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Münster

Die Stadt Münster

MünsterWappen.gif

Stadtfarben:

gold-rot-silber

Stadtfläche:

30.245 ha

24,4 km Nord-Süd-Ausdehnung

20,6 km Ost-West-Ausdehnung

Bevölkerung:

270.868 (31.12.2005)

geogr. Lage:

51*57´46,6´´ nördliche Breite

7*37´43.3´´ östliche Länge

61,3m Höhe über NN

erste urkundl.

Erwähnung:

793 n. Chr.

Partnerstädte:

Orleans (F), York (GB), Kristiansand (N), Monastir (TUN), Rishon le Zion (ISR), Fresno (USA), Rjasan (RUS), Lublin (POL), Beaugency (F, nur mit Hiltrup), Mühlhausen (Thüringen, Städtefreundschaft)

Zeittafel der Stadt Münster

vor 793 An der Stelle Münsters existiert eine Sachsensiedlung ("Mimigernaford") 793 Anlegung des Frankenstützpunktes um 800 Der friesische Missionar Liudger errichtet ein Stift und erbaut eine Kirche Die Siedlung wird nun Monasterium genannt Aus der Siedlung entwickelt sich die befestigte Domburg 1121 Der Bischofssitz wird zerstört um 1200 Das Stadtrecht ist vollständig ausgebildet Die erste Stadtbefestigung ist fertiggestellt 1305 Münster ist Mitglied der Hanse 14. Jh. Bau des Rathauses und der Lambertikirche 1534-1535 Herrschaft der Wiedertäufer und Belagerung der Stadt durch bischöfliche Truppen 1535 Erstürmung der Stadt 1536 Hinrichtung der Anführer der Wiedertäufer 1648 Beschluß des Westfälischen Friedens 1661 Bau der Zitadelle 1802 Münster fällt an Preußen 1806 Münster fällt an Frankreich 1813 Münster wird wieder preußisch 1816 Münster wird zur Provinzhauptstadt Westfalens erhoben 1940-1945 Zerstörung eines Großteils der Stadt im Zweiten Weltkrieg 1949 Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1975 Kommunale Neugliederung

Die Geschichte der Stadt Münster

„Unter allen Städten Westfalens ist Münster die vornehmste, ja in ganz Deutschland gibt es keine, die ihr darin gleichkommt.”

Als sich die Dichterin RICARDA HUCH 1927 so begeistert über Münster äußerte, konnte sie noch ein Stadtbild erleben, das über Jahrhunderte glanzvoll gewachsen war und ein unverwechselbares historisches Antlitz hatte. Die Stürme der Zeit, darunter den Dreißigjährigen Krieg, hatte die Stadt fast unversehrt überstanden. Der letzte Weltkrieg allerdings bedeutete eine tiefe Zäsur. Über 100 Luftangriffe hinterließen im Stadtbild unübersehbare Wunden: die Innenstadt war zu über 90% zerstört. Doch dann geschah ein kleines Wunder. Der Wiederaufbau der Altstadt verzichtete, anders als in vielen anderen vergleichbaren deutschen Städten, auf eine autogerechte, moderne Gestaltung. Der historische Stadtgrundriß und die überlieferte Straßenführung waren der Rahmen für die Wiederherstellung des alten Münsters, das in Anlehnung an das verlorene Original neu entstand. Hier hat sich als Oberstadtdirektor unser ehemaliger AHVx AUSTERMANN bleibende Verdienste erworben. Dank der Tatkraft der Bürger wurden für das Stadtbild charakteristische Bauwerke wie das Rathaus, der Dom, die Altstadtkirchen und das Schloß in wesentlichen Teilen originalgetreu rekonstruiert. Münster er-hielt seine historische Identität zurück, es erstrahlte in neuem Glanz. THEODOR HEUSS, der erste Bundespräsident, rühmte Münster bereits 1953 als „schönste Stadt Deutschlands”. Im Jahre 1993 feierte die Stadt das 1200 jährige Jubiläum ihrer Gründung. Erst der Blick zurück in die Geschichte macht das vielgelobte Stadtbild Münsters begreifbar und öffnet dem Besucher den Zugang zu den Sehenswürdigkeiten.

