts an entwickelte sich in Deutschland auch eine geregelte Forstwirtschaft; es ergab sich die Notwendigkeit, brauchbare Forstleute heranzubilden. Die erste Forst-Akademie wurde in Berlin durch Friedrich den Großen gegründet. Weitere Forstliche Hochschulen entstanden im Laufe des vorigen Jahrhunderts.

Die Errichtung von Bergakademien ist darauf zurückzuführen, daß die Gewinnung von Bodenschätzen, die seit Jahrhunderten betrieben wurde, mit der Zeit immer schwieriger wurde und in steigendem Maße die wissenschaftliche Auseinandersetzung erforderte.

Im 19. Jahrhundert ergaben sich aus den gewandelten ökonomischen Aufgaben und den Belangen eines wirtschaftlich und kulturell aufstrebenden Standes von großen Handelsherren und Industriellen große Probleme, denen sie oft nicht gewachsen waren, weil es ihnen an geeigneten akademischen Ausbildungsstätten fehlte. Es ergab sich die Notwendigkeit einer akademischen und kaufmännischen Bildung als Verbindung vertiefter Fachkenntnisse mit gehobener Allgemeinbildung. So erfolgten vom Ausgang des 19. Jahrhunderts an innerhalb kurzer Zeit Gründungen von Handelshochschulen.

Bis zur Säkularisation im Jahre 1803 bestanden neben den theologischen Fakultäten an den großen Universitäten z.T. auch in den einzelnen Diözesen bischöfliche Anstalten zur Heranbildung des Klerus, teils in der Form von entsprechenden Fakultäten an fürstbischöflichen Universitäten, teils als besondere Philosophisch-Theologische Hochschulen. Durch die Säkularisation und die dadurch bewirkte Auflösung der bisherigen kirchlichen Organisation ergab sich die Notwendigkeit, die Heranbildung des Klerus an entsprechenden Anstalten neu zu ordnen, was durch die Errichtung von staatlichen Lehranstalten, der Philosophisch-Theologischen Hochschulen geschah. Die Universität Berlin prägte im 19. Jahrhundert durch ihre Verbindung von Forschung und Lehre und den Fortbestand der universitas literarum die deutschen Hochschulen bis zur nationalsozialistischen Zeit, die die „institutionelle und personelle Substanz und Struktur" (Boehm) der deutschen Universitäten schwer beschädigte. Nach dem Wiederaufbau der Hochschulen in der Bundesrepublik mit der Sicherung von Forschung und Lehre durch das Grundgesetz gerieten die Universitäten seit den 60er Jahren in eine teilweise hektische Reformdiskussion, die zunächst noch „von der positiven Auseinandersetzung mit den Gestaltungsmöglichkeiten der Humboldtschen Universitätsidee im Zeitalter der ,Massenuniversität'" (Boehm) bestimmt war. Später verlagerte sie sich jedoch auch auf standespolitische Probleme, auf die Auflösung der Fakultätsverfassung, die Gefahr der Verschulung u. a. m.

Als neuer Universitätstypus entstand die Gesamthochschule. Sie soll, unabhängig von der Art der Hochschulzugangsberechtigung, jedem die Möglichkeit eröffnen, bei entsprechenden Leistungen einen Abschluß seiner Wahl zu erlangen. Ferner ist ihr aufgegeben, neue Studiengänge und -methoden zu entwickeln und damit weitere Studienreformen vorzubereiten. Die Diskussion über die Gestalt der zukünftigen deutschen Hochschule ist noch nicht abgeschlossen.

Das deutsche Korporationsstudententum

Wenn auch die meisten der noch bestehenden Korporationen erst im 19. Jahrhundert entstanden sind, so führten sie doch Ideen, Sitten und Gebräuche der früheren studentischen Zusammenschlüsse teilweise fort. Schon im Mittelalter gab es an den europäischen Universitäten studentische Gemeinschaften, von denen hier als erstes die sogenannten Nationen zu erwähnen sind. Sie haben mit unserem heutigen Begriff „Nation" nur wenig gemeinsam. Die Herkunft der Mitglieder dieser studentischen Gruppe, der man zwangsweise angehörte, spielte zwar eine Rolle, doch richtete man sich eher nach der Himmelsrichtung, aus der ein Student kam, als nach ethnischen Gesichtspunkten. „In Paris z.B. gehörten die Deutschen und ihre östlichen und nördlichen Nachbarn mit den Engländern und Schotten zur natio anglicorum ... In Prag bestand neben der ,Nation' der einheimischen Böhmen (gleichviel ob Tschechen oder Deutsche) . . . eine ,Nation' der Polen (mit einem anfangs überwiegenden Anteil von Deutschen aus den Ostländern), eine der Bayern (samt Schwaben und Franken, Hessen, Rheinländern und Westfalen) und eine der Sachsen (zu der mit den Norddeutschen auch Dänen, Schweden, Finnen gehörten)" . . . (Grundmann). Als weitere wichtige Gemeinschaften der mittelalterlichen Studenten sind die Bursen zu nennen, jene Häuser, in denen arme Studenten „billig oder kostenlos gemeinsam leben und lernen konnten" (Grundmann). P. Krause hat sie trefflich mit „einem Internat mit derb-fideler Allgemeinstimmung" verglichen. Wer in eine Burse aufgenommen werden wollte, mußte sich einem besonderen Aufnahmeritus (Deposition) unterwerfen, der in der Humanistenzeit zu einem offiziellen Universitätsakt wurde. Neueren Datums sind die sogenannten Landsmannschaften (collegia nationalia oder societates nationales), die im 17. Jahrhundert entstanden und weder mit den mittelalterlichen Nationen noch mit den Landsmannschaften des 19. Jahrhunderts verwechselt werden dürfen. Ursprünglich „zum Zweck sozialer Fürsorge von Landsleuten mit besonderen Gesetzen, eigenem Vermögen und Trinksitten gebildet" (Luible), entarteten sie immer mehr. Ihre Mitglieder drangsalierten die jungen neu an die Universität gekommenen Studenten (Pennalismus), und viele tranken maßlos. Deshalb wurden sie an vielen Universitäten bekämpft und verboten. Zusätzlich zu dem landsmannschaftlichen Prinzip tauchte zu Ende des 17. Jahrhunderts auch erstmals das wissenschaftliche Prinzip in neuen studentischen Zusammenschlüssen auf. Hier sei die „Sorabia", die 1716 als Lausitzer Predigergesellschaft gegründet worden war, stellvertretend für weitere andere erwähnt. Sie stand als wissenschaftliche Gesellschaft unter dem Schutz und der Leitung von Professoren und führte 1755 das Prinzip der Lebensfreundschaft ein. Damit nimmt sie spätere Entwicklungen voraus.

Um 1770 entstanden sogenannte „Orden", die freimaurerisches Gedankengut in das Korporationswesen einführten. Sie waren in vier Ordensbünde (die Amicisten, die Unitisten, die Konstantisten und die Harmonisten) gegliedert und kannten ebenfalls schon das Lebensbundprinzip. Straff organisiert pflegten sie das studentische Brauchtum. Wie die Landsmannschaften betonten sie Zweikampf- und Trinkzwang. Ihre Gegner waren die „Kränzchen", die zwar auch studentische Formen beachteten, aber Duell und Trunksucht bekämpften. Von nachhaltigem Einfluß auf das deutsche Studententum war die burschenschaftliche Bewegung, die sich 1815 von Jena aus an den Universitäten verbreitete. Ihr Ziel war es, die staatliche Zersplitterung Deutschlands zu überwinden und die Studentenschaft religiös-sittlich zu heben. Sie stand in starkem Gegensatz zu den Landsmannschaften, die sich zu Anfang des 19. Jahrhunderts Corps nannten, unpolitisch waren und ihre Mitglieder im Geist der Ritterlichkeit erziehen wollten. Da die Burschenschaften als Umstürzler galten, u. a. wegen ihres Bekenntnisses zur Demokratie, wurden sie durch die Karlsbader Beschlüsse von 1819 verboten und verfolgt. Eine völlige Unterdrückung gelang nicht. Einzelne Verbindungen blieben im Untergrund bestehen. Bei der Revolution von 1848 spielten Burschenschafter eine bedeutende Rolle. Von ihren hochschulpolitischen Forderungen setzten sie damals wenigstens das Recht auf die Bildung eigener studentischer Vereine durch. 1881 schlössen sich die einzelnen Burschenschaften zum „Allgemeinen Delegierten-Convent" (ADC) in Eisenach zusammen. Die Corps schlössen sich nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen 1848 zum „Kösener Senioren-Convent-Verband" (KSCV) zusammen. Seine Mitglieder sind farbentragend und fechten Mensuren. Die Corps an den Technischen Hochschulen bilden seit 1863 den Weinheimer Senioren-Convent (WSC). Nach 1830 erwachten die alten Landsmannschaften neu. Sie gründeten 1868 einen eigenen Verband. 1951 bildeten sie mit den farbentragenden, mensurbeflissenen akademischen Turnvereinen den Coburger Convent (CC). Christlich aber überkonfessionell ist der 1841 in Bonn entstandene „Wingolf" (WB).

Schließlich sei noch der Kyffhäuserverband der Vereine deutscher Studenten (VVDSt) von 1881 erwähnt, der heute die Mensur verwirft und damit der nach dem zweiten Weltkrieg sichtbar werdenden Tendenz folgte. Die Bestimmungsmensur, die heute in der öffentlichen Meinung immer noch als das kennzeichnende studentische Brauchtum gilt, ist jedoch nur noch bei dem KSCV, WSC und CC Verbandsprinzip.

Studentische Korporationsverbände in Deutschland

Allgemeine Vorbemerkungen

Bevor nachfolgend die wichtigsten Korporationsverbände in Entwicklung und Zielsetzung beschrieben werden, seien einige Hinweise auf allgemeine Tendenzen zum besseren Verständnis der großen Vielfalt auf diesem Gebiet vorausgeschickt.

Die Entstehung und die sich im Laufe der Geschichte später ausgeprägten Erscheinungsformen des Korporationsstudententums sind in dieser Form typisch für den gesamten deutschen Sprachraum und nur dort zu finden, wobei dieser Raum die Schweiz, das Gebiet des ehemaligen Österreich-Ungarn sowie das Gebiet des früheren Deutschen Reiches umfaßt. Darüber hinaus sind speziell in den Baltischen Ländern (Estland, Lettland, Litauen) durch die starke deutsche Minderheit an den dortigen Universitäten Verbindungen gegründet worden.

Die typische deutsche Korporation mit ihrem Erscheinungsbild war und ist nicht auf die Universitäten im klassischen Sinn beschränkt. Auch an den früheren Technischen Hochschulen, Tierärztlichen Hochschulen, Landwirtschaftlichen Hochschulen etc., die früher eigenständig waren und nicht zu den klassischen Universitäten gehörten, bestanden Korporationen. Dies gilt auch für die früheren Ingenieurschulen, heute Fachhochschulen. Die durch die Studenten vorgegebenen Verhaltensweisen fanden auch früh Eingang an die höheren Schulen, die Gymnasien. Dort entstanden Schülerverbindungen, die sogenannten Pennalien. Auch heute noch gibt es in der Bundesrepublik, speziell im süddeutschen Raum, Schülerverbindungen in eigenen Verbänden. Gerade in letzter Zeit versuchen die etablierten Korporationsverbände auf diesem Wege durch Neugründungen ihre Rekrutierungsbasis zu erweitern. Eine besondere Bedeutung spielte und spielt das Pennalienwesen in den früheren und heutigen österreichischen Gebieten (Südtirol und Österreich). Der Mittelschüler-Kartellverband (MKV) übt in Österreich auf schulpolitischem Gebiet einen nicht unerheblichen Einfluß aus.

Die bereits angedeutete starke Differenzierung des Hochschulwesens im Deutschland des vorigen Jahrhunderts war nicht ohne Bedeutung für die Entstehung von Verbänden. Nach damaligem Vereins- bzw. Hochschulrecht mußten die Korporationen sich von der Hochschulbehörde registrieren bzw. genehmigen lassen. Gleichzeitig durften nur Mitglieder dieser einen Hochschule auch Mitglieder einer an dieser zugelassenen Korporation sein. Dementsprechend existierten an einem Hochschulort oft vollkommen gleichgelagerte Korporationen, die jedoch jeweils nur an einer bestimmten Schule dieses Ortes zugelassen waren. Diese rechtliche Situation führte beispielsweise dazu, daß die Gründungskorporation und älteste Korporation unseres Verbandes, die Askania in Berlin, die an der Universität zugelassen war, sich wegen ihrer an der früheren Technischen Hochschule studierenden Mitglieder in die Askania (Universität) und Burgundia (Technische Hochschule) teilen mußte.

Die Zuordnung an sich gleichgelagerter Korporationen zu einer bestimmten Hochschule führte sogar zur Gründung dementsprechender eigener Verbände. Während die meisten Dachverbände Korporationen aller Hochschularten, die als Eingangsvoraussetzung das Abitur forderten, umfaßten, entstanden bei den Corps jeweils eigene Verbände, die sich zum Teil bis heute gehalten haben. Die Corps an den klassischen Universitäten bildeten den Kösener Seniorenconventverband. Die Corps an den Technischen Hochschulen bildeten den WSC (Weinheimer Seniorenconvent), während die Corps an den früheren Tierärztlichen Hochschulen den sog. Rudolstätter SC schufen. Weitere selbständige Verbände entstanden natürlich für die Korporationen an Hochschulen, die keine Matura verlangten. Hierzu gehörten in früherer Zeit speziell die Ingenieurschulen (heutige Verbände BDIC, TCV).

Einer genaueren historischen Erklärung bedarf die unterschiedliche Bezeichnung „Verein" und „Verbindung". Nach dem Vereins- bzw. Polizeirecht des vergangenen Jahrhunderts verstand man unter Verbindungen (geheime) Zusammenschlüsse von farbentragenden Studenten, während die (erlaubten) Vereine Zusammenschlüsse von Studenten waren, die ihre Gesinnung nicht äußerlich in Erscheinung treten ließen. Diese aus der Rechtsgeschichte gewachsene Differenzierung wurde auch später beibehalten. Die Bezeichnung als Verein oder als Verbindung ist jedoch keine Differenzierung hinsichtlich des korporativen Charakters. Korporation ist vielmehr der Oberbegriff, der sowohl Studentenvereine wie -Verbindungen umfaßt.

Darüber hinaus fand sich bei etlichen Verbänden der Grundsatz, an einer Hochschule (Universität) nur jeweils eine Korporation des gleichen Verbandes zuzulassen. Erst durch das starke Anwachsen der Studentenzahl und damit verbunden der Größe der einzelnen Korporationen ging man früher oder später von diesem Prinzip ab, während der CV sich hierzu erst später entschließen konnte. Am längsten blieb dieses Prinzip noch beim UV erhalten, der an nur wenigen Hochschulorten mit mehr als einem Verein vertreten ist. Beim Wingolfsbund ist auch heute noch nur die Existenz eines Vereines an jeder Hochschule zulässig. Eine zumindest etlichen Verbänden eigene allgemeine Entwicklungstendenz bzw. Grundfrage war die sogenannte Großdeutsche bzw. Kleindeutsche Verbreitung.

Gerade die ältesten, meist aus politischen Gründen entstandenen Verbände (wie z. B. die Burschenschaft) waren von Anfang an gerade aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte Großdeutsch - d. h. sie bekannten sich zu der zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Deutschland bestehenden Einheitsbewegung zu einem auf den Ideen der Französischen Revolution beruhenden Nationalstaat. Dagegen beschränkten sich die später gegründeten Verbände vielfach zunächst auf das damalige Gebiet des Deutschen Reiches. Der CV breitete sich erst nach der Jahrhundertwende nach Österreich aus. Der KV folgte sogar erst nach dem Ersten Weltkrieg. Dies hatte allerdings zur Folge, daß der KV wegen der bereits stark vorangetriebenen Ausbreitung des CV in Österreich relativ klein blieb. Als letzte Vorbemerkung sei vorausgeschickt, daß die ab Mitte des letzten Jahrhunderts allgemein zu beobachtende Vereinsvielfalt sich auch auf die Universitäten übertrug. Für nahezu alles und jedes wurden Vereine geschaffen, teils nur als lose Zusammenschlüsse, teils von Anfang an als festgefügte Organisationen. Manchmal führte erst später die Entwicklung vom Verein im nicht korporativen Sinne zu einer echten Korporation. Verbände wurden gegründet und wieder aufgelöst; Verbände schlössen sich zusammen; Verbindungen wechselten den Verband. Kleinere Verbände gingen wieder unter bzw. schlössen sich größeren an oder wurden von diesen aufgesogen. Als Beispiel aus dem KV sei der Zusammenschluß mit dem Süddeutschen KV (SKV) nach dem Ersten Weltkrieg (1920) genannt.

Als Beispiel für die unterschiedliche Ausprägung eines allgemeinen auf die Universitäten übertragenen Vereinsgründungsgedankens sei die unterschiedliche Entwicklung der Turn- bzw. musikalischen Vereine erwähnt. Während die einen teilweise Vereine bleiben wollten (akademische Turnvereine, akademisch-musikalische Vereine; ATV, SV), übernahmen die anderen das weit verbreitete Mensurwesen (Turnerschaft, Deutsche Sängerschaft).

Diese kurze Skizzierung von einigen gemeinsamen Entwicklungslinien zeigt bruchstückhaft, wie vielfältig und differenziert das deutsche Korporationswesen war und - trotz Konzentration - nach wie vor ist. Nachfolgend werden die großen bestehenden Korporationsverbände sowie einige bekannte der kleineren dargestellt. Die nachfolgende Darstellung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

Deutsche Burschenschaft (DB)

Die Deutsche Burschenschaft ist aus der in Jena am 12. Juni 1815 gegründeten Burschenverbindung hervorgegangen. Unter dem Eindruck der Befreiungskriege und im Anschluß an eine schon 1811 von Friedrich Ludwig Jahn und Friedrich Friesen entworfene „Ordnung zur Einrichtung von Burschenschaften" strebten die Burschenschaften im Gegensatz zu den weltbürgerlich gesinnten Orden und den territorial gegliederten Landsmannschaften einen Zusammenschluß der Studentenschaft einer Universität in einer einzigen Burschenschaft und eine Verbindung der Burschenschaften aller deutscher Universitäten in einer „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft" an. Die Burschenschaft sah in den Universitäten Einrichtungen, die ihre Studenten nicht nur wissenschaftlich, sondern vor allem auch politisch zum Dienst an einem einheitlichen Vaterland erziehen sollten.

Dieses Programm drückt sich aus in dem auch heute noch gültigen Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland". Das Großdeutsche Streben, verbunden mit der Forderung nach einer freiheitlichen Verfassung, erregte sehr bald den Argwohn der fürstlichen Regierungen. Die im Anschluß an das Wartburgfest vom 18. 10. 1817 stattgefundene Verbrennung von unpopulären Schriften und Uniformstücken führte zu ersten Verfolgungen. Dennoch wurde am 18. 10. 1818 in Jena der Versuch einer Gründung der „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft" unternommen. Diese hatte jedoch nur kurzen Bestand. Als am 23. 3. 1819 der Burschenschaftler Karl Ludwig Sand den Schriftsteller und russischen Staatsrat August von Koetzbue ermordete, wurde die Burschenschaft durch die am 20. 9. 1819 erlassenen „Karlsbader Beschlüsse" als „demagogische Bewegung" verboten.

An einzelnen Orten organisierten sich jedoch der Idee der Burschenschaft entsprechend einzelne Verbindungen und versuchten, deren Erbe fortzuführen. Da es bei einigen Burschenschaften immer wieder zu radikal revolutionären Tendenzen kam, die nach dem Hambacher Fest (27. 5. 1832) zum Sturm eines Häufleins Burschenschafter im April 1833 auf die Frankfurter Constabler-Wache führten, wurden die studentischen Korporationen grundsätzlich verboten. Nur unpolitische Verbindungen konnten sich allmählich mit stillschweigender behördlicher Duldung diesem Verbot entziehen.

Durch die scharfe Überwachung und Behinderung seitens der Behörden, aber auch durch lange Zeit andauernde tiefgehende Meinungsverschiedenheiten, haben sich die Burschenschaften in Deutschland erst ab 1871 (in Österreich bereits seit 1841) zu einem gemeinsamen Erscheinungsbild als farbentragende Lebensverbindungen mit Mensurprinzip und unbedingter Satisfaktion zusammengefunden.

Die verbandsmäßige Sammlung kam erst 1881 durch die Bildung des „Allgemeinen Deputierten-Convent" (ADC) zustande. Im Jahre 1902 wurde der Name „Deutsche Burschenschaft" (DB) angenommen. Der im Jahre 1900 an den Technischen Hochschulen von Burschenschaften gegründete Verband, der sich seit 1905 Rüdesheimer Verband Deutscher Burschen (RVDB) nannte, wurde 1919 mit der DB verschmolzen.

Die Deutsche Burschenschaft tagt regelmäßig in Landau/Pfalz, anstelle des früheren regelmäßigen Tagungsortes zu Pfingsten auf der Wartburg. Das Verbandsorgan sind die „Burschenschaftlichen Blätter".

Trotz parteipolitischer Neutralität legen die Burschenschaften - ihrer historischen Entstehung entsprechend - auf die Bildung des politischen Bewußtseins besonderen Wert. Über die genaue Ausrichtung ist es in der Vergangenheit, auch in der jüngsten, des öfteren zu erheblichen Spannungen gekommen.

Als Besonderheit ist zu erwähnen, daß die einzelnen Burschenschaften von Seiten des Verbandes keine Kriegsdienstverweigerer aufnehmen dürfen. Das Mensurschlagen ist bei den Burschenschaften (seit 1971) fakultativ.

Die DB gehört zu den größten Korporationsverbänden in Deutschland (141 Burschenschaften in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin [West] und der Republik Österreich). Sie zählt rund 2400 Aktive und etwa 23 000 Alte Herren (1981).

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Chile eine Burschenschaft gegründet, zu der später noch weitere vier hinzukamen. Sie bestehen alle heute noch und sind in freundschaftlichem Kontakt mit der DB verbunden.

Deutsche Ingenieur-Burschenschaft (DIB)

Als Burschenschaftsverband an den deutschen Ingenieurschulen, artverwandten Fachschulen und Politechniken - den derzeitigen Fachhochschulen - wurde am 1.5. 1964 in Coburg die Deutsche Ingenieur-Burschenschaft gegründet. Die Deutsche Burschenschaft hat hierbei wesentliche Unterstützung geleistet.

Coburger Convent (CC)

Der Coburger Convent der Landsmannschaften und Turnerschaften an Deutschen Hochschulen entstand aus der Verschmelzung der Deutschen Landsmannschaft (DL) mit dem Verband der Turnerschaften (VC). Er ist farbentragend, vertritt die Bestimmungsmensur und ist weder parteipolitisch noch konfessionell gebunden.

Die Landsmannschaften entstanden in Anlehnung an das mittelalterliche Vorbild der „nationes". In ihrer alten Form sind sie die Vorläufer des heutigen Korporationsstudententums. Aus ihnen ging einerseits im Jahre 1815 die demokratisch-freiheitlich ausgerichtete Deutsche Burschenschaft hervor, andererseits nahmen die Landsmannschaften, die sich der Burschenschaft nicht anschlössen, die Bezeichnung Corps an. Neben diesen beiden entwickelten sich erneut Landsmannschaften, die an die Tradition der alten des 18. Jahrhunderts anknüpften. Anders als die meist aristokratischen Corps lehnten sie jeden überflüssigen Aufwand ab und vertraten den Grundsatz der Gleichberechtigung. Das Schwergewicht der Autorität verlegten sie vom Senior auf den Convent.

Im Gegensatz zur politischen Überspanntheit der Burschenschaften verwarfen sie parteipolitische Betätigung unter Betonung der vaterländischen Gesinnung. Nach ersten Ansätzen im Jahr 1858 erfolgte 1868 der Zusammenschluß der neuen Landsmannschaften zum Allgemeinen Deutschen Landsmannschafter Convent, der 1873 Coburg zum ständigen Versammlungsort wählte und dementsprechend den Namen Coburger Landsmannschafter Convent annahm. 1980 erfolgte die Umbenennung in Deutsche Landsmannschaft (DL).

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die österreichischen Landsmannschaften und die bis dahin dem Marksburger Landmannschafter Convent angehörigen Landsmannschaften an Technischen Hochschulen in die DL aufgenommen.

Der Ursprung des Verbandes der Turnerschaften ging vom 1. Deutschen Turnfest in Coburg 1860 aus. Die von der Idee des von Vater Jahn überzeugten Studenten gründeten zahlreiche akademische Turnvereine, um dem Jahnschen Gedanken auch auf akademischem Boden Raum zu verschaffen. 1872 kam es in Bonn zur Gründung des VC der Akademisehen Turnvereine, die sich bald zu einem Waffenverband mit dem Grundsatz der Leibesübungen entwickelte. Seit 1896 führen die einzelnen Korporationen die Bezeichnung Turnerschaft. Seit 1926 finden jährlich regelmäßig Tagungen und Sportfeste in Bad Blankenburg im Schwarza Tal statt.

Die bereits seit 1922 bestehende vertragliche Arbeitsgemeinschaft führte 1951 zu einer Verschmelzung mit der DL. Als gemeinsamer Name wurde - dem Tagungsort entsprechend - die Bezeichnung Coburger Convent Akademischer Landsmannschaften und Turnerschaften angenommen.

Der Verband ist farbentragend, vertritt die Bestimmungsmensur, steht auf dem Boden unbedingter Satisfaktion, verwirft parteipolitische Betätigung und pflegt Leibesübungen.

Der Wahlspruch lautet „Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland". Verbandszeitschrift sind die ,,CC-Blätter". Der CC besteht heute aus 92 Korporationen mit etwa 1800 Aktiven und 14000 Alten Herren. (1981)

Marburger Konvent Studentischer Verbindungen (MK)

Der Marburger Konvent wurde am 6. 11. 1971 in Marburg von 13 Turnerschaften, die bis dahin dem CC angehört hatten, gegründet. Einige dieser Turnerschaften stießen schon bald nach ihrer Gründung zum VC, dem Verband der Turnerschaften; andere fanden unter Angleichung ihrer Prinzipien erst nach und nach zu diesem Verband, der 1951 durch Zusammenschluß mit der Deutschen Landsmannschaft im Coburger Convent, CC, aufging.

Bedingt durch die Ende der 60er Jahre im CC auftretende Diskussion über die Zeitgemäßheit der Bestimmungsmensur traten die 13 Turnerschaften aus dem CC aus und gründeten den MK. Sie konnten sich im CC nicht mit ihrer ablehnenden Haltung der Bestimmungsmensur gegenüber durchsetzen.

Seit 1975 finden regelmäßig zu Pfingsten Tagungen in Hannoversch-Gmünden statt. Der Marburger Konvent ist der jüngste Korporationsverband. Ende 1980 zählte er 370 Aktive in 13 Turnerschaften und etwa 1000 Alte Herren. Verbandszeitschrift sind die einmal pro Semester erscheinenden „Informationsblätter".

Kösener Senioren-Convent-Verband (KSCV)

Die aus den „nationes" hervorgegangenen alten Landsmannschaften wurden zu Beginn des letzten Jahrhunderts allgemein gern als Corps bezeichnet. Dementsprechend tragen die Corps des Kösener SC als Namen auch heute noch die lateinischen Bezeichnungen bestimmter Landstriche, intern gehört zur Bezeichnung jedoch immer die deutsche Übersetzung hinzu. Jede Landsmannschaft (Corps) hatte ihren Senior. Die Senioren der an einer Universität bestehenden Landsmannschaften bildeten den Seniorenconvent (SC) - daher der Teil des Namens. Auch heute noch bilden die an einem Hochschulort ansässigen Corps einen sog. Senioren-Convent. Wenn nur ein Corps am Ort ansässig ist, wird häufig mit benachbarten Universitäten ein SC gebildet.

Die neuen Landsmannschaften (Corps) wollten unter ausdrücklicher Ablehnung aller politischen Tendenzen ein Bund „unzerbrüchlicher Freundschaft Auserwählter" sein, die durch ihre Heimat- und Vaterlandstreue verbunden waren. Außerdem wurde die Pflege eines „honorigen Burschentums", im Gegensatz zu den damals teilweise verwilderten Sitten, zur allgemeinen Aufgabe erhoben.

Durch das Entstehen der Burschenschaften wurde den Corps ihr Alleinvertretungsanspruch streitig gemacht. Dies gilt insbesondere nach dem Aufschwung der Burschenschaft im Revolutionsjahr 1848. Um ihren Führungsanspruch verteidigen zu können, trafen sich am 15. Juli 1848 in Jena die Seniorenconvente fast aller deutscher Hochschulen. Alljährlich sollte ein Convent in Kösen stattfinden. Zunächst blieb es jedoch bei diesen loseren Treffen. Erst im Jahre 1855 anläßlich eines neuen Seniorenconventes in Bad Kösen/Saale erfolgte ein festerer Zusammenschluß zum Kösener SC-Verband. Nunmehr fand bis zum Ersten Weltkrieg jährlich zu Pfingsten der Kongreß in Bad Kösen statt.

Der KSCV ist farbentragend und vertritt die Bestimmungsmensur. Bei politischer und konfessioneller Neutralität pflegen die Corps insbesondere die Persönlichkeitsbildung ihrer Mitglieder im Sinne „höchster" Toleranz.

Der Verband beschränkt sich auf die Förderung der Beziehungen der Corps untereinander und die Regelung und Vertretung gemeinsamer Angelegenheiten.

Die ältesten Corps des KSCV sind das Corps Guestphalia Halle zu Münster (1798) und das Corps Unoldia/Erlangen (1798). Mit dem Weinheimer Senioren-Convent (WSC) besteht seit dem 2. 10. 1954 ein sogenannter Kartellvertrag. Innerhalb des KSCV gibt es noch sog. nach Farben bezeichnete Kreise, in denen sich die Corps gleichgelagerten Stils enger zusammengeschlossen haben.

Im Dritten Reich hatten die Corps wegen ihrer jüdischen Mitglieder erhebliche Schwierigkeiten mit den Nationalsozialisten. Die Corps versuchten zunächst gemäß ihres Toleranzprinzips und der ausgesprochen stark ausgeprägten Bundesbrüderlichkeit diese Probleme zu lösen. Dem äußeren Druck konnten sie aber letztlich doch nicht standhalten. Im Jahre 1938 übersiedelte das erst ein Jahr zuvor in Berlin gegründete Corps Brandenburgia nach Cleveland/Ohio, wo es heute noch besteht und 1973 sogar die Reaktivierung des früher ebenfalls in Deutschland bestandenen Corps Teuto-Rugia durchführen konnte. Beide Corps sind vom KSCV offiziell anerkannt. Die österreichischen Corps gehören gleichfalls dem einheitlichen Dachverband KSCV an.

Der Verband verfügt heute über 2300 Aktive in 92 Corps und ca. 16 000 Alte Herren (1981).

Weinheimer Seniorenconvent (WSC)

Aufgrund der Tatsache, daß bis zu Beginn dieses Jahrhunderts die Technischen Hochschulen nicht mit den Universitäten im klassischen Sinne als gleichwertig anerkannt waren, bildeten sich an den Technischen Hochschulen einige Corps, die sich im Jahre 1863 zu einem Allgemeinen Seniorenconvent (ASC) zusammenschlössen. Als ständiger Tagungsort für den neuen Verband wurde die Stadt Weinheim an der Bergstraße gewählt. Der heute geläufige Name ist erst seit 1875 ausschließlich üblich.

Anders als beim Kösener SC-Verband ist der WSC ein Zusammenschluß von Corps und nicht von Seniorenconventen. Der 1873 an den Tierärztlichen Hochschulen gegründete Rudolstätter Seniorenconvent (RSC) fusionierte 1934, entsprechend der vorgegebenen Parole zur Schaffung größerer Verbände, mit dem WSC. Diese Fusion blieb auch bei der Rekonstituierung nach dem Kriege am 23./24. Mai 1952 erhalten.

Heute verfügt der WSC über 57 Corps mit ca. 1700 Aktiven sowie 8500 Alten Herren. Verbandszeitschrift ist die „Wachenburg".

Deutsche Sängerschaft (DS)

Die Deutsche Sängerschaft wurde 1896 als Weimarer CC (entsprechend ihrem jährlichen Tagungsort) gegründet. Der Verband ist konfessionell und parteipolitisch neutral und vor allem der Musik verpflichtet. Er ist farbentragend und stellt von Seiten des Verbandes die Bestimmungsmensur frei. Es gibt Sängerschaften, die von ihren Mitgliedern die Bestimmungsmensur fordern, andere, die sogenannte Verabredungsmensuren kennen, und schließlich solche, die nicht schlagen.

Die Geschichte der DS reicht bis nahezu zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Im Laufe der Zeit erhielten die zahlenmäßig recht starken akademischen Gesangvereine die Form straffer Korporationen. Viele legten sich eigene Waffen und Farben zu. Sie gründeten die heutige DS, die im Jahre 1952 rekonstituiert wurde, während die nicht schlagenden und nicht farbentragenden akademischen Gesangvereine sich zum SC (Sondershäuser Verband, siehe dort) zusammenfanden. Die DS ist dem Deutschen Sängerbund - wie früher - korporativ angeschlossen.

Wernigeroder Jagd-Korporationen-Senioren-Convent (WJSC)

Der WJSC ist ein Zusammenschluß farbentragender Jagd-Korporationen mit Lebensbundprinzip, der das Ideengut des Deutschen Waidwerkes pflegen will. Die Mensur wird von Seiten des Verbandes freigestellt.

Vorläufer der WJSC war das 1922 gegründete Kartell Akademischer Jagdverbindungen. 1927 wurde unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Allgemeinen Deutschen Jagdschutzvereins der WJSC in Wernigerode gegründet. Dort fanden auch die jährlichen Verbandstage statt. Damals bekannte man sich zur unbedingten Satisfaktion und zur Bestimmungsmensur. Seit der Reaktivierung im Jahre 1956 tagt der Verband jährlich im Mai in Spangenberg bei Melsungen, da Wernigerode nicht erreichbar ist.

Miltenberger Ring (MR)

Der MR ist ein überkonfessioneller und politisch neutraler nicht farbentragender Verband, der das Schlagen von Mensuren freistellt. Die Gründung läßt sich auf das Jahr 1920 datieren. Hervorzuheben ist eine traditionell sehr starke Eigenständigkeit der Verbindungen gegenüber dem Verband. Der MR kennt Farben weder als Band, noch als Mütze noch im Zipfel.

Der Verbandsname leitet sich vom regelmäßigen Tagungsort Miltenberg/ Main ab. Mit dem Wernigeroder Schwarzen Verband (WSC) wurde im Jahre 1955 ein Freundschaftsabkommen abgeschlossen.

Bund Deutscher Studenten (BDSt)

Der Bund Deutscher Studenten ist ein Zusammenschluß farbentragender akademischer Korporationen deutscher Studenten. Er ist weder konfessionell noch parteipolitisch gebunden. Als freischlagender Verband lehnt er die Bestimmungsmensur ab, läßt jedoch die sogenannte Besprechungsmensur zu. Der BDSt führt seine Anfänge auf die ersten Vereine Deutscher Studenten (siehe dort) im Jahre 1881 in der damaligen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn zurück, die sich dann im „Waidhofener Verband" zum „Dienst am Deutschen Volkstum in den Grenzgebieten" zusammenfanden. Nach der Vertreibung bemüht sich der BDSt seit 1953 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bzw. Österreich gleichgesinnte Korporationen zu sammeln und suspendierten Korporationen bei der Wiedergründung einer Aktivitas zu helfen. Die Pflege der heimatlichen Tradition und des heimatlichen Kulturgutes gehört ausdrücklich zu den satzungsmäßigen Aufgaben der Verbindungen. Heute verfügt der Verband über drei Aktivitates in Wien, eine in Leoben (Steiermark), eine in Mainz, zwei in Nürnberg, sowie eine in Augsburg.

Verband der Vereine Deutscher Studenten (VVDSt)

Im Jahre 1881 als Kyffhäuser-Verband gegründet, hatte man es sich zur Aufgabe gestellt, für die Idee des neu geschaffenen Deutschen Reiches und für eine weitergehende Deutsche Einheitsidee zu werben. Im Verhältnis zu seiner Größe erreichte der Verband seinerzeit beachtliche Resonanz. Der VVDSt ist überparteilich und überkonfessionell; das Schlagen von Mensuren und das Farbentragen werden abgelehnt. In Fahne und Zipfel werden jedoch verbandseinheitlich die Farben schwarz-weiß-rot geführt (die alten Reichsfarben). Heute umfaßt der Verband schätzungsweise 26 aktive Korporationen in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich sowie eine in Dänemark (Verbindung Schleswiger Studenten in Kopenhagen). Das monatlich erscheinende Verbandsorgan führt den Titel „Die akademischen Blätter".

Wernigeroder Schwarzer Verband (WSV)

Unter diesem Namen wurde 1952 der 1933 gegründete „Wernigeroder Schwarzer Ring" (WSR) rekonstituiert. Der WSR, 1935 aufgelöst, war der Zusammenschluß des 1921 geschaffenen Schwarzen Ringes und des 1928 geschlossenen Kartellverhältnisses der Vereine „Motiv Berlin" und der „Akademischen Gesellschaft Sonderwunsch Stuttgart" (von 1859). Politisch und konfessionell ist der WSV neutral; das Schlagen von Mensuren wird abgelehnt. Gleiches gilt für das Farbentragen (schwarzer Verband).

Deutscher Wissenschafter- Verband (DWV)

Der [Deutsche Wissenschafter-Verband] ist ein farbentragender, nicht schlagender Verband an deutschen Hochschulen. Er entstand aus „Wissenschaftlichen Kränzchen", die zuerst in den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu finden waren und sich ab den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts zu Fachwissenschaftlichen Kartellen zusammenschlossen. Aus diesen erst losen und häufig wechselnden Zusammenschlüssen wurde nach langen Verhandlungen aus sieben Fachwissenschaftlichen Kartellen am 14. 5. 1910 der Deutsche Wissenschafter-Verband mit damals 82 Vereinen gegründet. Zwar ist der DWV - heute ein kleiner Verband - politisch und konfessionell neutral, schließt aber evangelische Theologenverbindungen ein. Im Jahre 1953 wurde der DWV rekonstituiert. 1965 stießen einige sogenannte Reformburschenschaften aus dem Deutschen Burschenring, die schon immer nicht schlagend waren, zum DWV. In einzelnen Verbindungen des DWV werden heute Studentinnen aufgenommen.

Akademischer Turnbund (ATB)

Ähnlich wie die Turnerschaften sind die Akademischen Turnvereine (ATV) im Zuge der Ideen des Turnvater Jahn entstanden. Hervorgegangen aus dem 1872 gegründeten Cartellverband der Akademischen Turnvereine wurde der ATB 1883 ins Leben gerufen. Er ist weder schlagend noch farbentragend.

Als selbständiger Landesturnverband ist der ATB dem Deutschen Turnerbund (DTB) als kleinster, aber als einziger überregionaler Landesverband angeschlossen. Neuerdings nimmt der ATB auch Studentinnen auf.

Sondershäuser Verband Deutscher Sängerverbindungen (SV)

Die dem 1867 gegründeten SV angehörigen Verbindungen sind, wie die heutigen Sängerschaften, zumeist aus akademischen Gesangvereinen entstanden. Ursprünglich ohne korporativen Charakter entwickelten sie sich allmählich zu geschlossenen Verbindungen. Im Gegensatz zur Deutschen Sängerschaft lehnten sie aber das farbentragende Waffenstudententum ab.

