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Markomannen (Volksstamm)

Neben vielen weiteren Aufgaben, die unsere Gründungsväter mit viel Elan und Begeisterung gelöst haben, stellte sich auch die der Namensgebung für die entstehende Korporation. Welche Motive nun entscheidend waren für die Auswahl des Namens Markomannia aus so vielfältigen Vorschlägen wie Ripuaria, Silesia, Amisia, Brukteria und Suevia, ist in den Annalen nicht vermerkt. Fest steht nur, daß der Gründungsconvent vom 14. Februar 1901 aus der Liste der genannten mehr oder minder wohlklingenden Namen eine einstimmige Wahl getroffen hat. Dennoch aber dürfte den meisten Bundesbrüdern ein eingehenderes Wissen über die Herkunft der „Markomannen” nicht geläufig sein. Daher soll an dieser Stelle ein wenig Ahnenforschung betrieben werden. Die Gründung der Markomannia durch Teilung der Germania liefert uns den ersten Anhaltspunkt hinsichtlich der Abstammung, denn die Markomannen waren tatsächlich ein germanisches Volk.

Zeitleiste

300 v.Chr. Aus den Sueben gehen die Markomannen hervor und siedeln südlich des Mains, westlich des Böhmerwalds, nördlich der Donau

58 v.Chr. erste Erwähnung durch Caesar im Heerzug des Ariovist

9 v. Chr. Der römische Feldherr Drusus zieht bei einem Erkundungszug gegen die Markomannen zu Felde

8 v.Chr. Marbod kommt an die Macht

6.v.Chr. um eine Unterwerfung unter die Römer zu vermeiden führt Marbod die Markomannen nach Osten gegen die Boier in das Gebiet von Böhmen und Mähren

3 v. Chr. vereinigt Marbod Hermunduren, Quaden, Langobarden, Semnonen und Wandalen in einem mächtigen aber nur locker gefügten Stammesbund und baut eine Armee von 70.000 Mann und 4.000 Reitern nach römischen Vorbild auf

6 n.Chr. Tiberius versucht mit 2 Legionen Marbod anzugreifen, wird jedoch durch einen Aufstand in Pannonien zur Umkehr gezwungen

9 n.Chr. Varusschlacht

17 n.Chr. Krieg zwischen Markomannen und Cheruskern

19 n.Chr. Marbod geht ins Exil, sein Rivala Katwalda kommt an die Macht

21 n.Chr. Katwalda wird vertrieben. Ansiedlung der Markomannen am linken Donauufer

-Markomannen unter römischer Herrschaft-

bis 100 n.Chr. Ausdehnung des Machtbereich bis nach Niederösterreich

89/92 n.Chr. Kämpfe mit Rom

~150 Gotensturm. Verdrängung der nördlichen Teile der Markomannen. Siedlungsdruck nach Süden

166-175 erster Markomannenkrieg

178-180 zweiter Markomannenkrieg

17. März 180 Tod Marc Aurels, Frieden mit Markomannen

Ansiedlung von Markomannen in Pannonien

310, 323, 357 und 374 weitere Einfälle auf römisches Reichsgebiet

396 Friedensvertrag unter Bischof Ambrosius mit der zum Christentum konvertierten Markomannefürstin Fritgil

Christianisierung der Markomannen

433 Abtritt Pannoniens an die Hunnen

451 Feldzug Attilas gegen Gallien mit Unterstützung der Markomannen

7. Jh. die in Böhmen verbliebenen Markomannen gehen in den einwandernden Slawen auf und tragen eventuell zur Entstehung der Bajuwaren bei.