Münster im Mittelalter

Die Geschichte der Stadt Münster beginnt im Jahre 793, als der friesische Missionar LIUDGER im Auftrage KARLS DES GROSSEN auf dem Horsteberg, im Bereich des heutigen Domes, ein befestigtes Missionskloster gründete. Es ersetzte eine in den Sachsenkriegen KARLS DES GROSSEN zerstörte Siedlung mit dem Namen „Mimigernaford”, die im Schnittpunkt wichtiger Fernhandelsstraßen und an einer gangbaren Aa-furt lag. Die Gründung von Klöstern hatte die Christianisierung der heidnischen Sachsen und ihre Eingliederung in das fränkische Reich zum Ziel. LIUDGERS „monasterium” (Kloster) war die Keimzelle von Münster, es gab der Stadt ihren heutigen Namen. Im Jahre 805 wurde LIUDGER zum ersten Bischof Münsters geweiht. Die karolingische Domburg wurde zentraler Bischofssitz des Münsterlandes und zugleich rechtlich zur „civitas” (Stadt) aufgewertet. Sie um-faßte in ihrer Ausdehnung den heutigen Domplatz samt angrenzender Bebauung und hatte ihr geistliches Zentrum in der Bischofskirche LIUDGERS, dem Vorgängerbau des heutigen Dorns. Neben den Klerikern lebten im Schutz der Domburg auch Handwerker, die in bescheidenen Fachwerk- und Lehmhäusern wohnten. Seit dem 10. Jahrhundert ließen sich zunehmend Kaufleute im Schutz der Domburg nieder. Sie siedelten bevorzugt nordöstlich der Domburg an der Kreuzung wichtiger Handelsstraßen. An dieser Stelle entstand spätestens Ende des 11. Jahrhunderts eine Marktkirche, die dem Hl. LAMBERTUS geweiht war. Die politische Bedeutung der münsterischen Kaufleute erklärt sich aus ihrer führenden Rolle bei westfälischen Städtebündnissen, so etwa bei dem 1246 zwischen fünf Städten geschlossenen Ladbergener Vertrag, der gemeinsamen Schutz der Wirtschaftsinteressen und Schutz vor Räuberei bot. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts war Münster Mitglied der Städtehanse, die mit etwa 70 Mitgliedsstädten und 40 Niederlassungen die bedeutendste politische und wirtschaftliche Macht im Nord- und Ostseeraum darstellte. Die Wirtschaftsblüte Münsters vorn 13. bis 15. Jahrhundert verdankt die Stadt ganz wesentlich den weitreichenden Handelsbeziehungen der einheimischen Hansekaufleute, die mit Nord-und Mitteleuropa, insbesondere mit dem Baltikum und England regen Handel trieben. Ende des 16. Jahrhunderts gelang es den münsterischen Kaufleuten sogar, die Stadt Köln als Vorort des westfälischen Hansequartiers zu verdrängen. Der Export aus Münster beschränkte sich nicht nur auf Leinen und Vieh, besonders gefragt waren auch Kunstwerke aus Bamnberger Sandstein und Tafelmalerei münsterischer Künstler. Die westfälische Tafelmalerei erlebte im Spätmittelalter eine beachtliche Blüte. Sie kann heute noch im Westfälischen Landesmuseum ausgiebig studiert werden. Die kulturelle Blüte Münsters im Mittelalter spiegelt sich in einer reichen Bautätigkeit. Zentren sind die Domburg und die Kaufmannsstadt am Prinzipalmarkt, daneben entstehen im übrigen Stadtgebiet zahlreiche Sakral- und Klosterbauten. Der heutige Dom ist Ausdruck der geistlichen und politischen Macht des münsterischen Bischofs im Hochmittelalter. Mit einer Gesamtlänge von fast 109 Metern ist er die größte Bischofskirche Westfalens und gilt als bedeutendster westfälischer Sakralbau des Mittelalters. Der Domplatz, auf dem dreimal wöchentlich (mittwochs, freitags und samstags) buntes Markttreiben zu beobachten ist, bietet einen ungehinderten Blick auf die dem APOSTEL. PAULUS geweihte Bischofskirche. Auffällig bei der südlichen Schauseite ist der reizvolle Farbkontrast zwischen den verwendeten Baumaterialien, dem Baumberger Sandstein und den grünen Kupferdächem. Die Kathedrale entstand zwischen 1225 und 1264 in spätromanischen Formen und ist der dritte Dombau an dieser Stelle. Der dem Gründungsbau des Liudger nachfolgende ottonische Bau, der 1090 geweiht wurde, hat den Grundriss des heutigen Domes mitbestimmt. Der Dom ist in seinem mittelalterlichen Kern eine dreischiffige gewölbte Basilika mit zwei Querhäusern, im Osten wird sie von einem Umgangschor abgeschlossen. Ende des 12. Jahrhunderts entstand der älteste, noch heute erhaltene Bauteil des Doms, der monumentale Westbau zwischen den wuchtigen Türmen. Alle späteren Veränderungen des Domes, zum Beispiel die spätgotischen Schaugiebel, haben die klare romanische Grundform nicht angetastet. Dies galt auch für die aufwendige, zwischen 1516 und 1522 geschaffene spätgotische Umgestaltung des Westchores mit einem Prachtportal und einem großen Maßwerkfenster. Nach ihrer Kriegszerstörung wurde auf eine Rekonstruktion verzichtet. Die heutige Fassadengliederung des Westbaus mit der modernen Fensterrosette wurde nach Kriegsende kontrovers diskutiert, im