Der SV führt seinen Namen seit 1897. Sein Wahlspruch lautet „Lied-Freundschaft-Vaterland". Aufgenommen in den Verband werden nicht nur ausübende Musiker, sondern alle für das Musische aufgeschlossene Studenten, neuerdings auch Studentinnen.

Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC)

An den alten Deutschen Ingenieurschulen (damals führten sie andere Namen) entstanden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts - entsprechend der Entwicklung an den Universitäten - studentische Verbindungen. Bis heute sind insgesamt weit über 500 Verbindungen bekannt geworden. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gab es in diesem Bereich nur den katholischen Verband „Technischer Cartellverband" (TCV), der 1903 gegründet wurde und noch heute besteht (siehe dort). In den 20er Jahren dieses Jahrhunderts wurden etwa 30 weitere Korporationsverbände geschaffen. Die bekanntesten waren:

BDB - Bund Deutscher Burschenschaften (Besprechungsmensur)

EVC - Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent (teils Bestimmungs-, teils Besprechungsmensur)

FWR - Friedrichsruher Waffenring (Bestimmungsmensur)

WLC - Wachenburger Landsmannschafter-Convent (schlagend)

KDCV - Karthäuser Deputierten-Convent-Verband (Bayern)

Schon vor 1950 wurden an den Ingenieurschulen die meisten der 1935/36 verbotenen Korporationen reaktiviert. Bei einem Treffen aller bis dahin erreichbaren Verbindungen am 23. Juni 1951 auf der Festung Ehrenbreitstein am Rhein (Koblenz) wurde beschlossen, nicht die früheren Einzelverbände wieder zu begründen, sondern sich zu einem einheitlichen Verband zusammenzuschließen, dem BDIC. Dadurch bedingt sind sowohl Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, technisch wissenschaftliche Verbindungen - konfessionell gebunden oder nicht — im BDIC. Zwei Grundbedingungen sind allerdings Voraussetzung: Die Korporationen müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und partei- politische Neutralität wahren. Konfessionelle Bindungen bestehen von Seiten des Verbandes nicht.

Durch die Aufwertung der Ingenieurschulen zu Fachhochschulen bzw. deren Integration in die Gesamthochschulen versteht sich der BDIC heute als ein Verband an Deutschen Hochschulen. Zur Zeit benennt er 45 Mitgliedskorporationen, 1000 Aktive und 6700 Alte Herren. Verbandsorgan sind die „BDIC-Nachrichten".

Wingolfsbund (WB)

Der Wingolf verdankt seine Entstehungsgeschichte teilweise älteren Verbänden, vor allem der Burschenschaftlichen Bewegung, geht aber geistig zurück auf den Dichter Klopstock (1724-1803), der in seinem Werk „Messias" Martin Luthers Lehre gegen die in zwei Jahrhunderten fast zur Alleinherrschaft aufgestiegene Aufklärung verteidigt. Durch die mit festem Glauben gepaarte Toleranz gegenüber dem Katholizismus und ein starkes deutsches Nationalgefühl wirkte er sehr bestimmend auf die infolge der Befreiungskriege aufflammende Erweckungsbewegung, zu der auch der Wingolf gehörte. Dieser ist aus religiös und literarisch bewegten Kränzchen und „Theologenkneipen" erwachsen und bezeugt mit seinem Namen die Herkunft von Klopstock. Nach einem schon bald gescheiterten Versuch mit dem Namen Wingolf in Leipzig 1826 entstanden die oben erwähnten religiösen und literarischen Kränzchen (um 1830 in Bonn und Erlangen, 1837 in Halle, 1839 in Jena, dann auch in Berlin) und formten sich in gegenseitiger Förderung in der ersten Hälfte der 40er Jahre über Vereine zu Verbindungen um. Im Wettstreit bzw. Kampf mit dem damals die Studentenschaft überflutenden sogenannten Progreß, einer Reformbewegung, mußten sie sich behaupten. Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen haben bis auf Bonn alle Verbindungen des frühen Wingolf eine Spaltung erlitten. Eine von ihnen, die 1836 entstandene Uttenruthia in Erlangen, ist die Keimzelle des Schwarzburgbundes geworden (siehe dort). Während der schon 1841 aufgelöste Verein in Jena nur durch tätigen Einfluß in Halle, Bonn und Erlangen in Erscheinung trat, trägt der am 19. 12. 1841 in Bonn aus einer Theologenkneipe entstandene Verein am deutlichsten den Stempel Klopstocks. Aus dessen „Wingolfsoden", in denen Christentum und die germanische Mythologie zu untrennbarer Einheit verwoben sind, übernahm er sehr bald den Namen „Wingolf", von Klopstock gedeutet als Tempel der Freundschaft, der nun durch den Bund der Verbindung einen vertieften Sinn erhält.

Die Wingolfverbindungen nahmen schon früh Farben an, und zwar die schwarz-weiß-goldenen Farben, die der Freiherr vom Stein als deutsche Nationalfarben vorgeschlagen hatte und die aus dem alten Reichswappen stammen. Diese Farben werden einheitlich im gesamten Verband getragen.

Erstmalig trafen sich die Wingolfsverbindungen 1848; daher wird dieses Jahr vielfach als Gründungsjahr des Verbandes angesehen. In der eigenen Wingolfs-Geschichte heiße es jedoch, daß sich die Wingolfs-Verbindungen 1852 zum Gesamt-Wingolf mit gegenseitigem Eintrittszwang zusammenschlössen. Aufgrund des Christlichkeits- und Sittlichkeitsprinzips lehnte der Verband das Duell (einige Verbindungen schwankten zunächst) vollständig ab und damit auch die Bestimmungsmensur. Wingolfsverbindungen gab es - wenn auch zum Teil nur inoffziell mit dem Verband verbunden - auch in Straßburg, in Dorpat (Baltikum), das „Schwitzer Hüsli" in Basel sowie in Wien. Verbandszeitschrift sind die „Wingolfs-Blätter".

Der Schwarzburgbund (SB)

Der Schwarzburg-Bund hat die gleiche historische Wurzel wie der Wingolf in seiner christlichen Grundanschauung. Allerdings bestand und besteht nach wie vor oft Uneinigkeit darüber, was als „christlich eingestellt" zu gelten hat. In Erlangen hatten sich 1850 die Uttenruthia und der dortige Wingolf voneinander getrennt, weil der Wingolf von seinen Mitgliedern erwartete, daß sie überzeugte Christen waren, während die Uttenruthia nur eine Offenheit für die Fragen des christlichen Glaubens voraussetzte. Darin stimmten später auch die anderen Verbindungen des Schwarzburg-Bundes überein. Der SB rekrutierte sich angesichts der zahlreichen katholischen Korporationen zwar überwiegend aus evangelischen Kreisen, ist aber ebenfalls, wie der Wingolf, auch heute noch ein christlicher Verband.

Nachdem am 4. März 1885 ein Vierbund zwischen Uttenruthia Erlangen, Tuiskonia Halle, Nordalbingia Leipzig und Sedinia Greifswald als Fortsetzung des am 25. Mai 1858 in Ilmenau gestifteten Kartells zwischen Uttenruthia und Tuiskonia abgeschlossen war, trafen in den Pfingsttagen des Jahres 1887 Vertreter der vier Verbindungen in Schwarzburg zusammen und gründeten dort als in ihrem Sinne christlich bestimmte, Duell und Mensur ablehnende Verbindungen den Schwarzburg-Bund, der damit bereits über 90 Jahre besteht, obwohl seine Wurzeln noch etwa 30 Jahre weiter zurückreichen.

Der Schwarzburg-Bund ist ein sehr heterogener Verband. Er kennt Verbindungen, die das korporative Element stark betonen, und solche, die darin kaum noch einen Sinn sehen. Teilweise werden Farben getragen, teilweise sind solche überhaupt nicht vorhanden. Einige Verbindungen tragen sogar Kopfcouleur, anderswo wird sie energisch abgelehnt. Noch vielfältiger ist die Zahl der Selbstbezeichnungen: Burschenschaft, Burschenschaft im SB, Landsmannschaft, SB-Verbindung, Akademische Verbindung, Akademische Vereinigung, Studentische Gemeinschaft. Diese Bezeichnungen sind historisch zu verstehen. Der SB bestand ursprünglich aus Verbindungen, die bewußt als Bundesverbindungen gegründet waren. Andererseits haben sich dem Bund immer wieder Verbindungen angeschlossen, die vorher eigenständig gewesen waren und ganz bestimmte Eigentraditionen mitbrachten. Der SB war somit zu allen Zeiten (von den Jahren 1933-35 einmal abgesehen) mehr föderalistisch als zentralistisch aufgebaut. Ebenso unterschiedlich wie kontrovers wurde vor einigen Jahren die Frage der Mitgliedschaft von Studentinnen diskutiert bzw. geregelt. Heute steht es jeder einzelnen Verbindung frei, Studentinnen als Mitglieder aufzunehmen oder nicht.

Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen (CV)

Am 5. Februar 1851 verwirklichte der Philosophiestudent Franz Lorenz Gerbl nach vielen Bemühungen seinen schon am Gymnasium gefaßten Plan der Gründung einer katholischen Studentenverbindung, die er Aenania (München) nannte. Sie sollte nach seinen eigenen Worten „aus katholischen Grundsätzen Duell, Renommisterei und Sauferei vermeiden, die vollkommene christliche Freiheit deutscher Männer anstreben, dieser Idee und ihrem Symbol durch Wort und Tat die verdiente Achtung und Geltung verschaffen". Als Form wählte Gerbl bewußt die herkömmliche studentische Form einschließlich des Farbentragens, um durch das offene Bekenntnis um so besser in der Studentenschaft wirken zu können. Weitere Ausbreitungsversuche seiner Idee scheiterten zunächst. Erst 1856 wurde ein Freundschaftsabkommen mit der neugegründeten Winfridia in Breslau eingegangen. Dieser 6. Dezember 1856 wird vom CV als sein Gründungstag angenommen. 1863 wurde von Georg Freiherr von Hertling im Auftrag der farbentragenden Verbindungen ein sogenanntes Korrespondenzverhältnis mit dem Katholischen Leseverein Berlin (später Askania) hergestellt. Auch Winfridia Breslau hatte solche Beziehungen schon zuvor aufgenommen.br Sowohl die farbentragenden Verbindungen als auch die nicht farbentragenden Vereine hatten zunächst auf dem Katholikentag zu Frankfurt 1863 einen gemeinsamen Verband gegründet. Wegen der zu großen Unterschiede, von denen die Frage des Farbentragens nur eine Teilkomponente darstellte, wurde dieser Zusammenschluß jedoch bereits ein Jahr später wieder beendet. Die Vereine schlössen sich 1865 zum späteren KV zusammen, während die farbentragenden Verbindungen ebenfalls einen eigenständigen Verband gründeten (CV). Als älteste Verbindung des CV und älteste katholische Verbindung überhaupt ist aber die 1844 in Bonn gegründete Bavaria anzusehen, die als fünfte Verbindung in den CV aufgenommen wurde.

Im Kulturkampf der 70er und 80er Jahre wie im Akademischen Kulturkampf 1904/05 war der CV aufgrund seiner nach außen deutlich erkennbaren Gesinnung starken Anfeindungen ausgesetzt. CV-Verbindungen gab es sowohl im Deutschen Reich als auch in Österreich, im Sudetenland, in Danzig, in der Schweiz und in Rumänien (Czernowitz). Im Jahre 1933 wurde für das Sudentenland und für Österreich jeweils ein eigener Verband gegründet.

Der ÖCV bestand auch nach dem Kriege weiter. Er ist durch ein Freundschaftsabkommen mit dem CV verbunden. Die anderen „außerdeutschen" Verbindungen siedelten in das Bundesgebiet über. Der Wahlspruch des CV lautet ebenso wie beim UV und früher beim KV „in necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus Caritas". Verbandsorgan ist die alle zwei Monate erscheinende „Academia".

Nach eigenen Angaben verfügt der CV heute über 5600 Aktive und 32000 Gesamtmitglieder bei 116 Verbindungen. Im Gegensatz zum KV hat der CV neben Religion-Wissenschaft-Freundschaft als viertes Prinzip „Patria".

Technischer Cartellverband (TCV)

Der TCV ist ein Zusammenschluß katholischer farbentragender Verbindungen an Fach- und Gesamthochschulen Deutschlands. Er wurde 1903 in Bingen am Rhein gegründet. Die Bezeichnung technisch wird aus Tradition beibehalten und rührt daher, daß es an den früheren Ingenieurschulen nur technische Fachrichtungen gab. Heute gehören Studenten aller Fachrichtungen den Verbindungen des TCV an. Der TCV ist ein katholischer Verband. Er bekennt sich zu den Prinzipien Religion - Wissenschaft - Freundschaft. Als Zeichen der Lebensfreundschaft und Zeichen des Einstehens für die Grundsätze des Verbandes betrachtet er das Tragen von Farben.

Heute zählt der TCV 27 Altherren-Verbände und 17 aktive Korporationen mit etwa 300 Aktiven und 2000 Gesamtmitgliedern.

Ring Katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB)

Der RKDB wurde 1924 von aus dem UV ausgetretenen Vereinen gegründet. Durch die aufkommende Jugendbewegung hatte sich im UV als Gegentendenz eine Strömung gebildet, die das Farbentragen einführen wollte um das korporative Element zu stärken. Da die Mehrzahl der Unitas-Vereine diesen Schritt nicht mitmachen wollte, traten einige Vereine unter der Führung von Sigfridia Bonn aus dem UV aus und gründeten zunächst den Ringverband, der sich später in RKDB umbenannte. In seiner Blütezeit umfaßte der RKDB 23 Verbindungen in Deutschland und Österreich. Der RKDB ist von Anfang an als sogenannter großdeutscher Verband angelegt worden. Er förderte auch bewußt nationale Anliegen im Sinne der damaligen Zeit. Zu Beginn der nationalsozialistischen Zeit, als die Korporationen noch nicht verboten waren, wurden diese von den Machthabern dazu angehalten, größere Verbände zu bilden. Auch die katholische Verbände führten dementsprechend Gespräche. Am 1. September 1933 wurde in Frankfurt/Main ein Abkommen zwischen dem RKDB und dem KV über den Zusammenschluß beider Verbände geschlossen. Dieser Schritt kam für die Mitglieder beider Verbände äußerst überraschend. Als gemeinsamer Name der Verbandsverbindungen wurde „Katholische Burschenschaft" (KB) gewählt. Dieser Zusammenschluß blieb nicht ohne Kritik, insbesondere deshalb, weil sich ein farbentragender und ein nichtfarbentragender Verband vereinigt hatten. Von seiten der Deutschen Burschenschaft (DB) kamen Angriffe vor allem gegen den Namen. Andererseits erhofften sich die Gründungsväter gerade auch wegen des neuen Namens eine stärkere positive Rücksichtnahme durch die Machthaber. Der Zusammenschluß blieb jedoch nicht von langer Dauer. Unter Führung der Sigfridia Bonn, Gründungsverbindung des RKDB, wurde bereits kurze Zeit später, auch gegenüber den zuständigen Behörden der Deutschen Studentenschaft (DSt) der Austritt zahlreicher ehemaliger RKDB-Verbindungen aus der KB versucht. Weil der RKDB erst relativ spät nach dem Krieg, nämlich im Jahre 1954, reaktiviert worden ist, verblieben zahlreiche ehemalige RKDBer im KV.

Verband der wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine Unitas (UV)

Der UV reicht mit seiner ältesten Korporation Unitas-Salia in Bonn (gegründet 1847) in die Zeit der Anfänge katholischer Studentenkorporationen zurück. Ursprünglich nahm er nur Studenten der Theologie, später aber auch Angehörige anderer Fakultäten auf. Mit dem Jahr 1895 begann der Verband ähnlich wie CV und KV eine bewußte Ausbreitungsarbeit, besonders im Nord- und Südwesten. Frühzeitig paßte er sich auch den üblichen studentischen Formen an und zeigte sich bei öffentlichem Auftreten wie die anderen studentischen Korporationen in Wichs und mit Fahnen. Die Farben blau-weiß-gold (in verschiedener Reihenfolge) sind in allen Vereinen gleich. Sie werden allerdings nicht in Form von Band und Mütze getragen. Der UV ist kein Kartellverband wie CV und KV, sondern ein Einheitsverband. Die aktiven Vereine einerseits und die Alt-Herren-Vereine andererseits haben jeweils gleiche Satzungen. Lange Zeit galt im UV das Prinzip, an einer Hochschule nur durch einen Verein vertreten zu sein. Zentrale historisch bedingte Schwerpunktveranstaltungen der einzelnen Vereine sind die sogenannten meist wöchentlich stattfindenden wissenschaftlichen Sitzungen, auf denen weltanschauliche, kulturpolitische und soziale Fragen behandelt werden. Verbandsblatt ist die „UNITAS". Die Verbandsprinzipien lauten virtus, scientia, amicitia. Gleichlautend mit dem CV (früher auch KV) heißt der Wahlspruch „In necessariis Unitas, in dubiis libertas, in omnibus Caritas". Anfang der 20er Jahre dieses Jahrhunderts traten einige Vereine aus dem Verband aus, da sie das Tragen der Farben nicht durchsetzen konnten. Sie gründeten den RKDB (siehe dort). Im Sogenannten Dritten Reich gehörte der UV zu den widerstandsfähigsten Verbänden. Unter der Führung des Prinzen zu Löwenstein gelang es, das Katholizitätsprinzip zu erhalten. Auch wegen seiner im Verhältnis zu anderen Verbänden bescheideneren Größe konnte sich der UV relativ unauffällig halten, bis er 1938 auch durch die Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Heute zählt der UV 40 Vereine mit etwa 500 Aktiven und 8000 Alten Herren.

Der KV

Der KV

Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine

Wappen (KV).gif

Verbandsabzeichen: KV-Nadel (seit der VV 1924 in Hannover)

KV (Logo).gif

Bundeslied: Nun roll zum Himmel Deine Feuerwellen

Text: Julius Pohl (1815-1873), 1898

Melodie: Karl Wilhelm (1815-1873), 1851

(KV-Liederbuch S. 171)

Verbandsorgan: Akademische Monatsblätter (seite 1888)

Prinzipien: Religion, Wissenschaft, Freundschaft

„Sinn und Zweck des Verbandes."

Sinn und Zweck des KV sind nicht ablösbar vom geschichtlichen Hintergrund, besonders dem seiner Gründung. Aber die Wurzeln reichen sogar zurück bis zur Säkularisation. Die katholische Kirche als ecclesia triumphans wurde ihres imposanten und den einfachen Mann überzeugenden Machterweises beraubt: politischer Einfluß und Reichtum, zwar manchmal mißbraucht, aber mehr doch sozialpolitisch segensreich angewendet, waren dahin. Geld und Machtgier der staatlichen Obrigkeiten entrissen der Kirche ihren Besitz. Sie wurde arm und unansehnlich, an den Rand gedrängt und als armselig verachtet. Für das Schritthalten in Wissenschaft und Kultur fehlten die Mittel. In einer Ghetto-Situation war die Kirche auf sich selbst zurückgeworfen, strahlte nicht mehr aus, war kein Diskussionspartner mehr. Dagegen wurden die protestantischen Kirchen, deren Oberhäupter die jeweiligen Landesherren waren, in Kultur und Wissenschaft gefördert. Als Preußen die Vormacht im Deutschen Reich erhalten hatte, unternahm es der Reichskanzler Bismarck, die Reste des Einflusses katholischer Länder und katholischer Landesteile durch Verfolgung und Benachteiligung auszuschalten. Diese Provokationen brachten bei den glaubens- und kirchentreuen Katholiken den großen Aufbruch. Sie meldeten sich zu Wort, widerstanden der Gewalt und der Manipulierung und spürten ihre Sendung zu christlicher Durchdringung von Politik und Wissenschaft, besonders der Sozialpolitik und Naturwissenschaft. Dieses Sendungsbewußtsein war von einer Lehre untermauert, deren Gültigkeit durch das Lehramt der Kirche eine feste Basis hatte. Das erklärt die Kraft des Aufschwungs und den Elan in den Wortmeldungen in Kultur, Wissenschaft und Politik.

Auch diesmal waren es die Studenten, die sich begeistert, schwungvoll und voll Idealismus in Gruppen solidarisierten und neben den bisher vorherrschenden und in asozialer Arroganz erstarrten Formen studentischer Korporationen neue Bünde schufen. Es waren Freundschaftsbünde ohne Zweikampfriten und ohne den aussichtsreichen Blick auf Privilegien in Staat und Gesellschaft. Einige der neuen Bünde verzichteten auch auf die äußeren Zeichen, die den Studenten als Sonderklasse in der Stadt und unter dem Volk auswiesen, und die im Tragen von Band und Mütze öffentlich dargetan wurden. Sie wollten sich nicht äußerlich von anderen Menschen unterscheiden und absondern, sondern unter ihnen sein, unauffällig, aber wirksam wie das Salz, von dem die Bibel spricht.

„KV", „Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine" nannte sich ein Zusammenschluß und eine sich formierende Gesinnungsgemeinschaft solcher damals im akademischen Bereich revolutionären Studentenbünde. Kämpferisches „Freidenkertum" und protektionistischer Staatsprotestantismus waren die fast unangreifbaren Mächte, gegen die sich die katholischen Studentenverbände zusammen mit der schnell wachsenden katholischen Zentrumspartei wendeten. Soziales Engagement und religiöser Bekennermut machten die katholischen Akademiker und ihre Studentenvereine glaubwürdig; bald beeindruckten sie auch gläubige evangelische Kreise - bis hinauf in die kaiserliche Familie - so daß deren Sympathien in Aktionen christlicher Gemeinsamkeit offenbar wurden. Im ersten Weltkrieg ließen gleiche vaterländische Opfer und gleiches Leid die Gegensätze verschwinden. Als dann die Weimarer Republik sich konsolidiert hatte, war auch die Gleichberechtigung der Katholiken erreicht und die konfessionellen Gegensätze waren im akademischen Bereich kein brisantes Thema mehr.

Es gab aber noch alte und auch neue Gefährdungen für Christen, die gläubig und engagiert das Evangelium wirksam werden lassen wollten im sozialen Bereich, in Staat und Familie. Kommunismus und Sittenverfall waren zwei Gefahrenkreise der zwanziger Jahre. Beide aber wurden zu wenig als Bedrohung erlebt. Moralische Entrüstung paßte nicht in studentische Mentalität. Gegen radikale kommunistische Parolen glaubte man sich immun und gegen revolutionäre Attacken polizeilich gesichert. Auch der KV war etabliert. Wenn es allerdings um religiöse Belange ging oder gar um Angriffe gegen die Kirche, waren die Alten Herren wie die Studenten bereit zum Bekenntnis und zum Handeln; Gottesdienste und Fronleichnamsprozessionen waren hochoffiziell und religiöse Themen waren wesentliche Teile der Semesterprogramme. Doch das Nachlassen des sozialen Engagements und der Mangel an politischer Bewußtseinsbildung rächten sich bei der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, von der auch die Kirche und die Zentrumspartei überrumpelt wurden. Als man die Gefährlichkeit des Gegners erkannte, war es zu Gegenaktionen zu spät; auch die Organisation des KV war zerschlagen. Nur in den Ortszirkeln und in nach außen getarnten Altherrenverbänden waren gemeinsame Willensbildung und Gesinnungsstärkung möglich. Die KVer haben das genutzt, und viele von ihnen haben ihre christlichen Kartell- und Vereinsprinzipien in Beruf und Gesellschaft verwirklicht, helfend, vermittelnd, aber auch oft genug bekennend unter Gefahren für sich und ihre Familien.

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs kam die Zeit der Neubesinnung und die Chance des Neuanfangs auch für den KV. Die katholischen Verbände waren die ersten, die sich wieder formieren durften und sie bereiteten den Weg auch für die anderen Studentenverbände, die früher einmal ihre Gegner und privilegierten Konkurrenten waren. Führende Männer des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbaus waren KVer; sie ließen sich von ihren christlichen Prinzipien leiten und erstrebten neben dem äußeren Wiederaufbau auch eine dauerhafte moralische Renaissance des deutschen Volkes. Was die Nachkriegsgeneration aufbauen wollte und zum Teil auch aufbaute, lag auf der Linie der Grundsätze, die auch die Leitsätze des KV waren. Mitarbeit der studentischen Jugend war Wunsch der Alten, aber schon nach wenigen Jahren versickerte in den aktiven Vereinen der politische Elan und das religiöskirchliche Engagement. Nur Mit-Arbeit war noch nie eine Sache, welche die Jugend begeistern konnte. Man ließ die Alten aufbauen und zog sich zurück auf Freundschaft und Studium. Die Gefahr des Sinnverlusts zog herauf, auch für den KV. Altherrenverbände und aktive Vereine verloren ihr Profil in einer etablierten Gesellschaft.

Sinn und Zusammenhalt einer Gemeinschaft sind im wesentlichen von fünf Faktoren abhängig. Auch der KV und jeder seiner Vereine braucht sie. Je weniger die Faktoren und je schwächer ausgeprägt sie sind, desto geringer sind Zusammenhalt und Sinnbewußtsein einer Gruppe. Der erste Faktor heißt „gleiche Interessen". Freundschaft und Studium sind zwar legitime Motive, aber sie sind ohne Dynamik nach außen, durch welche erst die Selbstbestätigung der Gruppe als solche bewirkt wird. Der zweite Faktor heißt „gleiches Herkommen". Beim KV war nie das soziale Herkommen ausschlaggebend für die Aufnahme in die Gemeinschaft, sondern das Herkommen aus einer kirchlichen katholischen Familie. Der dritte Faktor heißt „gleiche Tradition". Jeder junge Staat, von den USA bis zu den letzten Neugründungen, sucht und pflegt Traditionen und Traditionssymbole, seien es Fahne, Hymne oder Nationaltrachten, weil diese sinnfällig Einheit dartun und Zusammenhang stiften. Auch zum KV gehören sinnfällige Traditionen als Zeichen für überdauernde innere Haltungen. Der vierte Faktor heißt „gemeinsame Erlebnisse". Niemand wird leugnen, daß bei aktiven Studenten in den Bünden des KV dieser Faktor zur Genüge vorhanden ist, während das für die genannten ersten drei Faktoren nicht mehr zutrifft. Der fünfte Faktor ist ein doppelter: „gemeinsame Befürchtungen" und „gemeinsame Feinde". Beide gehören zusammen und waren im KV mächtige Motive für seine Gründung, seinen Bestand und seine Blüte. Gibt es aber heute noch Feinde für das, was der KV wollte und heute noch wollen muß? Feinde also, und von ihnen ausgehende Bedrohungen für eine christliche Ordnung in der Gesellschaft und unter den Völkern? Feinde für das immer wieder einsetzende Bemühen in den sozialen Belangen und in der Nächstenliebe nach der Botschaft Christi und in der Orientierung an der Lehre der Kirche? Wenn eine Gemeinschaft die Feinde und die Bedrohung ihrer Haltung und Ziele und ihrer konstitutiven Elemente nicht bemerkt und nicht als Herausforderung empfindet, ist sie kraftlos, unbedeutend und für junge Menschen nicht mehr attraktiv.

Der KV aber hat Sinn und Ziel in der Verwirklichung von Werten, die heute wie damals bedroht sind. Die Bedrohung ist jedoch in unserer Zeit so getarnt, daß keine Befürchtung mehr aufkommt und keine Herausforderung gespürt wird. Symbolworte und Parolen des immer neu notwendigen christlichen Aufbruchs wie Friede, Versöhnung, Gerechtigkeit, sind zweckentfremdet, mißbraucht und zu Allgemeinplätzen geworden. Selbst die Leitworte des KV „Religion, Wissenschaft, Freundschaft" sprechen nicht mehr klar aus, daß christliches Gedankengut gemeint ist. „Wissenschaft" wird mißbraucht und nivelliert bis in die erste Schulklasse und den Fernseh-Spot hinein; „Freundschaft" ist auch Kumpanei; „Religion" hat auch der Drogen-Sektierer. Allerdings gibt es in den Wappensprüchen der Vereine Worte, die nicht abgegriffen sind: Treue, Mannhaftigkeit, Bekennergeist u. a. Wenn der KVer diese Worte braucht, sollten sie immer Ausdruck einer Gesinnung sein, welche christliche Haltung auf dem festen Boden der katholischen Kirche und ihrer Lehre beispielhaft offenbar werden läßt; sie müssen apostolisch verstanden werden in Wissenschaft und Gesellschaft, auf all den Gebieten, die dem Akademiker verantwortlich aufgegeben sind. Zur christlichen und apostolischen Haltung gehört heute - anders als vor 100 oder 50 Jahren, wo Bedrohung und Unterdrückung offensichtlich waren - das Erkennen der schleichend manipulierenden Gegner und der Herausforderung durch sie. Demonstrieren und Argumentieren muß sich verbinden mit Sachkenntnis und Überzeugungskraft. KVer sein ist heute schwerer als früher, weil es mühsamer ist, das Böse zu entlarven und das Gute zu tun.

Auf diesem entwicklungsgeschichtlichen und sinngeschichtlichen Hintergrund erhebt sich die Frage, inwieweit die Gründungsprinzipien auch heute noch gültig und sinnvoll sind. Die „Nicht"-Prinzipien - nicht-schlagend, nicht-farbentragend - treten in den Hintergrund, sobald das, wogegen man sich absetzt, selbst aus seiner Übertreibung herausfand. Das Mensurenschlagen ist heute keine Vorbereitung mehr auf den Zweikampf als ehrenrettendes Merkmal der herrschenden Gesellschaft. Es ist eine Form des sportlichen Spiels geworden, bei dem Mut und Wagnis gefordert werden. Die Ablehnung des Mensurenschlagens aus überspitztem Ehrbegriff hatten auch vor dem KV schon andere Verbände vollzogen, die allerdings dann ihr eigenes Ziel in ihrem Namen deutlich werden ließen, wie z. B. die Turnerschaften und Sängerschaften. Hätte der KV bei seiner Gründung seine besonderen Ziele in die Namensnennung einbeziehen wollen, dann hätte er sich „Christenschaft" nennen können und das wäre auch heute noch ein ausdrucksvoller und verpflichtender Name. Das Farbentragen ist heute, im Gegensatz zur Gründungszeit, kein Standessymbol mehr. Damals zeigte der Student seine Farben pflichtmäßig von früh bis in die Nacht, in der Universität, in der Stadt und im öffentlichen Leben. Jetzt ist das Farbentragen so zurückgenommen, daß man nur dort „Farbe bekennt", wo man sowieso unter Gleichgesinnten ist; und doch ist es ein ebenso stolzes wie rührendes Zeichen dauerhafter Freundschaft und Gesinnungsgemeinschaft auch über Generationen hin. Hier liegt eine Eigenart und Stärke der studentischen Korporationen allgemein. Sie sind aus Gesinnungen und Verantwortlichkeiten geboren, und diese gehören so zur Persönlichkeit, daß sie ein ganzes Leben beibehalten und fruchtbar gemacht werden. Nur die Beibehaltung der in der Jugend als sinnvoll und bekennenswert erlebten Grundsätze, deren Kontinuität in immer neuen Ausdrucksformen der reifenden und alternden Persönlichkeit, und die Weitergabe an die nächste Generation werden der Wichtigkeit und Gültigkeit von Überzeugungen gerecht. Die Bereitschaft zum Lebensbund ist der Prüfstein der Gesinnung.

Für den KV gilt: Nicht-Schlagen und Nicht-Farbentragen sind zwar Unterscheidungsmerkmale zu anderen Verbänden, haben aber an Profilierungskraft verloren; es sind Spielarten des korporationsstudentischen Daseins nach Neigung und Geschmack. Den Lebensbund pflegen unsere Vereine wie die anderen Korporationen als Ausdruck der Freundschaft und Gesinnungstreue.

Das wichtigste aber und überdauernd gültige Prinzip des KV ist das apostolische Wirken in christlicher Verantwortung auf der Basis der katholischen Lehre. Für den Studenten in der Aktivitas heißt das: solche Gesinnung suchen, finden, einüben und ausüben im studentischen und Hochschul-Bereich; für die Alten Herren heißt das: in ihrer Berufs- und Einflußsphäre, in Familie und Gesellschaft christliche Verantwortung übernehmen und zur Auswirkung kommen lassen.

Die historische Entwicklung von KV und ÖKV

Der KV

Die Anfänge des katholischen Studententums im deutschsprachigen Raum.

Entstehung des Berliner Lesevereins. Die Anfänge des katholischen Studentenwesens liegen im 19. Jahrhundert: Die ersten katholischen Studentenvereinigungen wurden in der Schweiz als Antwort auf kirchenfeindliche Strömungen gegründet. Symptomatisch für die Kirchenfeindlichkeit ist die 1841 erfolgte Aufhebung sämtlicher Klöster im Aargau mit der Begründung, sie seien die alleinige Ursache der unglücklichen Lage des Landes, da „das Mönchtum überhaupt nur Steppen und Barberei schaffe, und der Mönch in der Regel ein schlechtes, verdorbenes Geschöpf sei, in dessen Schatten der Grashalm verdorre". Genau in diesem Jahr entstand am Gymnasium in Schwyz der nur aus Katholiken bestehende Schweizerische Studentenverein, der auch 1844 in München Fuß faßte. In jenem Jahr gründeten auch in Bonn sieben katholische Studenten eine Studentenverbindung, der sie den Namen „Bavaria" gaben, weil in Bayern „katholische Wissenschaft und katholisches Leben einen so großen Aufschwung genommen habe...". Aus der Bavaria gingen weitere Korporationen hervor, die sich in einer Union zusammenschlössen. Die Union gab sich 1852 Statuten folgenden Inhalts:

  1. Zweck der Union ist Förderung der Wahrheit in Erkennen und Leben.

  2. Mittel zu diesem Zweck sind wissenschaftlicher und geselliger Verkehr und Anstrebung öffentlicher Redefertigkeit.

1853 löste die Union sich wieder auf. Die 1851 als farbentragende Korporation gegründete „Aenania" in München setzte sich als Ziel:

„Förderung des gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Lebens unter den Mitgliedern".

Sie war eine Frucht der Vereinsfreiheit von 1848 und durch den Zusammenschluß von Studenten aller Fakultäten breiter angelegt als die „Theologenkränzchen". Von der „Aenania" hob sich die spätere Askania-Berlin ab, weil sie nichtfarbentragend, aus dem St.-Vinzenz-Verein hervorgegangen und zunächst als „Katholischer Leseverein" gegründet worden war. Als Vater dieses Vereins gilt Friedrich v. Kehler, Legationsrat a. D., Konvertit und Verwalter der Güter des Fürsten Radziwill. Friedrich v. Kehler hatte sich ab 1853 bemüht, einen Kreis katholischer Studenten um sich zu scharen, von denen um 1850 etwa 160 in Berlin lebten. Da es damals in Berlin für die Gottesdienste der Katholiken nur die Hedwigskirche gab, konnte man die Studenten hier nach den Messen und Andachten ansprechen. Mit einigen von ihnen schuf v. Kehler im April 1853 das sogenannte „Kleine Conveniat" als geistige Mitte. Es wollte „die Grundsätze und das Leben der einzelnen mit der katholischen Kirche in immer größere Übereinstimmung bringen". Um dies zu erreichen, wurde die Anschaffung katholischer Zeitschriften beschlossen, die in den damaligen Berliner Bierkneipen natürlich nicht geführt wurden, ferner die Einrichtung einer Wohltätigkeitskasse, in die jeder freiwillig monatlich einzahlen sollte. Ende desselben Jahres gab man sich eine Satzung, derzufolge „jeder wissenschaftlich gebildete katholische Bürger Gastfreundschaft genießen" sollte. 1854 nahm man den Namen „Katholischer Leseverein" an. Er war kein reiner Studentenverein, obwohl das studentische Element überwog, sondern ein katholischwissenschaftlicher Verein, dem auch schon Altakademiker angehörten, wie etwa der Berliner Missionsvikar Eduard Müller, dann Mathias Aulike, seit 1841 vortragender Rat in der Abteilung für katholische Kirchenangelegenheiten im preußischen Kultusministerium, Johann Theodor Brüggemann, seit 1839 Oberregierungsrat im Kultusministerium, und schließlich Ignaz von Olfers, ebenfalls seit 1839 Generaldirektor der kgl. Museen zu Berlin und ab 1854 Mitglied des Staatsrats. Neben der Pflege der katholischen Literatur war der Verein auch karitativ tätig. Dies wurde neben der Wohltätigkeitskasse dadurch deutlich, daß man Jahr für Jahr das St.-Nikolaus-Fest mit einer Bescherung armer Kinder feierte, „um", wie es hieß, „das Häusliche und Alltägliche durch den Kirchengeist zu veredeln und das Profane zu heiligen, wie die Kirche von Anbeginn selbst heidnische Feste zu himmlischem Dienst zu erheben versuchte." Der schon erwähnte Eduard Müller versuchte außerdem, die Studenten für seine Akademie des Gesellenvereins, eine Einrichtung zur Fortbildung der Handwerker, heranzuziehen. Über die Ausstattung der Bibliothek des Lesevereins wissen wir aus der Frühzeit nichts. Quartier bezog der junge Verein in der „Heiligen Elf", dem katholischen Vereinshaus in der Niederwallstr. 11. Daher der etwas eigentümliche Name. Dort traf sich das katholische Berlin. Da dem „Leseverein" gestandene Männer angehörten, gab es nur Burschen. Über das Farbentragen wurde nie gesprochen. Die Gründe dafür liegen im Dunkeln. Wollte man sich von den „schlagenden" Korporationen abheben? Lehnten die Honoratioren studentische Tracht (Band, Mütze, Wichs) ab, weil die nicht mehr mit ihrer Stellung vereinbar war? Als 1862 der Leseverein zu einem reinen Studentenverein umgewandelt wurde, blieb man weiterhin nichtfarbentragend. Die damalige friedliche Trennung der Studenten von den Altakademikern war ein Werk des Ordners, d. h. Seniors des Vereins, Georg von Hertling. Er lenkte den Blick der Katholiken Deutschlands auf die neu entstandenen katholischen Korporationen, als er als 20jähriger auf der 15. Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands 1863 in Frankfurt a. M. als Vertreter der katholischen Studenten über die Ziele der Studentenvereine sprach. Er vertrat dort neben dem Leseverein die 1849 gegründete farbentragende Winfridia-Breslau und die bereits erwähnte ebenfalls farbentragende Aenania-München, die in einem sogenannten Korrespondenzverhältnis zueinander standen. „Diese neuen Vereine", so führte von Hertling aus, „erkannten, wie nur auf der sicheren Grundlage der Religion ein lebenskräftiger Organismus erwachse, nur durch das Band der Religion alle anderen Ideen zu einem harmonischen Ganzen vereinigt werden könnten. Nur an der Hand eines religiös-sittlichen Prinzips glauben sie die erste Aufgabe lösen zu können, die sich stellte: die Heranbildung echt männlicher Charaktere. Als zweite Aufgabe aber stellten sie sich die Teilnahme an dem religiös-wissenschaftlichen Kampf der Gegenwart... Indem die Vereine den einzelnen bewahren vor Zersplitterung und Verflachung, verleihen sie seinem wissenschaftlichen Streben die höhere Weihe. Wenn sie somit völlig durchdrungen sind von dem Ernste, der auch die schönen Tage der akademischen Freiheit durchziehen muß, so verkennen sie doch keineswegs den freien fröhlichen Geist des deutschen Studententums. Wohl halten sie sich verpflichtet, fest und energisch gegen alle seine Ausartungen, besonders gegen das mit Religion und Sitte und dem Rechtsbewußtsein unserer Zeit in schneidendem Widerspruch stehende Duell, anzukämpfen; aber alles, was die überkommenen alten Formen Gutes und Schönes in sich tragen, ziehen sie mit Freuden in ihren Bereich. Im schönsten Maße wird gewiß Freundschaft und Geselligkeit dort blühen, wo ein gemeinsames Ziel alle vereint."Karl Hoeber hat diese Rede später mit Recht „die erste öffentliche Prinzipenrede katholischer Korporationen" genannt, wurden doch hier Religion, Wissenschaft und Freundschaft als Fundamente der Studentenvereinigungen deklariert. Außerdem wurde in der Frankfurter Rede auf eine gewisse Autonomie der Korporationen gegenüber der Hierarchie verwiesen. Sie sollten zwar in den „großen Organismus der katholischen Vereine" eingebunden werden, aber ein „eigenständiges Glied" bleiben. Schließlich betonte Hertling damals, daß sich die Katholiken in der modernen Welt nicht abkapseln dürften und sich den Zeitprinzipien der Wissenschaft und Nationalität öffnen müßten, um so gewappnet in jene neuen sozialen Schichten auszustrahlen, „die aus der verbreiterten Universitätsbildung" hervorgehen würden (W. Becker). Hertlings bedeutungsvolle Rede in Frankfurt blieb nicht ohne Folgen. An vielen Universitäten entstanden neue Studentenkorporationen, so in Breslau, Bonn, Münster, Tübingen und Innsbruck. Sie schlössen mit den drei Gründungskorporationen auf dem 16. Deutschen Katholikentag 1864 in Würzburg den Würzburger Bund, der aber schon im nächsten Jahr wieder auseinanderbrach. Die vier farbentragenden Verbindungen in München, Breslau, Tübingen und Innsbruck und die fünf nichtfarbentragenden Vereine in Berlin, Bonn (Arminia), Breslau (später Unitas), Münster (Germania) und Würzburg (Walhalla) trennten sich voneinander. Vielerlei Gründe spielten dabei eine Rolle: die fehlende straffe Organisation, das enge Verhältnis der farbentragenden Korporationen untereinander, Stilfragen und die Unverträglichkeit der Charaktere.

