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GV Bardophonia Münster

GVBardophonia.gif

nicht-schlagend

farbtragend

Gründungsdatum: 18.12.1858

Status: Aktiv aktiv (Schülerverbindung)

Farben: gold-rot-weiss

Percussion: silber

Fuchsenfarben: silber-gold-silber

weiße Schülermütze mit gold-rot-weiss Bordüre

Wahlspruch: Wie ein stolzer Adler

Internet: http://www.bardophonia.de

Geschichte

Augustin Wibbelt beschreibt in seiner Erzählung "De Strunz" , die im Jahre 1902 erstmals in Buchform erschien, einen Schüler-Gesangverein am Gymnasium in Lurum, die Bardophonie, dem die Studenten (= Gymnasiasten) Alex Wolbrink, Sohn eines verstorbenen Arztes, und Louis Lichter, der Sohn des Dorfschulzen von Holldrup, angehören. Die Sitzungen, Konvente und Ständchen der Bardophonie sind so plastisch und lebendig geschildert, daß der Gedanke nahe liegt, Wibbelt habe, wie so oft, auch hier ein konkretes Vorbild gehabt. Und in der Tat existiert am Gymnasium Paulinum in Münster seit 1858 ein Schüler-Gesangverein mit dem Namen Bardophonia, kurz auch Bardophonie genannt.

Wie die zum großen Teil noch erhaltenen sog. Kladden (Chroniken) des Gesangvereins ergeben, wurde die Bardophonie am 18. Dezember 1858 von 7 Schülern des Paulinischen Gymnasiums in Münster gegründet. Die Statuten der Bardophonia besagen - so von Wibbelt fast wörtlich übernommen -in § 1 : "Zweck des Vereines ist die Pflege des mehrstimmigen deutschen Männergesanges und der Gemütlichkeit". Dieser Gesangverein Bardophonia wurde vom Oktober 1860 an meistens offiziell von der Schulleitung anerkannt, manchmal aber auch durch den Direktor des Gymnasiums verboten, offenbar weil befürchtet wurde, daß die Primaner dem zweiten Teil des Vereinszwecks zu sehr den Vorzug gaben.

Selbst in der Zeit des Dritten Reiches blühte der Gesangverein Bardophonia am Paulinum, das galt auch während der Kriegszeit. Der damalige Leiter des Gymnasiums Paulinum, Oberstudiendirektor Dr. Alfred Stephany, bestellte dem Gesangverein sogar einen Protektor in der Person des Musiklehrers Studienassessor Bernhard Bußmann. Allerdings wäre dem Gesangverein Bardophonia wohl kaum eine offizielle Duldung widerfahren, wenn bekannt gewesen wäre, daß einige seiner Mitglieder nach den abendlichen Konventen, Tabakskollegien und Proben manches Mal einen sogenannten "Bildersturm" vollführten, d.h. systematisch die sog. Stürmerkästen in der Altstadt einschlugen. Diese Schaukästen enthielten das antisemitische Hetzblatt "Der Stürmer", das der damalige berüchtigte Gauleiter von Franken, Julius Streicher, herausgab. Auch die Lieder der Bardophonia waren nicht gerade NS-konform. Doch davon soll an dieser Stelle nicht weiter berichtet werden.

Im Jahre 1942 wollte die Bardophonie am 25. Mai im Zwei-Löwen-Klub zu Münster ihr 43. Stiftungsfest feiern. Der Verfasser dieser Zeilen, seinerzeit Präses der Bardophonia oder "Oberbarde", wie Wibbelt ihn in seiner Erzählung nennt, hatte in einer Chronik der Bardophonia für das Jahr 1900 folgende Notiz gelesen :

"Einen Beweis dafür, daß die Bardophonia in weiten Kreisen bekannt ist, liefert eine Erzählung im "Hausschatz", einer Gratisbeilage zum katholischen Missionsblatt. Es werden in derselben Abenteuer der Bardophonie erzählt, eines gelehrten Vereins, der sich mit Sank und Klang afgaff und dessen eigentlicher Zweck die Pflege des mehrstimmigen deutschen Männergesangs war. Es sollte aber auch zugleich eine freundschaftlich-gesellige Vereinigung sein. Ich habe eine Nummer dieses Blattes auf der letzten Seite des Buches angebracht".