Volksmund heißt sie die „Seelenbrause” oder „Telefonscheibe des Bischofs”. Der monumentale Skulpturenschmuck der westlichen Schaufront kam bereits 1902 aus konservatorischen Gründen in das Westfälische Landesmuseum. Es ist die Gruppe vom „Einzug Christi in Jerusalem”, ein Hauptwerk von HEINRICH BRABENDER, dem führenden Bildhauer der Stadt im Spätmittelalter. Den Besucher des Domes erwartet gleich zu Beginn eine besondere Attraktion: die Vorhalle, das „Paradies”, birgt den wohl eindruckvollsten Figurenzyklus des Mittelalters in Westfalen. Die zehnfigurige Apostelfolge und die beiden Statuenpaare an der Ost- und Westwand, entstanden um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Figuren gehören zu den bedeutendsten Beispielen staufescher Plastik in Westfalen. Das Innere des Domes überrascht durch seine Großzügigkeit und Weite. Die Arkaden der Seitenschiffe lassen viel Licht in das Hauptschiff, es entsteht ein hallenartiger Charakter, der bereits die Gotik ahnen läßt. Das bürgerliche Pendant zum Domplatz ist der Prinzipalmarkt mit Rathaus und Lambertikirche. Der Prinzipalmarkt, bis heute Geschäftszentrum der Stadt, entstand um 1150 als langgestreckter Straßenmarkt südöstlich der Domburg. Bald reihten sich auf schmalen Parzellen 48 meist dreigeschossige Giebelhäuser aneinander, die sich im Erdgeschoß in Arkaden öffneten. Unter den Arkaden konnten die Kaufleute unabhängig von der Witterung ihre Waren verkaufen. Die überragende Bedeutung dieses „Hauptmarktes” für die Geschäfte der Stadt demonstriert der Name „Prinzipalmarkt”, der erstmals 1611 genannt wird. Bei den verheerenden Zerstörungen des letzten Krieges ist die einmalige Giebel-front des Prinzipalmarktes mit vielen Häusern der Gotik und Renaissance bis auf wenige Ausnahmen restlos vernichtet worden. Ein Bei-spiel der verlorenen Pracht bietet noch das unversehrte Giebelhaus Prinzipalmarkt Nr. 48 (Cafe Kleimann) aus dem Jahre 1627. Trotz aller Verluste konnte der Wiederaufbau des Prinzipalmarktes den historischen Gesamteindruck bewahren: „Er folgte den alten Grundstücken und der Grundform des Giebelhauses mit Laubengang. Nur in der freien Gestaltung der Giebel und Fassaden ist für einen aufmerksamen Beobachter das Formgefühl der Fünfziger Jahre zu erkennen. Stolzes Symbol bürgerlicher Selbständigkeit gegenüber dem bischöflichen Herrn war der Bau des Rathauses mit seinem prächtigen Marktgiebel, der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand. Schon die dominierende Lage des Rathauses, direkt gegenüber dem Haupttor (Michaelistor) des landesherrlich-bischöflichen Dombereichs war ein überaus selbstbewußter Hinweis auf städtische Freiheit und Selbstverwaltung. Der Rathausgiebel, noch heute Wahrzeichen der Stadt, gehört zu den bedeutendsten Werken der gotischen Profanarchitektur in Europa. Über der Erdgeschoßlaube mit den spitzbogigen Arkaden befindet sich das Hauptgeschoß, das vier große Maßwerkfenster ziert. Darüber setzt der siebenachsige, hohe Treppengiebel an, der in figurenbekrönten Fialen endet, die untereinander durch Maßwerkbrücken verbunden sind. Die mittlere Achse zeigt eine Königsfigur und darüber in einer Figurennische Maria vor Christus als Himmelskönig. Der münsterische Rathausgiebel, ursprünglich farbig gefaßt, war Vorbild für viele Treppengiebel in Norddeutschland. Den nördlichen Abschluß des Prinzipalmarktes bildet die Stadt- und Marktpfarrkirche St. Lamberti. Neben dem Rathaus ist sie ein weiteres wichtiges Zeugnis einer selbstbewußten, nach Unabhängigkeit streben-den Kaufmannschaft. Bereits Ende des 11. Jahrhunderts enstand eine erste bescheidene Kirche. Drei weitere Kirchenbauten folgten, bis 1375 mit dem Bau der heutigen spätgotischen Marktkirche begonnen wurde. Bürgerlichen Reichtum demonstriert die zum Prinzipalmarkt gerichtete südliche Schauwand. Sie wurde mit spätgotischen Zierformen geschmückt und besitzt nicht weniger als drei Portale. Das Hauptportal ist herausgehoben durch ein bekrönendes Relief der Wurzel Jesse, des Stammbaumes Christi (um 1450). Der heutige neugotische Turm ist keine hundert Jahre alt, er ersetzt den mittelalterlichen Turm, der im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. Jeden Abend wird am Lambertikirchturm eine ausgesprochen mittelalterliche Tradition lebendig, denn ab 21 Uhr bläst von der Turmstube jede volle und halbe Stunde ein Türmer. Der Türmer von Münster, bereits 1481 urkundlich erwähnt, sollte im Mittelalter entstehende Brände und herannahende Truppen melden. Das Kircheninnere von St. Lamberti ist von überraschender Lichtfülle. Große Fenster mit filigranem Maßwerk bewirken ein Höchstmaß an Transparenz. Schlanke Pfeiler stützen