Der KV vor dem 1. Weltkrieg.

Die nichtfarbentragenden Kartellvereine schlossen sich zu einem Verband zusammen. Der Berliner Leseverein übernahm für 1865/66 als Vorort die Geschäftsführung. 1868 wurden die neuen Statuten des KV auf der Generalversammlung in Münster angenommen. Im ersten Paragraphen heißt es: „Der Verband besteht aus deutschen katholischen Studentenvereinen, die sich auf Grund der drei Prinzipien: "Religion, Wissenschaft und studentische Geselligkeit" konstituiert haben." Später hat man den Begriff „studentische Geselligkeit" durch den Begriff „Freundschaft" ersetzt.

Der Verband wuchs zuerst langsam: 1867 wurde der Münchener Studentenverein (später Ottonia), 1869 die Laetitia-Karlsruhe als erster Verein an einer technischen Hochschule, 1871 die Winfridia-Göttingen in das Kartell aufgenommen. Inzwischen stand der neue Verband vor seiner ersten Belastungsprobe, die vielleicht nur wegen der Ablenkung durch das Kriegsgeschehen überstanden worden ist. Der Streit entzündete sich an der Frage, ob der KV die Beschlüsse über die Infallibilität des Papstes, die auf dem ersten Vaticanum gefaßt worden waren, akzeptieren konnte. Die Breslauer „Unitas", die sich schon im Wintersemester 1869/70 in einer Adresse an die deutschen Bischöfe kritisch zur päpstlichen Unfehlbarkeit geäußert hatte, vermochte „die vatikanischen Dekrete von der absoluten Gewalt und Unfehlbarkeit des Papstes als glaubensverbindende Dogmen nicht anzuerkennen". Die altkatholisch gewordene Mehrheit in der „Unitas" schied aus dem KV aus. „Unitas" wurde suspendiert. Bei anderen Korporationen konnte der Untergang nur mit Mühe verhindert werden, da die Altkatholiken in der Minderheit blieben. Bei der Arminia-Bonn, einem der Gründungsvereine, wurde deren verdienstvoller Gründer Max Lossen, der mit v. Hertling auf dem denkwürdigen Frankfurter Katholikentag gewesen war, altkatholisch. Von zwölf Aktiven der Arminia verließen zwei sofort den Verein, vier wurden später ausgeschlossen, wodurch die Korporation in ihrem Bestand gefährdet wurde. Wenn auch in den Protokollen mancher Vereine vermerkt wird, daß man über das Fundamentalprinzip „religio" zu jener Zeit diskutiert habe, so fällt auf, daß es während und nach der Krise nie eine offizielle Stellungnahme der Verbandsspitze zum ersten vatikanischen Konzil gegeben hat. Natürlich war dies während der Auseinandersetzungen schwierig, da die Generalversammlung 1870 ausgefallen war und nur ein Vorort existierte, noch kein Altherrenbund. Der Vorort, den „Walhalla" stellte, mußte außerdem als quasi suspendiert angesehen werden, weil das Vereinsleben während des Krieges ruhte. Aber nicht nur die Frage nach der Unfehlbarkeit belastete damals den jungen Verband. Den einzelnen Korporationen wurde ferner wegen des Kulturkampfes das Überleben schwer gemacht.

Sie haben sich aber trotz zahlreicher Drangsale durch die akademischen Behörden behauptet. Es entstanden sogar fast jährlich neue Vereine. Durch die Schikanen, die die katholischen Studenten erdulden mußten, schlossen sie sich eher mit Gleichgesinnten zusammen. Damals ist die katholisch-kirchliche Grundlage der Korporationen als Antwort auf die Herausforderung der Zeit besonders betont worden. So ist symptomatisch, daß auf der Generalversammlung des KV von 1892, also am Ende des Kulturkampfes, einstimmig beschlossen wurde, daß sich auch die KV-Korporationen, die dies offiziell noch nicht taten, in „katholischer Studenten-Verein" umbenennen mußten. Ergebenheitsadressen an den Papst gehörten in jener Zeit zu den üblichen Gepflogenheiten des KV. Daß der Führer des politischen Katholizismus, Ludwig Windthorst, Ehrenmitglied des KV wurde, verstand sich von selbst. KVer sein und sich damit öffentlich zur katholischen Kirche bekennen, bedeutete damals, Mut zeigen. Es hieß, sich vor der Mehrheit der nichtkatholischen vielfach feindlich gesonnenen Kommilitonen zu behaupten, die Katholiken mit mitleidvoller Herablassung behandelten und als ultramontane „Römlinge" betrachteten. Es bedeutete ferner, persönliche Nachteile im Berufsleben in Kauf zu nehmen. Unser Verbandshistoriker, der Hauptredakteur der Kölnischen Volkszeitung Hermann Cardauns, um nur ein Beispiel zu nennen, hat dies am eigenen Leib erfahren müssen. - Die Anfeindungen haben dem KV nicht geschadet. Am Vorabend des 1. Weltkriegs konnte man mit Stolz darauf verweisen, daß mehr als 50 Vereine dem Verband angehörten. Der Mitbegründer des KV, Georg v. Hertling, AH der Askania-Berlin und Ehrenphilister der Brisgovia, Arminia, Ottonia und Walhalla, wurde 1917 Reichskanzler, was für viele katholische Akademiker als Zeichen dafür galt, daß der katholische Bevölkerungsteil nun voll anerkannt war.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sollte an jeder Hochschule nur ein Verein bestehen. Da aber die einzelnen Korporationen immer größer wurden, entschloß man sich zu Teilungen. So entstand 1883 aus der Ottonia die Saxonia-München und 1900 Frisia aus Arminia-Bonn und Bavaria als Tochter der Brisgovia-Freiburg, um die ersten drei Fälle zu nennen.

Der KV in der Weimarer Zeit

Bedeutende Köpfe der jungen Weimarer Republik waren KVer, wie Adolf Gröber, Wilhelm Marx, der mehrfach Reichskanzler wurde, Johannes Horion und Konrad Adenauer u. a. Sie stellten sich vorbehaltlos in den Dienst des neuen Staates. Der KV erlebte eine große Blüte. Im Jahre 1920 trat der sogenannte Süddeutsche KV mit Normannia Würzburg, Alemannia-München, Ripuaria-Heidelberg, Rheno-Frankonia Straßburg (seit 1922 Rheinpfalz-Köln) und Karolingia München dem Verband bei. Die ebenfalls dem SKV angehörende Germania Freiburg, gegründet 1897, hatte sich bereits 1913 mit Hohentwiel verschmolzen. An vielen Universitäten wurden neben den schon bestehenden KV-Korporationen neue Vereine gegründet, so daß im Jahre 1930 der KV 106 Vereine mit etwa 20 000 Angehörigen zählte. Diese Zahl umfaßte die aktiven Studenten und die Alten Herren, die seit 1921 einen eigenen Philisterausschuß wählten. Das Prinzip der Lebensfreundschaft im KV hatte sich damit endgültig durchgesetzt. Schon 1873 war die Frage erörtert worden, ob die Philister eine eigene Organisation erhalten sollten. Doch kam es zu keinem Beschluß. Auf der Generalversammlung 1877 war dann zum ersten Mal ein Philisterverein (Ottonia) und zwei Ortszirkel (Köln und Trier) anwesend. Erst durch die Verbandssatzung von 1913 wurden alle Vereine verpflichtet, einen Philisterverein zu gründen. Sie erhielten damals auch das Antragsrecht bei der Generalversammlung.

Niedergang und Auflösung

Bis 1914 beschränkte sich der KV auf das deutsche Reichsgebiet bis auf eine Ausnahme. In Innsbruck entstand 1895 als Fortsetzung anderer Vereine die Rhenania, die 1896 zum KV kam, aber nur Reichsdeutsche aufnahm. Nach dem 1. Weltkrieg breitete sich der KV in Österreich aus und 1929 wurde die Germania-Helvetia (seit 1956 Carolingia) in Freiburg in der Schweiz gegründet. Außerdem kamen kartellfreie oder dem Verband der katholischen Studentenvereine zur Pflege der Wissenschaft angehörende Vereine hinzu. Wenn auch viele KVer im Zentrum eine führende Rolle spielten, wurden jetzt erhebliche politische Risse innerhalb der Altherrenschaft sichtbar. Einige KVer bekannten sich zur DNVP, andere wirkten innerhalb der Bayerischen Volkspartei mit. Als sich Wilhelm Marx 1925 für das Amt des Reichspräsidenten aufstellen ließ, war einer seiner Gegenkandidaten ein KVer, Heinrich Held von der BVP.

„Was weder der Kulturkampf nach 1870 noch der akademische Kulturkampf um 1905 fertiggebracht hatten, gelang nach 1933 den nationalsozialistischen Machthabern", urteilte 1955 M. Luible, ehemaliger Schriftleiter der Akademischen Monatsblätter, dem seit 1888 bestehenden Verbandsorgan. Fehleinschätzung einer totalitären Herrschaft, Fehlinformationen und auch bewußte Täuschung führten zum Verhängnis. Als katholische deutsche Bischöfe am 28. März 1933 erklärten: „Es ist nunmehr anzuerkennen, daß von dem höchsten Vertreter der Reichsregierung, der zugleich autoritärer Führer jener Bewegung ist, öffentlich und feierlich Erklärungen gegeben sind, durch die die Unverletzlichkeit der katholischen Glaubenslehre und der unveränderlichen Aufgaben und Rechte der Kirche Rechnung getragen wird,"... und sie ihre „Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig" betrachteten, lähmte dies bei manchen KVern den Willen zum Widerstand. Man meinte, die Bischöfe seien mit einem Kompromiß mit dem NS-Regime einverstanden. Im Juli 1933 verordnete der damalige Vorortspräsident im besten Glauben, Schlimmeres zu verhüten, dem KV das Führerprinzip und machte sich zum Korporationsführer. 1933 wurde der „Arierparagraph" eingeführt und 1934 das „Katholizitätsprinzip" aufgehoben. Eine Reihe von Korporationen und Alten Herren haben Widerstand gegen die Konzessionen an die Nationalsozialisten geleistet, konnten aber den erzwungenen Untergang des KV nicht mehr aufhalten. Andere haben später ihre Ablehnung des NS-Regimes mit dem Leben bezahlen müssen. Hier seien stellvertretend die KVer Schmittmann, Letterhaus, Wölfel und Wirmer genannt.

Wiederbeginn

Wenn auch der KV 1935 aufgelöst wurde und 1938 die Altherrenvereine wegen „Staatsfeindlichkeit" verboten worden waren, so bestanden doch viele Altherrschaften unter der Hand weiter. So konnte schon im Jahre 1945 mit dem Wiederaufbau des KV begonnen werden. 1946 wurden die ersten Studentenvereine neu begründet, 1947 fand ein erster Altherrentag in Bochum statt. Im Jahre 1949 wurde der KV offiziell in Würzburg wiederbegründet. 56 Korporationen waren inzwischen wieder erstanden. Die Vertreterversammlung, wie nun die frühere Generalversammlung hieß, bekannte sich 1950 erneut zu den alten Prinzipien. In diesem Sinne wollte der KV „religiöse Lebensgestaltung zur Formung katholischer Persönlichkeiten, die in ihrem Leben den Werten des Glaubens und den Forderungen des Sittengesetzes stets Vorrang geben und in ihrem Beruf in diesem Sinne wirken; gründliche Bildung, auch über das Fachstudium hinaus, um das Wissen für ein christliches, der Allgemeinheit dienendes Leben zu erwerben und zu erweitern; wahre persönliche Begegnung, die auch über die Studienzeit hinaus Studenten und Altakademiker in Freundschaft verbindet."

Ein neuer Anfang

Nach den „goldenen" fünfziger Jahren folgte ein Jahrzehnt des Umbruchs. Viele, besonders junge Menschen fragten in einer Situation „bürgerlicher" Sicherheit und Zufriedenheit nach dem Sinn ihres Lebens. Unter Studenten wurde Kritik an den Universitäten drängend, sie ermöglichten kein angemessenes Studium. Angesichts wachsender Studentenzahlen waren die Studienbedingungen verbesserungsbedürftig. In Vietnam tobte der schmutzige Krieg, viele Studenten bezogen Position gegen die Amerikaner. Studentischer Protest wurde massiv. Große Studentendemonstrationen führten zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Gewalt gegen Sachen wurde gefordert, die Springer-Presse attackiert. Jochen Ohnesorg wurde 1968 erschossen. Ursprünglich studentische Demonstrationen wurden von allerlei radikalen Gruppen unterwandert. In dieser aufgewühlten Zeit blieben unsere Korporationen keine unbeeinträchtigten Inseln. Die Aktiven mußten sich mit den Problemen an den Universitäten auseinandersetzen. Während einige Korporationen ihre Identität durch Abkapselung zu wahren suchten, gingen andere in die Diskussion und wurden von ihr beeinflußt. Die Altherrenschaften haben diese Entwicklung zum Teil zu spät gesehen und zum Teil unterschätzt. Dabei haben die KV-Korporationen die Diskussion und Neubesinnung früher begonnen als viele andere Korporationen. Die verbreitete Protesthaltung in weiten Bereichen der Bevölkerung fand unterschiedliche Fixpunkte für die jeweiligen Auseinandersetzungen. Für den KV wie auch für andere katholische Korporationsverbände wurde Angelpunkt das Katholizitätsprinzip. Viele andere Reformbegehren erschienen von geringerem Gewicht. Das ist im Hinblick auf die katholische Prägung des KV verständlich.

Entscheidungen über eine Reform des KV wurden von der VV 1969 in Regensburg erhofft. Doch nach heftigen Auseinandersetzungen fand man den Weg, zunächst ein umfassendes Konzept als Grundlage für eine außerordentliche VV in 1970 zu erarbeiten. Dieses Konzept sollte entwickelt werden von einem Reform-Ausschuß, in den je sechs Aktive und Alte Herren gewählt wurden. Der Reform-Ausschuß konstituierte sich am 5. Juli 1969 in Düsseldorf und erarbeitete in acht Sitzungen eine Grundkonzeption für die Reform des KV, die in den AM im April 1970 bekanntgemacht wurde. Ausgangspunkt für die Überlegungen war die Feststellung, daß die tatsächlichen Gegebenheiten des Lebens im KV weitgehend nicht mehr den hohen und anspruchsvollen Zielvorstellungen der KV-Satzung entsprachen. Der Reform-Ausschuß kam zu der Auffassung, daß die Grundsätze (Prinzipien) Religion, Wissenschaft und Freundschaft auch weiterhin die Zielsetzung der Arbeit im Verband bestimmen sollten, da sie nicht nur durch die Tradition verpflichtend seien, sondern auch das Leben von Gemeinschaften gerade in der Gegenwart prägen und durch ihre Verwirklichung einen positiven Einfluß auf die Gesellschaft ausüben könnten. Die Grundkonzeption wurde in den Gliederungen des Verbandes in Sondertagungen und auch von vielen einzelnen Kartellbrüdern lebhaft und kontrovers diskutiert, bevor die eigentliche große Diskussion auf der Vertreterversammlung im Oktober 1970 stattfand.

Der Vorsitzende des Reform-Ausschusses, Wolfgang Kamper, nannte in seiner Rede zur Grundkonzeption vier wesentliche Gesichtspunkte für das neue Verständnis der Grundsätze des KV: Gesellschaftliche Mitverantwortung, Offenheit für Gleichgesinnte, plurale Verwirklichung der Zielvorstellungen und das persönliche Engagement der KVer aus der Grundhaltung des Verbandes. Die Grundkonzeption wurde auf sehr hohem anspruchsvollen Niveau engagiert diskutiert. Das Katholizitätsprinzip wurde bestätigt; jedoch wurde von einer überwiegenden Mehrheit zugleich festgestellt, daß die Aufnahme einzelner nichtkatholischer Christen, die sich den Grundsätzen des KV verpflichtet fühlen, keine Aufhebung des Katholizitätsprinzips bedeute. Mit einigen Abänderungen wurde schließlich die Grundkonzeption beschlossen und ein neugebildeter Satzungsausschuß unter Vorsitz von Kb Alex Krauthausen beauftragt, die Satzung den Beschlüssen entsprechend neu zu formulieren. Der Entwurf einer Neufassung der Satzung wurde auf der VV 1971 in Münster behandelt. Eine Satzungsänderung erforderte Einstimmigkeit. Während der Debatten zeichnete sich eine große Mehrheit für den Satzungsvorschlag des Satzungs-Ausschusses ab. Dieser Mehrheit standen einige Kartellbrüder gegenüber, die aus persönlich respektierter Grundsatzhaltung der Satzungsänderung nur schwer zustimmen mochten. Da die akute Gefahr einer Spaltung des Verbandes bestand, fanden intensive Gespräche über mögliche Lösungen statt. Sie führten schließlich auch in der Formulierung des Katholizitätsprinzips zu einem Vorschlag, der die einstimmige Zustimmung der VV zur neuen Verfassung ermöglichte.

Die jahrelangen Auseinandersetzungen im Verband über die Zukunft des KV hatten ihr Ende gefunden. Trotz mancher Vorbehalte gab es wohl mehr Hoffnung, daß nach der schweren Bewährungsprobe von Kartellbrüderlichkeit und Verständnisbereitschaft nun für die Entwicklung des KV ein neuer Grund gelegt worden sei. Zum neuen Vorsitzenden des KV-Rates wurde Wolfgang Kamper, Düsseldorf, gewählt, der sich durch stetes Ausdiskutieren sachlicher Gegensätze um Integration bemüht hatte. Die Beschlüsse der Vertreterversammlungen von Bonn und Münster erleichterten auch die Konsolidierung in den einzelnen Korporationen, die in den Jahren grundsätzlicher Auseinandersetzungen ebenso betroffen waren wie der Verband. Nach der Klärung der Grundsatzpositionen des KV wurden auch organisatorische Verbesserungen begonnen. Moderne Datentechnik (EDV) sollte den Informationsfluß verbessern. Die Bildungsarbeit sollte durch die Koordination der Bildungsbeauftragten in der KV-Akademie neue Effizienz gewinnen. Neue Hoffnung und neue Initiativen in den Gliederungen des KV wurden spürbar.

Auf der Vertreterversammlung 1973 in Freiburg konnte mit einem Schuß Optimismus festgestellt werden, daß der KV die Talsohle seiner jüngsten Entwicklung durchschritten habe. Diese VV tagte auch in Arbeitskreisen, die sich mit thematischen wie auch mit organisatorischen Schwerpunkten befaßten. Eine Gedenkstunde an Reinhold Schneider setzte einen inhaltlichen Schwerpunkt, der auch von den Aktiven, die Reinhold Schneider weitgehend nicht mehr kannten, gern aufgenommen wurde. Das Erlebnis der Freiburger VV, die erstmals frei war von einer hinderlichen Nabelschau, beeindruckte einen alten besonders einsatzfreudigen KVer so sehr, daß er die schöne Vertreterversammlung nicht erst im üblichen Rhythmus von zwei Jahren, sondern schon im nächsten Jahr erleben wollte. So wurde beschlossen, und die denkwürdige Vertreterversammlung 1974 in Bamberg wurde zum Aha-Erlebnis für den KV. Im überschaubaren, fast intimen Rahmen der alten Stadt Bamberg wurde an der gewachsenen Zahl der Teilnehmer, an der positiven Einstellung zum Verband und vor allem an der sehr persönlichen kartellbrüderlichen Begegnung deutlich, daß der KV wieder Tritt gefaßt hatte, daß er Zukunftschancen besaß, und daß es gut war, KVer zu sein.

Mit wachsendem Wiedererstarken konnte sich der KV auch wieder der verstärkten Mitarbeit in akademischen Spitzenorganisationen widmen. So war er wesentlich beteiligt an der Neukonzeption der früheren Katholischen Deutschen Akademikerarbeit in die mit vergrößerter Basis umgewandelte Katholische Akademikerarbeit Deutschlands. Von Aktiven wurde aus europäischem Denken die Mitgliedschaft im Europäischen Kartellverband angeregt. Große Vertreterversammlungen mit anspruchsvollem Programm fanden in Göttingen, Heidelberg und München statt. Die gastgebenden Städte schufen eine gute Resonanz für den KV. Die örtlichen Kartellbrüder haben wesentlich zu den die innere Verbundenheit im Verband stärkenden Programmen der Vertreterversammlungen beigetragen. Das fast in Vergessenheit geratene Chargieren wurde von den aktiven Korporationen zunehmend aufgegriffen und führte zu einem auch die alten Alten Herren erfreuenden bunten Bild bei den großen Treffen des KV. Eigene regionale Initiativen wurden sichtbar im traditionellen Heidelberger Schloßkommers und im Rheinlandkommers.

Die Reformdiskussion hatte das Gespräch zwischen Alten Herren und Aktiven wieder intensiviert. Das Verständnis der Aktiven für Situation und Bewährung Alter Herren wurde besonders eindrucksvoll deutlich, als bei der Vertreterversammlung 1979 in Berlin in Plötzensee der Kartellbrüder gedacht wurde, die für ihre Überzeugung starben. Die eindrucksvolle Gedenkstunde machte deutlich, wie anspruchsvoll und fordernd die Grundsätze des KV sind. Im gleichen Jahr wurde der Vorschlag des Vorsitzenden des KV-Rates angenommen, die Arbeit des neuen KV-Jahres unter die Überschrift „Elite - Dienst aus Verantwortung" zu stellen. Kein Thema in den letzten Jahren zuvor wurde so kontrovers aber auch fruchtbar diskutiert wie Anspruch und Verpflichtung des KVers, Besonderes zu leisten.

Der Festigung und neuen Selbstfindung des Verbandes entsprach eine große Zahl lokaler und regionaler Initiativen von Kartellbrüdern. Mit der positiven Entwicklung des Verbandes war auch für die Gliederungen eine neue Basis für ihre Arbeit gegeben. Während im KV traditionell die einzelnen Korporationen und auch die Ortszirkel von primärer Bedeutung waren, ist die Krise der 60er/70er Jahre in der Grundsatzdiskussion vom Verband gemeistert worden. Mit dessen Erstarken wuchsen auch die Kräfte der einzelnen Gliederungen und traten zuweilen in ein Spannungsverhältnis zum Verband. In den aktiven Korporationen vollzog sich insofern ein Wandel, als in den 60er Jahren ihr Anliegen die Bewältigung von gesellschaftspolitischen Problemen war und historische Reflektion erst danach kam. Gegen Ende der 70er Jahre wurde das neue Geschichtsbewußtsein auch im KV spürbar. Stärker als in den zurückliegenden Jahren interessierten sich aktive KVer für überlieferte Korporationsstrukturen und studentische Umgangsformen. Das wurde unter anderem auf der Vertreterversammlung in Hamburg 1980 darin deutlich, daß das Vorortsprinzip wieder eingeführt werden sollte. Während bei der Reformdiskussion von den Aktiven die Wahl der einzelnen Vorstandsmitglieder des Aktivenbundes durch den Aktiventag verlangt wurde und damit die Gewählten dem Aktiventag persönlich verantwortlich wurden, wünschten die Aktiven in Hamburg das alte Vorortsprinzip, bei dem eine Korporation den Vorsitz im Aktivenbund hat und die verantwortlichen Kartellbrüder ihrerseits benennt.

Glanzvolle Bestätigungen des KV wurden die Vertreterversammlungen in Köln 1981 und Tübingen 1982. Bedeutende Politiker und Bischöfe formulierten in den großen zentralen Veranstaltungen Grundsatzüberlegungen, die die tradierten Werte des KV in die Zukunft weiter entwickelten. Auch in der öffentlichen Diskussion ist die Stimme des KV wieder hörbarer geworden. Wirksamer ist wohl noch das Wirken der einzelnen KVer in vielen hervorragenden Aufgaben in Beruf, Kirche und Staat. Kartellbrüderliches Miteinander schafft eine Wirklichkeit des KV, die nicht nur den KVern dient, sondern auch der Gesellschaft, in der sie leben.

Der ÖKV

Die Geschichte des KV in Österreich muß unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden:

  1. Das kleindeutsche Prinzip des „Kartellverbandes katholischer deutscher Studentenvereine" verhinderte eine breite Organisationsbildung vor 1918.
  1. Historisch bedingte Zentren bilden Innsbruck und Graz, so daß die Bildung des ÖKV 1933 primär eine Frage dieser beiden Ortszirkel war, während Wien schon damals wegen der Übermacht des CV keine Rolle spielte.

Die 1872 gegründete Akademia - Innsbruck bildete die erste KV-Vereinigung auf österreichischem Hochschulboden, wobei aber ihre Mitglieder reichsdeutsche Studenten waren, so daß der Aufnahme in den KV nichts im Wege stand. Nach ihrem baldigen Ende 1874 entstand noch im selben Jahr eine Alpinia, die den selben Weg ging wie die Tirolia I von 1877-1888; gegen die starke liberale, antiklerikale Übermacht konnten sich diese Vereine nicht halten. Erst 1893 gelang mit der Gründung der Tirolia] II ein dauernder Bestand. Doch blieb diese Vereinigung zunächst außerhalb des KV, zu dem 1895 jene Rhenania stieß, die die Tradition der kurzlebigen Akademia wieder aufnahm und nur aus reichsdeutschen Studenten bestand. Die Tirolia arbeitete eng mit den übrigen katholischen Verbänden in Innsbruck zusammen; erst 1913 trat sie in ein freundschaftliches Verhältnis zum KV, nachdem sie noch 1901 an der Gründung der späteren CV-Verbindung Leopoldina maßgebend beteiligt war.

In Graz hatte sich im Sommersemester 1907 die „Katholischdeutsche Finkenschaft der beiden Grazer Hochschulen" unter der Leitung eines Mitgliedes der Innsbrucker Finkenschaft konstituiert und nahm noch im darauffolgenden Semester den Namen „Tafelrunde Rodensteiner" an; ein Jahr nach dem ersten informellen Zusammentritt ließ sich der Bund unter dem Namen „Freie Vereinigung katholisch-deutscher Hochschüler" auf Hochschulboden offiziell registrieren. Bei der Umbenennung in „Freie Akademische Vereinigung" traf die junge Verbindung mit voller Wucht die antiklerikale Faust der Grazer akademischen Behörden, die zusam- men mit den schlagenden Bünden jenes spezifische Grazer Hochschulklima erzeugten, das alle anderen Hochschulstädte der Monarchie übertraf. Als „Akademische Vereinigung" ging die Namensänderung schließlich 1910 durch. Nach einer allgemeinen Phase der Festigung trat man 1913 dem „Verband der katholischen Studentenvereine zur Pflege der Wissenschaft" bei, dessen Wiener Zweigverein „Akademia" auch in losem Kontakt zur Tirolia stand.

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges setzte dieser Entwicklung ein Ende, doch konnte der Betrieb in den Verbindungen so weit aufrechterhalten werden, daß 1918/19 ein regulärer Semesterbetrieb wieder aufgenommen werden konnte. Mit dem Wegfallen der nicht deutschsprachigen Gebiete der Monarchie fiel es auch den bewußten Kleindeutschen innerhalb des KV leichter, die Tätigkeit des Verbandes auf Österreich auszudehnen. Vorerst wurde 1922 die Tirolia als außerordentlicher Verein, 1923 als ordentlicher Verein in den Verband aufgenommen, wodurch erstmals eine rein österreichische Korporation vertreten war. Die 1921 in Wien gegründete Deutschmeister erlangte 1924 die volle Mitgliedschaft, wies ähnlich wie die Rhenania primär reichsdeutsche Studenten auf. 1922 trat die Akademische Vereinigung Graz unter dem Namen Winfridia an den Verband heran und erreichte 1925 die Vollmitgliedschaft. Somit existierten in Graz und Innsbruck jeweils ein Verein, dessen Mitglieder sich aus österreichischen Studenten rekrutierten.

Der Beschluß der VV 1928 in Fulda, der mit Nachwuchsschwierigkeiten kämpfenden Winfridia personelle und materielle Hilfe zu gewähren, führte zu jenem gewünschten Aufschwung, der 1930 die Teilung der Verbindung und die Gründung der Austria-Graz ermöglichte, die zur Hälfte aus Österreichern und zur anderen Hälfte aus Deutschen bestand. Daneben entwickelte sich aus der Christlich-Deutschen-Turnerschaft, in deren Reihen mehrere Winfrieden aktiv tätig waren, die Katholisch-Akademische-Turner-Verbindung, die 1931 als Norica publiziert - zeitweise lief sie unter dem Namen Eisenmark - einen heftigen Kampf mit den nationalen Verbindungen führen mußte, ehe sie als vollberechtigte Verbindung auf Hochschulboden auftreten konnte. In Wien entstand 1927 durch Teilung der Deutschmeister die Greifenstein, die noch im selben Jahr als außerordentlicher Verein Aufnahme in den KV fand. Der Zustrom reichsdeutscher Studenten zur Deutschmeister und Greifenstein hielt weiter an, so daß sich 1928 durch eine neuerliche Teilung die mehr österreichisch orientierte Aggstein konstituierte, die dann auch bevorzugt von in Wien studierenden Tirolen frequentiert wurde. Rhenania-Innsbruck stiftete 1928 die Südtirol, deren Mitgliederstruktur sich nicht von der der Mutterverbindung unterschied. Somit existierten nach Abschluß dieser Gründungs- und Konsolidierungsphase in Innsbruck, Graz und Wien jeweils drei KV-Vereinigungen, wobei der IKV und der WKV jeweils eine österreichisch dominierte Verbindung aufwiesen, während in Graz die Norica rein österreichisch, die Winfridia mehrheitlich österreichisch und die Austria zum minderen Teil österreichisch war.

Die Machtübernahme Hitlers führte nach Abschluß des Reichskonkordates zu einer positiven Stellungnahme der Verbandsleitung zum neuen Führungsstil, die sichtlich von dem Bemühen getragen war, durch ein spätes Ausgleichen die Unabhängigkeit zu erhalten. Wegen der herrschenden starken Spannungen zwischen Deutschland und Österreich, die ihren vorläufigen Höhepunkt in der Tausend-Mark-Sperre Hitlers gegen Österreich erlebte, kam es zum Bruch; nach der Gründung des ÖCV erfolgte am 24. Juli 1933 die Gründung des ÖKV, nachdem der österreichische Kreisleiter des KV seinen Rücktritt erklärt hatte, weil die bodenständig österreichischen Verbindungen durch die reichsdeutsche Verbandsleitung gehindert wurden, im österreichischen, vaterländischen Sinne zu arbeiten. Dies bedeutete schlichtweg den Kampf gegen den Nationalsozialismus, da man der Hoffnung Ausdruck verlieh, nach der Entspannung der politischen Gegensätze die Wiedervereinigung herbeiführen zu können. Mit der von der nationalsozialistischen Regierung bestellten Verbandsleitung habe der KV an sich nichts gemein, und daher betrachte man sich als der eigentliche Träger des alten Gesamtkartells. Als Gründer des ÖKV traten die bodenständigen Verbindungen in Innsbruck und Graz, bzw. Wien auf. Die Tausend-Mark-Sperre unterband den Zustrom reichsdeutscher Studenten nach Österreich und alle jene Verbindungen, die sich aus diesen rekrutierten, mußten sistiert werden. Während die Tirolia, die Winfridia und die Norica das Ausbleiben dieses Potentials nahezu spurlos verkrafteten, kämpfte die in Wien allein verbleibende Aggstein den Kampf gegen die noch anhaltenden Gründungsschwierigkeiten; in Graz mußte die Austria für wenige Semester den Aktivenbetrieb stillegen, wobei aber Professor Baule als „Verbindungsführer" die Geschäfte so lange führte, bis wieder eine starke Aktivitas aufgebaut worden war.

Die Phase der Konsolidierung des ÖKV wurde unter dem Vorort der Tirolia 1935 abgeschlossen, so daß Winfridia Graz ab 1935 als Vorort darangehen konnte, das Verbandsleben auszubauen. In dieser Zeit - knapp vor Hitlers Einmarsch in Österreich - gab es sogar Expansionsbestrebungen, die zur Gründung einer neuen Korporation in Wien führen sollten. Der Einmarsch Hitlers in Österreich 1938 setzte diesem Vorhaben ein schnelles Ende. Der Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände verfügte am 20. Juni 1938 das Verbot des ÖKV, wobei er auf die staatsgefährdenden Beziehungen zwischen österreichischen und deutschen Kartellbrüdern verwies; die endgültige Auflösung zog sich bis 1939 hin.

Mit dem Ende des nationalsozialistischen Terrors 1945 konnten die Verbindungen wieder aus dem Dunkel der Illegalität hervortreten und darangehen, die Aktivitas neu aufzubauen. Neben Burschen, die ihr Studium wegen des Krieges unterbrechen mußten, traten neue Füchse, die so zum Teil jene Abgänge wettmachen konnten, die durch Abfall und Angst entstanden waren. Die fünf Gründungsverbindungen des ÖKV nahmen in relativ kurzer Zeit den Betrieb wieder auf; 1948 folgten ihnen die Austria und die weiterhin im alten Stil geführte Rhenania Innsbruck, die aber nach dem offiziellen Wiedererstehen des ÖKV 1950 dem deutschen und österreichischen Verband angehören sollte. Wiener Hochschülerschaftsfunktionäre sammelten sich unter der Leitung der Austria, die so zum Entstehen der 1948 in Wien gestifteten „Prinz Eugen" beitrug; im Jahr darauf folgte die zweite Wiener Gründung unter dem Namen „Erzherzog Karl]", deren Kontakte zur Austria Graz äußerst gut und eng waren. Aus dieser ging noch im selben Jahr die Linzer „Montecuccoli" hervor. Nach der Reaktivierung des ÖKV ging man auch in Graz daran, die Basis zu verbreitern; „Erzherzog Johann" 1950 und „Suevia" 1951 erweiterten den GKV, der damit - da die Wieland-Stauffen in einem freundschaftlichen Verhältnis zum ÖKV stand - auf sechs Korporationen angewachsen war.

Die folgenden Jahre brachten eine gewisse Ernüchterung; die Erzherzog Johann verlief sich sehr rasch, ihre Altherrenschaft ging teilweise in der Suevia auf. Die Wieland-Stauffen kehrte ins national-liberale Lager zurück und bildet dort die einzige Akademische Fliegerschaft im deutschen Sprachraum. 1956 konnte die Deutschmeister Wien reaktiviert werden, 1961 die Greifenstein. Mit der Gründung der „Paris Lodron" 1965 in Salzburg, bei der sich Mitglieder der Norica engagierten, entstand eine ebenso kurzlebige Korporation, die sehr bald der Sistierung zum Opfer fiel, wie die Linzer Vereinigung und Deutschmeister und Greifenstein. Letztlich etablierten sich wiederum nur die alten Verbindungen in Innsbruck und Graz, während sich in Wien neben den beiden Neugründungen nur noch die Aggstein, wenn auch in äußerst bescheidenem Umfang, halten konnte. Ein neuer Versuch, auf Linzer Hochschulboden aufzutreten, erfolgte 1978 mit der Gründung der „Tassilo", die vom Linzer Zirkel getragen wurde.

Das Auftreten des KV in Österreich stand, wenn auch die Tirolia in Innsbruck an der Gründung einer CV-Verbindung führend beteiligt war, im bewußten Gegensatz zu den farbentragenden katholischen Studenten, denen man vorwarf, einen Großteil ihrer Energie im Kampf um die Gleichberechtigung auf Hochschulboden zu vergeuden, ohne ihrer primären Aufgabe nachzukommen, nämlich zur Schaffung einer katholischen Intelligenzschicht in den Ländern beizutragen. Die Aufgabe des katholischen Akademikers sah man neben dem gründlichen Fachstudium in seiner Ausbildung für das künftige soziale Wirken, wodurch er zum praktischen Führer der katholischen Bevölkerung werden sollte. Diese soziale Komponente, die für den KV in Österreich typisch war, drückt sich sehr früh in der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Carl Sonnenschein aus; in der Begründung für die Ehrenmitgliedschaft Seipels bei mehreren Korporationen war sein soziales Wirken als Bundeskanzler ausschlaggebend. Die Mitarbeit in der Armenpflege - z.B. Vinzenzverein - war ebenso selbstverständlich, wie bei den Pfadfindern. Diese soziale Aktivität trat nach 1945 in dem Ausmaß in den Hintergrund, in welchem die reinen Existenzsorgen vortraten.

Nicht nur in den mehrheitlich reichsdeutschen Bünden bekannte man sich zur deutschen Nationalität sondern wie alle CV-Verbindungen auch bei jenen, die zu den Gründern des ÖKV wurden. Dies lag ganz auf der Linie der Christlichsozialen nach 1918, obwohl man sich vorher niemals an den Nationalitätenkämpfen exponiert beteiligt hatte und sogar die Verständigung mit anderen sprachlichen Gruppen suchte, wie dies die Winfridia Graz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges tat, indem sie ihre Mitglieder aufforderte, die zweite Landessprache zu erlernen (Slowenisch). Der Antisemitismus, der sich in den Arierparagraphen der Verbindungen dokumentiert, überstieg nicht das damals in katholischen Kreisen weitverbreitete Maß und erreichte auch nicht in Graz die Intensität der ansässigen CV-Verbindungen, die sich 1919 berufen fühlten, den Akademischen Senat aufzufordern, sich bei der Berufung neuer Professoren deren Ariernachweis geben zu lassen. Mit dem Aufkommen des kämpferischen Rassenantisemitismus verschwindet diese Einstellung immer mehr, da man in den Verfechtern des Rassenantisemitismus auch den eigenen Feind erkannte. Das Verhältnis zum Staat, zur Nation weist vor 1918 kleindeutsche, nach 1918 großdeutsche Züge auf. Mit dem Aufkommen des Dritten Reiches und der Schaffung des ÖKV trat naturgemäß das eigenstaatliche Denken in den Vordergrund. Dennoch scheint die Identifizierung mit dem Ständestaat Dollfuß' und Schuschniggs nicht restlos gegeben; die Reserven gegenüber diesem Verfassungsversuch können als größer angesehen werden, als dies beim ÖCV der Fall war, wobei verschiedene-Gründe dafür ausschlaggebend gewesen sein dürften. Die geringere personelle Verbindung von Verbandszugehörigkeit und politischer Funktion spielen hier wahrscheinlich eine gewisse Rolle. Auffallend mag es auch sein, daß innerhalb mehrerer Korporationen trotz betontem Österreichbewußtsein das vierte Prinzip „patria" fehlt, wobei der Hinweis, dieses sei in „amicitia" eingebunden, wohl eher eine Verlegenheitserklärung darstellt.