So der damalige Chronist. Noch heute befindet sich in der Chronik ein Exemplar dieser Beilage zum katholischen Missionsblatt, Dülmen, aus dem Jahre 1900, in der ein Auszug aus Augustin Wibbelts Erzählung "De Strunz" enthalten ist, der sich mit der Bardophonie befaßt. Die Mitglieder des Vereins folgerten im Jahre 1942 spontan, wer so lebhaft und genau die Bardophonie zu schildern verstehe, könne nur Pauliner und Bardophone sein; er müsse zum Ehrenmitglied ernannt werden wegen seiner Verdienste um die Einführung der Bardophonia in die Literatur und sei besonders zum bevorstehenden Stiftungsfest einzuladen. Der damalige Präses schrieb Wibbelt einen entsprechenden Brief und erhielt kurze Zeit später folgende Antwort:

Vorhelm über Ahlen W 25. 5. 1942

Sehr verehrter Herr Präses der Bardophonia! Überraschend kommt mir die ehrenvolle Einladung, als Alter Herr und Ehrenmitglied dem Stiftungsfeste der Bardophonia beizuwohnen. Es wäre für mich damit gute Gelegenheit gegeben, mir diese Ehre anzueignen, aber mein Gewissen verbietet mir eine solche Erschleichung, da offenbar ein error in persona vorliegt. So will ich denn zur Steuer der Wahrheit eingestehen, dass ich nicht das Paulinum in Münster, sondern das Carolinum in Osnabrück besucht und dort die Reifeprüfung bestanden habe. Von dem ruhmreichen Wirken der Bardophonia habe ich erst als Akademker gehört und zwar durch meinen nunmehr schon verstorbenen Freund Pfarrer Anton Möllers in Zyfflich, gebürtig aus Telgte. Welchen Eindruck seine Berichte auf mich gemacht haben, ist schon daraus zu ersehen, dass ich in meiner plattdeutschen Erzählung De Strunz die Bardophonie eingehend, wenn auch mit dichterischer Freiheit geschildert habe. Ich darf mich also Ihrem auserlesenen Kreise nicht zurechnen, hege aber Verständnis und Verehrung für Ihre idealen Bestrebungen und darf wohl diese Gelegenheit benutzen, Sie zu bitten, den Mitgliedern Ihrer erlauchten Gesellschaft meine ergebensten und herzlichsten Grüsse zu übermitteln. Freilich würde mir, wenn ich ein Anrecht hätte, mein Alter von nahezu 80 Jahren eine aktive Teilnahme doch nicht gestatten. Nehmen Sie die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung und meiner aufrichtigen Sympathie.

Ihr ganz ergebener Dr. Augustin Wibbelt Pfr. i. R.

Natürlich wurde der Brief von Augustin Wibbelt damals mit großem Hallo aufgenommen: Die Mitglieder der "erlauchten Gesellschaft" fühlten sich nicht wenig geschmeichelt durch die Erwähnung ihres "ruhmreichen Wirkens". Wibbelt verstand genau den leicht ironischen und doch wohlwollenden Ton zu treffen.

Wibbelts Gewährsmann in Sachen Bardophonie, der aus Telgte gebürtige Pfarrer Anton Möllers, hat im Jahre 1883 das Abitur am Paulinischen Gymnasium abgelegt. Indessen ist ein Anton Möllers in dem noch erhaltenen Mitgliederverzeichnis der Bardophonia nicht zu finden. Aus dem Abiturjahrgang 1883 war lediglich Wilhelm Koop aus Ahaus Mitglied der Bardophonia. Die Chronik des Gesangvereins von der Gründung 1858 bis 1885 enthält auch keinen sonstigen Hinweis auf Anton Möllers. Vielleicht kann aber eine andere Eintragung in der Chronik eine Erklärung anbieten. Es heißt dort: "Im Jahre 1880 wurde der Verein vom Gymnasialdirektor Dr. Oberdick aufgelöst."

Wir müssen also annehmen, daß Anton Möllers selbst nicht Mitglied der Bardophonie war und seine Informationen über diesen Gesangverein an Augustin Wibbelt nicht auf eigenen Erlebnissen als Bardophone beruhen. Offensichtlich hat die Bardophonia auch in der zeitweiligen Illegalität, die ja ebenfalls von Wibbelt beschrieben wird, ihr Leben nicht ausgehaucht, sondern sogar großen Eindruck auf die Mitschüler gemacht. Und wenn Anton Möllers schließlich auch kein Bardophone war: alles, was wir über ihn durch die Schilderungen Augustin Wibbelts wissen, stellt Anton Möllers als einen Mann dar, der prächtig in diesen wohl einmaligen Schüler-Gesangverein gepaßt hätte.

Quelle: http://www.bardophonia.de