die Netz- und Sterngewölbe, die erst 1525/26 entstanden. Die Lambertikirche gilt als „reifster Hallenbau der Spätgotik in Westfalen” (Dehio). Im Gegensatz zur Basilika besitzt die Hallenkirche kein überhöhtes Mittelschiff, der Gewölbeansatz der Iallenkirche ist im Mittelschiff und in den Seitenschiffen immer von einheitlicher Höhe. Die Lambertikirche repräsentiert dieses Bauprinzip besonders überzeugend: Die Kirchenschiffe verschmelzen zu einem lichtdurchfluteten einheitlichen Raum. Neben der Lambertikirche bilden die übrigen Pfarrkirchen der Stadt ein weiteres Zeugnis der mittelalterlichen Bautätigkeit in Münster. Sie veranschaulichen die Stilentwicklung von der romanischen Basilika bis zur gotischen Hallenkirche. Die bereits 1070 vor der Stadt gegründete Mauritzkirche vermittelt mit der auffälligen Turmgruppierung noch eine gute Vorstellung vom ottonischen Gründungsbau. Der wuchtige Westturm und die schlanken, den gotischen Chor (um 1470) flankierenden Türme stammen im Kern aus der frühromanischen Bauperiode. Ebenfalls aus dieser Zeit datieren die später an den Osttürmen vermauerten, kunsthistorisch wertvollen Sandsteinreliefs mit Darstellungen von Kriegern und heiligen Frauen (vier Originale heute im Westfälischen Landesmuseum). Die von etwa 1180 bis Anfang des 13. Jahrhunderts entstandene Ludgerikirche ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Frühform einer Hallenkirche, die sogenannte Stufenhalle: Die dreischiffige Halle besitzt noch ein leicht überhöhtes Mittelschiff. Die spätgotischen Veränderungen (um 1400), wie der durchlichtete Chor und der offene, mit Maßwerk und Fialen vielfältig geschmückte Vierungsturm, mildern die romanische Schwere des Kernbaus. Die Servatiikirche, in der Nachfolge von St. Ludgeri im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts entstanden, ist eine spätromanische Hallenkirche mit Stützenwechsel. Der Chor entstand ebenfalls erst in spätgotischer Zeit (um 1500). Die Überwasserkirche wurde schon im Jahre 1040 als adeliges Damenstift gegründet. Das zwischen 1340 und 1346 errichtete Langhaus zeigt bereits wesentliche Merkmale einer gotischen Hallenkirche, ist je-doch gegenüber der späteren Lambertikirche noch stärker auf den Chor ausgerichtet und von einer mehr zurückhaltenden Höhenentwicklung. Der massige Turm, der ursprünglich einen Helm besaß, wurde nach 1363 begonnen. Sein achteckiges Obergeschoß mit den durchbrochenen Ecktürmchen wurde erst Anfang des 15. Jahrhunderts vollendet. Ein besonders wertvoller Schmuck der Kirche war ein zwischen 1363 und 1374 entstandener Figurenzyklus am Westportal. Er wurde von den Wiedertäufern stark beschädigt, zur Verstärkung der Stadtbefestigung am Wall vergraben und erst 1898 an der Kreuzschanze wiedergefunden. Die Gruppe mit Maria und den Aposteln, die sich heute im Westfälischen Landesmuseum befindet, ist ein Höhepunkt der gotischen Skulptur in Deutschland und der Kölner und Straßburger Plastik verwandt. Eine typische gotische Hallenkirche ist die um 1350 erbaute Martinikirche. Der in den unteren Geschossen noch romanische Turm wurde im 15. Jahrhundert aufgestockt und mit gotischen Zierelementen versehen. Die bedeutendste erhaltene mittelalterliche Klosterkirche Münsters ist die Apostelkirche, die ehemalige Minoritenkirche. Sie wurde um 1280 als erste Kirche Münsters in rein gotischen Formen errichtet. Ursprünglich war sie als asymmetrische, zweischiffige Hallenkirche angelegt, ihre jetzige Größe erhielt sie durch Anbauten im 15. und 17. Jahrhundert. Einzigartig für Münster sind die 1936 entdeckten Gewölbemalereien aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Münster besaß im Mittelalter eine mächtige Stadtbefestigung; deren erster Mauerring um 1200 vollendet und die in der Folgezeit ständig verstärkt wurde. Nach 1763 ist diese Fortifikation unter Leitung des Generalmajors JOHANN CONRAD SCHLAUN geschleift worden; auf den ehemaligen Wällen legte er einen 4,5 Kilometer langen Spazierweg, die Promenade, an, die die Altstadt umgibt. Von den ehemals 11 Toren und 7 Wehrtürmen hat sich lediglich der Buddenturm aus dem 13. Jahrhundert erhalten, der lange Zeit als Gefängnis diente. An strategisch bedeutsamer Stelle wurde zwischen 1525 und 1530 der Zwinger als runder Batterieturm mit zwei Meter dicken Mauern erbaut. Seit dem letzten Krieg fehlt ihm sein steiles Kegeldach. Reste der Stadtmauer sowie ei-ne Erdbastion des 16. Jahrhunderts sind in der Nähe der Aa am Stadtgraben zu entdecken. Ein Blick von der Promenade über die „Westerholtsche Wiese” zu Füßen dieser alten Bastion in Richtung Altstadt zeigt die mittelalterliche Silhouette der türmereichen Stadt noch fast unberührt.