Die Markomannen südlich der Donau gehen möglicherweise im Volk der Bayern auf

Geschichte

Markussaeule.jpg

Zuerst genannt werden sie von CAESAR BG 1,51 im Heere des ARIOVIST neben den Sweben. CAESAR kennt sie als jene Germanen, die unmittelbare Nachbarn der Helvetier sind, nur durch den Rhein geschieden. Vermutlich stammen die Markomannen von den Sweben ab, einer Gruppe verschiedener Völker, die einst einen Stamm gebildet haben. Deren Urheimat war der nördliche Teil der Mark Brandenburg sowie Mecklenburg-Strelitz. Die allmähliche Ausbreitung der Sweben und die damit verbundene Entstehung der Einzelstämme läßt sich noch mit ziemlicher Genauigkeit verfolgen. Von dem Stammlande aus besiedelten sie zunächst die Westhälfte der Niederlausitz, die Provinz Sachsen um Halle, Thüringen und das ehemalige Königreich Sachsen. Das Volk, das aus den Bewohnern dieser Gegend erwuchs, nahm wahrscheinlich den Namen Markomannen an. Es bestand wohl weiterhin ein enger Zusammenhang zwischen Markomannen und Sweben. Beide Stämme standen (laut Monumentum Ancyranum) unter demselben König (TUDRUS?). Auch dessen Nachfolger MAROBODUUS (MARBOD) herrschte wohl über beide. Viele Versuche der Klassifizierung der Markomannen gehen von ihrem Namen aus. Das Mittelhochdeutsche kennt den Begriff marcman: Grenzmann, Grenzhüter, Bewohner einer Mark. Germanisch marc, marco heißt soviel wie Grenze, Grenzland, das Siedlungsgebiet umgebendes wildbewachsenes Land. Für die Sweben waren die Mark oder die Marken das Ödland, das einen Teil ihrer Grenzen bildete. So stellte das Gebiet der Markomannen eine Grenze zu den Kelten dar. Das Land war zuvor von Kelten besiedelt gewesen, die vielleicht unter der Oberherrschaft der Bojer gestanden haben. Auf die Vertreibung dieser Bewohner und die Besitznahme durch die Markomannen bezieht sich wohl die Stelle Tac. Germ. 42 „Marcomannorum gloria ... atque ipsa etiam sedes pulsis olim Boiis virtute parta.” Der Sitz der Markomannen läßt sich in groben Umrissen folgendermaßen angeben: südlich des Mains, westlich des Böhmerwaldes, im Süden bis gegen die Donau. Diese Begrenzung gründet sich u.a. darauf, daß DOMITIUS AHENOBARBUS später in einem Teil des Markomannenlandes Hermunduren ansiedelte, die dann als in der Nähe der rätischen Donaustrecke um die Mündung des Lech wohnend bezeugt sind. Der Schwerpunkt der markomannischen Macht scheint im Maingebiet gelegen zu haben, denn von Mainz bzw. Hoechst am Main aus operierte DRUSUS gegen sie. Der römische Feldherr zog im Jahre 9 v. Chr. durch das Chattenland gegen die Sweben und Markomannen, die er, wie es heißt, mit Glück bekämpfte. Zum Gedächtnis des über sie errungenen, anscheinend nicht leichten Sieges wurde aus den erbeuteten Waffen und Feldzeichen ein Tropäum errichtet. Zu dieser Zeit trat MARBOD, ein markomannischer Edeling, an die Spitze seines Volkes. Er war in Rom erzogen sowie militärisch und politisch geschult worden. Vielleicht mit römischer Unterstützung hatte er die Führungsposition bei den Markomannen erreicht und trug den Königstitel. Um die drohende gänzliche Unterwerfung durch die Römer abzuwenden, führte Marbod sein Volk etwa 6 — 8 v. Chr. aus dem oberen Maingebiet nach Osten in das früher von den Bojern bewohnte Böhmen und Mähren, das sich durch seine günstige Lage auszeichnete. Hier entstand nun unter Führung von MARBOD eine Herrschaftsform, die über das Stammesdenken hinaus eine politische Konzeption verrät, die sich durch eine straffere Leitung von der ansonsten in Germanien verbreiteten lockeren Volksverfassung unterschied. MARBOD baute seine Machtbefugnisse aus, indem er einzelne Häuptlinge (wie KATWALDA) vertrieb und andere in ihren Rechten schmälerte. Seine Herrschaft erstreckte sich über eine größere Zahl weiterer Stämme, wahrscheinlich sowohl germanische wie keltische. „Maroboduus ... non tumultuarium neque fortuitum neque mobilem et ex voluntate parentium constantem inter suos occupavit principatum, sed certum imperium vimque regiam complexus”, sagt sein Zeitgenosse VELLEJUS II 108,2. Die wohldisziplinierte und schlagkräftige Streitmacht MARBODS wurde auf 70.000 Mann Fußtruppen und 4.000 Reiter geschätzt. Den Mittelpunkt seines Reiches bildete die bei einer sog. Fliehburg, einem Ringwall, gelegene Königsburg, wo der Herrscher, umgeben von seinem Gefolge, Hof hielt. Die Lage der Hauptstadt ist unbekannt. Wahrscheinlich ist es wohl der Plicberg bei Dobrichov, Bez. Kolin, der durch seine reichen markomannischen Funde ausgezeichnet ist. Die Entstehung einer so bedeutenden Militärmacht bereitete dem römischen Kaiser begreiflicherweise nicht geringe Sorgen, lagen doch hier die Anfänge einer Zusammenfassung der zersplitterten germanischen Stämme vor, die der bisher verfolgten germanischen Eroberungspolitik des AUGUSTUS leicht ein energisches Halt bieten konnte. Obwohl Marbod jeden Konflikt mit den Römern zu vermeiden suchte, ohne sich aber in die Rolle eines Untergebenen drängen zu lassen, entschloß sich Augustus, seinen Gegner mit allen zur Verfügung stehenden Kräften niederzuwerfen. Zwölf Legionen standen unter der Führung des TIBERIUS bereit, während Marbod 70.000 Mann Fußtruppen und 4.000 Reiter mobilisierte, eine für diese Stämme unvorstellbar große zentral geführte Streitmacht. Dennoch schien das Schicksal der Markomannen besiegelt, als die Römer von zwei Seiten heranzogen; doch nur wenige Tage vor der Vereinigung der beiden Heere und dem Übertritt auf Markomannenland brach im Rücken der Römer in Pannonien ein gewaltiger Aufstand aus, der halbe Balkan brannte — durch den grausamen römischen Steuerdruck zur Verzweiflung getrieben. Tiberius mußte schleunigst umkehren. Marbod hätte nun zum Angriff übergehen können; er tat es jedoch nicht und schloß Frieden.

