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Korporationsgeschichte (1945)

Geschichte der Korporationen ab 1945

Aus den im Geheimen weitergeführten örtlichen Zirkeln entstanden ab 1945 bis 1952 alle größeren Verbände wieder. Leider kam es nicht zur Rekonstituierung der Studentinnenvereine, die sich in der Weimarer Zeit von gewerkschaftlich-emanzipatorischen Zusammenschlüssen mehrheitlich zu Korporationen klassischer Prägung mit weiblichen Mitgliedern entwickelt hatten. Im wesentlichen knüpften nach dem Krieg zunächst alle Korporationsverbände an ihre Traditionen aus der Weimarer Zeit an. Lediglich die Verbände, die eine unbedingte Satisfaktion forderten, mußten jetzt dieses Prinzip aufgeben. Bereits im Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen 1921 hatten sie die Allgemeingültigkeit der unbedingten Satisfaktion gegenüber den nicht-schlagenden Verbänden aufgeben müssen. So ergab sich das Paradoxon, daß seit dem sog. Göttinger Mensurenprozeß (1951 — 1953) nach 70 Jahren — mit Ausnahme der NS-Zeit — die Mensur als Ausdruck der unbedingten Satisfaktion in einem Zweikampf nicht mehr strafrechtlich verfolgt wurde, und im gleichen Jahr 1953 die Vertreter der waffenstudentischen Verbände in einer feierlichen Erklärung gegenüber dem Bundespräsidenten den Verzicht auf die unbedingte Satisfaktion mit der Waffe erklärten. Bis in die Mitte der 60er Jahre erlebten die Verbände eine erneute Blütezeit, ohne allerdings an den Hochschulen nochmals die Bedeutung der Weimarer Zeit erreichen zu können. Das Verhältnis zwischen den Verbänden war weitaus weniger aggressiv als in den zurückliegenden Zeiten. Mit dem Aufkommen der „68er-Bewegung` wurden viele Korporationen und Verbände in Existenzkrisen gestürzt; aus der rückschauenden Sicht scheint jedoch, daß das konsequente Festhalten an den tradierten Prinzipien eher geeignet war, den Bestand der eigenen Korporation/des eigenen Verbandes zu sichern als das z.T. überstürzte Bemühen einer Anpassung an die vermeintlich neuen Erfordernisse und die Aufgabe von bisher tragenden Säulen des Verbindungslebens. Allein der UV erlebte trotz konsequenter Fortführung seiner Prinzipien einen starken Einbruch, und zahlreiche Korporationen mußten sistieren. Möglicherweise war aber beim relativ kleinen UV die Personaldecke zu dünn, um diese schwierige Zeit erfolgreicher zu überbrücken. Die seit dem Ende der 80er Jahre wieder auflebende Diskussion über die Aufnahme von Studentinnen in den UV führte zu der Überlegung, Studentinnenvereine, die die Zielsetzung des UV teilen, als Mitglieder in den Verband aufzunehmen unter Wahrung des Männerbundsprinzips in den „alten” UV-Verbindungen. KSCV, WSC und CV überstanden unter konsequenter Fortführung ihrer Prinzipien die Phase des Umbruchs relativ unbeschadet. Die DB gab nach heftigen Auseinandersetzungen die Bestimmungsmensur als Verbandsprinzip auf, nur noch ca. 50% der Burschenschaften folgten der traditionellen Richtung. Der KV geriet 1969 bis 1972 an den Rand der Spaltung; die neue Satzung, die „in begründeten Ausnahmefällen” den einzelnen Kartellvereinen die Aufnahme nicht-katholischer Christen gestattete, sollte eine neue tragfähige Grundlage bilden. Es zeigte sich jedoch, daß die extensive Auslegung, z.T. auch Mißachtung der Satzung durch einige Korporationen das weitere Auseinanderdriften der Kartellvereine nicht verhinderte. Im CC kam es zur Abspaltung von 13 Korporationen, die sich 1971 zum „Marburger Konvent” mit fakultativer Mensur zusammenschlossen. Seit 1958 ist im Schwarzburgbund (SB) das Tragen von Couleur freigestellt, seit 1972 die Aufnahme von Studentinnen ausdrücklich gestattet. Im Wingolf wurde 1971 zunächst nur die interne Mitarbeit von Studentinnen erlaubt bei Festhalten des Gesamtverbandes als Männerbund. Auch in den folgenden Verbänden ist seit Beginn der 70er Jahre die Mitgliedschaft von Studentinnen möglich: ATB (Akademischer Turnerbund, nicht AHB), die Deutsche Gildenschaft (DG), der Deutsche Wissenschaftler-Verband (DWV), der Miltenherg-Wernigeroder Ring (MWR), der Sondershäuser Verband (SV, nicht AHB), der Verband Akademischer Seglervereine (VASV) und der Schweizerische Studentenverein (SchwStV; seit 1977 auch Aufgabe des Katholizitätsprinzips). Seit dem Ende der 70er Jahre ist bei den meisten Korporationsverbänden eine Stabilisierung der inneren Situation wie auch der Mitgliederzahlen zu verzeichnen. Es kam sogar zu einer Reihe von Reaktivierungen und Neugründungen, im KV etwa Baltia-Kiel, Andechs-Merania-Bayreuth oder Boiotro-Passau. Seit dem Fall der innerdeutschen Grenzen und der Deutschen Wiedervereinigung sind insbesondere die großen Korporationsverbände bemüht, an den alten Universitäten Mitteldeutschlands wieder oder neu Fuß zu fassen, im KV etwa durch den KStV Lichtenstein-Erfurt und den KStV Abraxas-Saxonia-Dresden (z.Zt. vorläufige Mitgliedschaft im KV).