Das „Neue Jerusalem”:

Die Wiedertäuferherrschaft in Münster Der Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit war in ganz Deutschland durch heilige politische, soziale und religiöse Spannungen gekennzeichnet. Die Reformation hatte eine Erneuerung der Kirche zum Ziel und stellte zentrale Inhalte der traditionellen Kirchenlehre in Frage. Neben den herausragenden Reformatoren MARTIN LUTHER in Wittenberg und ULRICH ZWINGLI in Zürich gab es noch einen weiteren, radikalen Weg der Reformation, zu dem die Wiedertäufer zählen. Bereits um 1525 spaltete sich diese radikalreformatorische Gruppe von der Reformation ZWINGLIS ab, weil nach ihrer Meinung die Gottesdienstreform Zwinglis nicht weitreichend genug war. Ihr Ziel war ein ideales christliches Leben nach dem Vorbild der urchristlichen Gottesgemeinde. Das Wiedertäuferreich erfuhr in Münster eine besonders radikale Ausprägung. Die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Klerus äußerte sich bereits 1532 in der Einführung der lutherischen Glaubenslehre in allen Pfarrkirchen Münsters. Im Streit zwischen Rat und dem Reformator BERND ROTHMANN scheiterte die Reformation, so daß die Täufer im Februar 1534 zur Herrschaft gelangten und unter der Führung des „Propheten” JAN MATTHYS ein „Neues Jerusalem” ausriefen. Der Bischof FRANZ VON WALDECK versuchte die Stadt in den folgenden Monaten mit militärischer Gewalt zurückzuerobern, was ihm jedoch zu-nächst nicht gelang. Die Erwachsenentaufe („Wiedertaufe"), die der Reichstag schon 1529 unter Todesstrafe gestellt hatte, gab der Täuferbewegung ihren Namen. Die erneute Taufe war Zeichen der Umkehr zu Gott und ein Zeichen da-für, Auserwählte Gottes zu sein. Wer sich taufen ließ, würde das göttliche Strafgericht über die Welt überleben, das, dem damals weit verbreiteten Endzeitbewußtsein entsprechend, in Kürze erwartet wurde. Das „Tausendjährige Reich” der Wiedertäufer verkündete die Wieder-kehr Christi nach der Vernichtung der Gottlosen. Die Täufer forderten ein Leben streng nach dem Vorbild der christlichen Urgemeinde. Neben der Erwachsenentaufe bedeutete dies die Abschaffung des Geldes und die Einführung der Gütergemeinschaft. Andersdenkende wurden systematisch verfolgt und Taufunwillige aus der Stadt vertrieben. Der Haß gegen die alte Ordnung äußerte sich in einer Bücherverbrennung und in einem fanatischen Bildersturm, dem viele wertvolle mittelalterliche Kunstwerke zum Opfer fielen. Die zerstörten Kirchenskulpturen wurden zum Teil zur Befestigung der Stadtwälle benutzt und erst Jahrhunderte später wiederentdeckt, so zum Beispiel die bereits erwähnten Skulpturen vom Westportal der Überwasserkirche. Nach MATTHYS' gewaltsamem Tod kam es unter dem „neuen David” JAN VAN LEIDEN, der als „König der Wiedertäufer” mit diktatorischen Vollmachten ausgestattet war, zu einer weiteren Radikalisierung. Er propagierte die Vielweiberei und legitimierte sie mit dem Hinweis, daß Abraham, David und andere Väter aus dem Alten Testament ebenfalls mehrere Frauen gehabt hätten. JAN VAN LEIDEN heiratete die Witwe seines Vorgängers und nahm später noch fünfzehn Frauen. Die Situation in der Stadt verschärfte sich, als die ersten einschneiden-den Folgen der bischöflichen Belagerung spürbar wurden und sich eine Hungersnot anbahnte. ELISABETH WANDSCHERER, eine der 16 Frauen des Wiedertäuferkönigs, wünschte daraufhin, Münster verlassen zu dürfen. JAN VAN LEIDEN führte sie zum Prinzipalmarkt, schlug ihr mit dem Schwert das Haupt ab, umtanzte die Leiche im Blutrausch mit den anderen Frauen und alle sangen dazu „Allein Gott in der Höh sei Ehr”. Doch das Ende der Täufer nahte. Die ersten Versuche des Bischofs, die Stadt im Sturmangriff einzunehmen, scheiterten zunächst am erbitterten Widerstand der Täufer, die die Stadtwälle stark befestigt hatten. Nach sechzehnmonatiger Belagerung gelang es 1535 den Truppen des Bischofs, die von Hunger geschwächte Stadt in einem blutigen Kampf zurückzuerobern. Die drei Anführer der Täuferbewegung, der „König” JAN VAN LEIDEN, sein „Statthalter” BERND KNIPPERDOLLINCK und sein „Rat” BERND KRECHTING, wurden gefangengenommen und zum Tode verurteilt. Nach der damals gültigen Halsgerichtsordnung wurden sie auf dem Prinzipalmarkt öffentlich mit glühenden Zangen gefoltert und anschließend erdolcht. Ihre Leichname wurden zur allgemeinen Abschreckung in Eisenkäfigen am Lambertikirchtunm aufgehängt. Die originalen Käfige sind noch heute am Turm zu sehen und künden vom blutigen Ende der Täuferbewegung in Münster