3. Zeittafel des KV

1853 29. Februar: Gründung des „Katholischen Lesevereins" in Berlin (später „Askania" und „Burgundia"), des ältesten KV-Vereins.

1856 Bildung eines Korrespondenzverhältnisses der drei ältesten katholischen Studentenkorporationen: Aenania-München (1851), Kath. Leseverein-Berlin (1853), Winfridia-Breslau (1856).

1863 4. März: Gründung des „Kath. Studentenvereins zu Breslau" (später „KStV Unitas"), GRÜNDUNGSVEREIN DES KV.

6. November: Gründung der „Kath. Studentenverbindung Arminia" zu Bonn (ab 24. 5. 64 nennt sie sich Kath. Stud.-Verein), GRÜNDUNGSVEREIN DES KV.

20. bis 24. September: „15. Generalversammlung der Kath. Vereine Deutschlands" zu Frankfurt a. M., auf der stud, philos. Georg Freiherr von Hertling als gewesener Ordner und Vertreter des „Kath. Lesevereins" zu Berlin und als Wortführer der drei ältesten Studentenkorporationen die erste „Prinzipienrede" hielt und das katholische Deutschland zum ersten Male offiziell mit den katholischen Studentenkorporationen bekannt machte.

1864 7. März: Gründung des „Akademischen Vereins" zu Münster i. W., ab 8. Januar 1865 „Kath. Stud.-Verein Germania", GRÜNDUNGSVEREIN DES KV.

14. November: Konstitution der „Liga" (hervorgegangen aus dem im WS 1863/64 gegründeten „Theologenbund") zu Würzburg, ab

Januar 1865 „Kath. Stud.-Verein Walhalla", GRÜNDUNGSVEREIN DES KV.

  1. Generalversammlung des „Gesamtverbandes der katholischen deutschen Studentenvereine" zu Würzburg.

1865 10. bis 15. September: Generalversammlung der kath. Vereine zu Trier. Trennung der nichtfarbentragenden kath. Studenten vereine (KV) und der farbentragenden kath. Studenten Verbindungen (CV).

1866 Januar: Gründung des „Verbandes der katholischen Studentenvereine zu Berlin, Bonn, Breslau, Münster und Würzburg" (KV).

1867 1. Generalversammlung des Verbandes zu Berlin. Aufnahme des am 28. Januar 1866 gegründeten „Münchener allgemeinen Studentenverein", (ab 1876: KStV Ottonia).

1875 Januar: Herausgabe des „Deutschen Kommersbuches" (Verlag Herder, Freiburg) durch Arminia-Bonn unter Leitung von stud, phil. August Körfgen.

1876 Gründung des 1. Philistervereins seitens der Ottonia.

1888 25. November: Erstmaliges Erscheinen der Verbandszeitschrift „Akademische Monatsblätter", geleitet von Dr. phil. Oscar Wilpert, Groß-Strehlitz.

1894 Einführung des Verbandskassen-Ausschusses.

1898 Annahme des KV-Bundesliedes (auf der 31. GV zu Greifswald), gedichtet und komponiert von Julius Pohl, Domherr an der Frauenburger Kathedrale.

1900 17. April (Osterdienstag): Bootsunglück bei Bingen nach dem Ferienkommers des Philisterzirkels „Rheingau", bei dem 11 Kartellbrüder mit 6 Verwandten ertranken.

1904/05 Akademischer Kulturkampf, entstanden in Jena, verbreitet nach Hannover, Charlottenburg, Aachen, Karlsruhe.

1907 Annahme des Verbandswappens auf der GV zu Wiesbaden (Schöpfung von H. Krahforst, Aachen).

1913 Herausgabe von „50 Jahre Kartellverband" durch Dr. H. Cardauns (Verlag Kösel, Kempten).

30. November: Festfeier des goldenen Jubiläums des KV in Köln.

1918 31. August: Ehrung von Reichskanzler Graf Hertling anläßlich seines 75. Geburtstages durch den KV.

1919 Übernahme der Verbandsgeschäftsführung durch Rechtsanwalt Johannes Henry, Bonn.

1920 1. April: Anschluß des Süddeutschen KV (Normannia-Würzburg, Alemannia-München, Ripuaria-Heidelberg, Rheno-Frankonia-Straßburg, Karolingia-München) an den KV.

1921 Einsetzung des Philisterausschusses (Phila).

1926 Einrichtung des Verbandsrats durch VV und Phil.-Tag.

1933 1. April: Phila-Vorsitzender F. C. von Savigny nach Rücktritt von Dr. W. Marx.

8. Juli: Einführung des „Führerprinzips" durch VOV Hank in Verband und Korporationen nach Einführung durch den Führer der DSt. Einführung der Kameradschaftshäuser.

August: Austritt österreichischer Korporationen aus dem KV und Bildung des ÖKV durch Aggstein, Austria, Norica, Winfridia, Tirolia.

3. September: Zusammenschluß von KV und RKDB zur Katholischen Burschenschaft (KB), dadurch Zugang von 20 Korporationen, Altherrenschaftsführer: Dr. Eduard Stadtler.

1934 20. Januar: Unterstellung sämtlicher studentischer Verbände unter den Reichsführer der DSt, der die Führer der Verbände bestätigt und beruft.

Aufhebung des Katholitätsprinzips.

17./18. Februar: Tagung des Verbandes in Stuttgart - KV Deutscher Burschenschaftlicher Verbindungen (KV).

25. März: Aufhebung der örtlichen Zusammenschlüsse (Ortsverbände).

15. Juni: Rücktritt des Altherrenschaftsführers Dr. E. Stadtler.

1935 25. März: Bildung der Gemeinschaft studentischer Verbände neben DSt und NSStB.

1. April: Altherrenschaftsführer Prof. Dr. Hugelmann-Münster.

20. November: Auflösung des Verbandes.

1946 Rekonstituierung der Arminia-Bonn im Sommersemester.

1947 15. Januar: Tagung alter KVer in Düsseldorf (1. KV-Tagung nach 1945).

6. August: Gründung des Altherrenverbandes des KV: Vorsitzender Dipl.-Ing. Bernhard Wielers-Bochum.

19. bis 21. September: Erster vorbereitender (11.) Altherrentag in Bochum.

24. September: Wiederzulassung studentischer Vereinigungen in der britischen Zone.

1948 17. Januar: Ernennung von Kb Dr. Gustav Langweg zum Verbandsgeschäftsführer.

28. Januar: Gründung der Katholischen Deutschen Akademikerschaft (KDA) unter Teilnahme des Altherrenverbandes des KV.

19. Mai: Aufnahme des VOP des KV (brit. Zone) mit VOP des CV und UV in die Katholische Deutsche Studenten-Einigung (KDSE) mit Sitz und Stimme.

1949 Pfingsten: 58. VV des KV (1. nach 1945) in Würzburg - Aktivierung des KV für die drei westlichen Besatzungszonen und für die Westsektoren von Berlin.

  1. vorbereitender (12.) Altherrentag - Vorsitzender des Altherrenverbandes Ewald vom Rath.

1. Oktober: Herausgabe der KV-Mitteilungen mit der Monatszeitschrift des KDA.

1952 1. September: Erscheinen des neuen KV-Liederbuches, zusammengestellt von Dr. C. Barzel.

1969 Die VV in Regensburg setzt einen Reformausschuß (Vorsitzender Kb Wolfgang Kamper) ein, der eine neue Grundkonzeption für den KV erarbeiten soll.

1971 Änderung der KV-Satzung entsprechend der Konzeption des Reformausschusses auf der VV in Münster.

Der Verband gestattet in Ausnahmefällen die Aufnahme nichtkatholischer Christen unter bestimmten Vorbedingungen.

1972 1. Juli: Die Beauftragten für religiöse Bildung, für Staats- und Gesellschaftspolitik und für Hochschulpolitik schließen sich zu einer „Arbeitsgemeinschaft KV-Akademie" zusammen.

1980 Im Zuge einer Satzungsänderung wird das 1971 abgeschaffte Vorortsprinzip wieder eingeführt.

1983 Die VV in Mainz beschließt einstimmig, daß ein eingetragener Verein KV-Akademie gegründet werden soll.

17. September: Gründungsversammlung der „KV-Akademie e.V.".

Die Drei Prinzipien

Religio heute: Kontinuität und Wandel

Für einen, der über die Prinzipien des KV oder eines von ihnen heute einen Aufsatz schreiben muß, ist die folgende Frage ein interessantes Experiment: Was hättest du zur selben Thematik vor 10 und vor 20 Jahren gesagt? Sicher wären dabei die Prinzipien je einzeln und in ihrem Zusammenhang als tragfähig und aktuell zugleich ans Licht gekommen, sicher könnte man heute vom damals Fälligen vieles unverändert übernehmen. Und doch haben sich die geistigen, gesellschaftlichen, menschlichen Kontexte erheblich verschoben. Wäre die Rede, die Papst Johannes Paul II. am Fest des heiligen Albert 1980 im Kölner Dom an die Wissenschaftler richtete, 1970 bereits mit demselben Beifall aufgenommen worden? Hätte ein Symposion zwischen Wissenschaftlern und Bischöfen, das 1982 in Bonn im Anschluß an diese Rede stattfand, damals oder 1960 gar auch die Feststellung treffen können, daß der gegenseitigen Anerkennung von Kirche und Wissenschaft auf beiden Seiten keine unlösbar erscheinenden Fragen mehr im Wege stehen? Und doch geht mit dieser Entspannung der wechselseitigen Beziehungen weithin eine lebensmäßige Ferne, ja Fremde zwischen den Welten von Religion und Wissenschaft und denen, die sie bewohnen, einher.

Sicher, auch diese Feststellung müßte behutsam ausdifferenziert werden, um nicht an einer Vielzahl von Phänomenen vorbeizuzielen. Daß Wissenschaft nicht ohne fatale Grenzüberschreitungen die Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der tiefsten Begründung und dem letzten Ziel des Daseins und der Welt lösen kann, ist nichtsdestoweniger weithin im Bewußtsein gerade jener gegenwärtig, die sich mit Wissenschaft beschäftigen. Es wäre indessen problematisch, mit Zufriedenheit festzustellen: Es gibt wieder eine neue Offenheit für die religiöse Dimension. Jugendsekten und Khomeini gehören in das Bild eines Comeback von Religion ebenso wie die Aufbrüche geistlicher Bewegungen in der Dritten Welt und im alten Europa, wie die Unbefangenheit junger Menschen gegenüber großen Zeugen des Lebens aus dem Evangelium, wie aber auch eine diffuse Gefühligkeit, die sich schwer damit tut, die Übersetzung in rationale Rechenschaft und lebensmäßige Verbindlichkeit zu leisten. „Religiös ohne Kirche" heißt eine vielbeachtete, von Karl Forster herausgegebene Untersuchung (Mainz 1977).

Sicherlich, es gab auch schon um 1960 Studentenseminare mit dem Thema: Christus ja - Kirche nein. Doch die Ohnmacht der Vermittlung zwischen religiösem Vollzug und religiöser Institution ist eher noch lastender geworden. Was heißt auf diesem Hintergrund alsdann aber: Religio als Prinzip für das Leben des einzelnen Studenten und Akademikers und für eine Gemeinschaft von Studenten und Akademikern? Die Antwort muß thesenhaft, sozusagen als bloße Zielangabe, erfolgen. Wir schließen uns dabei an eine alte und doch je aktuelle Formel christlicher Tradition an, die, seit sie geprägt wurde, die Geschichte des Christentums und seiner Vermittlung mit der Ratio begleitet hat. Es ist die Formel des Anselm von Canterbury vom Glauben, der das Verstehen sucht, von der fides quaerens intellectum. Es sei gestattet, diese Formel zu erweitern, ihre Dynamik in unsere Situation hinein zu entfalten.

  1. Dimension: Glaube sucht das Verstehen (fides quaerens intellectum). Der christliche, der katholische Akademiker kann Gott nicht in einem Getto seines Inneren verstecken, das abgedichtet wäre gegen seine Rationalität. Von allem Anfang an hat sich der Offenbarungsglaube des Volkes Israel und erst recht der Glaube an das menschgewordene ewige Wort des Vaters, an Jesus Christus, als Gegenposition zu einem bloßen mythologischen und magischen Religiössein verstanden. Offenbarung läßt sich gewiß nicht aus der Vernunft herausrechnen; die andere Qualität, das je Größere, das Je-Mehr Gottes kommt über alle Möglichkeiten der Vernunft in Gottes Offenbarung zum Durchbruch. Aber was da geschieht, ist gerade das Ja Gottes zu dieser Welt, die Freisetzung des Menschen, in dieser Welt und nicht neben ihr dem erlösenden und befreienden Wort zu begegnen und ohne Angst und Flucht sich der Wirklichkeit der Geschichte zu stellen. Christentum hat sich nie erschöpft in der Sprach- oder Denkwelt des kulturellen Raumes, in den es jeweils vorstieß. Und doch hing die Vitalität und Glaubwürdigkeit des Christentums jeweils ab von der Kraft der kritischen Synthese, die das Evangelium, neu Fleisch werdend, Wort werdend, mit dem jeweiligen Denken einging. In einem Klima zunehmender Wissenschaftsfeindlichkeit, verführerischer Auswanderung aus der Rationalität in Traum und Ideologie wird christlicher Glaube geradewegs zu einem Impuls, Rationalität, Wissenschaftlichkeit zu wagen, mit ihrer Relativität auch ihr Recht zur Geltung zu bringen. Irrationale, atheologische Religiosität unterbietet das Prinzip Religio gerade heute.

2. Dimension: Glaube sucht das Leben (fides quaerens vitam). Die Entwicklung von Wissenschaft und Technik hatte lange Zeit die Hoffnung auf eine umgreifende Gestaltbarkeit der Realität erzeugt. Dieser Optimismus ist erlahmt. Einerseits stießen wir auf die Grenzen, die vom Substrat der Natur und der Gesellschaft menschlichem Gestaltungswillen gesetzt sind, andererseits gibt es so etwas wie die Verwirrung durch eine totale Transparenz. Wenn alles erkennbar und durchschaubar wird, wie soll ich mit so viel Erkennbarkeiten und Durchschaubarkeiten umgehen ohne den Verdacht, von anderen, die noch mehr - oder doch nicht so viel? - durch- schauen und kennen, manipuliert zu sein. Die einfachen und elementaren Aussagen etwa des Evangeliums gewinnen hier eine neue Deute- und Weisungskraft für den Menschen. Nur eine reflektierte Aneignung bewahrt indessen davor, aus dem Glauben eine Ideologie fundamentalistischen Bewahrens oder Veränderns werden zu lassen. Entscheidend ist jedoch über die Reflexion hinaus ein weiterer Schritt: die Übersetzung ins persönliche Leben. Die Plausibilität des Evangeliums wächst allein dort, wo ich mich auf jenen Weg begebe, auf welchem das Evangelium Evangelium ist: auf den Weg der Nachfolge. Persönliche Verbindlichkeit, Einübung ins Durchtragen von Entscheidungen und Einsichten auch dann, wenn Erfahrung und Empfindung wieder zu entgleiten drohen, sind hier ganz entscheidend. Reflexion und Nachfolge, Erlebnis und Treue, Verstehen und Leben schließen sich auf dem Weg des Glaubens gegenseitig ein, haben sich wechselseitig zur Voraussetzung und Folge. Nur auf einem solchen Weg kann Religio im Leben des einzelnen und der Gesellschaft mächtig werden. Eine Gemeinschaft von Weggenossen mit vergleichbarem Erfahrungshorizont ist hierfür eine unschätzbare Hilfe.

3. Dimension: Glaube sucht Gemeinschaft (fides quaerens communionem). Christlicher Glaube ist von allem Anfang an auf das Miteinander, auf die gemeinsame Nachfolge angelegt. Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch schließt unweigerlich die Gemeinschaft zwischen Mensch und Mensch ein. Die heute gerade fälligen Grundworte solcher Gemeinschaft heißen: Zelle und Netz. Die bloß umfassende Gemeinschaft ist zu fern, zu schematisch, um zu tragen. Die isolierte Zelle wird zum Getto, trägt nicht das Ganze und wird nicht von ihm getragen. Gemeinschaft, gerade Gemeinschaft des Glaubens, bedarf ebenso der inneren Entschiedenheit wie der Offenheit nach außen. Communio ohne confessio gibt es nicht. Nur auf dem Boden einer klaren confessio ist auch der Dialog nach außen möglich. Wo Reflexion, lebensmäßige Verbindlichkeit und Gemeinschaft im erfahrbaren Raum und zugleich über ihn hinaus ins Ganze hinein zu erlebbaren und gestalteten Dimensionen des Lebens werden, da wird Religio zur Kraft, nicht nur das Leben des einzelnen und seiner Gemeinschaft zu prägen, sondern die Frohe Botschaft des Christentums für Gesellschaft und Menschsein heute fruchtbar zu machen. Verantwortete Hoffnung, gestaltetes Leben, tragfähiges Miteinander: danach ruft unsere Situation.

Klaus Hemmerle

Scientia

  1. Das zweite Prinzip - mitunter Gegenstand von Festvorträgen - findet seine Verwirklichung eigentlich außerhalb der Verbindungen. Scientia zeigt neben dem durch das erste Prinzip angesprochen inneren Standpunkt die äußere Verortung der Vereinsmitglieder in der Hochschule. Daneben aber sollte es eine allgemeine geistige Grundhaltung kennzeichnen: das Streben nach der Erkenntnis der Wahrheit.

Blättert man in früheren Handbüchern von Studentenverbänden, so findet sich sehr viel Hehres nicht nur zu den Prinzipien religio und amicitia, sondern ebenfalls zum Prinzip scientia: „Bildung, Tiefe, Innerlichkeit, ernstes Studium, lauteres Ethos und Gottbezogenheit - all das ist beschlossen im Prinzip „Wissenschaft" (KV-Handbuch 1957, S. 98). Auch das CV-Handbuch aus dem Jahre 1980 spricht vom Ethos der Zielsetzung der Wahrheitssuche, die den Studenten und Akademiker auszeichnet (S. 113). Daraus werden dann aber bereits sehr konkrete Forderungen für Studenten und „Alt-Akademiker" abgeleitet. Es kann hier nicht darum gehen, die allgemeine Bedeutung von Wissenschaft aufzuzeigen, geschweige denn dieses Prinzip aus der Wissenschaftsbegeisterung der Romantik in seinem Inhalt zu füllen, so wie dies in der Hochzeit der Verbindungsgründungen der Fall war und noch heute in so mancher Prinzipienrede fortlebt.

  1. Wir sind es gewohnt, Wissenschaft nüchtern zu betrachten, und da gilt es dann zunächst zu reduzieren auf den Bereich, in dem der Student überhaupt noch mit Wissenschaft in Verbindung kommt. Dies sollte neben den technischen Disziplinen, in denen er in Aufbau und Durchführung von Versuchsreihen eingeschaltet wird, im geisteswissenschaftlichen Bereich vor allem in dem alles bestimmenden Komplex der Vorlesungen der Fall sein. An der eigentlichen wissenschaftlichen Fortentwicklung im Bereich der Seminare hat der Student - jedenfalls in den Massenfächern - nur noch in geringstem Umfang Anteil.

Lehre jedoch ist heute wohl nur in den wenigsten Fällen noch mit echter wissenschaftlicher Lehre zu vergleichen, scientia müßte man in diesem Bereich doch eher mit Ausbildung übersetzen. Sollte man nun in dieser Situation, die darüber hinaus noch dadurch gekennzeichnet ist, daß über den (Aus-)Bildungsauftrag der Universität kein Konsens besteht, überhaupt noch auf das Prinzip scientia Gewicht legen? Ich meine: erst recht!

Die Verwirklichung der scientia ist heute wichtiger denn je. Verbindungen haben in der derzeitigen Universitätssituation eine besondere Aufgabe. Sie können und müssen diese zum Wohl des Ganzen, aber auch des einzelnen Gliedes erfüllen. Die erste Aufgabe der Verbindung muß der Hochschullehrer darin sehen, vermeiden zu helfen, daß der Student durch den Ausbildungsbetrieb „aufgefressen" wird. Derjenige, der ein wenig Persönlichkeit werden will, bedarf weit mehr als der wissenschaftlichen Ausbildung an unseren hohen Schulen. Er bedarf zumindest zwischenzeitlichen Abstandnehmens von diesem Betrieb, um sich gemeinsam mit den Angehörigen anderer Fakultäten auf das zu besinnen, was Wissenschaft heißen sollte, und das zu pflegen, was Wissenschaft ausmacht, den interfakultären Kontakt. Er sollte in gegenseitiger Anregung nach den Grundlagen suchen.

Die Verbindungen sind aufgerufen, wenn auch nur für kleinere Teile der Studentenschaft, ein wenig von dem wiederherzustellen, was Universität einmal gewesen ist. Dies gilt zunächst für den fächerüberspannenden Kontakt, der in den Hochschulen fast völlig verlorengegangen ist. Es gilt aber auch die Möglichkeit zu nutzen, das Hochschulgetto aufzubrechen, in dem die meisten Studenten sich glauben - Vereinsamung in der Masse. Probleme, die einem von drinnen her groß und drückend erscheinen, reduzieren sich oft durch einen Kontakt mit der Außenwelt auf ihre wahre Bedeutung. Nur der Kontakt mit anderen, auch höheren Semestern und Alten Herren, läßt die eigene Gesamtsituation einigermaßen realistisch einschätzen. Neben dieser Einbettung in eine Gemeinschaft ermöglichen die Verbindungen aber auch persönliche Emanzipation und Standortfindung weit eher, als dies in einem Massenstudium heute noch möglich ist. Schließlich gilt es einen „Fluchtweg" aus der derzeitigen Situation aufzuzeigen: Leistungsdruck, Höchstleistungsforderungen haben große Teile unserer Studentengeneration bereits jetzt degenerieren lassen. Sie haben sich selbst zurückentwickelt in eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern, von Punktesammlern und Schein-Jägern. Mit einem auf dieser Basis erreichten Examen ist aber im späteren Leben nur wenig anzufangen. Lebenstauglichkeit bedeutet neben dem Erwerb handwerklicher Fähigkeiten auch die Entwicklung bestimmter Eigenschaften. Eine der wesentlichsten davon ist, sich verantwortlich zu wissen. Gerade diese Möglichkeit eröffnet eine Verbindung. Sie kann damit eine der wesentlichen Aufgaben der Hochschulbildung erfüllen helfen. Diese Chance sollte jede einzelne Korporation nutzen.

  1. Wenn sich Studentenverbindungen dem Prinzip scientia verpflichtet wissen, so bedeutet dies, daß sie ein Klima zu schaffen und zu pflegen haben, das es dem einzelnen ermöglicht, neben seiner Aktivität im Bund sich dem Studium so zu widmen, daß er dieses in angemessener Zeit abschließen kann. Darüber hinaus sollten sie ihn ermuntern, auch in der Hochschulselbstverwaltung aktiv zu sein. Durch die Gestaltung der Semesterprogramme sollte die Möglichkeit zu interfakultärem Gedankenaustausch besonders genutzt und angeregt und somit ein kleiner Ersatz für das Studium generale geboten werden. Aber auch den je eigenen Fachbereich sollte die Verbindung nicht vernachlässigen. Gute Ansätze dazu ergeben sich durch die Bildung kleiner Arbeitsgemeinschaften, in denen höhere Semester oder auch Alte Herren die Ausbildung der jüngeren begleiten. Die Verbindung hat sogar die Aufgabe, einzelne, das Studium vernachlässigende Mitglieder (wieder) auf den richtigen Weg zu weisen bzw. ihnen dann die Gemeinschaft zu verweigern, wenn diese nur noch Gelegenheit zur Ablenkung vom Studium darstellen sollte. Die Übernahme von Verantwortung, namentlich durch die Übernahme einer Charge, sollte unter diesem Aspekt auch zum Prinzip scientia gehören. Sie ist keineswegs allein als Dienst für die anderen in amicitia zu sehen, sondern stellt einen wesentlichen Faktor für die Persönlichkeitsentfaltung und damit für die Bildung dar. Die Verbindung sollte unter dem Prinzip scientia das „richtige Studium" ermöglichen und fördern sowie den Grundstein dafür legen, daß der Akademiker der Wahrheitssuche verpflichtet bleibt.

Franz-Ludwig Knemeyer

Amicitia

In der Dreieinigkeit der Orientierungsmotive und Handlungsziele der katholischen Studentenverbindungen steht die Freundschaft an dritter, d. h. an letzter Stelle. Dies bedeutet keine Minderbewertung gegenüber den zwei vorausgehenden Prinzipien der Verbindungen. Es handelt sich vielmehr nur um eine räumliche Anordnung, die kein Gewicht für den Rang der Freundschaft ausdrücken soll. Die dritte Stelle ist ihr psychologischer und logischer Ort im Gesamt der Verbindungen. Religion und Wissenschaft sind die Quellen, aus denen die in den Verbindungen gepflegte Freundschaft gespeist wird, die ihrerseits wieder einen weittragenden Einfluß auf die beiden anderen Ideale ausübt. Wenn die Studentenverbindungen von ihren drei Prinzipien sprechen und ihre Mitglieder darauf verpflichten, so will natürlich damit in keiner Weise anderen Gruppierungen abgestritten werden, was die katholischen bzw. christlichen Vereinigungen für ihre Wegweisung in Anspruch nehmen. Die drei Motive sind vielmehr ein Signal, durch welches die Angehörigen wissen, worauf sie sich verpflichten und wohin sie gehen, wenn sie sich in einer Verbindung dieser Art ansiedeln. In den seit eh und je für die katholischen Verbindungen an den Universitäten charkteristischen Idealen zeigt sich die Eigentümlichkeit solcher Gemeinschaften, das proprium, die spezifische Eigentümlichkeit, durch welche die Gruppe zusammengehalten und zugleich abgegrenzt wird. Es wäre ebenso töricht wie ungerecht, den katholischen Verbindungen den Vorwurf zu machen, daß sie durch die Inanspruchnahme der drei Ideale anderen Vereinigungen eines von ihnen oder alle absprechen wollten. Es wird aber behauptet, daß nur Studenten, die an Gott glauben und Gott suchen, und zwar im Sinne der katholischen Kirche sowie der wissenschaftlichen Welterklärung in ihren verschiedenen Dimensionen, sei es in anthropologischer, sei es in naturwissenschaftlicher Hinsicht, zustreben, sowie im Kreise von Freunden sich zu Hause fühlen, in eine solche Gruppe passen. Sie nehmen durch die Aufnahme in diese eine weittragende Lebensform und zugleich eine schwere und doch emporhebende Verantwortung auf sich. Um die Tragweite des Vorgangs zu verstehen und neu zu erkennen, daß in ihm nicht nur eine augenblickliche Laune, sondern eine Entscheidung, und zwar eine solche für das ganze Leben zum Ausdruck kommt, wollen wir, nachdem die beiden ersten Motive schon analysiert sind, uns dem Begriff und dem Verhalten der Freundschaft zuwenden, ohne die eine Verbindung nicht existieren kann.

Auf jeden Fall ist die Freundschaft eine Beziehung des Menschen zum Menschen oder der Menschen zu den Menschen. Man kann sie in die Kategorie der Liebe einreihen. Sie ist in diesem Zusammenhang nicht nur eine bestimmte Stufe der Hinordnung des einen zum anderen, sondern ein Vorgang und ein Verhalten mit einer bestimmten Qualität, welche allerdings fließende Grenzen nach unten und nach oben hat, zur Kameradschaft hin und zur Liebe hin. Freundschaft ist weder ein willentliches noch ein willkürliches Ereignis. Sie hat ihre Wurzel in dem Wesen des Menschen selbst. Gerade darauf beruht ihr hoher Rang und das von ihr ausgehende Glück. Der Mensch ist wesentlich offen für den Menschen, nicht nur zu ihm, sondern für die ganze Welt, die sich um ihn herum ausbreitet. Wenn die Offenheit nicht erfüllt wird, bleibt der Mensch in jener Einsamkeit, in welcher er mit seiner eigenen Armut leben und auskommen muß. In der Freundschaft gewinnt er den Reichtum des anderen oder vieler anderer für sich. Ebenso verschenkt er sein Eigenes an die anderen oder an den anderen, mit denen oder mit dem er verbunden ist.

Es erhebt sich dabei die Frage, ob es eine so hohe Beziehung nur zwischen zwei Menschen geben kann oder ob es eine Freundschaft mit einer großen Zahl gibt. Infolge der Begrenztheit des menschlichen Erkennens und Liebens erhebt sich in dieser Frage keine geringe Problematik. Wir verwenden das Wort Freundschaft vielfach in einem abgeflachten Sinne. Ich brauche nur einige Beispiele zu nennen. Es gibt den Geschäftsfreund, ohne daß zwischen solchen Freunden eine seelische Verbundenheit bestehen muß, den Parteifreund, der vielleicht sogar seinen Parteifreund in nicht geringem Maße bekämpft, den Wanderfreund, den Schulfreund, den Sportsfreund und viele mehr. Je mehr Freundschaften dieser Art bestehen, um so weniger kann sich die Freundschaft im eigentlichen bzw. im strengen Sinn entfalten. Sie bezieht sich in den genannten und ähnlichen Fällen auf ein bestimmtes gemeinsames Tun, aber nicht auf den Menschen in seiner Personalität selbst. Diese letztere greift tiefer und berührt die Seele des Menschen, nicht nur sein Interesse, wenngleich natürlich aus dem Interesse im Glücksfall auch die echte, nach innen greifende Freundschaft entstehen kann. Diese bedarf noch einer genaueren Interpretation.

Thomas von Aquin meint, Freundschaft beinhalte, daß die Freunde das Gleiche wollen und das Gleiche denken. Es läßt sich wohl nicht leugnen, daß dies eine sehr unbestimmte und vage Erklärung der Freundschaft ist. Wenn wir über die auf der mittelalterlichen Anthropologie beruhenden Psychologie hinausgehen, stellen sich viele, nicht nur weiter ausholende, sondern tiefer greifende Elemente ein. Ohne jeden Zweifel schließt die echte Freundschaft eine personale Verbundenheit in sich. Diese führt naturgemäß zu nicht wenigen funktionalen Verbundenheiten im menschlichen Handeln und Denken. Davon soll im folgenden die Rede sein. Die erste und wichtigste ist, daß die Freunde miteinander - wie man heute sagt - kommunizieren. Damit ist natürlich nicht gemeint, was man in der kirchlichen Liturgie mit dem Worte meint. Es ist vielmehr gemeint, daß sie sich gegenseitig mitteilen.

In der Bibel sagt Christus bekanntlich einmal zu den Aposteln: Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde, weil ich euch alles gesagt habe, was ich von meinem Vater weiß. Freundschaft schließt also in sich die Selbstmitteilung des einen an den anderen, sie haben voreinander keine Geheimnisse. Freundschaft schließt also eine gewisse, wenn auch keine volle Intimität in sich. Dies führt dazu, daß ein Freund von den Schwierigkeiten und Nöten, von den etwaigen Verzweiflungen und auch von dem Glück und der Freude des anderen weiß. Freundschaft wird so zum Mit-Leiden und zum Mit-Glück. Derartiges stellt Forderungen. Es läßt sich nämlich nur durchführen, wenn die zahlreichen entgegenstehenden Verhaltensweisen überwunden werden. Solche sind etwa Neid oder Mißgunst oder Eifersucht oder Schadenfreude. Wer solches in sich trägt, kann nicht der Freund dessen sein, dem er diese negativen Haltungen oder Handlungen entgegenbringt. Man kann leicht sehen, daß infolge der moralischen Anfälligkeit des Menschen unter solchen Aspekten die Freundschaft eine große Aufgabe ist.

Wir kommen in dieser Frage weiter durch die Einsicht, daß der echte Freund dem anderen in seinen geistigen und materiellen Nöten beisteht, soweit ihm dies möglich ist, daß er ihn in seiner Verzweiflung tröstet, in seinen Anfechtungen ermutigt, ihm in seiner Vereinsamung zur Seite steht. Die Freundschaft hat eine helfende, eine bewahrende, eine befreiende, eine sichernde und aufrichtende Kraft. So ist es verständlich, daß in der Heiligen Schrift die Freundschaft oder vielmehr der Freund, soweit er echt ist, gepriesen wird als ein besonderes Geschenk Gottes. Nun stellt sich aber sogleich eine Gegenfrage. Die Freundschaft kann wie jede Begegnung mit einem anderen zur Last werden. Dies geschieht überall dort, wo sich die Freunde in ihrem Freiheitsraum bedrohen. Es gehört kein geringes Fingerspitzengefühl dazu zu spüren, wann die Freundschaft und die in ihr begründete Hilfsbereitschaft oder der aus ihr hervorgehende Trost zur Zudringlichkeit und zur Belästigung entartet. Oder wenn ein Freund sich gedemütigt fühlt, weil er dem Freunde nicht mit gleichen äußeren oder inneren Gaben antworten kann, die er von ihm selbst empfängt. Die gefährlichste Bedrohung der Freundschaft stellt es dar, wenn einer dem Freunde zum Bewußtsein bringen will, wie sehr dieser ihm zu Dank verpflichtet ist. Daran sind schon viele Freundschaften zerbrochen. Die Freundschaft soll sich selbst realisieren, ohne die ihr gebührende Antwort zu erwarten oder gar zu fordern. Solche Erfahrungen zeigen, daß die Freundschaft eine moralische Verpflichtung in sich trägt. Sie bedarf der Verwurzelung in jener Freundschaft, in der sich Gott mit den Menschen verbindet. Wir stoßen hier auf einen Punkt, der nicht von vornherein zu erwarten war, der aber das ganze Leben eines Christen prägt. Ohne Opferbereitschaft ist auch eine aus dem tiefen Herzen aufsteigende Freundschaft nicht möglich. Sie kann nicht leben ohne das Gefühl der Verbundenheit. Wo sie sich aber auf eine solche beschränkt, wird sie an Auszehrung sterben. Wenn die katholischen Verbindungen sich die Freundschaft als Lebensprinzip gewählt haben, so dürfen sie diese Seite nicht vergessen und nicht vernachlässigen. Sonst wird ihr drittes Prinzip zur Illusion. Die unerläßliche Opferbereitschaft hat viele Formen. Sie lassen sich in einem kurzen Artikel nicht aufzählen. Eine besteht darin, daß auch der „Alte Herr" in einer Verbindung dem jungen Fuchs als Freund begegnet und nicht als älterer Lehrmeister, daß auf der anderen Seite auch der junge Bundesbruder dem älteren oder alten als einem Freund und nicht als einem abgeschriebenen Greis begegnet. Die Bundesbrüderlichkeit durchzieht die ganze Verbindung sowohl in ihrer vertikalen als auch in ihrer horizontalen Richtung.

Es kann nicht verschwiegen werden, daß ein solches Verständnis der Freundschaft nie in vollem Maße gelingen kann, aber ständig als Ziel vor dem Blick bleiben und in steter Anstrengung gepflegt werden muß. Es wird sich dabei zeigen, daß eine Freundschaft dieser Art nicht nur mit einem Menschen, sondern mit mehreren, wenn auch nicht mit unübersehbar vielen möglich ist. Es muß aber mit Nachdruck betont werden, daß eine Freundschaft auch in diesem Sinne Intensitätsgrade hat, die sehr verschieden sein können, ohne daß die Freundschaft des einen mit dem anderen unter dem Druck mehrerer zu verschwinden braucht.

Michael Schmaus

  1. Die Prinzipien heute - ein Versuch

Es gibt zeitlose Überschriften, die den Vorteil besitzen, daß sie modern klingen. Dazu gehört, wenn ein Thema mit dem Wort „heute" versehen wird. Meist handelt es sich dabei aber in Wirklichkeit um zeitlose Fragen, die sich nur in jeder Zeit unter anderen Aspekten stellen. Daß es sich bei den Prinzipien des KV, nämlich religio, scientia und amicitia, um solche zeitlosen Fragen handelt, wird schon dadurch deutlich, daß der Verband mit diesen Prinzipien immerhin mehr als hundert Jahre zusammenlebt. Nur, was sollen sie uns heutigen Menschen, uns heutigen Akademikern geben? Vor allem, kann ein Verband solche Prinzipien für seine Mitglieder festlegen? Um mit dieser letzten Frage zu beginnen: er kann es. Niemand ist gezwungen, dem KV anzugehören; wenn er ihm nicht angehört, so erleidet er keine Nachteile. Daher kann der Verband von seinen Mitgliedern verlangen, daß sie diese Prinzipien beherzigen - oder sie wenigstens zu beherzigen versuchen. Denn wie sollte man je ermessen können, ob jemand sich der Religion verpflichtet weiß? Äußerlichkeiten - ja die könnte man sogar überprüfen. Aber auch der, der z. B. kirchenrechtliche Gebote verletzt hat, kann sich der Religion immer noch verpflichtet wissen, und wer weiß, ob er nicht darunter leidet.

Was soll uns das Prinzip Religion sagen?

Religion will Bindung vermitteln. In unserer Welt ist Bindung, weiß Gott, wichtig genug. Ich brauche nur an die Atomisierung einer mobilen Gesellschaft zu denken; an Studenten, die sich an der Universität verloren vorkommen müssen. An die vielen Weltanschauungen, die da feilgeboten werden. Wer da keine Bindung besitzt, der schwankt wie das Schilfrohr im Winde und läuft dem nächstbesten Sinngeber nach, der nur so oft ein Scharlatan ist. Die Bindung, die uns die Religion, sprich die christliche, geben will, ist aber von besonderer Art. Sie ist exklusiv im wahren Sinne des Wortes. Der, an den wir uns binden sollen, ist eifersüchtig, er ist darauf bedacht, daß wir keine Bindung an andere Götter eingehen. Nun fragt sich der - weithin in einer neuheidnischen Umgebung aufgewachsene - Zeitgenosse: was soll dieser Anachronismus? Das Thema heißt doch: Prinzipien heute! Sind die Götter nicht durch das Christentum vertrieben worden? Nun, Jupiter und Zeus wohl. Aber sie haben Nachfolger gefunden. Idole heißen sie, und solcherart Kulturobjekte, die die an sich für die Religion vorgesehene Stelle im Menschen besetzt halten, gibt es in Mengen: Fortschritt (heute weniger gefragt, aber immerhin eine noch sehr mächtige Gottheit); Marx; Friede (nicht der, den Gott geben will, sondern der um jeden Preis); oder Okkulteres wie sog. Jugendsekten oder unverstandene ostasiatische Heilsbringer u. a. m. Hier ist die Religion, sprich: ist Gott, eifersüchtig. Er will uns freihalten von all dem, und solcherart Freiheit können wir dann nutzbringender anwenden.