Im Jahre 9 n. Chr. nach der Varusschlacht im Teutoburger Wald, in der der Cheruskerfürst ARMINIUS drei römische Legionen vernichtete, weigerte sich Marbod, mit ARMINIUS gegen die Römer loszuschlagen. Stattdessen betrieb er eine Neutralitätspolitik, ohne allerdings das Misstrauen der Römer gegen seine Macht zerstreuen zu können. Da die cheruskische Politik entgegengesetzt war, versuchte ARMINIUS, seinen Widersacher niederzuringen. Eine Schlacht der beiden Völker im Jahre 17 führte zwar zu keiner Entscheidung, aber Marbod räumte das Feld und zog sich nach Böhmen zurück, wo er — von seinen Verbündeten verlassen — bald seine Macht auf sein eigenes Volk beschränkt sah. Zwei Jahre später war seine Herrschaft vollends beendet, als KATWALDA, einst von MARBOD vertrieben, mit starker Schar — wahrscheinlich von den Römern unterstützt — in das Markomannenland einbrach und sich mit Unterstützung des Adels der Hauptstadt bemächtigte. MARBOD flüchtete auf römisches Gebiet, ging nach Ravenna ins Exil und lebte hier bis zum Jahre 37. KATWALDA, der den römischen Einfluß im Markomannenlande manifestierte, wurde bereits zwei Jahre später vertrieben. Wie MARBOD begab er sich auf römisches Gebiet, wo er von seinen Begleitern getrennt nach Forum Julium (Frejus) abgeschoben wurde. Seine und MARBODS Anhänger, also vorwiegend Markomannen, wurden am linken Donauufer angesiedelt. In den Folgejahren standen die Markomannen unter direktem römischem Einfluß; von Rom wurde auch der Stammesfürst eingesetzt, Hilfstruppen mußten den Römern gestellt werden. Von mehreren Stammeskämpfen und Auseinandersetzungen mit den Römern wird in den Quellen berichtet. Erst gegen Ende des ersten Jahrhunderts dehnten die Markomannen ihr Gebiet bis zur Donau hin über das östliche Niederösterreich aus. TACITUS führt die Markomannen zwischen den Stämmen auf, die Germaniens Stirn gegen die Donau bilden.

Am meisten aber machten die Markomannen den Römern in den sog. Markomannenkriegen (166 — 175 und 178 — 180) zu schaffen. Zahlreiche Völker waren an diesen Erhebungen beteiligt, die in der Hauptsache wohl durch den Druck ausgelöst wurden, den die Wanderung der Goten zum Schwarzen Meer und das gleichzeitige Vordringen burgundischer Abteilungen nach Schlesien mit sich brachten. Der Bevölkerungsdruck im Osten zwang die Markomannen dazu, sich südlich der Donau neues Land zu suchen. Zum Teil kommt aber auch Kriegs- und Beutelust aufgrund der Schwäche des römischen Grenzschutzes als treibendes Motiv in Betracht. Ein Ausbruch der Pest, die von den römischen Truppen aus dem Orient eingeschleppt worden war, verursachte starke Verluste auf Seiten der Römer und erschwerte die Aufstellung eines Heeres erheblich. Im Laufe des Jahres 171 drangen Markomannen und Quaden, nachdem sie die Römer beim Donauübergang vernichtend geschlagen hatten, durch Pannonien über die Julischen Alpen in Italien ein, legten Opitergium (Oderzo) in Venetien in Schutt und Asche, belagerten Aquileja, das unweit von Venedig lag, und standen schließlich vor Verona. Seit HANNIBAL waren keine feindlichen Truppen Rom mehr so nahe gekommen. Kaiser MARC AUREL übernahm selbst die Verantwortung für die Verteidigung seines Reiches.