Humanismus und Weltpolitik:

Münsters Blüte als Bürgerstadt und europäische Friedensstadt Die Stadt Münster erholte sich schnell von den Folgen der Wiedertäuferzeit. Die politischen Voraussetzungen hierfür waren die Rückgabe der städtischen Selbstverwaltungsrechte vom Bischof an den Rat im Jahre 1541 und die 1553 erfolgte Erlaubnis zur freien Ratswahl sowie zur Neuzulassung der Gilden. Erst 50 Jahre nach der Täuferherrschaft, die zu einer deutlichen Verringerung der Stadtbevölkerung geführt hatte, erreichte die Einwohnerzahl Münsters wieder etwa 10.000 Menschen. Der wirtschaftlichen Blüte folgte ein kultureller Aufschwung der Stadt. Nach den Verwüstungen der Wiedertäufer entstanden zahlreiche repräsentative Neubauten und aufwendige Innenausstattungen für Profanbauten und Kirchen. Die münsterische Architektur war seit der Mitte des 16. Jahrhunderts den neuen Stilformen der Renaissance verpflichtet. Ein herausragendes Beispiel dieser Baukunst ist die 1564 entstandene giebellose Fassade des von Heereman'schen Hofes an der Königsstraße. Der Entwurf der strengen, durch einen übergiebelten Erker geschmückten Fassade wird HERMANN TOM RING zugeschrieben. Der traditionellen Giebelfront steht die auf 1583 datierte Renaissancefront des Patrizierhauses Rothenburg 44 näher, die genau in der Achse der Königsstraße liegt. Von den ehemals 17 Gildehäusern in Münster ist nur das 1589 gebaute Krameramtshaus am Alten Steinweg erhalten geblieben. Es diente der reichen Kramergilde als Versammlungsort und Warenlager. Die Fassade ist durch Pilaster mit vorgelegten Halbsäulen und Gesimse harmonisch gegliedert. Die kugelbesetzten Halbrosetten auf den Staffeln, die bereits das Haus Rothenburg 44 aufweist, verweisen auf den Wolbecker Drostenhof. Eine Weiterentwicklung des münsterischen Treppengiebels im Stil der Spätrenaissance ist der 1615/16 von JOHANN VON BOCHOLT entworfene Giebel des Stadtweinhauses neben dem Rathaus. Er ist mit Voluten und Obelisken geschmückt. Im Stadtweinhaus befanden sich der städtische Weinkeller und die Stadtwaage. Von der vorgesetzten Laube mit dem sogenannten „Sentenzbogen” wurden öffentliche Bekanntmachungen und Gerichtsurteile verkündet. Der wichtigste Kirchenbau des 16. Jahrhunderts in Münster ist die von 1590-1597 vom münsterischen Baumeister JOHANN ROSSKOTTE errichtete Petrikirche. Sie war ursprünglich die Predigtkirche der Jesuiten, die sich 1588 in Münster niederließen und die traditionsreiche Dom-schule, das Paulinum, übernahmen. Hauptaufgabe des Ordens war die Rückführung der Bevölkerung zum katholischen Glauben. Dabei spielten die Predigt und der Unterricht ei-ne zentrale Rolle. Tatsächlich gelang es den münsterischen Jesuiten, das katholische Bekenntnis innerhalb einer Generation wieder durchzusetzen. In bewußter Anknüpfung an vorreformatorische Baukunst wurden gotische Bauelemente wie Strebepfeiler, Maßwerkfenster und Netzgewölbe verwendet. Nur Baudetails, etwa die Portale, gehören stilistisch zur Spätrenaissance. Bürgerstolz und Reichtum der Auftraggeber ließen in Münster prächtige Raumausstattungen der Renaissance entstehen. Gemeint sind nicht nur die Wandvertäfelungen im Kapitelsaal des Domes (1544-1558) und im Krameramtshaus (1621), besonders hervorzuheben ist vor allem die 1577 nach einem Entwurf von HERMANN TOM RING entstandene Vertäfelung der Ratskammer, des späteren Friedenssaales. Die üppigen Schnitzereien zeigen an der Eingangswand Christus und die Apostel und auf der gegenüberliegenden Seite neben Moses und den vier Evangelisten die Allegorien der sieben freien Künste. Ein künstlerisch wie technisch gleichermaßen bewundernswertes Meisterwerk der Zeit ist die seit 1540 bestehende Astronomische Uhr im Dom, deren kalendarische Angaben bis zum Jahre 2071 reichen. Unten zeigt eine Kalenderscheibe Tag und Jahr an, Monatsbilder illustrieren das Alltagsleben. Darüber sind im „Astrolabium” die Uhrzeit, der Lauf der Sonne und Gestirne, die Mondphasen und das augenblickliche Tierkreiszeichen abzulesen. Den oberen Abschluß der Uhr bildet eine 1542 gemalte Giebelarchitektur mit Volksszenen. Sie wird LIJDGER TOM RrNG D.Ä. (1496-1547) zugeschrieben. Bis heute ist der Aufzug der Heiligen Drei Könige vor der Muttergottes mit dem Kind, jeweils zur Mittagsstunde unter dem Giebel, eine Attraktion, die viele Besucher anzieht. lm Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), der in Deutschland schwerste Verwüstungen verursachte, blieb die Stadt Münster dank der Anlage neuer Bastionen und Schanzen unzerstört. Dies begünstigte die 1641 getroffene Entscheidung der europäischen Mächte, die Stadt Münster, neben Osnabrück, zum Tagungsort der Westfälischen Friedensverhandlungen zu bestimmen. Beide Städte wurden 1643 neutralisiert. Die Folge war für Münster ein Höchstmaß an städtischer Freiheit, denn nun war die Stadt den traditionellen Verpflichtungen gegenüber dem Kaiser und dem Fürstbischof entbunden. Mit dem Beginn der Friedensverhandlungen 1643/1644 standen Münster und Osnabrück im Brennpunkt des europäischen Interesses. In Münster verhandelten das Reich, Frankreich sowie die katholischen Länder, in Osnabrück dagegen tagten die Abgesandten des Kaisers, Schweden und die protestantischen Länder. Über 200 Diplomaten aus ganz Europa fanden sich mit ihrem großen Gefolge in beiden Städten ein. Als Friedensvermittler traten der päpstliche Nuntius FABI0 CHIGI, der spätere Papst ALEXANDER VII., und der venezianische Botschafter auf. Erster Höhepunkt der langwierigen Friedensgespräche war die Unterzeichnung des spanisch-niederländischen Friedensvertrags am 30. Januar 1648, der den Generalstaaten die staatliche Souveränität von Spanien garantierte. Die festliche Ratifizierung und Beschwörung des Friedensschlusses erfolgte am 15. Mai des gleichen Jahres in der Ratskammer, die daher heute „Friedenssaal” heißt. Der niederländische Maler GERARD TER BORCH hat diese Szene auf einem berühmten Gemälde festgehalten. Das Original befindet sich heute in der National Gallert' in London, eine zeitgenössische Kopie ist im Stadtmuseum zu bewundern. Der eigentliche Westfälische Friedensschluss, Grundlage einer europäischen Friedensordnung, wurde nach fast fünfjährigen Verhandlungen am 24. Oktober 1648 in Münster unterzeichnet. Die Freude darüber war groß. Eine Kaminplatte im Friedenssaal bringt sie auf die prägnante Formel „Pax optima rerum”: „Der Frieden ist das höchste Gut”.

Der Glanz des fürstlichen Absolutismus:

Meisterwerke des Spätbarock Besonders unter dem Bischof CLEMENS AUGUST VON WITTELSBACH, von 1719 bis 1761 Fürstbischof von Münster, erlebte die Stadt eine Zeit barocken Glanzes. Nur während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), als die Stadt mehrfach belagert und beschossen wurde, fiel ein Schatten auf die Politik des Bischofs. Das umfassende Mäzenatentum des Bischofs trug in der Förderung des Architekten JOHANN CONRAD SCHLAUN (1695-1773) reiche Früchte. Er schuf in Westfalen viele Meisterwerke des Spätbarock und Rokoko, seine Bauwerke prägen bis heute das Stadtbild Münsters. Sein erstes Bauwerk in der Stadt war die 1724-1729 erbaute Kapuzinerkirche, die heutige Aegidiikirche. Bei der äußerlich schlichten Bettelordenskirche fällt besonders die differenzierte Gliederung der Sandsteinfassade mit dem konkaven Portal auf. Wie auf einer „Barockinsel” liegen zwei Hauptwerke SCIILAUNS dicht beieinander, die Clemenskirche und der Erbdrostenhof. Den Anfang machte die 1745-1753 errichtete Clemenskirche, die Kloster- und Hospitalkirche der Barmherzigen Brüder. Der Fürstbischof persönlich hatte sie zu Ehren seines Namenspatrons gestiftet. SCHLAUN setzte die Kirche als städtebaulich wirkungsvollen Eckpunkt geschickt zwischen die sich zu beiden Seiten anschließenden Hospital- und Klostertrakte. Diese für das Verständnis der Kirche wichtigen Flügelbauten sind nach der Kriegszerstörung des Komplexes nicht wiederhergestellt worden, denn die Kirche steht heute isoliert. Vorbildlich gelungen ist der Wiederaufbau der Kirche. Die Fassade ist nach römischem Vorbild reich bewegt und erhält durch eine lebendige Backstein- und Sandsteingliederung zusätzlich farblichen Reiz. Im Inneren entfaltet der Zentralbau in süddeutscher Manier seine ganze Pracht in einer üppigen Stuckdekoration des Rokoko. Die Ausstattung gipfelt im Kuppelfresko, das in barocker Figurenfülle die Verherrlichung des HI. Clemens zeigt. Nur wenige Meter entfernt liegt der kurz nach der Clemenskirche von 1753-1757 gebaute Erbdrostenhof. SCHLAUN errichtete ihn für einen hohen fürstbischöflichen Verwaltungsbeamten, den Erbdrosten ADOLPH HEIDENREICH VON DROSTE ZU VISCHERING. In geradezu genialer Weise gelang es Schlaun, die Nachteile des beengten Grundstücks, das im Winkel zweier Straßen liegt, zu überspielen. Er setzte das Palais einfach übereck auf das Grundstück und schloss den so gewonnenen Ehrenhof zur Straße mit geschwungenen Gittern ab. Der reiche Schmuck der Fassade, die Dynamik der Fassadenkurvatur und der farbige Wechsel zwischen Backstein und Baumberger Sandstein unterstreichen die Eleganz dieses einzigartigen Stadtpalais, das als ein Hauptwerk des europäischen Spätbarocks gilt. Nach der schweren Kriegszerstörung wurde im Inneren die Hauptraumfolge — Vestibül, Treppenhaus und Festsaal — in alter Pracht wiederhergestellt. Schlaun selbst konnte sich zwei Privathäuser leisten. Als Landsitz mit Barockgarten, aber auch umfangreicher Landwirtschaft, entstand von 1745 bis 1749 das Rüschhaus, eine gelungene Verbindung von münsterländischem Bauernhof und herrschaftlichem Wohnsitz. Das in den Jahren von 1767 bis 1787 nach Plänen Schlauns errichtete Residenzschloss gilt als einer der letzten Schlossbauten des Deutschen Barock. In der meisterhaften Gliederung der Fassaden, die im plastisch-dynamischen Mittelpavillon kulminiert, zeigte Schlaun noch einmal sein Können. Nach dem Tode SCIILAUNS 1773 übernahm sein Amtsnachfolger WILHELM FERDINAND LIPPER (1733-1800) die Innenausstattung. Sie ging im letzten Krieg weitgehend verloren.

Biedermeieridylle und „Kulturkampf”:

Münster unter dem Preußenadler Auf dem Wiener Kongress 1815 kam Münster unter preußische Herrschaft, ein Jahr später wurde die Stadt Hauptstadt der neugegründeten preußischen Provinz Westfalen. Die preußische Provinzialhauptstadt Münster war seit 1816 Sitz zahlreicher hoher Verwaltungs- und Militärbehörden. Politik und Kultur erhielten aus Berlin die entscheidenden Impulse. Die münsterische Architektur war in der ersten Jahrhunderthälfte der klassizistischen Baukunst von KARL FRIEDRICH SCHINKEL (1781-1841), dem herausragenden Architekten des preußischen Staates, verpflichtet. Exemplarisch zeigte dies der erste preußische Großbau in Münster, die von 1828 bis 1831 errichtete Aegidiikaserne, die der letzte Krieg vernichtete. Mit einer klassizistischen Tempelfront wurden 1825/1827 die Torhäuschen des Mauritztores erbaut, von denen das südliche heute noch erhalten ist. Künstlerisch qualitätsvolle Grabmäler preußischer Generäle haben sich auf dem ehemaligen Überwasserfriedhof an der Wilhelmstraße erhalten. Das Grabmal des Generals WILHELM VON HORN (1762-1829) mit einem schlafenden Löwen in Eisenguss wurde nach dem Modell von CHRISTIAN DANIEL RAUCH, dem damals bedeutendsten Berliner Bildhauer des Klassizismus, geschaffen. Eine Erneuerung der religiösen Kunst nach dem Vorbild der Alten Meister war Ziel der Nazarener, einer aus der Deutschen Romantik hervorgegangenen Bewegung. Die Aegidiikirche bewahrt mit ihrer ab 1857 unter der Leitung von Edward von Steinle geschaffenen Nazarenerausmalung ein seltenes Beispiel dieser Kunstströmung. Das kulturelle Leben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird all-gemein mit dem Begriff „Biedermeier” bezeichnet. Ein weitverbreitetes Misstrauen des Bürgertums und des Adels gegenüber der Politik der Restauration nach dem Wiener Kongress hatte einen Rückzug in die häusliche Umgebung, in die Geborgenheit des Privaten zur Folge. ANNETTE VON DROSTE-HÜLSHOFF (1797-1848) gilt als bedeutendste Dichterin des Biedermeier in Deutschland. Geboren auf der Burg Hülshoff bei Roxel, lebte sie von 1826 bis 1846 im nahe gelegenen Rüschhaus, dem früheren Landsitz SCHLAUNS. In ihrem kleinen Arbeitszimmer, das sie selbst ihr „Schneckenhäuschen” nannte, schrieb sie neben zahlreichen Gedichten auch ihre Meisternovelle „Die Judenbuche” (1842). Die preußische Garnison und Verwaltung in Münster, die von Berlin gelenkt wurde, hatte die Stadt, die im Jahre 1815 15.000 Einwohner zählte, fest im Griff. Viele Münsteraner empfanden die preußische Bevormundung als Fremdherrschaft. Verschärfend wirkten die konfessionellen Konflikte zwischen dem protestantischen Preußen und der katholischen Kirche. Als im „Kölner Kirchenstreit” (1837-1841) der Erzbischof von Köln verhaftet wurde, ließen spontane Protestdemonstrationen der Münsteraner keinen Zweifel daran, dass die Bevölkerung auf Seiten des Kirchenfürsten stand, der vorher in Münster Weihbischof gewesen war. Im „Kulturkampf” unter Bismarck (1872-1884) wurde Münster zum „nordischen Rom” und zur Hochburg der katholischen Zentrumspartei. Der 1875 verhaftete münsterische Bischof, der ins Exil fliehen musste, konnte dank des massiven Drucks der Katholiken 1884 in die Stadt zurückkehren. Etwa seit 1870 wuchs Münster endgültig über die zu eng gewordenen Grenzen des Promenadenrings hinaus. Eine rege Zuwanderung führte 1875 und 1903 zu ersten Eingemeindungen. Die Stadt erhielt eine moderne Infrastruktur und öffnete sich mit Beginn des Industriezeitalters neuen Verkehrsträgern. Bereits im Jahre 1848 wurde die Eisenbahnstrecke Münster-Hamm eröffnet. Mit dem Anschluss an den Dortmund-Ems-Kanal im Jahre 1899 wurde ein weiterer wichtiger Verkehrsanschluss an die Wirtschaftszentren des Deutschen Reichs geschaffen. Münster entwickelte sich dennoch nicht zur Industriestadt. Das Stadtbild prägten die repräsentativen preußischen Staats- und Verwaltungsbauten im Stil des Historismus, von denen heute noch einige erhalten sind. Die fast uneingeschränkte Wiederaufnahme historischer Bauformen ist typisch für die Architektur der zweiten Jahrhunderthälfte. Das neugotische Zuchthaus wurde 1848-1851 nach Plänen des SCHINKEL-Mitarbeiters CARL FERDINAND BUSSE errichtet. Im Stil der Neurenaissance entstanden das Landgericht (1874-1879) und das Staatsarchiv (1887-1889), dagegen wurde das Kgl. Oberpräsidium am Schlossplatz (1904) in neubarocken Formen erbaut. Der neugotische Lambertikirchturm (1887-1898), der den baufälligen mittelalterlichen Turm ersetzte, wurde von HILGER HERTEL D.Ä. nach dem Vorbild des Kölner Doms geschaffen. Außerhalb der Altstadt entstanden neue Stadtviertel um die neugotischen Kirchen Herz-Jesu (1895-1900), III. Kreuz (1898-1902) und St. Joseph (1900-1905). Im Kreuzviertel haben sich zahlreiche gründerzeitliche Bürgerhäuser fast unverändert erhalten. Vereinzelte Häuser im Jugendstil markieren den Aufbruch ins neue Jahrhundert (u.a. Heerdestraße 7).