Aber Religion heißt auch, daß es nicht ohne Gott geht. Atheismus ist eine Lebensweise, die meist nicht durchgehalten werden kann, weil doch ein Ersatzgott eingeführt werden muß. So geschieht es in dem angeblich wissenschaftlichen Materialismus, der die Schriften seiner Begründer nicht als lebenswerte Gedankengänge von unseresgleichen ansieht, sondern ebenso auslegt, wie eine Religion ihre Offenbarung. Nun ist Offenbarung ungefähr das letzte, was sich mit Materialismus verträgt, denn es fehlt das Subjekt, das offenbart hat. Wieso sollte aber plötzlich, nach so und so viel Jahrtausenden menschlichen Denkens, ausgerechnet im 19. Jahrhundert die ewige, unverrückbare Weisheit gefunden worden sein, und das auf der Grundlage einer Philosophie, die lehrt, die Erkenntnis baue sich schrittweise auf? Plötzlich hören dann die Schritte auf. Plötzlich gibt es keine Widersprüche mehr, denn das „Jedem nach seinen Bedürfnissen" soll dann plötzlich für ewig gelten. Der praktische Materialismus, der nicht nach einer Begründung fragt, der so tut, als gebe es nur die sichtbare Welt, ist allerdings wohl die häufigere Erscheinung als der nachgedachte. Führt er etwa zur Freiheit? Man kann durchaus eine Weile mit ihm leben, aber nur um den Preis der Betäubung. Solche Betäubungsmittel sind: Aufstieg, Geldverdienen, Erfolg, aber auch Alkohol, sexueller Mißbrauch, Aussteigen, Verweigerung u. a. m. Irgendwann aber klappt es nicht mehr mit dem Betäubungsmittel. Dann folgen Krisen. Hier ist eine gesunde Bindung an die Religion der einzige Ausweg, solche Krisen zu ersparen. Die Forderung, Nebengöttern aus dem Wege zu gehen, den Einen aber anzuerkennen, ist zwar oft nur schwer zu befolgen, wenn die Meute anderes glaubt. Denn es ist bekanntlich immer schwieriger, allein recht zu haben, als in der Meute zu irren. Aber diese Beschränkung der Bindung bei gleichzeitiger Anerkennung dieser Bindung setzt Kräfte frei und schärft den Blick.

Ein weiteres soll uns das Prinzip „religio" geben. Religionen sind keine Philosophien. Einer Philosophie kann ich für mich allein nachleben, wenngleich auch Philosophien versuchen, Jünger zu finden. Eine Religion ist aber schlechthin auf eine Gemeinschaft bezogen. Die Bindung an Gott soll durch eine solche an den Mitmenschen ergänzt werden. Einmal dadurch, daß die Religion als solche eine Gemeinschaft, eine Kirche, bildet, aber auch, daß sie fordert - jedenfalls die unsere - den Nächsten zu lieben. Voraussetzung solcher Nächstenliebe ist bekanntlich zunächst, daß ich mich selbst liebe. Ich darf mich selbst anerkennen, ich darf davon ausgehen, daß ich etwas wert bin. Dies ist eine an der heutigen Universität ausgesprochen wichtige Erkenntnis, denn, atomisiert, wie ein Student dort antritt, besteht durchaus die Gefahr, daß er sich selber aufgibt.

Aber wir können durchaus die Nächstenliebe auf die nähere Gemeinschaft beziehen. Denn es ist meist ein Ausweichen vor dem Gebot der Nächstenliebe, wenn man dabei etwa zuerst an unterentwickelte Länder denkt. Will ich aber den Nächsten in der Verbindung mit dem Maßstab, den mir die Kirche gibt, lieben, so ist das mit Arbeit verbunden. Da hilft der Geldschein im Klingelbeutel nichts mehr. In der engeren Gemeinschaft besitzen wir ein vorzügliches Übungsfeld; und das, um was es geht, ist keineswegs, dem Bundesbruder zu einem „Job" mittels Beziehungen zu verhelfen, sondern ihm als Freund im Studium beizustehen. Doch das gehört wohl eher zur Freundschaft.

Aber auch zur Kulturgemeinschaft soll ich mich bekennen. Es ist peinlich, wie in der Zeit der Demonstrationen sich gerade die Christen in das Ghetto verkriechen. So als hätten nicht gerade viele Demonstranten politischer Art mehr Anlaß, sich zu verkriechen, wenn man ihre Ziele betrachtet. Nun, häufig wollen sie auch nicht erkannt werden, was ein bezeichnendes Licht auf das wirft, was sie verfechten. Wir haben aber nichts zu verbergen. Unsere Lehren sind offenbar. Da besteht keinerlei Anlaß, sich zu verstecken. In unserem Lande gehört noch nicht einmal Mut dazu, sich zur Religion zu bekennen. Wenn es trotzdem so selten geschieht: steckt da schon die Angst dahinter, die, die sich auf den Straßen tummeln, könnten einmal die Macht erlangen und mich dann unterdrücken? Das wäre schlimm und würde vor allem nicht nützen.

Also: lernen wir, unsere Menschenscheu zu überwinden. Auch das bringt Freiräume mit sich, wenn solche kleinen Ängste überspielt werden können.

Kann Wissenschaft überhaupt ein Prinzip sein?

Was ist Wissenschaft? Zunächst sei vor einer Verengung gewarnt. Einer der Nebengötter, der sich beweihräuchern läßt, aber doch Falsches lehrt, ist der, Wissenschaft auf Naturwissenschaft zu reduzieren. Danach wäre wissenschaftlich allein das, was reproduzierbar bzw. nachprüfbar ist. Nun ist gerne zuzugeben, daß etwa ein chemisches Experiment erst dann als gesichert gelten kann, wenn es wiederholbar ist. Aber schon die Geschichte muß weithin glauben. Wenn ein Ausgräber mit seiner Ausgrabung die Ausgrabungsstätte zerstört, so ist der ausgegrabene Gegenstand nicht mehr reproduzierbar oder nachvollziehbar. Dann kommt es darauf an, ob wir den Aufzeichnungen der Ausgräber glauben können. Und seien wir uns dessen immer bewußt, daß bis ins 18. Jahrhundert hinein gerade die Reproduzierbarkeiten keineswegs als Wissenschaft, sondern als Handwerk gegolten haben. Schon von daher sollten wir vorsichtig sein.

Aber um Wissenschaftler zu sein, müssen wir über das Handwerkliche hinauskommen. Dieses ist zunächst das Rüstzeug, ohne das Wissenschaft nicht denkbar ist. Und leider ist es so, daß der akademische Unterricht sich weithin auf dieses Handwerkliche beschränkt. Also: wenn wir Wissenschaft zum Prinzip erwählen, so ist damit dieses handwerkliche Grundwissen vorausgesetzt. Daher ist es Aufgabe jedes KVers, auch dem Verbände gegenüber, ein geregeltes Studium mit angemessenem Fleiße zurückzulegen.

Aber wir sollen uns auch um die Wissenschaft kümmern, um das, was darüber hinausgeht. Warum? Wir sind denkende Menschen. Die Denkfähigkeit haben wir uns nicht selbst gegeben, sondern sie ist von dem geschaffen worden, der eifersüchtig darüber wacht, daß wir keinen anderen neben ihn setzen. Mit unserem Denkvermögen sollen wir seine Schöpfung nachvollziehen, oder es wenigstens insoweit versuchen, als wir dazu - persönlich oder in der geschichtlichen Epoche - fähig sind. Wir sollen die Größe der Schöpfung erkennen und darüber bescheiden werden: daß unser ganzes Wissen doch nur Stückwerk bleiben wird.

Diese Bescheidenheit soll nicht hindern, daß wir uns über eine Entdeckung - oder über etwas, was wir in der handwerklichen Anwendung unserer Wissenschaft erstellen - ehrlich freuen; ein gelungenes Werk darf und soll uns mit Stolz erfüllen, denn falsche Bescheidenheit kann auch Lüge sein. Aber insgesamt führt doch jede Erweiterung der Erkenntnis dazu, daß wir fühlen, wie wenig wir vom Ganzen wissen.

Die Schöpfung nachvollziehen: Natürlich nicht nur den Teil, um den sich die Naturwissenschaft kümmert, denn wir glauben ja, daß wir immerhin die Krone der Schöpfung sind, allen Fehlern zum Trotz. Daher dürfen wir die Humanwissenschaften nicht als unwissenschaftlich abtun, die Wissenschaften, bei denen es zuerst ums Einfühlen und Verstehen geht. Solche, bei denen Systeme austauschbar sind und sein müssen, wo die Richtigkeit nur innerhalb des Systems vorhanden sein kann (es gibt nicht „die" richtige Sprache, sondern jede hat ihren Eigenwert, und trotzdem gibt es Sprachregeln; beim Recht ist es entsprechend), oder solche, wie alle Arten von Kunstbetrachtung, wo die Antworten oft kaum begründbar, aber doch richtig oder falsch sind. Und dann sollen wir über die Schöpfung herrschen. Allerdings sollen wir nicht als Diktatoren herrschen, denn unsere Herrschaft ist Auftrag, und damit mit Verantwortung verbunden. Hier sind Fehler, durch Unwissenschaftlichkeit hervorgerufen, oft schnell erkennbar: wenn Bedingungen des Lebens vergessen worden sind, weil so Vieles eben machbar ist: man denke an Umweltsünden genauso wie an die unwirtlichen Städte. Auch hier sind wir als Wissenschaftler gefordert. Aber gerade das letzte Beispiel zeigt zweierlei: einmal dürfen wir uns nicht in unser Gärtlein, sprich in unser Fach, verkriechen. Wir sollten auch darüber hinausblicken können, denn reines Fachwissen, ohne Ahnung, wie es sich im Verbund mit anderen Wissenschaften auswirkt, kann so weit führen, daß die Wissenschaft als solche abgelehnt wird oder unmenschliche Ergebnisse zeitigt.

Zum anderen sollten wir aber auch unsere Grenzen erkennen. Außerhalb unserer Grenzen dürfen wir uns dann getrost auf unseren gesunden Menschenverstand verlassen; als Wissenschaftler wissen wir ja, daß es leicht ist, Fachfremde ins Bockshorn zu jagen. Insoweit können wir unbekümmert nachhaken, wenn wir etwas nicht auf Anhieb glauben wollen. Aber wir sollten auch darin unsere Grenzen kennen, daß wir nicht über unsere Wissenschaft hinaus in fremden Gärten grasen.

Und nun zur Freundschaft.

Hier ist das Wort „heute" sehr wichtig: Freundschaft heute. Nebengötter hat es schon immer gegeben, und Unwissenschaftlichkeit auch. Aber solche Defizite im mitmenschlichen Bereich, wie sie heute produziert werden (das Wort „produziert" steht sehr bewußt), ich fürchte, die sind wirklich neu. Es ist noch gar nicht lange her, da kam der Normalstudent aus einem Klassenverband, den er bis zu neun Jahren besucht hatte, an die Universität. Konkurrenz in der Klasse gab es sicherlich, vor allem an der Spitze, aber die ging nicht um eine Berechtigung. Das Nichtbestehen schloß von Berechtigungen aus, aber wer bestanden hatte, dem stand die ganze Fülle an Studienzweigen offen. Nun wird reformiert. Die elf- bis zwölfjährigen Kinder werden in einer Förderstufe über zwei volle Jahre in einer Dauerprüfung gehalten. Und in den beiden letzten Jahren des Gymnasiums werden die Schüler auf verschiedene Kurse verzettelt. Freundschaft kann da nicht aufkommen. Und letzte Möglichkeiten dazu werden durch das Konkurrenzdenken vergiftet, denn in unserer wissenschaftlichen" Welt entscheiden, da es auf Reproduzierbarkeit ankommt und nicht auf Einfühlen, Hundertstelnoten über die Zukunft. Hier werden ganz einfach zwei Wissenschaften miteinander verwechselt. Pädagogik mit Mathematik, das alles mit dem Segen einer dritten beiderseits inkompetenten, nämlich der Jurisprudenz. An der Universität erdrückt dann die Zahl. Dort ist der Student einer von zehn- oder zweiundzwanzigtausend. So trifft sich also an der Tür des Alma Mater ein Haufen, der sich in den letzten Jahren kaum mehr in Freundschaft hat üben können, von denen jeder gegen jeden hat kämpfen müssen. Und nun steht der Neue als einer in dieser Masse da. Man lernt sich auch nicht kennen. Unverbindlichkeit ist Trumpf, durch ein schick empfundenes „Du" verdeckt, das nur dazu führt, daß man vom Nachbarn außer einem Modevornamen gar nichts mehr weiß.

Hier ist der KV gefordert. Er muß Bindungen gewähren. Aber auch von jedem Kartellbruder, der zu Bindungen fähig ist, fordern, daß er bereit ist, solche Bindung zu gewähren. Dazu gehört natürlich zunächst Zeit. Freundschaft äußert sich nicht in Gefühlen, sondern darin, daß der eine dem anderen zuhört, ihn ernst nimmt. Daß er sich dessen Erfolge, aber auch dessen Sorgen und Nöte zu Herzen nimmt. Und vor allem: Freundschaft heißt nicht, daß ich alles gutheiße. Auch eine Mahnung, ein ernstes Wort, gehört dazu, wie auch umgekehrt, daß ich selber eine solche Mahnung annehme. Denn Freundschaft soll gegenseitig sein. Zum anderen soll Freundschaft dauerhaft angelegt sein. Sie soll ja Bindungen abgeben, die die heutige Universität ihrerseits nicht mehr geben kann. Bei uns ist dies der Grund, warum wir unsere Vereine, unsere Verbindungen als Lebensbünde verstehen. Wer in der Studentenzeit in mancher Hinsicht Kostgänger seiner studentischen Vorfahren war - der Alten Herren -, soll dies um Himmels willen nicht denselben Alten Herren zurückzahlen müssen. Aber er soll diese Opfer weitergeben, an die nächste Studentengeneration.

Lebensbund: wie anspruchsvoll das klingt! Oder ist dies nicht ein Versuch, die Macht der Alten über die Jungen zu befestigen? Dazu müßte man sich erst einmal ehrlich überlegen, was eine solche „Macht" dem Alten Herrn brächte. Er hat wirklich nichts davon, wenn man an Erfolg oder ähnliche Vordergründigkeiten denkt, wenn er sich im Lebensbund mit Jüngeren befaßt. Gewiß, die Alten Herren werden versuchen, daß die Traditionen aufrecht erhalten werden, aber mit Machtstreben hat das nichts zu tun. Soweit sich Traditionen auf studentische Formen beziehen, handelt es sich um liebevoll gepflegte Relikte - nein, das ist nicht der richtige Ausdruck - um eine Lebenskultur, die noch den Formen ihren Sinn für die Verschönerung des Lebens gab. Aber manche Traditionen haben ganz anderen Hintergrund. Das Innenleben eines Vereines kennt gewisse Gesetzlichkeiten, die nicht ungestraft außer acht gelassen werden dürfen. So braucht jeder Verein einen ersten Vorsitzenden, einen Stellvertreter, einen Kassierer und einen Schriftführer. Da Kompetenzen zu verwischen, bringt meist nur Ineffektivität mit sich. Für einen Studentenverein gehört genauso sachlogisch ein Fuchsmajor, sprich jemand dazu, der für den studentischen Nachwuchs sorgt. So kann eine eher traditionelle Einwirkung der Alten Herren auch nur schlicht vor Fehlern bewahren. Daß zudem ein Konvent eine Einübung parlamentarischer Tugenden ist, wer wollte das bestreiten? Allerdings, ein Ziel hat das Lebensbundprinzip auch: Die Alten Herren wollen sich in ihrem Verein auch später noch wohlfühlen können. Wollen einen Ort haben, der ihnen nicht nur Erinnerung gibt, sondern ihnen zeigt, daß trotz aller Veränderungen, die zwangsläufig eintreten, ein gewisser Kern an Gemeinsamkeiten die Zeiten überdauert; der dazu führt, daß sie sich nicht heimatlos fühlen. Älter wird jeder, der Jugend gehört immer die Zukunft, das sind Selbstverständlichkeiten, aber auch die Jugend sollte einsehen, daß ein Heimatlosmachen sie später auch selbst treffen wird. Zur Freundschaft gehört, daß man miteinander redet. Zum Lebensbund gehört, daß derlei Freundschaft sich nicht nur innerhalb einer Generation vollzieht, sondern auch zwischen den Generationen. Solange eine Verbindung in diesem Sinne tauglich ist, können wir - ohne Überheblichkeit - feststellen, daß es die vielbeklagte Sprachlosigkeit zwischen den Generationen bei uns nicht gibt. Man kennt sich, man redet zwangsläufig miteinander. Man merkt, daß man nicht immer dieselben Ansichten vertritt, aber auch, daß die jeweils andere Generation auch nicht der monolithische Block ist, als den vor allem die Politiker „die Jugend" meist hinstellen. Einigsein muß man nicht unbedingt, aber mit dem Vorsatz, des anderen Standpunkt wenigstens anzuhören und ernstzunehmen, in ein Gespräch zu gehen, das müssen wir als Mindestvoraussetzung für Freundschaft vom anderen fordern. Und das ist etwas, was jeder, wenn er nur will, erreichen kann. Manfred Wochner

OrganisationsstrukturKV84.jpg

Organe und Einrichtungen des KV

Der KV ist ein Zusammenschluß von katholischen deutschen Studentenvereinen (§ 1 KVS); er ist kein Einheitsverband. Die Eigenständigkeit und der spezifische Charakter der Korporationen bleiben vielmehr gewahrt. Mitglieder des KV sind die Kartellvereine. Deren Mitglieder wiederum sind Kartellangehörige. Die KV-Satzung (KVS) unterscheidet folgende Organe:

Beschließende Organe (§§ 35-50)

Vertreterversammlung (§§ 37-41)

Die Vertreterversammlung ist das oberste Organ für die Willensbildung in allen Angelegenheiten des KV. Sie besteht aus Aktiventag und Altherrentag. Ihre Beschlüsse sind für alle Kartellvereine und deren Mitglieder bindend. Zur VV, die mindestens alle zwei Jahre stattfinden muß, hat jeder Kartellverein je einen Vertreter der Aktivitas und der Altherrenschaft zu entsenden. Jeder Vertreter hat eine Stimme. Aktiventag und Altherrentag beraten in der VV gemeinsam, die Abstimmungen erfolgen getrennt. Zur Annahme eines Antrages ist sowohl die Zustimmung des Aktiventages als auch die des Altherrentages erforderlich. Anträge an die VV müssen bis zu dem vom KV-Rat festgesetzten und in den AM veröffentlichten Termin (etwa 2-3 Monate vorher) im Sekretariat vorliegen.

Hauptausschuß (§ 42)

Der Hauptausschuss ist sozusagen ein Notparlament, welches in den Jahren zusammentritt, in denen keine VV stattfindet. Darüber hinaus tritt er zusammen, um über Angelegenheiten zu beraten und zu beschließen, die so dringend sind, daß eine VV nicht einberufen werden kann, bzw. Angelegenheiten, die sich für eine schriftliche Abstimmung nicht eignen. Der Hauptausschuß setzt sich aus 12 Vertretern der Aktivitates (vom Aktiventag gewählt) und 12 Alten Herren (vom Altherrentag gewählt) zusammen. Beschlüsse kommen zustande, wenn Aktive und AHAH mit jeweils 2/3-Mehrheit zustimmen. Ausgenommen von der Beschlußfassung sind die Auflösung des Verbandes, Änderungen der Satzung und Beitragserhöhungen.

Aktiventag (§§ 43-46)

Der Aktiventag (AT) berät und beschließt über Angelegenheiten, die nur den Aktivenbund betreffen. Zum Aktivenbund gehören die Aktivitates der Kartellvereine, die auch je einen Vertreter zu entsenden haben. Zumindest einmal jährlich tritt der Aktiventag zusammen. Er wird vom Vorortspräsidium einberufen, falls gleichzeitig keine VV stattfindet, sonst vom KV-Rat.

Altherrentag (§§ 47-50)

Der Altherrentag (AHT) ist zuständig für alle Angelegenheiten, die nur den Altherrenbund betreffen. Alle Altherrenvereine müssen, Ortszirkel mit mindestens 20 Mitgliedern können einen Delegierten entsenden. Kleinere Ortszirkel erhalten dieses Recht nur, wenn sie sich mit anderen zusammenschließen, so daß die Zahl der Vertretenen mindestens 20 erreicht. Der AHT tritt zumindest anläßlich der VV zusammen.

Geschäftsführende Organe (§§ 51-57)

KV-Rat (§§ 51-53)

Der KV-Rat ist das oberste geschäftsführende Organ. Er besteht aus dem von der VV gewählten Vorsitzenden, der AH ist, dem Vorortspräsidenten, dem Vorsitzenden des Altherrenbundes und je einem vom Aktiven- bzw. Altherrentag gewählten Vertreter. Eine wesentliche Aufgabe besteht in der Verwirklichung gemeinsamer Anliegen der Aktivitas und Altherrenschaft.

Vorortspräsidium (Vorstand des Aktivenbundes) (§§ 54f.)

Der Vorort ist ein vom Aktiventag für die Dauer von einem Jahr gewählter Kartellverein. Die Amtsgeschäfte werden von einem vom Vorort bestimmten Vorortspräsidium geführt. Es besteht aus dem Vorortspräsidenten (VOP), seinem Stellvertreter und drei weiteren Mitgliedern. Ein Vertreter des Altherrenvereins der Korporation ist zusätzliches Mitglied. In das Präsidium können auch einzelne aktive Kartellbrüder aus benachbarten Korporationen aufgenommen werden.

Vorstand des Altherrenbundes (§§ 56-57)

Der Vorstand besteht aus dem Vorsitzenden, einem Stellvertreter und fünf weiteren Mitgliedern, die - im Gegensatz zum Vorortspräsidium - alle einzeln von dem AHT gewählt werden. Die Amtszeit beträgt zwei Jahre, endet aber erst - wie bei allen anderen Gremien - mit dem Amtsantritt eines Nachfolgers. Der Vorstand führt die Geschäfte des AHB.

Ständige Einrichtungen des KV (§§ 58-60)

Kartellgericht (§ 58)

Die Gerichtsbarkeit des KV obliegt dem Kartellgericht. Alle Mitglieder des KV und die Amtsinhaber sind den Beschlüssen des Kartellgerichts unterworfen. Die Wahl der fünf Mitglieder und fünf Stellvertreter erfolgt auf der VV.

KV-Sekretariat (§ 59)

Das Sekretariat untersteht dem Vorsitzenden des KV-Rates. Der Aufgabenbereich umfaßt die Führung der laufenden Geschäfte (Verwaltung der Verbandskasse, Kartei usw.) und die Unterstützung und Förderung der Arbeit der Einrichtungen und Organe des KV. Für organisatorische und statistische Zwecke dürfen Auskünfte eingeholt werden von den Mitgliedern des KV und den offiziellen Gremien. Für diese besteht Auskunftspflicht. Das KV-Sekretariat steht allen Kartellangehörigen offen in Fragen, die den Verband betreffen. Darunter fallen die Erteilung von Auskünften, Adressen von KbKb, Werbematerialien, KV-Nadeln, Schrifttum des Verbandes usw. Anträge an die VV oder den KV-Rat werden vom Sekretariat entgegengenommen.

Verbandskassenausschuß (§ 60)

Dem Verbandskassenausschuss obliegt die Überwachung und Prüfung des Kassenwesens des KV. Er besteht aus einem AH als Vorsitzender, einem weiteren AH und einem Aktiven.

Andere Einrichtungen (§ 61)

Beauftragte für religiöse Bildung und Verbandsseelsorge

Ihnen obliegt die seelsorgerische Arbeit im Verband. Dies umfaßt auch die Aufgabe, zur Belebung und Vertiefung des religiösen Lebens im KV und seinen Korporationen durch entsprechende Veranstaltungen beizutragen und Stellungnahmen des KV zu religiösen und kirchenpolitischen Fragen vorzubereiten.

Beauftragte für Staats- und Gesellschaftspolitik

Der ständige Dialog auf diesem Gebiet innerhalb des Verbandes und mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und an der Gestaltung unserer Umwelt mitzuwirken, sind Grundanliegen des KV und seiner Mitglieder. Die verbandsinterne Förderung dieses Dialogs unter Auswertung aktueller Staats- und gesellschaftspolitischer Probleme trägt auch zur Profilierung des KV anderen Verbänden, Gruppen und Kräften der Gesellschaft gegenüber bei. Damit leisten diese Beauftragten einen wichtigen Dienst.

Beauftragte der Hochschulpolitik

Als Zusammenschluß von Studentenvereinen muß ein wesentliches Anliegen des KV und der Kartellangehörigen in der aktiven Mitgestaltung der Hochschulpolitik liegen. Den Beauftragten kommt die Funktion zu, diesen Sektor zu beobachten und für die verbandsinterne Arbeit aufzubereiten sowie eigene hochschulpolitische Aktivitäten des KV zu fördern. Dazu gehört auch die Ermutigung der Kartellbrüder, sich als Studentenvertreter für die verschiedenen Gremien in der Hochschulselbstverwaltung aufstellen und wählen zu lassen.

„Arbeitskreis KV-Akademie"

Effektive und zugleich sparsame Bildungs- und insbesondere Tagungsarbeit muß "im Verbund" erfolgen. Die vorgenannten Beauftragten arbeiteten daher seit dem 1. Juli 1972 im „Arbeitskreis KV-Akademie" unter einem von ihnen gewählten Leiter sehr erfolgreich zusammen. Die Aufgaben der Verbandsseelsorge wurden dadurch nicht berührt. Der Arbeitskreis als solcher wurde allerdings in der KV-Satzung nicht verankert und nicht von der VV gewählt. Der ungeklärte rechtliche Status führte zu Problemen auch in der Zusammenarbeit mit Institutionen außerhalb des KV, vor allem wegen der zunehmenden Mittelverknappung. Die VV 1983 in Mainz hat daher mit einstimmigem Beschluß den Auftrag zur Institutionalisierung dieses Gremiums erteilt. Aufgaben und Funktion siehe unter „KV-Akademie" e. V.

Rechtsamt

Dem Rechtsamt obliegt im wesentlichen die Überprüfung von Satzungen der Kartellvereine hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit geltendem Recht des KV. Außerdem beantwortet es Anfragen von Kartellvereinen oder Kartellbrüdern in rechtlicher Hinsicht.

Historische Kommission und KV-Archiv

Die Betreuung des KV-Archivs, das z. Z. im Stadtarchiv Mönchengladbach deponiert ist, erscheint als zentrale Aufgabe des Leiters der Historischen Kommission. Historische Dokumente, die oft in ungeordnetem Zustand ihren Weg ins Archiv finden, werden dort gesichtet und erschlossen. Weit mehr als 2800 Aktenbände von 1865 bis heute künden von der Geschichte unseres Verbandes und der Kartellvereine. Dabei handelt es sich vornehmlich um das Schriftgut des KV-Sekretariates. Das KV-Archiv wertet aber auch Schriftgut einzelner Vereine, Nachlässe bekannter KVer u. a. aus.

Pressesprecher

Zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist der Pressesprecher. Er ist Mittler zwischen dem KV einerseits und den Medien auf der anderen Seite, indem er versucht, die Aktivitäten des Verbandes und seiner Gliederungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Interesse für den KV zu erwecken.

Beauftragte für Nachwuchswerbung

Das weite Betätigungsfeld erstreckt sich auf die Initiierung, Unterstützung und Förderung all jener Maßnahmen, die geeignet sein können, junge Kommilitonen für den KV und seine Korporationen zu gewinnen. Sie nehmen sozusagen die Aufgabe des Fuchsmajor auf Verbandsebene wahr. Derzeit wird diese Tätigkeit vom Vorort übernommen.

Akademische Monatsblätter

Im Jahre 1888 erstmalig erschienen, stellen die „AM" als offizielles Verbandsorgan auch heute noch das wichtigste Kommunikationsmittel zwischen KV und den Kartellangehörigen dar. Jeder Kartellbruder bezieht diese Zeitschrift kostenlos. Der Schriftleiter ist für das regelmäßige Erscheinen der AM und für ihren Inhalt verantwortlich. Beiträge kann jeder Kartellbruder an den Schriftleiter übersenden. Dieser wird sie - soweit sie rechtzeitig eingehen und genügend Platz zur Verfügung steht - auch veröffentlichen. Die AM können und sollen als Diskussionsforum benutzt werden, um aktuelle Fragen des Verbandes offen zur Sprache zu bringen.

Wohnheimausschuß

Der Wohnheimausschuß besteht aus vier Mitgliedern, zwei Aktiven und zwei Alten Herren. Sie prüfen Anträge auf Gewährung von Darlehen bzw. Zuschüssen aus dem Wohnheimfond.

Weitere Institutionen

„KV-Akademie"

Akademie des Kartellverbandes katholischer deutscher Studentenvereine e.V.

Mit der von der VV in Mainz am 18. Juni 1983 beschlossenen und der am 17. September 1983 in Beckum vollzogenen Gründung eines inzwischen im Vereinsregister eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Vereins „KV-Akademie" wurde die seit 1972 erfolgreich geleistete Akademiearbeit im KV auch institutionalisiert und auf eine rechtlich eindeutige Basis gestellt. Siehe auch oben („Arbeitskreis KV-Akademie"). Dem gewählten Vorstand der KV-Akademie können neben dem Leiter, seinem Stellvertreter, einem Schriftführer und Kassierer bis zu drei Beisitzer angehören. Geborene Mitglieder des Vorstandes für die Dauer ihrer Amtszeit sind der Vorortspräsident, der Vorsitzende des Altherrenbundes des KV und der KV-Rats-Vorsitzende. Damit ist auch organisatorisch die Verzahnung des e. V. mit dem KV gesichert. Die KV-Akademie unterstützt den KV und seine Gliederungen in der Verwirklichung der Grundsätze des Verbandes (§ 4 KVS). Sie fördert im außerschulischen und außerberuflichen Bereich die religiöse, hochschulpolitische und allgemeinpolitische Weiterbildung der Kartellangehörigen insbesondere durch:

  • verbandsinterne Bildungsveranstaltungen zur Diskussion von Grundsatzproblemen aus Kirche, Staat und Gesellschaft,

  • Begegnungen mit Gruppen und Verbänden auf europäischer Ebene,

  • Erarbeitung von Jahresthemen der KV-Bildungsarbeit und von Stellungnahmen in der geistigen Auseinandersetzung der verschiedenen Gruppen in unserer Gesellschaft.

Wohnheimfonds des KV

Der Wohnheimfonds des KV wurde 1966 aufgrund einer Initiative des damaligen Vororts, des Breslauer KStV Alania Aachen, auf der Hauptausschußsitzung in Fischbachau geschaffen. Durch eine zweckgebundene Erhöhung der Kartellbeiträge sowohl in der Aktivitas als auch in der Altherrenschaft wurden in den folgenden Jahren die Finanzmittel angespart, die dem KV eine Förderung des Neubaus und der Erhaltung von Studentenwohnheimen ermöglichen, die Eigentum seiner Korporationen sind. Über die Vergabe der Gelder befindet gemäß den von der VV erlassenen Richtlinien der KV-Rat nach Anhörung des von der W gewählten Wohnheimausschusses. Darlehen werden gegen Schuldschein ohne weitere dingliche Sicherung zur Verfügung gestellt und müssen innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren zurückgezahlt werden. Anträge auf Förderung sind über das KV-Sekretariat an den KV-Rat zu stellen.

Sigismund-Diekamp-Stiftung e. V.

Die „Sigismund-Diekamp-Stiftung" wurde am 5. April 1956 gegründet und in das Vereinsregister beim Amtsgericht in Bochum eingetragen. Der Verein verfolgt als gemeinnützige Einrichtung den Zweck

  1. Akademikern, insbesondere hilfsbedürftigen Studenten, bei beruflichem und familiärem Notstand Unterstützung zu gewähren, wenn sonstige Hilfe von keiner Seite mehr zu erreichen ist,

  2. Hinterbliebenen von Akademikern bei familiärem Notstand Unterstützung zu gewähren,

  3. minderbemittelten Studenten Zuschüsse für ein Auslandsstudium zu bewilligen.

Mitglied des Vereins können Angehörige des Kartellverbandes der katholischen deutschen Studentenvereine (KV) werden, über deren Aufnahmeantrag der Vorstand des Vereins entscheidet. Der Vorstand des Vereins wird von der Mitgliederversammlung des Vereins auf die Dauer von zwei Jahren gewählt. Er besteht aus dem Vorsitzer, seinem Stellvertreter, dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied sowie einem weiteren Vorstandsmitglied, die überwiegend dem Vorstand des Altherrenbundes des KV angehören.

Verband alter KVer e.V.

Der „Verband alter KVer" wurde am 21.129. Mai 1950 in Bonn gegründet und am 24. Juli 1950 in das Vereinsregister beim Amtsgericht Würzburg eingetragen. Der Verein ist Eigentümer des KV-Archivs; er bezweckt die Verwaltung und die Betreuung des Archivs sowie die Förderung der studentengeschichtlichen Forschung. Mitglieder des Vereins können die Vorstandsmitglieder des Altherrenbundes des KV, die 1. Vorsitzenden der Altherrenvereine des KV sowie sonstige Kartellangehörige werden, denen vom Vorstand des Altherrenbundes des KV das Recht zum Erwerb der Mitgliedschaft verliehen wird. Den Vorstand des Vereins bilden die vom Altherrentag gewählten Mitglieder des Vorstandes des Altherrenbundes des KV und ein von der Mitgliederversammlung des Vereins gewähltes Mitglied als Schriftführer und Kassenwart.

Aufbau eines Kartellvereins

Vereinsaufbau.png

Der Aufbau des Kartellvereins läßt sich am anschaulichsten anhand der nebenstehenden Graphik verdeutlichen. Die Darstellung macht sichtbar, daß der Kartellverein sich aus Aktivitas und Altherrenschaft zusammensetzt, die beide selbständige Teile des Vereins mit eigenen Organen (Vorstand, Convente) sind. Der Aufbau der beiden Teilbereiche ist i. d. R. identisch. Wie es in demokratischen Organisationen üblich ist, wird von den Mitgliedern des Vereins auf den Conventen (beschließende Organe) für bestimmte Zeit ein Vorstand gewählt und dieser Vorstand nach Ablauf der Amtszeit entlastet. Eine Besonderheit in der Dreiteilung Mitglieder -Convent - Vorstand findet sich bei der Aktivitas. Der Convent unterteilt sich in einen Allgemeinen (AC) und einen Burschen-Convent (BC). Nur der BC hat das Recht, den Aktivenvorstand zu wählen bzw. zu entlasten.

Grundlage für das Leben beider Teilbereiche des Vereins ist die jeweilige Satzung, die die Basis des Vereinslebens bildet. Als gemeinsames Organ von Altherrenverein und Aktivitas dient der Commulativconvent (CC). Der CC dient zur Regelung solcher Fragen und Probleme, die Altherrenschaft und Aktivitas gemeinsam betreffen. Die Mitglieder des CC haben im Gegensatz zu der oben genannten Dreiteilung über dem beschlußfassenden Organ kein separates ausführendes Organ.

Ausführende Organe sind die jeweiligen Vorstände von Aktivitas und Altherrenschaft. Häufig gibt es neben dem einzelnen Kartellverein noch einen sogenannten Haus (bau)verein. Mitglieder sind i. d. R. alle Aktiven und Alte Herren. Ziel eines Haus (bau)vereins ist es normalerweise, bestehende Verbindungshäuser zu unterhalten, eine Etage anzumieten oder Voraussetzungen für den Erwerb eines Hauses oder einer Etage zu schaffen. Der Aufbau dieser Haus (bau)vereine entspricht dem des Kartellvereins in seiner oben dargestellten Dreiteilung, Mitglieder - Haus (bau)vereinsconvent - Haus (bau)vereinsvorstand.

Die Mitgliedschaft in Verband und Kartellverein

Mitglieder des KV sind die einzelnen Kartellvereine, nicht aber deren Mitglieder. Diese werden als Kartellangehörige bezeichnet. Im Hinblick auf die Mitgliedschaft der Kartellangehörigen bietet die KV-Satzung verschiedene Möglichkeiten. Einzelheiten regeln die Vereine selbst. Da aber jeder Mitgliedsstatus mit bestimmten Rechten und Pflichten verknüpft ist, sollen hier zumindest die wichtigsten genannt und kurz erklärt werden. Unberücksichtigt bleiben die Abweichungen und Variationen, die sich aus den Statuten der Kartellvereine ergeben können. Es läßt sich somit nicht ausschließen, daß der eine oder andere Verein einen hier aufgeführten Mitgliedsstatus nicht kennt oder anders definiert.

Aktivitas

Zur Aktivitas gehören sämtliche Vereinsangehörige, die sich im Studium befinden. Die Mitgliedschaft in der Aktivitas beginnt mit der Reception und endet nach Abschluß des Studiums mit der Übernahme in den Altherrenverein.

Neumitglieder der Aktivitas (Füchse)

Neumitglieder (Füchse) sind als vorläufige Mitglieder vollverpflichtet, aber nicht vollberechtigt. Sie dürfen am Allgemeinen Convent (AC) teilnehmen; Stimm- und Antragsrecht steht ihnen bei einigen Vereinen zu, bei anderen nicht. Vom BC bleiben sie ausgeschlossen. Während der Fuchsenzeit sollten die Füchse besonders rege und aktiv am Vereinsleben teilnehmen und möglichst häufig - auch außerhalb der offiziellen Veranstaltungen - auf dem Haus erscheinen, um die Gemeinschaft und die Bundesbrüder besser kennenzulernen. Eine besondere Verpflichtung liegt in der Teilnahme an speziellen Fuchsenveranstaltungen, die die wichtigsten Kenntnisse über den KV und die Korporation vermitteln sollen. Die Fuchsenzeit dient als Probezeit, die je nach Verein unterschiedlich lang ist. Anschließend erfolgt die endgültige Aufnahme (Burschung) durch den Burschenconvent (BC). Für Kartellbrüder, die bereits Bursche einer anderen KV-Korporation sind, entfällt die Fuchsenzeit.

Vollmitglieder (Burschen)

Mit der Promotion erhält das Mitglied alle Rechte und Pflichten eines Burschen. Dieser hat Sitz und Stimme auf AC, BC und CC. Zu seinen Pflichten gehören die aktive Teilnahme am Vereinsleben, die Einhaltung der Prinzipien und des feierlichen Gelöbnisses, welches in der Regel mit der Promotion verbunden ist.

Einige Kartellvereine kennen darüber hinaus den Status eines Inaktiven, der noch unterschieden wird in Inaktive am Ort (in loco, i. 1.) und Inaktive, die anderenorts studieren (ex loco, e. 1.). Der Antrag auf Inaktivierung wird an den BC gerichtet und von diesem entschieden. Gründe können Examensvorbereitung, persönliche Motive etc. sein. Mit der Inaktivierung entfällt die Verpflichtung, an allen Veranstaltungen teilnehmen zu müssen.

Korporationsfreunde oder Verkehrsgäste

Vereinsangehörige, die aus bestimmten Gründen die Vollmitgliedschaft nicht erlangen können, werden in einigen Vereinen über den Status des Verkehrsgastes oder Korporationsfreundes an die Gemeinschaft gebunden. Dies kann beispielsweise für nicht-katholische Christen oder für Fachhochschüler zutreffen, deren Vollmitgliedschaft nicht mit der Satzung des einzelnen Vereins in Einklang zu bringen ist. Die Rechte der Verkehrsgäste bzw. Korporationsfreunde sind nicht einheitlich geregelt. Sitz-, Antrags- und Stimmrecht auf dem BC werden ihnen meist nicht zugestanden. Die übrigen Rechte entsprechen oft denjenigen der Füchse. Der Status bleibt meist auch im Altherrenverein erhalten.