„So groß aber war die Furcht vor einem Krieg mit den Markomannen, daß der Kaiser von überallher die Priester herbeirief, fremdländische religiöse Bräuche befolgte, die Stadt Rom auf jede Weise zu entsühnen suchte, und so von seinem Aufbruch ins Feld zurückgehalten wurde.”

(Annales Scriptores Historiae AUGUSTAE IV,12,13 nach CAPELLE)

Alles, was Waffen tragen konnte, wurde aufgeboten. Selbst Sklaven, Gladiatoren und sogar Räuber aus Sardinien wurden als Krieger ausgerüstet, um den Gegner zu schlagen. In längeren Kämpfen gelang es schließlich, die Gefahr abzuwenden, die besetzten Gebiete zu befreien und die Grenzen einigermaßen wiederherzustellen. 175 war der erste Markomannenkrieg beendet. Von den Erfolgen der Römer zeugt in Rom die 30 Meter hohe Markussäule, deren Reliefs die Ereignisse des Donaukrieges von 171 bis 175 in chronologischer Reihenfolge abbilden und die großen Taten des Kaisers und seiner siegreichen Truppen verewigen sollen. Nachdem der Friede dauerhaft wiederhergestellt schien, wurden zwei neue Legionen zum Schutze von Noricum und Raetien in Lauriacum und Regensburg ausgehoben und weitere Befestigungen des Limes vorgenommen. Doch schon 177 erfolgten neue Überfälle von Markomannen und anderen germanischen Stämmen. 178 zog der Kaiser selbst zur Donau, nachdem in althergebrachter Weise der Krieg erklärt worden war: Der Fetialis warf eine Lanze in das durch Rechtsfiktion als feindlich erklärte Stück Land am Tempel der Bellona zu Rom. 179 wurde ein großer Sieg über Markomannen und Quaden erzielt. Böhmen und Mähren sollten nun als Provinz Markomannia dem Reich angegliedert werden, um so einen dauerhaften Zustand im Sinne der Sicherung der römischen Herrschaft in den Ländern der mittleren Donau zu erreichen. Doch der Tod des Kaisers MARC AUREL am 17. März 180 in Vindobona (Wien) verhinderte die Ausführung dieses Planes und bescherte Markomannen und Quaden Frieden. Diese verpflichteten sich zur Rückgabe von Kriegsgefangenen, einer jährlichen Abgabe von Getreide und zur Stellung eines regelmäßigen Kontingentes von Rekruten.

In den nächsten Jahrhunderten wechselten Kriegs- und Friedenszeiten. Von einigen Überfällen der Markomannen in wechselnden Koalitionen mit Germanenstämmen auf römisches Gebiet wird berichtet. Eine große Anzahl von Markomannen wurde in Pannonien angesiedelt. Ein geringerer Teil des Volkes blieb an der Donau zurück. Bis zum Ende des vierten Jahrhunderts schweigen die Quellen über das weitere Schicksal der Markomannen, obwohl sie wahrscheinlich an den Erhebungen ihrer Nachbarn gegen die Römer nicht unbeteiligt waren. Nach Einfällen von Markomannen und Quaden in Noricum, Pannonien und Dalmatien kam 396 unter Mitwirkung des Bischofs AMBROSIUS von Mailand ein Vertrag mit den Römern zustande. Die Biographie des HL. AMBROSIUS zitiert einen Brief des Bischofs an die zum Christentum bekehrte Markomannenfürstin FRITIGIL, in dem dieser FRITIGIL auffordert, sie möge ihren Gatten bestimmen, mit den Römern Frieden zu halten (Vita S.AMBROSII, C 36). Im Jahre 433 mußte AETIUS Pannonien an die Hunnen abtreten, die pannonischen Markomannen kamen also unter hunnische Herrschaft und nahmen an dem Zug ATTILAS gegen Gallien 451 teil. PAULUS DIACONUS Hist. Rom. 14,2 führt Markomannen und Quaden als hunnische Hilfsvölker auf. Gänzlich fehlen Nachrichten über die nur noch geringen, nördlich der Donau zurückgebliebenen Markomannenreste. Ohne politischen Halt dürften sich diese zerstreut haben oder unter anderen Völkern, besonders den Langobarden, aufgegangen sein. Seit der Mitte des fünften Jahrhunderts wird der Name Markomannen überhaupt nicht mehr erwähnt. Bis heute konnte nicht endgültig geklärt werden, wo sie verblieben sind. Gewissen Theorien zufolge sollen Markomannen die Vorfahren der Bayern sein. Einige Gründe sprechen für diese Hypothese, wesentliche Bedenken, die den Rahmen dieser Darstellung weit sprengen würden, bleiben jedoch bestehen.

siehe auch

Marbod

Markussäule

Markomannenkriege