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Akademische Kulturkampf

Trotz der Gefahr der Exkommunikation und der fast militant antikatholischen „Los von Rom-Bewegung” des RITTERS VON SCHÖNERER, die innerhalb der deutschnationalen Kreise breite Zustimmung fand, stellten bis ca. 1905 die Katholiken dennoch 10% der Aktiven der schlagenden Verbände. Die gespannte Atmosphäre um die Jahrhundertwende verdeutlichen folgende Begebenheiten: 1895 erklärte der evangelische Rektor der Universität Heidelberg die unberechtigte Existenz katholischer Korporationen zur „Provokation”, 1896 demonstrierten in Darmstadt 1.000 Studenten gegen die Gründung einer katholischen Korporation. Die Gegensätze kulminierten schließlich im sog. „Akademischen Kulturkampf" 1904/05. Nach einem Aschermittwochs-Umzug der CV-Verbindung Sugambria in Jena in Couleur erklärte die Studentenschaft unter Führung der Corps die Existenz farbentragender konfessioneller Verbindungen „für ein dem Wesen der deutschen Studentenschaft widersprechendes Unterfangen und für das deutschnationale Empfinden schwerschädigendes Übel”. Der Senat verbot anschließend der Sugambria das Farbentragen. Die Woge griff rasch auf andere Hochschulen über (Berlin-Charlottenburg, Hannover, Aachen, Karlsruhe, Darmstadt); die Aktionen richteten sich dabei auch gegen den nicht-farbentragenden KV und damit gegen die Daseinsberechtigung katholischer Korporationen überhaupt. Zwei Studententage 1905 bezeichneten die konfessionellen Zusammenschlüsse als Spaltpilze der deutschen Nation und Gefahr für die nationale Einheit. Ähnliche Deklarationen beschlossen Corps, Landsmannschaften, Burschenschaften und Turnerschaften. Der Wingolf lehnte eine derartige Diskriminierung ab. Ein Verbot der katholischen Verbindungen konnte nirgendwo erzielt werden; wie schon 30 und 70 Jahre zuvor schlossen sich die Katholiken enger zusammen. Der äußere Druck bewirkte eine verstärkte Motivation. Die sich bis zum 1. Weltkrieg nun in großer Zahl neu gründenden Vereine nahmen bewußt als Erwiderung auf die Angriffe im akademischen Kulturkampf verstärkt deutsche statt lateinische Namen an.

siehe auch

Korporationsgeschichte