Altherrenschaft

Alte Herren (A-Philister, B-Philister)

Eine dreisemestrige Aktivenzeit und den Abschluß des Studiums schreibt die KV-Satzung für den Übergang vom Aktiven zum Alten Herrn vor. Aus dem Lebensbundprinzip ergibt sich für alle Bundesbrüder die Verpflichtung, den Status eines Alten Herren zu erwerben. In der Regel erklärt sich ein Alter Herr des KV zum A-Philister des Vereins, in dem er während des Studiums überwiegend aktiv gewesen ist. Bei allen weiteren Vereinen, denen er als Aktiver angehört hat, wird er B-Philister. Allen Philistern steht das Teilnahmerecht bei allen Conventen des Vereins zu, Antrags- und Stimmrecht zumindest bei CC und AHC.

Ehrenphilister

Alte Herren des KV können mit Zustimmung des BC und des AHC wegen besonderer Verdienste um den Verein zu Ehrenphilistern ernannt werden. Sie haben dieselben Rechte wie A- und B-Philister, sind aber z. B. von der Beitragspflicht freigestellt.

Ehrenmitglieder

Personen, die zu den Grundsätzen des KV stehen - ohne ihm anzugehören - können von den Kartellvereinen zu Ehrenmitgliedern ernannt werden. Notwendig ist ein positives Votum mit der entsprechenden Mehrheit sowohl der Aktivitas (i. d. R. BC) als auch der Altherrenschaft. Darüber hinaus verlangt die KV-Satzung die Zustimmung des KV-Rates und des Ortszirkels, dem das Ehrenmitglied zukünftig angehören wird. Ehrenmitglieder haben in der Regel Sitz auf allen Conventen, aber weder Stimm- noch Antragsrecht.

Verbandsfreunde

Losgelöst von den Kartellvereinen haben schließlich noch die Ortszirkel die Möglichkeit Männer, die die KV-Grundsätze anerkennen und keinem anderen Korporationsverband angehören, als Verbandsfreunde aufzunehmen. Auch hierer muß der KV-Rat zuvor zustimmen.

Die KV-Korporationen

siehe: Liste der KV-Korporationen

Zusammenschlüsse

Neben den Aktivitates und den Altherrenvereinen kommt den Ortskartellverbänden und den Ortszirkeln eine herausragende Bedeutung im täglichen Leben des KV zu. Während sich die aktiven Korporationen einer Universitätsstadt in einem Ortskartellverband zusammenschließen, vereint der Ortszirkel alle Kartellbrüder am Ort - ob Aktive oder Alte Herren. Vielfach werden daher diese Zirkel als dritte tragende Säule des Verbandes bezeichnet. Schließlich verdienen noch die Ortszirkelverbände Erwähnung, die die Möglichkeit der flächendeckenden Integration auch der Kartellbrüder gestatten, die nicht im Bereich eines Ortszirkels wohnen. Ein solcher Ortszirkelverband kann im Benehmen mit dem KV-Rat gebildet werden. An dieser Stelle ist bewußt darauf verzichtet worden, die satzungsmäßigen Funktionen der Zusammenschlüsse im einzelnen darzustellen. Die zahlreichen Aufgaben und vielfältigen Möglichkeiten der Ortszirkel, aber auch der Ortskartellverbände werden statt dessen anhand konkreter Beispiele im Abschnitt „Arbeitshilfen" ausführlich behandelt (siehe dort).

C. Aus dem Korporationsleben

Eine Korporation ist auf Dauer nur dann lebensfähig, wenn sie auf einer festen Basis aufbaut, klar und deutlich ihre Grundsatzpositionen und -Überzeugungen formuliert und diese nach innen und außen zu vertreten weiß. Daneben bringt die tägliche Praxis des Korporationslebens eine Fülle stets wiederkehrender Fragen und Probleme mit sich, deren Klärung und Regelung für einen reibungslosen Ablauf gleichermaßen wichtig sind: Semester für Semester wird ein neuer Vorstand gewählt, ein Semesterprogramm ist zu entwerfen und zu gestalten, zahlreiche Veranstaltungen sind zu organisieren, Werbung und Keilarbeit müssen geplant sein... Die nun folgenden Ausführungen sind nicht im Sinne einer Vorschrift zu sehen gemäß der Devise: „so gehts und nicht anders" - der KV hat stets die Einheit in der Vielfalt seiner Korporationen gesucht. Ebensowenig können und sollen sie Patentrezepte sein, mit denen jedes Problem aus dem Korporationsbereich ohne weiteres Nachdenken ideal zu lösen wäre. Die Autoren möchten vielmehr konkrete Anregungen, Tips und Arbeitshilfen geben, um die alltägliche Praxis ein wenig zu erleichtern. Gerade junge Kartellbrüder, die erstmals mit einer Aufgabe in der Korporation konfrontiert werden (sei es als Charge, sei es ohne Amt), können von den Erfahrungen ihrer Vorgänger, die einmal in derselben Situation standen, profitieren. Zahlreiche von anderen bereits gemachte Fehler lassen sich so vermeiden.

Die Übernahme eines Amtes (z. B. Charge) im Verein ist für den einzelnen Bundesbruder mit einem meist recht großen Aufwand an Einsatz und Zeit verbunden. Eine erfolgreiche Tätigkeit läßt sich aber nicht im Alleingang realisieren, sie setzt die Mithilfe der anderen Bundesbrüder voraus. Diese eigentlich selbstverständliche Tatsache gilt in noch stärkerem Maße für die Gremien und Einrichtungen des KV. Ohne die ständige Unterstützung durch die Kartellvereine und deren Mitglieder sind sie zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Das oft nur beschränkte Wissen um die Gremien und Einrichtungen, ihre Arbeit und ihre Aufgaben, aber auch die benötigten Hilfen, erweist sich oft als hinderlich für eine effektive Zusammenarbeit. Vorort, Ortskartellverbände und Ortszirkel sind aus ihrer jeweiligen Situation heraus besonders auf die Unterstützung angewiesen. Ihnen soll deshalb ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein besonderes Kapitel ist natürlich dem studentischen Brauchtum gewidmet. Es hat nie einen KV-einheitlichen Comment gegeben. Grundlage dieses Abschnittes können daher nur die Formen und Gebräuche sein, die von der überwiegenden Zahl der Vereine und auf überregionalen KV-Veranstaltungen gepflegt werden. Korporationsspezifische Abweichungen bleiben davon unberührt.

Studentisches Brauchtum

Das Zusammenleben der Studenten in einer Stadt führte schon früh zu gewissen Verhaltenskonventionen, die das Benehmen des einzelnen ebenso regulierten wie später die Gemeinschaftsveranstaltungen der Korporationen. Für diesen Verhaltenskodex setzte sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Begriff „Comment" (franz. „wie") durch. Heute ist „Comment" gleichbedeutend mit dem gesamten studentischen Brauchtumskreis im weiteren Sinn. Er ist weniger gesetzesähnliche Verhaltensnorm, sondern der Ausdruck eines gemeinsamen Wesens und der Verbindlichkeit untereinander. Diese Formen sind an eine Gemeinschaft und an die Zeit gebunden; daher können sie sich im Laufe der Jahre durchaus wandeln, ja sie sollten sogar den Erfordernissen und Empfindungen der jeweiligen Zeit angepaßt werden. Übertriebener Comment-Drill ist ebenso unersprießlich wie sein völliges Fehlen. Im KV gibt es keinen verbindlichen Comment; Grundkenntnisse jedoch sollten zum Handwerkszeug eines jeden Burschen gehören und vom Fuchsmajor (FM) in Theorie und Praxis vermittelt werden. Im folgenden werden Einzelheiten dazu näher beschrieben.

Allgemeine Umgangsformen

An dieser Stelle wird die „gute Kinderstube" des Lesers vorausgesetzt, so daß einige, wenige Bemerkungen zu diesem Thema ausreichen. Die Einhaltung gewisser Regeln im Umgang mit dem Mitmenschen sollten auch für KV-Studenten eine Selbstverständlichkeit sein, vielleicht sogar in besonderem Maße, da sie sich den Prinzipien religio und amicitia verpflichtet haben. So gilt es z. B. dem weiblichen Geschlecht, dem Alter und besonderen Leistungen mit Respekt zu begegnen und dieses auch zum Ausdruck zu bringen. Unter Angehörigen des KV gilt in der Regel das allgemeine DU als Zeichen der kartellbrüderlichen Verbundenheit (Beschluß der VV Heidelberg 1975). Der Umgang mit dieser Anrede setzt ein gehöriges Maß an Fingerspitzengefühl voraus. Übertriebene Vertraulichkeit, z. B. im beruflichen Umgang, ist zu vermeiden.

Äußere Zeichen des korporierten Studenten

Die Wichs

Eine Wichs ist das studentische Festkleid. Es wird nur zu bestimmten Anlässen von den Chargen oder ihren Vertretern getragen (= Chargierte). Zur Wichs gehören folgende Teile: Als Kopfbedeckung dient ein Cerevis oder ein Barett. Der FM trägt oft einen Fuchsschwanz als Zeichen seiner Funktion an der Kopfbedeckung. Der Flaus (= Vlies) ist mit seinen Verschnürungen wohl eine Nachbildung des Waffenrocks der Husaren. Gleichen Ursprungs sind die weiße Hose und die hohen schwarzen Stiefelschäfte, auch Kanonen genannt. Um die Hüfte trägt der Chargierte das Gehänge, das sind Lederriemen, die den Schläger (= Degen, Säbel) halten. Dieser wird auf der linken Seite getragen. Über dem Flaus wird eine Schärpe in den Verbindungsfarben getragen. Stulpen und weiße Handschuhe vervollständigen die Wichs.

Bei neueren Korporationen und Verbindungen mit montanistischer Tradition findet man auch eigene Uniform-Kreationen oder den schwarzen Bergkittel. Von oben beschriebenem Vollwichs ist die Salonwichs zu unterscheiden. Sie besteht aus einem Frack oder schwarzen Anzug, zu dem Schärpe, Cerevis und Handschuhe getragen werden. Band und Mütze sind die augenscheinlichsten Merkmale der farbentragenden Korporationen. Der KV ist farbenführend und bedient sich Fahne und Zipfel, um seine Farben zu zeigen. Getragen wird die Wichs zu folgenden Anlässen:

+ Innerhalb der Verbindungen bei Kneipe und Kommers (drei bzw. fünf Chargen)

+ Außerhalb der Verbindung bei

Zu Kneipen fremder Korporationen wird in der Regel ein Bursche als Couleurvertreter geschickt werden.

Das Auftreten der Chargen umfassend zu beschreiben und zu reglementieren würde den Rahmen dieses Buches sprengen, zu verschieden sind die Sitten und Gebräuche der einzelnen Korporationen. Auf jeden Fall ist zu bedenken, daß der Chargierte das Korporationsstudententum und seine Ideen in der Öffentlichkeit vertritt, und sich somit zu absolut korrektem Verhalten verpflichtet fühlen sollte! Die Form und die Ästhetik des gemeinsamen und gleichartigen Auftretens der Chargen ermöglicht es, etwas von der Harmonie und Geschlossenheit zu zeigen, wonach zu streben wir uns verpflichtet haben.

Die Zipfel

Das Tauschen und Schenken von Zipfeln ist eine alte studentische Sitte. Entstanden aus einer mit den Verbindungsfarben geschmückten Uhrkette ist der Zipfel zu einem Gegenstand mit hohem Symbolgehalt geworden. Er versinnbildlicht besondere Freundschaft und hohe Wertschätzung. Man unterscheidet Bier-, Wein- und Sektzipfel: Bierzipfel haben die Breite eines Bierbandes (ca. 3 cm). Der Leibbursche überreicht den Bierzipfel seinem Leibfuchsen als Zeichen der freundschaftlichen Bindung im sogenannten Leibverhältnis. Jeder Fuchs sucht sich nach seinem Eintritt in den Verein einen Burschen, mit dem er sich gut versteht und der ihm besonders geeignet erscheint, ihn in den Verein einzuführen. Er teilt dies dem Burschen mit, der den Wunsch in der Regel nicht ablehnt. Durch Verkündung des Leibverhältnisses auf dem Convent und durch den Zipfeltausch, bei dem der Fuchs einen Bierzipfel im Tausch gegen einen Weinzipfel erhält, wird der Fuchs zum Leibfuchs (Biersohn) seines Leibburschen (Biervater).

Weinzipfel sind halb so breit wie Bierzipfel. Sie werden von Burschen als Zeichen der Freundschaft mit Bundesoder Kartellbrüdern oder Mitgliedern anderer Korporationsverbände getauscht. Vom Convent können Weinzipfel auch als Dank und für besondere Verdienste dediziert werden.

Sektzipfel haben die halbe Breite eines Weinzipfels und werden im allgemeinen an Damen verliehen. Macht ein Bursche einer Dame einen Sektzipfel zum Geschenk, so geht dies mit der Bekanntgabe der Verlobung einher.

Die Zipfel werden gehalten von einer Zipfelspange, die am Hosenbund getragen wird.

Bei der überwiegenden Zahl der KV-Korporationen ist es üblich, den Bierzipfel mit schwarzem Band zu tragen, während die anderen Formen in den Farben des Vereins gehalten sind.

Die KV-Nadel

Ein weiteres äußeres Zeichen der Angehörigen des KV ist die KV-Nadel. Jeder Kartellbruder (Kb) sollte sie am Revers seines Anzuges tragen („An ihren Nadeln sollt ihr sie erkennen").

Farbenstrophen

Die Farbenstrophen sind spezifische Erkennungszeichen der einzelnen Korporationen. In ihnen werden in Liedform die Vereinsfarben erklärt. Im allgemeinen bedient man sich der Melodie des Liedes „Wenn wir durch die Straßen ziehen" (Seite 222 des KV-Liederbuches).

Studentische Feste

Der feiernde Verbindungsstudent - Gegenstand mannigfacher Beschreibungen in Vergangenheit und Gegenwart! Hervorstechendstes Merkmal korporationsstudentischer Feste ist der für Außenstehende sehr starr erscheindende Ablauf. Diese Reglementierung entspringt dem Bestreben, aus der formlos „tagenden" Studentenrunde eine Veranstaltung zu machen, die das gemeinsame Erleben über den Spaß des einzelnen stellt. Näher beschrieben seien hier Kneipe und Kommers. Schon früh in der Geschichte der Universitäten trafen sich Studenten in ihren Buden (= Kneipen), um bei Kaffee, Kuchen und Bier einen gemütlichen Abend zu verbringen. Das verbindende Element von Spielen, Gesang u. ä. war damals schon bekannt und wurde meist unter Leitung des Hausherrn auch praktiziert. Ihm oblag es, jeden der Teilnehmer mit einzubeziehen, einzelne zur Ordnung zu rufen, Wortbeiträge zu koordinieren und so den Abend zu einem Erlebnis der Gemeinsamkeit für alle werden zu lassen. Dieser Anspruch besteht heute noch. So hat jeder Kneipteilnehmer die Pflicht, sich aktiv am Geschehen zu beteiligen, sei es durch Wortbeiträge und Sangeseinlagen etc. oder durch respektvolles Schweigen bei den Aufführungen anderer. Dieses Zusammenspiel von Spontaneität und Rücksichtnahme muß erlernt und gepflegt werden, um eine Kneipe mit ihren Regeln verstehen und genießen zu können.

Oft fanden diese Veranstaltungen auch in Gasthäusern, d. h. in der Öffentlichkeit statt; dann wurden sie Kommers genannt. Heute stellt der Kommers die festliche Form der Kneipe dar, zu der auch Damen, Gäste und Chargierte anderer Verbindungen geladen werden. Im folgenden sei der grobe Aufbau einer Kneipe dargestellt, ergänzt durch die Beschreibung einiger wichtiger und immer wiederkehrender Bausteine einer solchen Veranstaltung.

In der Regel besteht eine Kneipe aus folgenden Teilen

Begrüßung, Reden und Ansprachen, Receptionen und Promotionen, Salamander, Totenehrungen, Farbenstrophe, Bundeslied und Nationalhymne

Humorvoller Wettstreit zwischen Präsidium und Contra, Biermimiken (= schauspielerische Darstellung), Bierzeitung, Gesänge und sonstige literarische und musikalische Darbietungen

Teilnehmer einer Kneipe sind

Im offiziellen Teil liegt das Präsidium in den Händen des Seniors, das Contra zur Linken in der Hand des Fuchsmajors und das zur Rechten in der Hand des Conseniors. Die Leitung des inoffiziellen Teils der Kneipe wird geeigneten Mitgliedern aus der Corona anvertraut, wobei das Contra zur Rechten dem Burschensalon vorsteht und das Contra zur Linken dem Fuchsenstall. Je nach Anlaß kann eine Kneipe aus besonderem Anlaß geschlagen werden (Semestereröffnungs-, -abschluß-, Kreuz-, Festkneipe). Hierbei kann durchaus auch der äußere Rahmen dem Thema angepaßt werden (Ritter-, Alm-, Fußball- oder Damenkneipe).

Vor Beginn von Kneipe/Kommers ziehen die Chargierten auf ihre Plätze und werden der Corona vorgestellt. Dies geschieht in folgender Reihenfolge:

  1. Chargierte von Verbindungen anderer Verbände
  • nicht katholische Verbände (fernstehende zuerst)

  • katholische Verbände

  • farbentragende Verbände

  • nicht farbentragende Verbände

  1. Chargierte von KV-Korporationen

zuletzt die Vereine mit den ältesten Aufnahmedaten

  1. ggf. Chargierte der Vororte anderer Verbände

  2. der Vorort des KV

  3. Chargen der präsidierenden Korporation.

Hierauf übernimmt nun der Präside die Leitung. Er hat die Aufgabe, die folgenden Programmpunkte anzusagen, durchzusetzen und zu koordinieren.

Eröffnung und Beschluß

Der Präside eröffnet und beendet eine Kneipe, er nennt und erklärt das Thema des Abends. Bei ihm steht das Wort und er gibt es weiter („Silentium"). Während des (hoch)offiziellen Teiles sollte das Rauchen eingestellt werden („non licet fumare") und das Herumlaufen vermieden werden („non licet vagari"), um nicht u. a. dem Festredner den Rahmen einer „Bahnhofskneipe" zu bieten.

Festrede

Sie sollte im (hoch)offiziellen Teil stattfinden und entsprechend ihrer Bedeutung angekündigt und kommentiert werden. Häufig begleiten zwei Chargierte den Festredner von seinem Platz zum Rednerpult.

Lieder

Studentenlieder und ihre kräftige Intonation sind tragende Säulen einer studentischen Feier. Sie stellen in Auswahl und Ansage besondere Anforderungen an das Präsidium. Die wichtigsten Lieder stehen im KV-Liederbuch in alphabetischer Ordnung. - Bei Bedarf können Liedertexte gesondert zusammengestellt werden. Zur Ankündigung ist folgender Modus weit verbreitet: Titel, Seitenzahl, dann gibt die Bierorgel eine halbe Weise vor. Ein Lied kann unterbrochen werden („cantus sistitur") - die einzelnen Strophen werden gesondert genannt („ad primam" etc.). Ansonsten sei auf die klägliche Wirkung trägen Gesanges hingewiesen.

Der Salamander

Seit langer Zeit gilt als höchste studentische Ehrung der Salamander. Der Wortsinn ist noch nicht einwandfrei gedeutet; die Sitte, so lautet eine Erklärung, sei auf studentischen Bursen im 16. Jahrhundert geübt worden und stehe im Zusammenhang mit dem italienischen Wort „Salamecho", das aus dem arabischen Gruß „Salem aleikum" entstanden sei. Eine andere Version geht vom Glauben an die Feuerbeständigkeit des Salamanders, derzufolge dann auch die Freundschaft ihre Feuerprobe bestehen soll. Darüber hinaus gibt es aber noch mehr als 40 weitere Erklärungsmöglichkeiten für den Salamander.

Er kann im (hoch)offiziellen Teil einer Kneipe oder auf einem Kommers aus einem besonderen Anlaß oder zu Ehren einer oder mehrerer Personen gerieben werden. Das Kommando liegt in der Regel bei Präsidium, kann aber auch von anderen Personen (Contra, Conchargen oder Festredner) vom Präsidium erbeten werden.

„Zu Ehren . . . aus Anlaß . . . reiben wir einen urkräftigen, zum Himmel brausenden Salamander, dessen Kommando bei mir steht und dessen Ausführung mir zur allerhöchsten (studentischen) Ehre gereicht." „Sind die Stoffe präpariert?" Corona: „Non sunt!" (Was tunlichst zu vermeiden ist!) „Salamander sistitur! Colloquium!" „Sind die Stoffe präpariert?" - „Sunt!" „Colloquium ex! Silentium!" „Corona hoch!" „Ad exercitium salamandri!" „Salamander incipit, 1, 2, 3, bibite ex!" „1, 2, 3, - 1, 2, 3, - 1, 2, 3; Salamander ex!" Corona:

„Cerevisiam bibunt homines, animalia cetera fontes. Absit ab humano guture potus aquae! Sic bibitur, sie bibitur in aulis principum, sic bi — bi — bi — bi — bi - bi - tur in aulis principum, pum, pum."

(KV-Liederbuch Seite 44)

Rezeption und Promotion

Vor dem Hintergrund des Lebensbundprinzips sollte die feierliche Aufnahme in den Verein (Reception) und die endgültige Übernahme (Promotion) einen besonderen Stellenwert haben. Die Regeln und Formeln der Aufnahmeverfahren können nur als Vorschlag angesehen werden und sollen nur die eine Aufgabe haben, zusammen mit einem festlichen Äußeren, der ganzen Gemeinschaft Ernsthaftigkeit und Tragweite dieses Entschlusses vor Augen zu führen. Feierliche Reception/Promotion finden in der Regel im (hoch)offiziellen Teil von Kneipe oder Kommers statt.

Reception

„Ich bitte meine hohen Conchargen, die Herren ... zu mir zu führen, damit ich sie rezipieren kann." „Lumen pereat!" (Die beiden Conchargen geleiten die zu Rezipierenden zum Präsidium.) „Herr . . ., geloben Sie mir als dem derzeitigen Senior . . ., immer und vor allem ... zu wahren und zu fördern, ihr in guten und schweren Stunden die Treue zu halten, das Conventsgeheimnis zu wahren und jedem Ihrer Bundesbrüder ein wahrer Freund und Helfer zu sein, so sprechen Sie mir laut und kräftig nach, ich gelobe es!" „Ich gelobe es!" Der Schläger wird auf die Schulter gelegt. „Somit nehme ich Sie in unsere Verbindung auf, ernenne Sie zum Fuchsen ... und biete Ihnen im Namen unseres Konventes das bundesbrüderliche ,Du' an. - Gratulor!" (FM: „Was ist ...?" - Corona: „Fuchs!" - FM: „Wer ist Fuchs?" - Corona: „...") „Ich begrüße Dich (Euch) als Bundesbruder (brüder) und trinke mit Dir (Euch) das erste offizielle Schmollis." „Fiat lux!" „Ich bitte meine hohen Conchargen, unsere neuen Füchse zu ihren Plätzen zu geleiten."

Promotion

„Ich bitte meine hohen Conchargen, zur feierlichen Promotion den Fuchs ... zu mir zu geleiten!" „Lumen pereat!" „Fuchs . . ., gelobst Du mir auf Burschenehre, unserer Korporation ein Leben lang die Treue zu halten, allen Bundesbrüdern nach besten Kräften ein guter Freund und Helfer zu sein und durch vorbildliches Verhalten Deinen Mitmenschen gegenüber unserer Korporation stets Ehre zu machen?" „Ich gelobe es!" „So sei ... Dein Wahlspruch auf immer!" „Ego, ..., pro tempore senior ..., ex auctoritate conventus et dignitate mea, te vulpem . . ., bursarium nomino, nominatum declaro, declaratum proclamo! Gratulor!" (FM: „Was ist ...?" - Corona: „Bursch!" - FM: „Wer ist Bursch?" - Corona: „...") „Ich trinke mit Dir (Euch) den ersten offiziellen Burschentrunk." „Fiat lux!" „Ich bitte meine hohen Conchargen, die neuen Burschen zu ihren Plätzen zu geleiten."

Zusammenstellung althergebrachter Redewendungen und Formen in Kneipe und Kommers

Hat ein Contra im inoffiziellen Teil etwas vorzubringen, wendet es sich an das Präsidium mit den Worten „verbum peto". Die Antwort lautet entweder „habeas" oder „non habeas".

Hat jemand aus der Corona etwas vorzubringen, so hat er sich mit der gleichen Formel an das zuständige Contra zu wenden. Diese bittet sodann beim Präsidium um „verbum peto in nomine". Ist einem Mitglied der Corona das Wort erteilt, so kann er „silentium in nomine" gebieten. Ansonsten darf außer dem Präsidium kein Mitglied der Corona ein Kommando rufen.

Will jemand im inoffiziellen Teil seinen Platz verlassen, lauten die Worte an sein Contra „tempus peto", kehrt er an seinen Platz zurück, meldet er sich mit „tempus ex".

Die Contra haben, falls sie ihren Platz für kurze Zeit verlassen müssen, einen Stellvertreter zu bestimmen.

Allgemeines „tempus" oder „tempus utile" kann nur vom Präsidium verordnet werden. Während dieser Zeit ruht jeder Kneipkomment. Es wird beendet durch das Kommando „tempus ex, omnes ad sedes!"

Während der Kneipe wird die Zeit nach Bierminuten gerechnet. Fünf Bierminuten entsprechen drei Zeitminuten.

Als kommentmäßiger Stoff gilt nur das Bier, andere Getränke nur mit Erlaubnis des Präsidiums. Gerade in diesem Punkt hat das Präsidium eine große Verantwortung. Ein „Bierzwang" ist in jedem Falle zu vermeiden. Damit niemand über seine Kräfte zu trinken braucht, kann er sich vom Präsidium für bierkrank erklären lassen. Gäste unterliegen nicht dem Kneipkomment. Das „in die Kanne schicken" (in die Kanne steigen lassen/sich stärken lassen) kann vom Präsidium und den Contra bei jedem Kommentverstoß oder sonstiger Verfehlung eines Kneipteilnehmers (Gäste ausgenommen) während des inoffiziellen Teiles bestimmt werden. Es hat sofort und ohne Widerspruch ausgeführt zu werden. Beim Kommando „geschenkt" kann abgesetzt werden. Eine erneute Verdonnerung ist erst wieder nach fünf Bierminuten möglich.

Das Löffeln, das Trinken im Sinne einer Entschuldigung, kann freiwillig geschehen.

Abschließend zu Kommers und Kneipe sei gesagt, daß nicht der perfekte Umgang mit leeren Formeln dem Abend Format gibt, sondern das spielerische Jonglieren mit Traditionen, Witz und Schlagfertigkeit verbunden mit dem Bemühen aller, der Gemeinschaft ein schönes Fest zu ermöglichen.

Chargen und ihre Aufgaben

Das Wort „charge" (franz. Last, Gewicht) bedeutete ursprünglich „Bürde eines Amtes", war während des Dreißigjährigen Krieges ein militärischer Dienstgrad und bezeichnet heute - in den Studentenverbindungen und -vereinen - ein Vorstandsamt. Wie die Erfahrung zeigt, ist es für eine Gruppe oder Gemeinschaft lebensnotwendig, daß sich Mitglieder in besonderer Weise der Leitung und Organisation annehmen. Im Grunde wäre für eine solche Aufgabe nur ein einziges Mitglied notwendig, dies birgt jedoch u. a. auch die Gefahr eines autoritären Regierens. Um dies zu vermeiden und um dem Mehrheitsgrundsatz bei der Willensbildung gerecht zu werden, sollte ein Vorstand daher aus wenigstens drei Mitgliedern bestehen. Bei den meisten Korporationen im KV hat sich das fünfköpfige Vorstandsgremium im Laufe der Zeit durchgesetzt; dies sicherlich nicht zuletzt aus rein praktischen Erwägungen (z. B. Arbeitsteilung).

Das „Chargenkabinett" wird i. d. R. auf dem vorletzten Konvent eines Semesters nur für das folgende gewählt (eine Wiederwahl ist allerdings immer möglich). Bei dieser Wahl ist der Konvent zu besonderer Sorgfalt aufgerufen, gilt es doch, ein Gremium zusammenzustellen, das die notwendige Qualität, Begeisterung und Einsatzbereitschaft erwarten läßt, um die Verwirklichung der Ziele und Aufgaben des Vereins zu gewährleisten und somit für eine kontinuierliche Fortentwicklung zu sorgen.

Ein hoher Wirkungsgrad wird hier nur dann erreicht werden, wenn bei allen Vorstandsmitgliedern der Wille zu einer harmonischen und produktiven Zusammenarbeit vorhanden ist (Arbeit im Team; d. h. genaue und ausreichende Absprachen untereinander über Art und Umfang der anfallenden Arbeiten!). Den äußeren Rahmen schafft die Satzung mit ihren genau definierten Aufgaben- und Verantwortungsbereichen für jeden einzelnen Chargierten; darauf wird an anderer Stelle noch eingegangen.

Der Konvent sollte daher insbesondere die Bundesbrüder mit einem Vorstandsamt betrauen, die sich in die Verbindungsgemeinschaft schon gut eingelebt haben und sich deshalb den genannten Aufgaben stellen und ihnen auch gewachsen sind. Die Aufgaben und Pflichten des Chargenkabinetts können in einem einzigen Satz zusammengefaßt werden:

Die Vorstandschaft leitet und gestaltet das Leben der Verbindung im Sinne der Prinzipien. Dies bedeutet, daß sich die einzelnen Chargierten u. a. den folgenden Aufgaben besonders verpflichtet fühlen:

a) engagierter Einsatz bei der Einhaltung und Verwirklichung der Prinzipien.

b) Überwachung der Einhaltung und Verwirklichung der Satzung, Geschäftsordnung und Konventsbeschlüsse (dies schließt auch eine entsprechende Ahndung bei Verstößen ein!).

c) Koordinator und Integrator der verschiedenen Kleingruppen, d. h. zum Beispiel Spannungen oder Konfliktfälle so rechtzeitig erkennen, daß keine unüberbrückbaren Gegensätze entstehen.

d) reger Kontakt und Gedankenaustausch mit den Alten Herren.

e) Erstellen eines abwechslungsreichen Semesterprogramms als Visitenkarte der Verbindung!

Wie weiter oben schon ausgeführt, kann gute Vorstandsarbeit nur dann reibungslos geleistet werden, wenn jeder Chargierte über seinen Aufgaben- und Verantwortungsbereich genau informiert ist. Aus diesem Grunde sollte die Satzung jedes einzelne Ressort klar definieren und gegen die anderen abgrenzen. Allerdings kann der Satzungstext natürlich nur ein Gerüst sein, das noch mit Leben erfüllt werden muß. Hierbei ergeben sich dann individuelle Verschiebungen; Überschneidungen sollten aber vermieden werden. Im übrigen gilt das Chargenkabinett als Vorstand im Sinne des Gesetzes (da es sich in der überwiegenden Zahl um nicht rechtsfähige Vereine handelt), d. h. die Chargierten sind für die Geschäftsführung zuständig.

Im folgenden nun eine (Vorschlags-) Liste der Aufgaben eines jeden Vorstandsmitgliedes:

Senior (X)

Der Senior vertritt die Korporation rechtswirksam nach innen und außen. Er leitet die Aktivitas und nimmt alle Verwaltungsgeschäfte - mit Unterstützung der anderen Chargierten - wahr. Für die laufenden Geschäfte und die Durchführung des Semesterprogrammes ist er gegenüber dem Konvent direkt verantwortlich. In seiner Eigenschaft als „Vorsitzender des Vorstandes" wird der Senior

  • das Korporationsleben nach den Prinzipien prägen

  • die Veranstaltungen der Korporation einberufen und leiten (außer Fuchsenveranstaltungen)

  • die Amtsführung der anderen Vorstandsmitglieder und der gewählten Ausschüsse überwachen

  • die Aufgaben nicht nur innerhalb der Vorstandschaft, sondern auch innerhalb der Aktivitas verteilen (z. B. für bestimmte Veranstaltungen)

  • alle wichtigen auslaufenden Schriftstücke sowie die Konventsprotokolle und die Kassenberichte gegenzeichen

  • den Kontakt zu den Alten Herren der Korporation und dem Ortszirkel besonders pflegen

  • die Pflege und ständige Verbesserung, die Renovierung und den Ausbau des Korporationshauses (bzw. der -etage) und des Inventars beaufsichtigen und fördern

  • einen ausführlichen Semesterbericht für die Korporationszeitung erstellen, der über den Verlauf seiner Amtszeit eingehend informiert.

Consenior (VX)

Der Consenior ist der ständige Vertreter des Seniors (evtl. auch des Fuchsmajors). Ihm obliegt die Vorbereitung und Durchführung der meisten Veranstaltungen (wissenschaftliche und kulturelle). Im einzelnen wird er

  • auf allen Veranstaltungen für die Gäste sorgen

  • für alle Veranstaltungen die notwendigen Räumlichkeiten besorgen und sie entsprechend herrichten lassen

  • sämtliche Damenfestlichkeiten leiten

  • den Damenflor betreuen.

Fuchsmajor (FM)

Insbesondere in der Hand des Fuchsmajors liegt die Werbung und Heranbildung von Neumitgliedern - „Füchsen". Ihm obliegt dabei die schwierige Aufgabe, die Füchse zu „vollwertigen KVern" zu erziehen, die sich nicht hinter den Verbandsgrundsätzen verstecken, sondern sie engagiert vertreten und nach ihnen leben. Daher wird er

  • alle Maßnahmen der Nachwuchswerbung der Korporation planen und koordinieren

  • alle Fuchsenveranstaltungen (wöchentliche Fuchsenstunde; Fuchsenfahrt usw.) leiten

  • die Füchse im Sinne der Prinzipien erziehen

  • während der Fuchsenstunden über das gesamte Korporations- und Verbandsleben informieren

  • dem Konvent regelmäßig über die Füchse berichten

  • zusammen mit den Leibburschen die Füchse in das Korporationsleben einführen (nicht nur bei der Aktivitas, sondern insbesondere auch bei den Alten Herren!)

  • die Füchse in Studienangelegenheiten beraten

  • eine Fuchsenzeitung herausgeben

  • die Fuchsenkartei führen und sie laufend ergänzen.

Schriftführer (XX) (Scriptor)

Der Schriftführer ist für sämtliche Korrespondenz zuständig. Ausnahme: Schriftverkehr im Kassenwesen! Seine Sorgfalt garantiert - langfristig - eine ordentliche Geschäftsführung und damit ein reibungsloses Korporationsleben. Insbesondere wird er daher

  • auf allen Konventen Protokoll führen

  • ein Tagebuch über Postein- und -ausgang führen

  • die Portokasse führen

  • von allen wichtigen auslaufenden Schriftstücken Durchschriften anfertigen und bewahren

  • am Ende seine Amtszeit alle eingelaufenen Schriftstücke, alle Durchschriften und alle vom Kassierer verfaßten Schriftstücke im Archiv niederlegen

  • das Korporationsarchiv in Ordnung halten

  • das „Blaubuch" führen, in das von ihm alle dauernd gültigen Konventsbeschlüsse eingetragen werden

  • die Berichte für die AM bzw. das KV-Sekretariat verfassen

  • die Mitgliedskartei der Aktivitas führen

  • engen Kontakt mit dem Schriftführer der Altherrenschaft und dem des Ortszirkels halten

  • die rechtzeitige und attraktive Gestaltung des Schaukastens im Hochschulgebäude bzw. des „Schwarzen Bretts" in den eigenen Räumen übernehmen.

Kassierer (XXX) (quaestor)

Die gewissenhafte Arbeit des Kassierers ermöglicht vielfach erst die Aktivitäten, die die Verbindung entfaltet und die das Leben der Gemein Schaft wesentlich beeinflussen. Ohne eine solche finanzielle Grundlage „geht" nichts! Aus diesem Grunde ist die sorgfältige und exakte Erledigung der folgenden Aufgaben sehr wichtig: Der Kassierer wird

  • einen Haushaltsplan für das Semester erstellen und laufend fortschreiben

  • die Beitrags- und Geldstrafenliste führen und diese Beträge einziehen

  • die das Kassenwesen betreffende Korrespondenz erledigen

  • die Vereinskasse führen und auf jedem Konvent über den Stand berichten

  • die zur Kassenführung notwendigen Bücher führen und die Rechnungsbelege sorgfältig aufbewahren

  • den KV-Beitrag an das KV-Sekretariat überweisen

  • die Kassenrevision seines Nachfolgers übernehmen

Je nach den Gegebenheiten werden einige Aufgaben vom Vorstand an einzelne - vom Konvent zu bestätigende - Mitglieder delegiert, die ansonsten die Chargierten selbst erledigen:

Der Wichswart ist anstelle desFuchsmajors verantwortlich

  • für den ordentlichen Zustand und die Vollständigkeit der Wichsgarnituren (einschl. Fahne, Fahnenstange und -spitze, Tischständer usw.)

  • dafür, daß Wichs und Fahne bei einer Veranstaltung rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Der Sportwart ist anstelle des Fuchsmajors verantwortlich

  • für Planung und Durchführung sämtlicher Sportveranstaltungen

  • für Wettkampfvereinbarungen mit anderen Gruppen.

Der Hauswart ist anstelle des Seniors verantwortlich

  • für das Korporationshaus bzw. die -etage (siehe bei X Punkt 7)

  • für die Belegung der Zimmer und alle damit zusammenhängenden Dinge

  • für die Einhaltung der Hausordnung.

Der Ferienwart (Ferienordner) vertritt den Senior während dessen Abwesenheit in den Ferien. Er nimmt in dieser Zeit sämtliche Rechte und Pflichten des Seniors wahr; insbesondere die Geschäftsführung, Leitung des Ferienstammtisches und Organisation eines evtl. Ferienprogramms!

Hinweise für die Erstellung eines Semesterprogrammes

Das Semesterprogramm ist ein wichtiger Bestandteil des Korporationslebens. Seine Funktionen sind mannigfaltig:

  • Semesterfahrplan - Wer, wie, was, wann, wo . . .,

  • Bindeglied zwischen AHAH und Aktiven,

  • Aushängeschild - welcher Eindruck kann Gästen und Außenstehenden über die Korporation vermittelt werden?

  • Werbemittel für den Verein und seine Ideen.

Das Ziel bei der Erstellung eines Semesterprogrammes sollte es also sein, oben genannten Forderungen in Form und Inhalt gerecht zu werden!

Allgemeines zur Gestaltung

Wahl des Vorstandes

  • frühzeitig: Der Wahlconvent sollte möglichst zeitig im laufenden Semester stattfinden. Dadurch bleibt dem zu wählenden Vorstand genügend Zeit, noch im alten Semester das Programm zu planen. Es ist ihm möglich, verstärkt gemeinsam zu beraten, da noch sämtliche Chargen an den Studienort gebunden sind. In den Semesterferien gestaltet sich dies meist erheblich schwieriger. Darüber hinaus können die Veranstaltungen der übrigen Aktiven berücksichtigt werden.

  • geschlossene Mannschaft

Der Vorstand soll ein Semester gemeinsam prägen. Sinnvollerweise wird er daher mit Bundesbrüdern besetzt, welche sich ergänzen und verstehen.

Bewährt hat sich das Verfahren, zunächst den Senior zu wählen und diesem das Vorschlagsrecht für die weiteren Chargen einzuräumen.

Von seinen Vorschlägen sollte nicht ohne besonderen Grund abgewichen werden, da er mit seinen Conchargen auskommen muß.

Finanzen Ein ordentlicher Haushaltsplan - rechtzeitig vor Beginn des Semesters erstellt - ist unverzichtbare Voraussetzung einer vernünftigen Finanzplanung. Einnahmen und Ausgaben müssen abgeschätzt werden, um die Aktivitäten daran anpassen zu können. Nur so läßt sich die Liquidität auch für künftige Semester sichern!

  • Wieviel Geld ist vorhanden?

  • Welche Einnahmen sind zu erwarten? (Beiträge)

  • Welche zusätzlichen Quellen lassen sich erschließen? (Spenden, Anzeigen in Infos, . . .)

  • Für welche Veranstaltungen werden Finanzmittel in Anspruch genommen? (Geschenke, Werbung, Gästeabende, . . .)

  • Welche Kosten entstehen darüber hinaus? (Telephon, Zeitungen, Porto, . . .)

Ideensammlung / Terminraster

Der Senior sammelt in Zusammenarbeit mit dem Vorstand und anderen interessierten Bundesbrüdern zunächst einmal schriftlich alle Ideen für die Gestaltung des kommenden Semesters. Ein Ideenüberschuß, aus dem später ausgewählt werden kann, ist durchaus nicht unerwünscht. Sodann wird das gesamte Semester wochenweise auf ein Terminraster eingetragen; sämtliche Feiertage und alle sonst vorlesungsfreien Tage werden markiert. Studienwichtige Daten (z. B. dies academicus, Vorlesungsbeginn und -ende, Weihnachtsferien, Wahlen zu den studentischen Selbstverwaltungsorganen) können durch Anruf im Sekretariat der Universität erfragt werden.

Nun verdienen alle möglicherweise vorhandenen Termine des Ortskartellverbandes und des Ortszirkels (gemeinsamer Kommers, gemeinsamer Winterball, . . .) Berücksichtigung. Schließlich bleibt zu überlegen, wann wichtige Fußballspiele (zumeist am Mittwoch) und andere interessante Ereignisse - insbesondere im Fernsehen - stattfinden.

Die dann noch offenen Wochentage sind „veranstaltungsgeeignet", soweit es sich nicht um „abgeschnittene" Freitage handelt, vor denen z. B. ein Feiertag liegt und welchen die meisten als verlängertes Wochenende daheim benutzen. Auch diese „toten" Tage sind zu streichen.

Im Wintersemester ist es leicht einzurichten - im Gegensatz zum teils doch recht kurzen Sommersemester - nahezu sämtliche Veranstaltungen stets auf denselben Wochentag zu legen, wodurch eine gute Vorausplanung für die Gäste und BbBb ermöglicht wird. Nach dem Filtern der Ideensammlung wird unverzüglich in die konkrete Terminabsprache eingestiegen. Je nach Anzahl der Referenten und der Veranstaltungen, welche mit anderen Organisationen - insbesondere Korporationen - durchgeführt werden, kann hier die Hauptarbeit der Programmvorbereitung liegen.

Es empfiehlt sich, zunächst telephonischen Kontakt mit allen in Frage kommenden Personen und Organisationen aufzunehmen, kurz das Begehr zu schildern und sich der grundsätzlichen Zusage zu versichern. Danach schreibt der Senior oder Scriptor postwendend eine schriftliche Bestätigung mit der Bitte um kurze Antwort.

Bei der Vergabe der Termine ist stets im Auge zu behalten, daß noch eine genügende Anzahl Konvente - vier pro Semester, evtl. nur drei im Sommersemester haben sich bewährt - in das Semester eingestreut werden müssen. Diese Konvente können vorgemerkt werden - erster Konvent recht frühzeitig zu Beginn des Semesters, Wahlkonvent einen Monat vor Semesterende, Dechargierungskonvent ganz am Ende des Semesters. Allerdings kann bei Terminschwierigkeiten mit Referenten oder sonstigen programmwichtigen Personen in Grenzen die Planung der Konvente entsprechend umgestellt werden.

Programmdruck:

Sobald alle Termine festliegen, wird das Programm optisch entworfen und in Druck gegeben, damit beizeiten der Versand - auch an alle Referenten, Beteiligte (gleichsam als nochmalige Bestätigung) - erfolgen kann. Umfang und Ausführung sollten dem Charakter der jeweiligen Korporation entsprechen. Vielfach werden dabei traditionelle Formen zu berücksichtigen sein. Zudem sollte die Form des Programmes seinem Inhalt entsprechen. Im einzelnen verdienen folgende Punkte Beachtung:

  • zuverlässige, gute und möglichst preiswerte Druckerei

  • rechtzeitige Auftragserteilung, um einmal Korrektur lesen zu können

  • Versand spätestens drei Wochen vor Semesterbeginn

  • aktuell: Namen und Adressen der Chargen und des Philisterseniors

Bankverbindung der Aktivitas

einige „einleitende Sätze" des Seniors

  • Auflagenhöhe großzügig bemessen.

Verteilung

  • sämtliche Aktiven und AHAH erhalten rechtzeitig ihr Programm, um ihren eigenen Terminkalender mit dem Programm koordinieren zu können!

  • persönlich: an Freunde und Bekannte an Erstsemester nach entsprechenden Einführungsveranstaltungen (auch an Mädchen — Freunde!)

an AHAH, die als Multiplikatoren dienen können (Lehrer, Professoren . . .)

  • groß und auffällig am schwarzen Brett (Plakat . . .)

  • Programmboxen an strategisch wichtigen Punkten an der Universität (Essensausgabe in der Mensa, Studentensekretariat...)

  • als „Beilage" zu bereits ausliegenden offiziellen und offiziösen Publikationen

  • als „Vorschau-Dia" in einschlägigen Programmkinos

u.v. a. m.

Programmablauf

Checkliste für jede Veranstaltung

Hervorragend bewährt hat sich die Methode, im Rahmen der oben dargestellten Planung so früh wie möglich zu jedem Programmpunkt ein getrenntes Blatt als Checkliste in chronologischer Reihenfolge anzulegen. Auf diesem Blatt wird alles vermerkt. Dies fängt beim Namen des Referenten an, geht über den Termin und Inhalt des Anschreibens an den Referenten, erwartete Zahl der Gäste und sonstigen Teilnehmer, zu treffende Vorbereitungen, Kosten bis zur Endabrechnung nach der Veranstaltung.

Diese Checklisten haben den wesentlichen Vorteil, daß man garantiert nichts vergißt und bei korrekter Planung nur drei Tage vor der Veranstaltung nochmals kurz alle Punkte durchgeht. Im übrigen hat man diese Veranstaltungen aus dem Kopf und gerät nicht in Hektik. In den Checklisten wird ebenfalls vermerkt, bei welchen Veranstaltungen man auf die Mitarbeit welcher und wie vieler BbBb angewiesen sein wird. Man versichere sich Ihrer Mithilfe auf dem (frühen) ersten Konvent.

Zwei Tage vor der Veranstaltung wird die Checkliste noch einmal geprüft, der Referent kurz angerufen, ob er nicht den Schnupfen hat, die befreundete Korporation daran erinnert, daß sich zwanzig Personen für eine Kneipe gemeldet hätten - wovon der jeweilige Telephonpartner mit Sicherheit nichts mehr weiß, weil das noch mit dem alten Vorstand besprochen wurde, der davon nichts gesagt hat... Eine Stunde vor der Veranstaltung ist Anwesenheitspflicht für Senior und Consenior. Die Gäste sind zu begrüßen, wenn sie das Haus oder den Raum betreten, Getränke sind anzubieten, Keilgäste den AHAH vorzustellen und auf den Referenten, oder die Martinsgans oder ... zu warten.

Kurze Ansprache und Schlußworte am offiziellen Teil der Veranstaltung verstehen sich von selber.

Möglicherweise muß - je nach dem Stil, den die Korporation pflegt - noch ein Bb daran erinnert werden, statt des Jackets doch einen hübschen Norwegerpullover anzuziehen und die schwarzen Schuhe gegen Holzpantinen zu tauschen. Möglicherweise erfolgt die Ermahnung auch umgekehrt.

Am Abend der Veranstaltung sollte dann, soweit erforderlich, noch abgerechnet werden. Senior oder Consenior bleiben selbstverständlich - nach Absprache - bis zum Schluß.

Sollte eine Veranstaltung kurzfristig ausfallen, ist es stets empfehlenswert, da häufig nicht abgesagt werden kann, z.B. einen guten Dia-Vortrag selber in petto zu haben.

Die Organisation einzelner Veranstaltungen

Einige Hinweise zu Programmpunkten, die immer wieder kommen ...

Convente

  • eine gewisse Sicherheit des Seniors im Umgang mit BbBb und der Satzung (KStV Markomannia Münster)/Geschäftsordnung erleichtert den Ablauf ungemein;

  • die Tagesordnung sollte vorher bekannt sein (Anträge ...);

  • eine gewisse Vorbereitung der Tagesordnungspunkte beschleunigt deren Behandlung;

  • aus Zeitgründen sollte möglichst kein Freibier ausgeschenkt werden.

Gottesdienste

  • Raum, Celebrans, Schmuck, Thema?

(Fürbitten, Lieder ...)

Vorträge

  • Welches Thema?

  • welcher Referent?

  • vor welchem Publikum?

Diese drei Größen sollten in Einklang gebracht werden. So geht es z.B. nicht oder nur unter größeren Schwierigkeiten, daß der Bundeskanzler über badische Weine sprechen soll, daß eben jenem 5 Aktive und 1 AH bei einem Vortrag über ein anderes Thema zuhören, daß ein agiler Aktiver dem Altherren-Stammtisch die Lage der heimatlichen Rock-Musik darlegt (natürlich mit Video-Spots), daß ... Der Vortrag lebt von der anschließende Diskussion. So sollten vielleicht

  • nicht immer nur „linientreue" Referenten und Themen ausgesucht werden;

  • ein paar Fragen vorbereitet werden;

  • zwei in Fach und Form kompetente Aktive die Runde leiten (Rednerliste führen und einhalten);

  • Versuche unternommen werden, die Diskussionsergebnisse schriftlich festzuhalten (Suche nach genau passenden Formulierungen, evtl. in Arbeitskreisen);

  • Bericht für die Presse und/oder Korporationszeitung.

Der äußere Rahmen (Sitzordnung, Pult, Blumen ...) und ein passendes, individuelles Geschenk für den Referenten können einem solchen Abend den letzten Schliff geben!

Gästeabende

  • genügend für den Leib:

Imbiß und Getränke vorbereiten. Falls etwas angeboten wird, sollte es in ausreichender Quantität und Qualität vorhanden sein.

  • genügend für die „Seele":

bei Studienberatungen kompetente BbBb einteilen; sorgfältige Betreuung der Gäste (!!!); attraktive Veranstaltungen zum „Nachfassen" planen (Rallye, Vortrag, Diskussion).

Feten, Feste, Partys

  • bzgl. der Verpflegung gilt das oben gesagte;

  • gute Musikanlage und ebensolche Platten (und jemand, der mit beidem umgehen kann);

  • sanitäre Einrichtungen (sauber, Papier, Geschlechtertrennung ...);

  • Preise studentengerecht;

  • sorgfältige Betreuung auch der männlichen Gäste;

  • nicht immer dasselbe Publikum.

\=Soziales Engagement

AUGEN AUF - erkennen, wo man gebraucht wird! Alles weitere ergibt sich aus unseren Prinzipien! Zahlreiche Möglichkeiten bieten sich an:

  • Nachmittag mit den Senioren der Pfarrei;

  • Spendenaktionen;

  • Hausaufgabenbetreuung;

  • Veranstaltungen mit und für Randgruppen ... u. v. a. m.

Stiftungsfest

  • Einladungen

Einladungen mit genauem Programm, Wegbeschreibung und Kontaktadresse werden an die Prominenz von Episkopat, Hochschule, Stadt und Land verschickt. Befreundete Korporationen, Vertreter des KV und weitere Gäste werden gleicherweise eingeladen.

geeigneter Festredner (es müssen nicht immer große Namen sein ...);

richtige Dimensionierung des Saales und rechtzeitige Anmietung;

Rednerpult, Bestuhlung, Mikrophonanlage, Blumenschmuck, Bierorgel ...;

Chargenessen;

Reihenfolge beim Einzug festlegen;

Liste von Verstorbenen und anwesenden Ehrengästen;

Logistik (stabile Gläser, Bierinkasso, „Nachschubwege" ...);

Fahrdienst (priv. organisiert, Telephon der Taxi-Zentrale ...);

Unterbringungsmöglichkeiten für Gastchargen.

Räumlichkeiten wie oben;

frühzeitige Auswahl der Band (am besten nach eigenen Erfahrungen ...);

Rahmenprogramm (Tanzgruppe, Damenrede ...);

evtl. zu Beginn Tischordnung (Tischdame/-herr).

Damenprogramm, Begrüßungsabend und Exbummel stellen an den Consenior ganz individuelle Anforderungen und müssen auch von ihm als solche mit Geschick und Phantasie gemeistert werden. Man stelle seine eigenen Bedürfnisse (auch die des weiblichen Geschlechtes!!!) fest und versuche, diesen gerecht zu werden. Natürlich machen auch kleine Aufmerksamkeiten Freude und einen guten Eindruck (Seifenpröbchen, ein Glas Sekt und bei Bedarf Sicherheitsnadeln, Tempotaschentücher und eine Aspirin ...).

Nach allen Hinweisen gilt abschließend für Stiftungsfest, wie für das gesamte Semesterprogramm: Wer denkend festen Willens ist, ein gutes Programm zu machen im Sinne unserer Prinzipien, der wird auch bei der Decharge ohne die eigene Stimme entlastet werden.

Keilarbeit

Die Werbung neuer Mitglieder heißt in Kreisen studentischer Verbindungen von jeher „keilen". Werden Chancen konsequent genutzt, kann sich Keilen bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten vollziehen, dies um so mehr, als es an sich Aufgabe eines jeden KVers ist - eine Tatsache, die leider allzu oft und gerne vergessen und allein der Aktivitas oder gar dem Fuchsmajor zugewiesen wird.

Aus der Unterschiedlichkeit der Gelegenheiten, wie auch der keilenden Personen oder Vereinigungen, folgt zwangsläufig, daß die Methoden von Fall zu Fall variieren müssen. Dabei ist wichtig, daß es auch wirklich „Methoden" sind. Infolge des begrenzten Umfangs dieses Beitrages sei nicht auf die Unzahl der verschiedenen Gelegenheiten eingegangen, sondern dargelegt, wie sich eine Verbindung eine umfassende, in sich schlüssige Konzeption für die Keilarbeit erarbeiten kann. Weiterhin seien an Hand von Beispielen einige typische Probleme und Fehler erläutert. Im Wirtschaftsleben wird die Öffentlichkeitsarbeit aufgeteilt in Public Relations, Marketing und Vertrieb. Unter PR versteht man in diesem Zusammenhang im allgemeinen Maßnahmen, die nicht unmittelbar die Kaufentscheidung des Konsumenten beeinflussen, aber doch Firma und Produkt ein positives Image verschaffen sollen. Marketing umfaßt Beobachtung und Analyse des Marktes, sowie die Entwicklung und Durchführung eines Werbekonzeptes, das auf unmittelbare Beeinflussung der Konsumentenentscheidung abzielt; unter Vertrieb schließlich fällt neben den hier uninteressanten logistischen Problemen das konkrete, einzelne Kundengespräch.

Diese Einteilung, diese Systematik und diese gedankliche Präzision sollten auch in die Keilarbeit einfließen. Die Übernahme gedanklicher Strukturen der Werbewirtschaft darf allerdings nicht dazu führen, daß man aus dem Auge verliert, daß man Keilarbeit für eine Korporation betreiben und nicht Seife oder Autos vermarkten will. Ziel muß es bleiben, den KV bzw. die einzelne Verbindung mit dem dazugehörigen geistigen Hintergrund, den Positionen, den Stärken und durchaus auch Schwächen adäquat darzustellen. Da hierzu z. B. „kesse Bienen" nicht gehören, war der Versuch eines anderen Verbandes, mit eben einer solchen „Biene" zu keilen, grundfalsch und zum Scheitern verurteilt.

Andererseits müssen die Informationen aber auch in einer Weise vermittelt werden, die die „Tretminen" verbreiteter Vorurteile geschickt zu umgehen weiß. Wer Anklänge an Thomas Manns „Untertan" nicht peinlichst vermeidet, bestätigt unter Umständen nur andere Leute in ihren Vorurteilen.

a) Public Relations

Maßstab für gute PR ist, wie bereits erwähnt, nicht, wie oft man in der Presse genannt wird, wie präsent man ist, wie viele Plakate der eigenen Korporation in der Uni hängen. PR hat einzig und allein den Sinn, ein positives Image mit dem Namen des Verbandes bzw. der Verbindung zu verknüpfen.

Dies sei an einem Beispiel erläutert: Ein Kartellverein, der bisher an der Uni nicht in Erscheinung getreten ist, will seine Öffentlichkeitsarbeit intensivieren, naturgemäß mit dem Hintergedanken, der größere Bekanntheitsgrad werde sich auch in einer Verstärkung der personellen Basis niederschlagen. Weiterhin sei in der Studentenschaft dieser Universität das Bild vom Verbindungsstudenten das, es seien allesamt „rechtsradikale Alkoholiker, die sich mit größter Freude von ihrem besten Freund beim Fechten eine ,Spurrille' ins Gesicht legen lassen" - womit die Stimmung an den meisten deutschen Universitäten in etwa beschrie- ben wäre.

Aktivitas und Altherrenschaft setzen sich zusammen, die Alten Herren versprechen, am Geld brauche nichts zu scheitern, kurzum, gegen Mitternacht hat man sich entschlossen: Plakate müssen her! Nach Möglichkeit 3-Farben-Kupfer-Tiefdruck; weil einer der Aktiven so gut zeichnen kann, in der Mitte ganz groß Wappen und Wahlspruch; oben in die Ecke natürlich das KV-Zeichen; als Kopfzeile - so spät fällt einem nichts eigenes mehr ein - das altbewährte „Hinter diesem Zeichen steht mehr als studentische Tradition"; und unter das Wappen noch eben Name und Adresse der Verbindung, vielleicht noch als besondere Delikatesse eine kurze Lageskizze vom Haus. 2000 Stück werden gedruckt, die halbe Uni bekleistert, einige Aktive sind so begeistert, daß sie sich das Plakat an die Tür ihrer Bude pinnen. Doch nach sechs Monaten macht sich Enttäuschung breit; kein einziger zusätzlicher „Spähfuchs" hat aufs Haus gefunden, heimlich belauschte Kommentare der Kommilitonen: „Typisch Verbindung, stinken vor Geld, die Alten Herren; alles Bonzen, die haben wohl 'mal wieder in 'ner Bierlaune 'nen Tausender springen lassen."

Tatsächlich hat man also zwar einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht, aber sonst auch nichts. Der Fehler war allerdings klassisch: An der Uni hatten Verbindungen bereits ein negatives Image. Durch die Plakatierung nur mit Namen und Wappen und ohne ausreichende inhaltliche Bezüge wurde lediglich das negative Image der Verbindungen im allgemeinen auf diesen Kartellverein im speziellen übertragen. Statt einer Positiv- eine Negativ-Werbung.

Eine vorherige präzise Lageanalyse hätte ergeben: Verbindungen haben an dieser Uni keinen guten Ruf. Wenn Plakatieren unserem Kartellverein einen besseren Ruf verschaffen soll - um sich einen schlechten zu schaffen, gibt man gemeinhin kein Geld aus -, muß aufgezeigt werden, daß wir dem gängigen Vorurteil nicht entsprechen. Da auf einem Plakat nicht genug Platz ist für eine Argumentation, die ausreichend viele Leute überzeugt, muß das Plakat als „Aufreißer" dienen. Da wir unseren geistigen Hintergrund, unsere Prinzipien darstellen wollen, muß auch der „Aufreißer" damit zu tun haben.

Da die Korporation sich ja gerade erst einen guten Ruf aufbauen will, muß man sich das Renommee anderer leihen. Folglich bietet es sich z. B. an, zu allgemein interessierenden Fragen bekannte Persönlichkeiten sprechen zu lassen. Hier kommen in Betracht: Professoren, bekannte Politiker, Leiter großer Unternehmen oder Behörden. Das sich stellende Problem, große Namen zu kleinen Verbindungen zu holen, mag manchmal schwer zu lösen sein, lösbar ist es in jedem Fall! Insbesondere sind Professoren der jeweiligen Uni im allgemeinen qualifiziert und bekannt genug und andererseits relativ leicht zu gewinnen.

Die Folge: Die Verbindung tritt mit Vorträgen renommierter Persönlichkeiten an die Öffentlichkeit (denn für diese Veranstaltung wird jetzt nicht nur die halbe, sondern die ganze Uni bekleistert), die Reaktionen sind „Scheinen doch manchmal helle Momente zu haben!", „Wenn der sich dafür hergibt, ..., vielleicht sind die gar nicht so?!?" usw. usw. Der eine oder andere (mehr bestimmt nicht!) findet sogar auf das Haus, und für Programm und Prinzipienarbeit hat die Korporation sogar noch einen Glanzpunkt.

Hält man das Konzept durch und plakatiert pro Semester ein bis zwei solcher hochkarätiger Veranstaltungen (bei guter Planung durchaus machbar und sollte es einmal nicht hinhauen, lieber eine weniger als eine zweitklassige), heißt es innerhalb weniger Semester: „Also so ganz schmecken tun sie mir immer noch nicht, aber das sind die, die immer wirklich astreine Referenten holen; von wegen: hirnlose Alkoholiker!" Das verlangt aber strikte Einhaltung der Devise, nur erstklassige Veranstaltungen zu plakatieren. Also, auch wenn es weh tut und der Bundes bruder gut erzählen und fotografieren kann, nicht die Dias vom letzten Urlaub! Auch wenn die Stimmung bestimmt überschäumt, nicht die Disko plakatieren, sondern nur die Jazz-Session (die sich auch nicht nur so nennt, sondern ihrem Titel gerecht wird).

Mit der Plakatierung zweitklassiger Veranstaltungen unterläuft man die eigenen Bemühungen um ein besseres Image, vergrätzt die wirklich guten potentiellen Fuchsen und gewinnt allenfalls die mittelmäßigen und schlechten.

Nach diesem Beispiel ist hoffentlich die Problematik von PR ausreichend deutlich geworden. Ziel ist also nicht, den Bekanntheitsgrad der eigenen Verbindung oder des eigenen Verbandes zu steigern, sondern dem Namen in der Öffentlichkeit einen „guten Klang" zu geben. Das fordert viel Mühe und ständige Beachtung der Außenwirkung einer Maßnahme. Aber es lohnt sich!

b) Verbindungs-,,Marketing"

Der aus der Wirtschaft stammende Begriff „Marketing" muß, bezogen auf Verbindungen, wohl mit Entwicklung und Verfolgung eines Werbekonzeptes übersetzt werden. Ausgangspunkt muß auch hier eine genaue Analyse sein. Dabei darf man insbesondere nicht aus Überzeugung, Begeisterung oder gar Fanatismus übersehen, daß „KV" für die allermeisten Schüler und Studenten kein Begriff ist und daß Verbindungen im allgemeinen keinen allzu guten Ruf haben.

Weiterhin muß man sich darüber klar werden, wie die Verbindung im Augenblick ihren Nachwuchs gewinnt, und auf welchen Wegen sie zukünftig ihren Nachwuchs gewinnen soll, also in welchen Bereichen man intensivere Arbeit leisten will und muß. Schließlich bleibt noch zu bedenken, welchen Charakter die Korporation hat - mehr ein fröhlich chaotischer Haufen oder eine auf Form bedachte Gruppe. Passen Verbindungsgeist und Darstellungsweise nicht übereinander, schreckt man leicht diejenigen ab, die sich gut in die Korporation einfügen würden, und zieht diejenigen an, die man nicht haben will.

Last not least bleibt zu berücksichtigen, welche finanziellen Mittel eingesetzt werden sollen. Hat man all dies bedacht, müssen

a) die Schwerpunkte festgelegt werden,

b) der Stil der Werbung ausgesucht und

c) die einzusetzenden Werbemittel gewählt, evtl. auch erst entwickelt werden.

Dies dauert gewöhnlich nicht allzu lange, lediglich die Neuentwicklung von Werbemitteln, wie etwa Informationsbroschüren, kann längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Entwicklung der eigentlichen Konzeption braucht kaum mehr als einen Abend. Es gibt praktisch nur 7 Wege, Nachwuchs zu gewinnen: Über

1.) Schul- und Studienkontakte von Aktiven.

2.) Zimmer auf dem Haus,

3.) persönliche Beziehungen AHAH,

4.) Ausschreiben bereitgestellter Adressen,

5.) die Hochschulgemeinde,

6.) Informations-Veranstaltungen in Schulen und Universitäten,

7.) Plakatwerbung.

Welche Wege forciert beschritten werden können, ist schnell festgestellt. Die Zahl der geeigneten Maßnahmen ist im allgemeinen überschaubar. Welcher unter mehreren gewählt wird und welche Details wie gestaltet werden, bestimmt sich nach dem Stil der Verbindung und den verfügbaren finanziellen Mitteln.

Da persönliche Beziehungen und Gespräche nicht vorgeplant werden können, liegt die Hauptarbeit in der Entwicklung und Verbesserung von Werbemitteln. Vom Verband werden Plakate angeboten, die sich zur Ankündigung von Veranstaltungen auf Grund ihres Layouts gut eignen.

Daneben können aus Beckum Faltblätter und Stundenpläne bezogen werden. Insbesondere der Stundenplan, aber auch das Faltblatt, bieten den Interessenten inhaltlich wenig. Sie sind also reine Gedankenstützen, einerseits hinsichtlich der Existenz des KV überhaupt, dann aber auch hinsichtlich der Adressen der einzelnen Verbindungen. Aufgrund der relativ geringen Kosten eignen sie sich gut zum Masseneinsatz. Daneben ist es von Vorteil, eine korporationseigene Werbebroschüre zur Verfügung zu haben. Hier kann man den eigenen Verbindungsstil, die Forderungen der Verbindung an ihre Mitglieder, ihre prinzipiellen Ansprüche und ihre Position innerhalb der Hochschule darstellen. Der Interessent kann einiges, was ihm evtl. nicht so ganz klar geworden ist, zu Hause in Ruhe nachlesen und erfährt Dinge, die im Gespräch oder Anschreiben nicht berührt wurden. Zudem vermeidet das Nebeneinander von verbandszentralem Material und verbindungseigenen Unterlagen den Eindruck, der KV sei ein zentral gelenkter und damit ähnlich wie z. B. Parteien, uniformer und unbeweglicher Verband. Ebenfalls vermieden wird der peinliche Eindruck, etwas eigenes zu schaffen sei man wohl nicht in der Lage. Dieses Gedankens zwar nicht voll bewußt, aber doch ein gewisses Unbehagen gegenüber der Unvollständigkeit des KV-Materials verspürend, setzen die meisten Verbindungen, die keine eigenen Unterlagen für Interessenten haben, denn auch selbst das vom Verband angebotene Material so gut wie nicht ein.

Solche, nur auf die eigene Korporation bezogenen Werbemittel sind allerdings „Visitenkarten" der Verbindung. Das heißt zwar nicht unbedingt, daß sie die Finanzkraft der AHAH widerspiegeln müssen, auch hier gilt oftmals „small is beautiful". Aber Orthographie und Interpunktion müssen in Ordnung sein, Konzept und Aufmachung sollten eine gewisse Originalität besitzen und die ganze Angelegenheit, insbesondere aber der Prinzipienteil, müssen messerscharf gegliedert und absolut logisch aufgebaut sein. Daneben gilt die selbstverständliche Forderung, daß man nicht schönfärbt, also Standpunkte und Forderungen der Verbindungen an den einzelnen verschleiert oder gar verharmlost.

Bei Schaffung neuen, guten Werbematerials sollte bei allem Elan und aller Begeisterung für das geschaffene Werk nicht vergessen werden, daß Faltblätter, Prospekte und Werbebroschüren den persönlichen Kontakt, das persönliche Gespräch nie ersetzen, immer nur ergänzen und unterstützen können.

c) Kontaktaufbau und -pflege

Der Teil der Keilarbeit, dem alle diese Vorbereitungen letztlich gedient haben, die Werbung einer konkreten Einzelperson, sei in Abweichung von den beiden vorhergehenden Paragraphen nicht mit einem Begriff aus dem Wirtschaftsleben verknüpft, insbesondere nicht dem oben genannten „Vertrieb"; man will den potentiellen Fuchs ja gerade nicht „vertreiben".

Es geht in konkreto darum, Kontakte zu einzelnen aufzubauen und diese zu erweitern und zu pflegen, bis der Umworbene letztlich in die Korporation eintritt. Das Anknüpfen erster Kontakte kann in einem persönlichen Gespräch oder schriftlich erfolgen. Der Bereich des persönlichen Gesprächs sei dabei im weiteren ausgeklammert, da das Gespräch in zu vielen unterschiedlichen Situationen angefangen werden oder sich ergeben kann, als daß es eine umfassende „Theorie des Keilgesprächs" geben könnte. Wer die vorangegangenen Abschnitte sorgfältig gelesen hat, ist auf die wichtigsten Punkte hingewiesen worden, ansonsten muß man sich auf das eigene Einfühlungsvermögen verlassen.

Da die Kontaktschaffung per Brief üblicherweise dem Fuchsmajor übertragen wird, sei dieses Problem auch aus der Sicht des Fuchsmajors betrachtet. Unter allen seinen Aufgaben ist diese dann im allgemeinen die schwierigste und undankbarste. Undankbar, weil die Rücklaufquote so außerordentlich gering ist; schwierig, weil es gilt, Briefe zu schreiben, die den Adressaten persönlich ansprechen sollen, obwohl man ihn in aller Regel nicht kennt, folglich nicht weiß, wie er am besten anzusprechen ist. Allgemeine Merkregeln hierzu gibt es wenige: Ziel ist wieder, Informationen über die eigene Verbindung zu geben. Weil man erkennbare Mißverständnisse nicht, wie im persönlichen Gespräch, sofort ausräumen kann, muß peinlichst alles vermieden werden, was als Bestätigung alter Vorurteile aufgefaßt werden kann. Der erste Eindruck ist recht entscheidend, der Brief muß also in seinem Äußeren, in Schriftbild und Textaufteilung, Orthographie und Interpunktion auch höchsten Ansprüchen genügen. Er soll neugierig machen, darf also nicht nur aus einer lieblos eincouvertierten, hektographierten Werbeschrift bestehen, muß schließlich das Gefühl des „Umworbenseins" vermitteln.

Zudem muß die, gegenüber einem persönlichen Gespräch fehlende, Atmosphäre ersetzt werden. Dies wird z. B. durch die Nennung des Namens desjenigen AH erreicht, der die jeweilige Adresse vermittelt hat. Soweit möglich, sollte man bei diesem AH nach weiteren Detailinformationen fragen und diese in das Anschreiben einarbeiten. Die Nennung dieses AH versieht zudem die bis dahin anonyme Organisa tion „Verbindung" mit einem ersten personalen Bezug, der oftmals bereits ausreicht, bestehende Urteile in Frage zu stellen oder als Vor urteile zu entlarven.

Aktive sollten das unter Studenten und Schülern gebräuchliche „Du" verwenden. In psychologischer Hinsicht geschickt ist eine kleine Begründung/Entschuldigung für das „Du". Man vermeidet den Schluß auf übergroße Förmlichkeit oder gar auf eine bewußte Abgrenzung „von den übrigen Plebs" an der Uni, ein Schluß, der angesichts des Bilds der Verbindungen in der Öffentlichkeit öfter gezogen wird als man glauben sollte, auch wenn der KV ein derartiges „Elite"-Verständnis nicht pflegt.

Andererseits zeigt so eine kurze Entschuldigung, daß man weiß, daß nicht jeder von Fremden geduzt werden will, und man bereit ist, hierauf Rücksicht zu nehmen. Solche Unsicherheiten, die sich ja nicht nur bei der Frage des „Du" oder „Sie" ergeben, sollte man generell offen zeigen. Man gibt sich selbst ein menschlicheres Gesicht und vermeidet den Eindruck strotzender Selbstsicherheit, der dem gängigen Klischee zu gut entspricht, wird also insgesamt für den Adressaten sympathischer.

In dem ersten Anschreiben sollte man auch auf Bezeichnungen wie „Fuchsmajor" und Verbindungsspezifika wie Zirkel etc. verzichten. Wer Verbindungen nicht kennt, wird mit diesen Dingen wenig oder gar nichts anfangen können und allenfalls den Eindruck bekommen, wer sich dermaßen ungewöhnlicher Ausdrucksweisen und Titel bediene, sei entweder von vorgestern oder reichlich sektiererisch.

Dies soll für den Bereich persönlicher Anschreiben genügen. Es dürfte deutlich geworden sein, daß der Erfolg eines Anschreibens davon abhängt, wie gut man es verstanden hat, sich in die Position dessen zu versetzen, der, ohne etwas von Korporationen zu kennen, nun von einer solchen als potentieller Fuchs angeschrieben wird.

Das Thema soll allerdings nicht ohne zwei Nachbemerkungen abgeschlossen werden: Einem, der schon einmal angeschrieben wurde, aber nicht reagiert hat, nach einiger Zeit persönlich ,auf die Bude zu rücken", ist ein zweischneidiges Schwert. Viele, die erst unter diesem „Zwang" auf dem Haus erschienen sind, sind anschließend engagierte Bundesbrüder geworden. Ebensoviele, nicht minder gute Leute, sind durch eine solche „Roßkur" ein für alle Male verschreckt worden. Die zweite Nachbemerkung ist die: Wenn man langfristig von AHAH mit Adressen versorgt werden will, muß man die Ergebnisse eines Keilversuchs bei der betreffenden Person dem AH hinterher auch mitteilen. Diese Rückmeldung, an sich eine Frage des guten Tons, wird aber leider mehr oder weniger grundsätzlich vergessen. Man sollte sich daher nicht über die geringe Bereitschaft der AHAH wundern, neue Adressen beizubringen. Zudem verbaut man sich bei einem fehlgeschlagenen Versuch die Möglichkeit, daß der AH sich noch einmal einschaltet und mit der Kraft seiner Persönlichkeit den betreffenden Keilandus doch noch für die Verbindung gewinnt.

Neben dem persönlichen Anschreiben an eine Person kann man auch über Informationsveranstaltungen persönliche Kontakte knüpfen. Zu unterscheiden ist dabei in verbindungseigene Veranstaltungen und die Zusammenarbeit mit Ortszirkeln.

Verbindungseigene Gästeabende sollten nur dann als solche offiziell bezeichnet werden und auch in ihrem Ablauf ganz darauf hin konzipiert sein, wenn auch wirklich mit 15-20 Gästen gerechnet werden kann. Es wirkt ziemlich peinlich, wenn zu einer solchen Veranstaltung dann nur zwei oder drei Gäste erscheinen, die ganze Organisation aber offensichtlich auf 20 angelegt war. Solche offensichtlichen Reinfälle sollte man sich in Gegenwart von Gästen sparen. Besser ist es, die Veranstaltung als „Feuerzangenbowle" etc. anzukündigen. Gäste können dann zwanglos in nahezu jeder Zahl in die Veranstaltung integriert werden und haben von Anfang an das Gefühl „mitten dazwischen" zu sein, „dazuzugehören".

Ebenfalls für erste Kontakte gut geeignet sind Vorträge; da Vorträge aber für ein ausführliches Gespräch im allgemeinen keine Zeit mehr lassen, sollte kurz darauf eine gesellige Veranstaltung geplant sein, zu der die Gäste dann wieder eingeladen werden und ihnen alle Fragen bezüglich Verbindung und Studium beantwortet werden können.

Selbstverständlich sollte es sein, jedem Gast einen Bundesbruder beizugeben, der einerseits kompetent genug ist, alle Fragen in bezug auf Verbindung zu klären, andererseits aber auch über gemeinsames Studienfach, gemeinsame Heimat oder Wesensähnlichkeiten einen „Draht" zu dem Gast findet.

Während für verbindungseigene Veranstaltungen in erster Linie Erstsemester die Zielgruppe darstellen, bietet sich für Informationsveranstaltungen mit der Zielgruppe Abiturienten eine Zusammenarbeit mit dem Ortszirkel des jeweiligen Schulortes an. Dieser Rat erfolgt nicht in erster Linie mit Hinblick auf die dann mögliche Teilung der Bewirtungskosten. Hierbei handelt es sich allenfalls um eine angenehme Nebenerscheinung. Zunächst garantiert die kürzere Anfahrt eine breitere Beteiligung. Zudem verschickt der Ortszirkel die Einladung in aller Regel in seinem Namen, die Beteiligung der Verbindung wird nur im Text erwähnt. Verschickt der Ortszirkel die Einladung im eigenen Namen, unterzeichnet also der jeweilige Vorstand. Dieser setzt sich aber üblicherweise aus Lehrern und stadtbekannten Rechtsanwälten, Richtern, Kaufleuten und Ärzten zusammen. Diese Unterschriften verschaffen der Einladung einen Seriositätsbonus, den keine Unterschrift eines Aktiven erreichen kann. Man sollte diesen Vorteil nutzen.

Als Veranstaltungsart empfiehlt sich ein zwangloser Bierabend, eine Keilkneipe weckt in der Regel nur Unverständnis. Zudem ist - insbesondere mit den kneipenungewohnten Gästen - die Gefahr eines Schieflaufens bei der Kneipe wesentlich größer.

Als Zeitpunkt für Werbeveranstaltungen mit Abiturienten empfiehlt sich in der Regel entweder die Periode zwischen September und Dezember oder ein Termin direkt nach dem schriftlichen Abitur. Im ersteren Fall ist das Abi noch weit genug weg, daß man sich einen Bierabend in jedem Fall leisten kann, ohne die Vorbereitungen auf die Prüfungen gefährdet erscheinen zu lassen, im letzteren Fall kann man die üblicherweise direkt nach dem Schriftlichen eingelegte kleine Pause der Abiturienten nutzen.

Die vorstehenden Zeilen waren eine bunte Mischung aus Grundlagen der Systematik des Keilens, erläuternden Beispielen und praktischen Tips. Was davon für die jeweils einzelne Verbindung von Bedeutung ist, hängt davon ab, wieviel Energie und Geld in die Keilarbeit investiert werden kann oder soll, welcher konkreten „Umweltlage" die Verbindung sich gegenübersieht und inwieweit man sich selbst das viel Selbstdisziplin verlangende Joch einer in jeder Beziehung konsequenten Verfolgung eines bestimmten Konzeptes auferlegen will. Anregung sollten die vorstehenden Ausführungen, auch wenn sie oft Maximalforderungen darstellen, in jedem Fall sein.

Wissenswertes zur Neugründung oder Reaktivierung von KV-Korporationen

Anm.: In diesem Artikel wird das Wissen um Sinn, Aufgabe und Ziel von Korporationen sowie um das alltägliche Verbindungsleben als bekannt vorausgesetzt.

Die Planungs-Phase

Das Fundament einer lebendigen Korporation besteht aus zwei tragenden Säulen, der Aktivitas und der Altherrenschaft. Eine Hand voll Aktive suchen einen Stamm von ebensolchen Alten Herren (ruhig auch vom ansässigen Ortszirkel), deren eigene, aufgelöste Korporation nunmehr reaktiviert werden soll oder die zusammen eine neue Korporation gründen wollen.

Ein einfacher Vergleich zwischen den KV-Korporationen, Aktivitates und Altherrenvereinen (KV-Jahrbuch 1981, Kap. 5; 6; 7) zeigt z.B., welche Korporationen einmal existiert haben bzw. welche Altherrenvereine noch aktiv sind, mittlerweile aber keine Aktivitas mehr besitzen.

Mit dieser Wahl werden in der Regel gleichzeitig Name - Wahlspruch - Farben - Wappen - Zirkel - Wichs und die Standortfrage, wenig später auch die Satzung (evtl. von anderen Verbindungen ausleihen und überarbeiten) der künftigen Korporation entschieden.

In geeigneten Räumlichkeiten (Gaststätte, private Wohnung, Katholische Studentengemeinde KSG, Mietwohnung) findet im nächsten Schritt ein regelmäßiger, wöchentlicher Treffpunkt statt, wo weitere Aktivitäten besprochen und neue Gäste eingeführt werden sollen.

Die Publikations-Phase

Gerade die Publikation im Rahmen des Stiftungsfestes (evtl. in Verbindung eines überregionalen Festkommerses) bedarf einer gut organisierten Vorbereitung und dient entscheidend zur Bekanntmachung der Korporation an der Universität (Aufnahme der Verbindung in die Liste der studentischen Vereinigungen beim Rektor beantragen) sowie im kirchlichen und gesellschaftlichen Leben. So versteht es sich fast als selbstverständlich, zum Festkommers die führenden Vertreter der Hochschule (Rektor, Kanzler), des Bistums (Bischof, Generalvikar) und der Stadt (Oberbürgermeister, Oberstadtdirektor) einzuladen. Es empfehlen sich ferner Einladungen an die Vertreter der Ortspresse und an die anderen Korporationen außerhalb des KV, z. B. CV, UV sowie an deren Philistersenioren bzw. Ortszirkelvorsitzenden und an andere akademische Verbände (meist in den Conventen der Akademikerverbände zusammengeschlossen).

Neben der Außenwerbung verdient auch die Werbung für die Korporation auf Verbandsebene besonderes Interesse. Dazu zählen im einzelnen frühzeitige

  • Anzeigen in den Akademischen Monatsblättern AM (Adresse des Schriftleiters im KV-Jahrbuch 1981, Kap. 3);

  • Einladungen an die gesamte Verbandsspitze (KV-Rat, Vorort, Vorstand des Altherrenbundes etc. im KV-Jahrbuch, Kap. 3) sowie an die anderen Aktivitates (Adressenaufkleber beim KV-Sekretariat, Postfach 15 05, 4720 Beckum, Telefon 0 25 21/66 95 bestellen);

  • Einladungen an die Vorsitzenden der umliegenden KV-Ortszirkel (KV-Jahrbuch, Kap. 8) sowie an alle Angehörigen des eigenen Ortszirkels, evtl. der Mutterkorporation und natürlich der eigenen Verbindung.

Die hier zusammengestellte Auflistung mag dem einen oder anderen zu umfangreich erscheinen. Deshalb zum Trost: Im Normalfall führt nicht ein Mann, sondern eine ganze Mannschaft die Organisation einer solchen Publikation durch; und außerdem gelte das Motto: Lieber weniger besser als alles schlechter! Denn gerade der erste Eindruck währt am längsten!

Die Wachstums-Phase

Jede junge Korporation (und nicht nur die) muß sich intensiv um die Nachwuchswerbung und damit um eine „gesicherte Zukunft" kümmern. Dabei können neben den Aktiven und Alten Herren vor allem helfen:

  • die Mitglieder des eigenen Ortzirkels, z. B. durch Vermitteln von Interessenten aus Freundes- und Bekanntenkreis, Nachbarschaft;

  • die ortsansässigen Lehrer und Geistlichen (Adressen beginnend beim Ortszirkel erfragen);

  • die Schulleiter (ein persönlich geführtes Gespräch hat trotz gewisser Schwierigkeiten schon manchen veranlaßt, Adressen der Abiturienten weiterzuleiten);

  • die Vertreter der umliegenden Ortszirkel (Anschreiben mit der Bitte um Zusendung von Adressen).

Auch Veranstaltungen für bestimmte Zielgruppen können für die Verbindung werbewirksam sein, dazu zählen u. a. Studienberatungen für Abiturienten und Erstsemestler, Verteilen von (selbstverfaßten?) Studien- und Freizeitinformationen auf Einführungsveranstaltungen für Erstsemestler. Werbematerial (KV-Plakate verschiedener Größen, Handzettel, Werbemittel) kann beim KV-Sekretariat angefordert werden.

Besonders intensiv sollte zu Beginn der Kontakt zwischen Aktiven und Alten Herren gepflegt werden (Ausgangspunkte im Semesterprogramm z. B. Firmenbesichtigungen, Frühschoppen, Weinprobe, Vorträge, Gartenpartys, Grillfeten). Schließlich entsteht eine Korporation mit eigenem Charakter nur dann, wenn Gäste und junge Aktive vorgelebt sehen, was es jeweils bedeutet, Bundesbruder zu sein und in einen Lebensbund einzutreten. Sodann: viel Ausdauer, Geduld, Initiative und Erfolg!

Wer darüber hinaus noch Fragen oder Probleme hat, wird im jeweiligen Vorort einen Ansprechpartner finden, der sich seiner annimmt und zudem auch über mögliche Unterstützung und Hilfen seitens des Verbandes informieren kann.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Warum Pressearbeit?

Tue Gutes und - schreibe darüber! lautet ein leicht abgewandeltes geflügeltes Wort. Es gilt in gleicher Weise für den KV und seine Korporationen. Wer in unserer heutigen, von den Medien maßgebend mitgeprägten Gesellschaft nicht über seine Aufgaben, Ziele und Leistungen informiert, verliert jede Chance, die Masse der Studenten zu erreichen und die noch immer in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteile und Negativklischees über studentische Korporationen abzubauen. Daher erklärt sich die Bedeutung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Nachwuchswerbung. Einige praktische Tips soll der vorliegende Beitrag vermitteln.

Zielrichtungen der Pressearbeit

Ohne die überregionalen Medien aus unserer Informationspolitik ausschließen zu wollen, muß unser Hauptaugenmerk in der Herstellung und Verbesserung der leicht anknüpfbaren Kontakte zur örtlichen Presse liegen. Neben den großen Lokalzeitungen dürfen wir aber auch die kleinen Stadtteilzeitungen, lokale Wochen- und Anzeigenblätter, die oft mit redaktionellen Beiträgen erscheinen, nicht vergessen. Vor allem aber denke man an die Kirchenpresse.

Der Pressereferent

Pressearbeit muß kontinuierlich und langfristig erfolgen. Nur steter Tropfen höhlt den Stein. Daher ist es erforderlich, daß eine Person diese Aufgabe übernimmt. Jede Aktivitas, jeder Altherrenverein, besonders aber jeder Ortszirkel sollte in seinem Vorstand einen Beauftragten für Pressearbeit besitzen! Um nicht eine neue Charge etablieren zu müssen, liegt es nahe, daß eine der bestehenden Chargen die Pressekontakte wahrnimmt. Dies erweist sich nicht zuletzt deshalb als sinnvoll, weil die Chargen über das Vereinsgeschehen unmittelbar informiert sind. Ratsam wäre auch die Unterstützung durch einen auf diesem Sektor erfahrenen Alten Herrn, der über einen längeren Zeitraum die Kontinuität wahren kann.

Kontakte schaffen zu Journalisten und Zeitungen

Unverzichtbar für den neuen Pressereferenten ist die Vorstellung bei den Redaktionen und Journalisten, mit denen er künftig zusammenarbeiten will. Dies kann in Form eines Rundschreibens, besser aber durch eine kurze persönliche Vorstellung geschehen - am besten gleich mit einer fertigen Meldung in der Hand. Es kommt in jedem Falle darauf an, Vertrauen und Wohlwollen zu gewinnen. Um ein gegenseitiges Kennenlernen zwischen Redakteur/Redaktion und Korporation/Pressereferent zu erleichtern, seien hier zwei bewährte Mittel genannt:

  1. eine Betriebsbesichtigung interessierter Bundesbrüder mit anschließender Diskussion mit den Redakteuren. So lernt man nicht nur Technik und technische Zwänge, sondern auch die Redakteure kennen.

  2. Einige örtliche Redakteure berichten im Rahmen eines Vortrages über Situation und Probleme der lokalen Presse.

Berichterstattung aus der Korporation

Wer als Pressereferent etwas erreichen will, wird die Redaktionen regelmäßig mit Berichten und Meldungen beliefern. Für Presseverlautbarungen gilt, daß die Meldung einer einzelnen Korporation z. B. zum gesamten Bafög-Fragen-Komplex nur wenig interessiert. Bessere Chancen bieten in jedem Fall Presseberichte über konkrete Programmpunkte, die deutlich lokale Bezüge aufweisen. Nach jeder geeigneten Veranstaltung kommt ein Bericht. Da Zeitungen von der Aktualität leben, muß die Pressearbeit vom Prinzip der Schnelligkeit getragen sein. Im Idealfall sollte der Bericht über eine Veranstaltung am nächsten Vormittag auf dem Redaktionstisch liegen.

Spielregeln für die Abfassung eines Berichtes

  1. In der Kürze liegt die Würze! Kurze Beiträge besitzen einen höheren Lesewert und werden meist eher veröffentlicht.

  2. Alles Wichtige gehört in die ersten Sätze! Viele Menschen lesen nur die ersten fettgedruckten Absätze. Ohne Einleitung sollte man also gleich „mit der Tür ins Haus fallen". Es folgen Details und Hintergründe. Das unwichtigste steht im letzten Absatz. Ein Zeitungsartikel wird in der Regel von hinten gekürzt, wenn der Platz nicht ausreicht.

  3. Untergliedere den Bericht in kurze Abschnitte!

  4. Verwende möglichst verständliche Sätze, vermeide unbedingt lange Schachtelsätze und variiere im Satzbau!

  5. Versuche, die eigenen Interessen des Lesers anzusprechen! Grundsätzlichen abstrakten Vorstellungen wird er nur wenig Aufmerksamkeit schenken.

  6. Jeder Bericht sollte sich an den sechs journalistischen „W" orientieren: Wer macht was, wann, wo, wie, warum?

  7. Indirekte Rede und Konjunktive sollten nur beschränkt Anwendung finden; stattdessen verwende Zitate!

  8. Der Artikel ist ein Bericht, kein Kommentar. Wertungen sollten nur in Form von Zitaten gebracht werden.

  9. Erwähnte Personen sind mit vollem Namen vorzustellen; weniger bekannte auch mit Beruf, Alter, Funktion etc.

  10. Fremdworte, Fachtermini und Abkürzungen aus dem Korporationsleben müssen erklärt werden, z. B. Alter Herr, Festkommers.

Neben dem Bericht von einer Veranstaltung können auch Vorankündigungen, Kurzfassungen wichtiger Reden und programmatische Aussagen und offizielle Stellungnahmen Gegenstand von Pressemitteilungen sein.

Die Vorankündigung

Ist eine Veranstaltung wirklich attraktiv, kann eine Vorankündigung sinnvoll sein, um auch Gäste von außerhalb anzusprechen. Die Vorankündigung, zumeist für den Veranstaltungskalender einer Zeitung bestimmt, muß alle wichtigen Informationen enthalten. Es gelten die sechs journalistischen „W".

Die Presseerklärung

Sie ist für einzelne Korporationen oder einen Ortszirkel nur bedingt einsetzbar. So können Probleme und Ereignisse aus dem lokalen Bereich aufgegriffen werden, um dazu aktuell Stellung zu beziehen (z. B. Hochschulpolitische Fragen). Wirkungsvoller ist die gemeinsame Erklärung des Ortskartells, des Gesamtverbandes oder von Dachorganisationen (z. B. AGV).

Die äußere Form

Bei eigentlich allen Veröffentlichungen sind gewisse Formalien zu beachten, die das äußere Bild wesentlich mitbestimmen.

  1. An den Kopf jeder Pressemitteilung gehört der Absender (einschließlich Funktion im Verein). Für Rückfragen wichtig ist die Angabe einer Telefonnummer.

  2. Die Mitteilung sollte mit Schreibmaschine 1 1/2 oder 2zeilig geschrieben sein.

  3. Links sollte ein breiter Rand (1/3 der Seite) freigelassen werden, den der Empfänger für Korrekturzeichen benötigt.

  4. Grundsätzlich wird die Rückseite nie beschriftet.

  5. Aus der Überschrift geht das Thema hervor. Dennoch bleibt Platz für eine evtl. Änderung des Redakteurs.

  6. Die Unterschrift des Pressereferenten bestätigt die Echtheit der Meldung.

  7. Zusammen mit einer Pressemitteilung kann den Redakteuren gleichzeitig Informationsmaterial mitgesandt werden, welches der KV oder eine Dachorganisation zum selben Thema herausgegeben hat.

  8. Eine Pressemitteilung ist keine unleserliche Kopie oder ein Durchschlagpapier, sondern ein Original oder eine saubere Kopie.

Einladung der Presse zu Veranstaltungen

Zu allen größeren Vereins- oder Verbandsveranstaltungen sollte die Presse geladen werden. Ein kurzer Telefonanruf am Vortag klärt, ob der Redakteur erscheinen wird oder ein Bericht anzufertigen ist. Während der Veranstaltung kümmert sich der Pressereferent um die Journalisten und erteilt Auskünfte. Er hält möglichst einen Waschzettel parat (höchstens eine DIN-A4-Seite) mit den wesentlichen Informationen über Veranstaltung und Veranstalter.

Bilderdienst

Photos - so wirkungsvoll sie einen Pressebericht unterstützen können - sind nahezu nur als Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit möglichst hochglänzender Oberfläche zu verwenden. Ein Text wird am besten auf der Rückseite des Photos beigefügt. Wer keine eigenen Möglichkeiten sieht, Filme schnell zu entwickeln, wird aus Gründen der Aktualität den Redakteur bitten, einen Fotografen mitzubringen.

Die Pressekonferenz

Neben der schriftlichen Mitteilung über Veranstaltungen, Aktionen etc. ist die Pressekonferenz ein wichtiges Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. Sie sollte allerdings nur einberufen werden, um etwas wirklich Außergewöhnliches mitzuteilen. Sonst verkehrt sich der gewünschte Effekt in das Gegenteil. Einige Grundregeln verdienen Beachtung:

  • Die Einladung mit Angabe der Teilnehmer und der Themenschwerpunkte geht rechtzeitig (14 Tage vorher) heraus.

  • Ein Waschzettel (Presseerklärung) sollte ausgelegt werden, auf dem kurz zitiert wird, was ausgesagt wird. Er dient dem Journalisten als Orientierung für die Berichterstattung.

  • Zusätzlich können weitere Materialien der Korporation, Veröffentlichungen der Korporation oder von Dachverbänden bereitgelegt werden.

Der Leserbrief

Die Spalten mit den Meinungsäußerungen der Leser werden zumeist sehr intensiv gelesen. Der Leserbrief bildet also generell ein gutes Instrument, die Meinung des Verbandes oder des Vereins öffentlich zu vertreten. Er darf nämlich enthalten, was in der Presseinformation zu vermeiden ist: Meinung und Kommentar. Der Pressereferent und durch ihn ermutigte Bundesbrüder dürfen ruhig von der Möglichkeit Gebrauch machen, das in der Öffentlichkeit durch verkürzte und verfälschende Darstellungen bestehende falsche Bild der Korporationen zu korrigieren. Dies darf allerdings nicht zum „Meinungsterror" mittels initiierter Massensendungen an Leserbriefen führen. Zu warnen ist auch vor „dem" Leserbrief-Schreiber einer Zeitung, der sich einem Kommentar zu nahezu jedem Thema berufen fühlt.

Akademische Monatsblätter

Die aufgeführten Hinweise für pressegerechte Information gelten gleichermaßen für unsere Verbandszeitschrift. Der Schriftleiter der AM sollte regelmäßig über besondere Ereignisse aus dem Leben der Korporationen und der Ortszirkel informiert werden. Auch das „Schwarze Brett" der AM sollte weitaus mehr als Diskussionsforum ausgebaut werden, um die Meinung über die Arbeit des Verbandes und seiner Gremien kundzutun.

7. Zusammenarbeit mit Gremien und Zusammenschlüssen

Der Vorort

Die VV 1980 in Hamburg hat für den Aktivenbund eine wesentliche Neuerung gebracht. Statt eines Vorstandes, dessen Mitglieder verschiedenen Korporationen angehörten und oft weit über die Bundesrepublik verteilt waren, wird nun ein Kartellverein zum Vorort gewählt. Ihm obliegt die Wahrnehmung der Amtsgeschäfte des Aktivenbundes.

Zahlreiche Erschwernisse, die sich aus den großen Distanzen zwischen den Wohnorten der Vorstandsmitglieder ergaben, sind somit schlagartig gelöst worden - ein sicherlich entscheidender Vorteil des Vorortsprinzips! Zugleich aber wurde auch ein völlig neues Problem geschaffen: Während früher immer einige Kartellbrüder über mehrere Jahre im Vorstand tätig waren und Nachfolger sukzessive auf einzelne Positionen nachrückten, tritt nun jeweils der gesamte Vorort ab und wird durch einen anderen ersetzt. Ein kontinuierliches Einarbeiten in die neue Aufgabe ist also kaum möglich.

Der mit der einjährigen Amtszeit verbundene ständige Wechsel der Vororte steht im Gegensatz zur zweijährigen Amtszeit aller anderen Gremien. Bei letzteren ist zudem Wiederwahl an der Tagesordnung, so daß dem meist in Verbandsarbeit unerfahrenen Vorort auf seiten der Altherrenschaft in jähre- und jahrzehntelanger Erfahrung geschulte Kartellbrüder gegenübersitzen.

Um dieses Informationsdefizit abzubauen, ist der Vorort angewiesen auf die Unterstützung älterer Kartellbrüder, besonders aber der einzelnen Korporationen. Denn: Wie soll der Vorort die Aktiven repräsentieren und ihre Anliegen durchsetzen, ohne die wahren Interessen der Vertretenen zu kennen? - Nur auf der Grundlage eines ständigen Meinungsaustausches mit den Aktivitates kann der Vorort überhaupt seine Aufgaben erfüllen.

Einige konkrete Punkt seien genannt, die von der einzelnen Korporation nur wenig Aufwand verlangen, dem Vorort aber eine große Hilfe geben können. Ihre Erledigung sollte daher eigentlich selbstverständlich sein! Die regelmäßige Übersendung des Semesterprogrammes verschafft dem Vorort einen Überblick über Aktivitäten in den Vereinen. Eine frühzeitige Einladung zu Stiftungsfesten, aber auch zu anderen bedeutenden Korporationsveranstaltungen ermöglicht eine langfristige Planung. Angesichts der Fülle der Aufgaben wird es allerdings dem Vorort nicht möglich sein, jede Einladung anzunehmen. Ein sehr wesentlicher Punkt ist die Information des Vorortes über aktuelle Probleme der Korporation oder des Ortskartellverbandes. Oft sind solche Probleme nicht lokal begrenzt, sondern treten andernorts gleichfalls auf. Ein Zusammentreffen aller Betroffenen kann eventuell dazu beitragen, eine bessere Lösung zu finden, als wenn ein jeder auf sich allein gestellt ist. Jeder aktive Kartellbruder sollte wenigstens einmal an einem vom Vorort organisierten Seminar, an einer Tagung, Diskussion etc. teilnehmen. Die Vorbereitung und Durchführung solcher Veranstaltungen erfordern meist großen Aufwand. Es sollte daher im Interesse aller liegen, zum erfolgreichen Ablauf der Veranstaltung beizutragen.

Die Tätigkeit des Vorortes kann nur dann Früchte tragen, wenn sie von den Aktiven mitgetragen und unterstützt wird. Diese sollten sich daher nicht scheuen, ihre Meinung zur Arbeit und zum Programm des Vorortes zu artikulieren, Anregungen und Wünsche zu äußern. Positive wie negative Kritik, sofern sie einer konstruktiven Grundhaltung entspringt, wird von jedem Vorort erwünscht und erbeten.

Die Wahl eines Vorortes schafft somit nicht nur die Verpflichtung für die Gewählten, im Interesse des KV tätig zu werden, sondern auch eine Verpflichtung für die einzelnen Korporationen und Kartellbrüder, „ihren" Vorort nach Kräften zu unterstützen. Erst das Miteinander aller Beteiligten auf der Basis gegenseitigen Vertrauens ermöglicht ein erfolgreiches Wirken und Handeln zum Wohle des Verbandes.

Der Ortskartellverband (OKV)

Bis zum Jahre 1883 ließen die Verbandsstatuten des KV nur einen Studentenverein am Orte zu. Seit dieser Zeit hat sich das Bild grundlegend gewandelt: Heute ist der KV an der überwiegenden Zahl der Hochschulorte mit zwei oder mehr Korporationen vertreten. Folgerichtig stellt sich also die Frage nach einer Zusammenarbeit. Die KV-Satzung sieht bereits seit 1907 die Zusammenfassung der aktiven Korporationen an einem Hochschulort in einem Ortskartellverband vor. Die Wahrung gemeinsamer Belange und die Förderung des Kartellgedankens werden als seine Hauptaufgaben genannt.

Angesichts der Größe zahlreicher Hochschulen, die 20.000, 30.000 oder gar 40.000 Studenten beherbergen, fällt es dem einzelnen Verein naturgemäß sehr schwer, wirkungsvoll seine Anliegen nach außen zu tragen und in der Öffentlichkeit dafür zu werben. Nur die Zusammenarbeit der Korporationen schafft die ausreichend breite Basis für eine effektive Vertretung des KV und seiner Mitglieder. Zahlreiche Betätigungsmöglichkeiten stehen dem Ortskartellverband offen, einige wenige seien exemplarisch angeführt:

  • gemeinsames Auftreten der Korporationen nach außen;

  • Vertretung gemeinsamer Belange in der Hochschule und ihren Gremien (z. B. gemeinsame Kandidaten bei SP-Wahlen);

  • Kontakte zu anderen Studentenverbänden am Ort;

  • Regelung und Klärung strittiger Fragen zwischen den Korporationen, die einer gemeinsamen Betätigung entgegenstehen könnten oder das Ansehen des KV oder eines Vereines schädigen;

  • Unterstützung einer Korporation, die in personell oder anderweitig bedingte Notsituationen gerät;

  • Vorbereitung und Durchführung gemeinsamer religiöser, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Veranstaltungen, die den Rahmen einer Korporation sprengen (Verpflichtung hochkarätiger Referenten, gemeinsame Podiumsdiskussion, Ball, Kommers);

  • gemeinsames Engagement in der Studenten- oder Hochschulgemeinde, Aufstellung und Unterstützung von Kandidaten für den Gemeinderat;

  • Verbesserung der Kontakte zum Ortszirkel und Abstimmung der Aktivitäten;

  • Koordination der Öffentlichkeitsarbeit.

Organe des Ortskartellverbandes sind der Vorstand und die Mitgliederversammlung, an deren Stelle an einigen Orten die Seniorenkonferenz (bestehend aus den Senioren der Korporationen) tritt. Sie sollte regelmäßig einberufen werden, um anstehende Fragen zu klären. Der Vorstand, in der Regel für die Dauer eines Jahres gewählt, führt die Geschäfte und vertritt den Ortskartellverband nach außen. Er beruft auch die Mitgliederversammlungen oder Seniorenkonferenzen ein. Die notwendi- gen Mittel für die Arbeit des Ortskartellverbandes werden von den beteiligten Korporationen aufgebracht.

Der Ortskartellverband sollte subsidiär dort seine Aufgaben sehen, wo die Grenzen der einzelnen Korporationen erreicht sind. Er darf mit seinen Veranstaltungen nicht zur Konkurrenz der Kartellvereine mit ihrem Semesterprogramm werden. Die Beschlüsse des Ortskartellverbandes sollten nicht in Kampfabstimmungen herbeigeführt werden, sondern möglichst einmütig mit Zustimmung aller Beteiligten. Nur wenn alle Korporationen sich gleichermaßen vertreten und respektiert fühlen, werden sie auch die Vorteile einer Zusammenarbeit erkennen und dem Ortskartellverband aus seinem Mauerblümchendasein heraushelfen, welches zu fristen er leider an nicht wenigen Hochschulen verdammt ist.

Die Ortszirkel (OZOZ)

In der Korporation erklärt der junge Kartellbruder seinen Eintritt. Hier verbringt er wesentliche Teile seiner Aktivenzeit und trägt mit seinem Engagement zum Leben des Vereins bei. Die Ortszirkel rekrutieren ihre Mitglieder aus sämtlichen Kartellbrüdern am Ort, ob Aktive oder Alte Herren. Sie sind es, die eine Brücke spannen zwischen den Korporationen, die das Gefühl der kartellbrüderlichen Verbundenheit und Freundschaft über alle Grenzen hinweg zur Ausprägung bringen.

Will man die Aufgaben eines Ortszirkels näher definieren, so ergeben sich in weiten Bereichen Übereinstimmungen mit denen der Korporationen und der Ortskartellverbände. Die spezifische Struktur eines Ortszirkels schafft andererseits völlig neue Probleme, die den meisten Kartellbrüdern weitgehend unbekannt sind. Um ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten, zugleich aber auch für ein Engagement in den Ortszirkeln zu werben, sei an dieser Stelle statt einer neutralen Darstellung ein Erfahrungsbericht aus dem Ortszirkel Stuttgart eingefügt. In der ein oder anderen Frage mag ein Ortszirkel abweichend von der hier beschriebenen Praxis verfahren, die grundsätzlichen Probleme aber, die angesprochen werden, treten allerorts doch weitgehend gleich auf.

Aus der Arbeit eines Ortszirkels Ort: Frascati, genauer: ein Weinkeller am Südhang der Stadt. Zeit: ein Abend Ende Oktober 1982. Lauter Gesang schallt aus dem dicken Gemäuer, wenn man näher kommt, kann man unterscheiden, was einzelne oder mehrere Männerstimmen von sich geben: „Schwarz, gold, schwarz ...", „Rot, weiß, schwarz ...", „Schwarz, weiß, blau ...", „... sind unsre Farben ...". Für Eingeweihte ein deutlicher Fingerzeig, wer sich dort dem Wein und Gesang verschrieben hat, für den Stuttgarter OZ sicherlich eine seiner Sternstunden.

Auf dieser gemeinsamen Fahrt nach Rom geschieht das, was in der KV-Satzung den OZOZ aufgegeben wird: Pflege der kartellbrüderlichen Verbundenheit, in Verbindung mit gesellschafts-, kirchen- und bildungs-politischen Aktivitäten und Weiterbildung. Eine Aufgabe, die sich sicher nicht nur auf einer gemeinsamen Reise lösen läßt, eine Aufgabe, die sich auch nicht immer so umfassend lösen läßt, und eine Aufgabe, die nicht nur Sternstunden verspricht.

Am Beispiel des OZ Stuttgart möchte ich zeigen, welchen Weg wir eingeschlagen haben, um unseren OZ lebendig zu halten. Zunächst muß noch vorausgeschickt werden, daß alle an einem Ort wohnenden KVer geborene Mitglieder des dort ansässigen OZ sind. Diese KVer ausfindig zu machen, stellt sich einem Vorstand als primäre Aufgabe. Die wenigsten neu Hinzugezogenen melden sich selbst oder werden von ihrer Heimatverbindung angemeldet. Ein Verhalten, das m. E. unverständlich ist, da gerade ein OZ „Zugereisten" eine große Chance bietet, Kontakte zu knüpfen und Bekanntschaften aufzubauen. (Das KV-Sekretariat in Beckum ist immer bereit, die Adresse des zuständigen OZ-Vorsitzenden weiterzugeben.)

Mit der erfolgreichen Fahndung nach KVern ist es aber nicht getan. Das Interesse für den OZ zu wecken oder wachzuhalten, geschieht durch zwei wesentliche Faktoren: zum einen durch ein interessantes Programm, zum anderen durch freundschaftliche Kontakte untereinander. Was wesentlicher oder ausschlaggebender für den Erfolg einer OZ-Arbeit ist, wird letztlich nie geklärt werden und ist sicherlich auch von Fall zu Fall verschieden. Dem Vorstand stellt sich auf alle Fälle die Aufgabe, ein Programm zu bieten, das so viele wie möglich anspricht.

Bei uns war es nun so, daß es in Stuttgart einen harten Kern AHAH gab, die sich bereits über Jahrzehnte kannten und regelmäßig trafen. Wer selten bei den Zirkelabenden vorsprach, waren die jüngeren und mittelalten AHAH. Diese, so stellten wir es uns vor, sollten in den konstanten Kreis der AHAH, die von sich aus jedem Neuzugang offen entgegentraten, integriert werden. Unsere Überlegungen, die nicht im stillen Kämmerlein vor sich gingen, sondern immer im Gespräch mit den regelmäßig und vor allen Dingen mit den unregelmäßig an Veranstaltungen teilnehmenden KVern kontrolliert wurden, waren dann die, daß die jüngeren und mittelalten KVer überwiegend damit beschäftigt sind, eine berufliche Karriere aufzubauen oder aber bereits eine Stelle innehaben, die von ihnen einen großen Zeitaufwand erfordern. Viele sind zwar weiterhin bereit, die Arbeit des KV mitzutragen, in der Praxis sah es aber oft so aus, daß die wenige verbleibende Freizeit vorrangig mit der Familie verbracht werden sollte.

Bei diesem Problem wirkte es sich nun positiv aus, daß der gesamte Vorstand des OZ Stuttgart aus Mitgliedern bestand, die voll im Berufsleben stehen und die in derselben Situation sind, Familie und Engagement im KV unter einen Hut zu bekommen. Denn was nützt das beste Programm, wenn es niemanden erreicht. Also machen wir ein Programm, das der ganzen Familie offensteht: außer den monatlichen Stammtischen, die für Damen und Herren an verschiedenen Orten, aber zur selben Zeit stattfinden, gibt es keine „geschlossene Gesellschaften" mehr. Bei allen Veranstaltungen sind Familienangehörige selbstverständliche Teilnehmer, ob es um Vortragsveranstaltungen, Diskussionsabende, Besichtigungen, Wochenendfahrten o. ä. geht, jeder ist herzlich willkommen; schließ- lich haben auch die Jugendlichen Probleme, die sie z. B. im Rahmen des Gesprächs mit unserem Bischof, Dr. Georg Moser, ansprechen wollen.

Für Familien mit kleinen oder jugendlichen Kindern finden sogar eigens Familientage statt, an denen aber auch die Älteren gerne teilnehmen. So ist eine Veranstaltung entstanden, die eine Stärke des Verbindungslebens, nämlich das generationenumfassende gemeinsame Erleben, geradezu modellhaft verwirklicht. Bei allen Veranstaltungen achten wir darauf, daß auch wirklich Zeit zum freundschaftlichen Gespräch bleibt. Es gibt inzwischen auch schon zur Tradition gewordene Veranstaltungen, bei denen das gemeinsame Essen im Mittelpunkt steht. Übrigens werden diese Veranstaltungen überwiegend von den KV-Frauen selbst vorbereitet und durchgeführt, bei Teilnehmerzahlen, die sich zwischen 80 und 100 bewegen, kein leichtes Unterfangen. Wie wir so und so feststellen können, daß ohne die Mithilfe der Familien vieles nicht durchführbar wäre.

Erreicht haben wir in Stuttgart, und das nicht zuletzt mit Hilfe der eingangs erwähnten KV-Reisen, die jedes Jahr in den Herbstferien stattfinden und die fast zwangsläufig ein Zusammenschweißen der Mitfahrenden bewirken, daß sich im Stuttgarter OZ ein harter Kern immer ansprechbarer und an fast allen Veranstaltungen teilnehmender AHAH und Familien gebildet hat, der sich nicht nur im OZ trifft, sondern auch untereinander freundschaftlichen Kontakt hält. Dieser harte Kern setzt sich aus AHAH aller Altersstufen und auch Aktiven der KAV Rheno-Nicaria, die uns zu allen Veranstaltungen ihr Verbindungshaus samt Bewirtung kostenlos zur Verfügung stellt, zusammen.

Inzwischen geht es so weit, daß sich die Schüler untereinander verständigen, wer wohin geht, und notfalls auch ohne die verhinderten Eltern kommen. Daß es bei diesen Schülern nach dem Abitur nicht schwierig ist, sie für das Verbindungsleben im KV zu begeistern, ist ein kleiner, aber aus unserer Sicht sehr wichtiger Nebeneffekt unserer Arbeit.

Wir freuen uns, daß wir im OZ Stuttgart ein wirklich lebendiges KV-Leben vorzuweisen haben, möchten aber in Zukunft stärker aus dem KV-Kreis in die Öffentlichkeit treten und zu aktuellen Themen Stellung beziehen. Ein erster Schritt in diese Richtung soll die Zusammenarbeit mit dem katholischen Bildungswerk der Diözese Rottenburg/Stuttgart sein, die sowohl vom OZ als auch vom Bildungswerk ins Auge gefaßt ist. Wir meinen, daß wir jetzt stark genug sind, um auch Aufgaben außerhalb des KV angehen zu können, ohne daß wir die bis jetzt erreichten Erfolge in unserer Arbeit gefährden.

Michael J. Kumor

Das Meldewesen

Einführung

Der KV versteht sich als eine Gemeinschaft katholischer Akademiker. Gemeinschaft - zumal wenn sie gemäß dem Lebensbund-Prinzip auf das ganze Leben hin angelegt ist - setzt aber neben geistig-seelischen Grundlagen ganz handfestes materielles Wissen voraus: Wissen des Kartellbruders über den KV, während der Aktivenzeit begründet und in späteren Jahren durch die Lektüre der Verbandszeitschrift „Akademische Monatsblätter" sowie der Veröffentlichungen des KV fortgeführt und auf dem laufenden gehalten; im Gegenstromverfahren aber auch das Wissen des Kartellverbandes über die Kartellbrüder. Wie kann denn Kartellbrüderlichkeit bestehen und möglichst noch wachsen, wenn der eine vom anderen Kartellbruder nichts oder nichts Zutreffendes weiß.

Meldewesen heißt das im KV, was man neudeutsch mit innerverbandlicher Kommunikation bzw. personengebundener (Mitglieder-) Daten- speicherung umreißen könnte. Dabei geht der KV keineswegs über das hinaus, was er einfach von seinen Kartellangehörigen wissen muß. Auch darf jeder Kartellbruder sicher sein, daß der Verband mit seinen Daten keine geschäftlichen oder über den Verband hinausgehenden Umgang pflegt. Andererseits kann aber z. B. ein aktuelles KV-Jahrbuch - vielleicht in naher Zukunft um Berufsgruppenbezeichnungen erweitert - für die einzelnen Kartellbrüder eine wertvolle Grundlage gegenseitigen fachspezifischen Austausches geistiger und materieller Art bilden.

Seit Bestehen des Verbandes gibt es übrigens eine Meldepflicht der Kartellvereine und der einzelnen Kartellangehörigen. Die Arbeiten an der Datei (z. B. für das KV-Jahrbuch, den Versand der Verbandszeitschrift, die Statistik und für das KV-Archiv) sowie die tägliche Arbeit im KV-Sekretariat verlangen eine pünktliche, ausführliche und gewissenhafte Meldung der in Betracht kommenden Vorgänge. Auch ein bewußt föderalistisch strukturierter Verband wie der KV, in dem die einzelnen Kartellvereine eine starke Rolle, einnehmen, kann aus den vorgenannten und vielen anderen Gründen auf ein gut organisiertes und straff gehandhabtes Meldewesen nicht verzichten.

Die Meldepflichtigen

Durch die Aufnahme in einen Kartellverein wird zugleich die Kartellangehörigkeit erworben. Jeder Kartellangehörige wird dadurch meldepflichtig, und zwar sowohl gegenüber dem Kartellverein als auch gegenüber dem Verband. Dem Verband gegenüber meldepflichtig sind auch die Kartellvereine, die Altherrenvereine, die Ortszirkel, die Ortszirkelverbände und die Schülerkorporationen.

Aus besonderen Gründen (z. B. Berufsgruppenlisten) können auch Gruppen von Kartellangehörigen zu Meldungen an den Verband aufgefordert werden.

Umfang der Meldepflicht

Jeder Kartellangehörige meldet seinem Kartellverein (Altherrenverein) und dadurch dem Verband seine Personalien (Name, Vorname, Studienfach, Titel, Beruf, Geb.-Datum, Geb.-Ort und Anschriftenänderungen). Die Aktiven und Inaktiven melden bei einem Hochschulwechsel innerhalb von 4 Wochen nach Semesterbeginn ihren bisherigen Korporationen die Aufnahme in einen Kartellverein am neuen Hochschulort.

Die Aktivitates sind verpflichtet, den Semestermeldebogen für jedes Semester an das KV-Sekretariat einzusenden. Die entsprechenden Vordrucke werden durch das KV-Sekretariat gegen Ende des Semesters an alle Aktivitates in doppelter Ausführung versandt. Ein Exemplar ist zum Verbleib beim jeweiligen Kartellverein bestimmt.

Altherrenvereine sind verpflichtet, jährlich zum 1. Oktober ihre Mitgliederliste an das KV-Sekretariat einzusenden.

Ortszirkel bzw. Ortszirkelverbände senden auf besondere Aufforderung ihre Mitgliederliste an das KV-Sekretariat.

Die Aktivitates, Altherrenvereine, Ortszirkel, Ortszirkelverbände und Schülerkorporationen sind verpflichtet, von allen Drucksachen und Rundschreiben drei Exemplare an das KV-Sekretariat einzusenden. In besonderen Fällen, welche durch Rundschreiben oder in der Verbandszeitschrift mitgeteilt werden, besteht auch eine Meldepflicht gegenüber dem KV-Rat, dem Aktivenbundesvorstand, dem Vorstand des Altherrenbundes, den Ausschüssen und den Beauftragten.

Meldetermine

Der Semestermeldebogen mit den für die Statistik notwendigen Angaben ist am Ende eines jeden Semesters einzusenden. Die Mitgliederlisten der Altherrenvereine sind zum 1. Oktober eines jeden Jahres einzureichen. Die ständigen Termine nach der Verfassung des KV, nach der Geschäftsordnung des KV, nach der Gerichtsordnung des KV sowie Termine aus besonderem Anlaß werden im „Schwarzen Brett" in den Akademischen Monatsblättern bekanntgegeben.

Meldeversäumnisse und KV-Rechtsgrundlagen

Entsprechend der Bedeutung eines geordneten Meldewesens werden Versäumnisse entsprechend der KVs geahndet. Das Meldewesen gehört zu den Verpflichtungen einer Aktivitas, eines Altherrenvereins oder eines Ortszirkels und ist im einzelnen in den §§ 1—3 KVGO geregelt.

Literaturverzeichnis

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CV-Handbuch, München 1980

B. Egen, Fuchsenfibel Markomanniae, Münster 1980

L. E. Finke, Gestatte mir Hochachtungsschluck, Hamburg 1963

P. Gladen, Geschichte der studentischen Korporationsverbände, Bd. 1, Würzburg 1981

F. Golücke, Studentenwörterbuch, Würzburg 1979 (Veröffentl. d. Archivvereins der Markomannia in CV 16)

H. Grundmann, Vom Ursprung der Universitäten im Mittelalter, Darmstadt 1964

P. Krause, O alte Burschenherrlichkeit, Graz 1980

KV-Jahrbuch 1981, Beckum 1981

KV-Sonderdrucke (Neue Folge), Heft 1-11, Beckum 1953-1984

M. Luible, Fuchs und Bursch, München 1955

Mittelschüler-Kartell-Verband (Hrsg.), Der Comment, Wien 1980

österreichischer Verein für Studentengeschichte (Hrsg.), Studentisches Brauchtum, Ausstellungskatalog Wien 1983

J. Ohnsorge - K. Jungnickel, KV-Handbuch für Chargen, Köln 1976

Satzung, Geschäfts- und Gerichtsordnung des KV, Beckum 1981

F. Schulze - P. Ssymank, Das deutsche Studententum, München 1932

Studentenschaft und Korporationswesen an der Universität Würzburg, Würzburg 1982

O. Waas, Die Pennalie, Graz 1967

Sonderdrucke und Werbemittel des KV

Siehe: http://www.kartellverband.de