Wirtschaftskrise und Kriegskatastrophe:

Münsters Weg zur NS-Gauhauptstadt Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg begann in Münster turbulent. Nach der Novemberrevolution 1918 gelang es Soldatenräten, die Macht in der Stadt für kurze Zeit an sich zu reißen. Erst die verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar, die 1919 den demokratischen Grundstein für die Weimarer Republik legte, führte in Deutschland zu einer politischen Beruhigung. Im Jahre 1923 konnte die wirtschaftliche Not, hervorgerufen durch die hohen Reparationszahlungen und die Inflation, mit der Einführung einer stabilen Währung, der Rentenmark, gemildert werden. Der Wohnungsmangel machte große geschlossene Wohnsiedlungen notwendig. In Münster entstand zwischen 1924 und 1931 die Gartenvorstadt Habichtshöhe, eine der bedeutendsten Siedlungen der 20er Jahre in Nordwestdeutschland. Typische Beispiele der Bauhausarchitektur haben sich in der Kath. Pfarrkirche II1. Geist an der Metzer Straße (1928/1929) und dem Wohnhaus Münzstraße 9 (1932) erhalten. Zwischen 1926 und 1931 wurde der Aasee als attraktives Naherholungsgebiet geschaffen. Die dramatisch steigenden Arbeitslosenzahlen nach der Weltwirtschaftskrise 1929 konnte auch nicht der aus Münster gebürtige Reichskanzler HEINRICH BRÜNING (1930-1932) verhindern, BRÜNING war Vorsitzender der katholischen Zentrumspartei, die mit rund 50% der Wählerstimmen bis 1932 dominierende Partei in Münster war. Trotz des traditionell katholischen Milieus in Münster konnte sich die nationalsozialistische Ideologie auch in dieser Stadt zwischen 1933 und 1939 durch-setzen. Bei der Kommunalwahl im März 1933 rückte die NSDAP mit 40,2% der Stimmen zur stärksten Partei auf. Wie in anderen deutschen Städten wurden auch hier in der Folgezeit politische Gegner systematisch verfolgt, Parteien und Verbände „gleichgeschaltet`. In der „Reichskristallnacht” wurde die münsterische Synagoge verwüstet. Von den 681 zwischen 1933 und 1945 in Münster lebenden Juden konnten 280 auswandern, 247 kamen im Konzentrationslager um, 7 wählten den Freitod. Massenveranstaltungen wie Fackelzüge und Aufmärsche sollten die Menschen für die Politik des „Führers” ADOLF HITLER begeistern. Eine Symbolfigur des Widerstandes der katholischen Kirche gegen das Unrechtsregime der Nationalsozialisten ist bis zum heutigen Tag CLEMENS AUGUST GRAF VON GALEN (1878-1946), der „Löwe von Münster”. 1929 wurde er Pfarrer von St. Lamberti, seit 1933 war er Bischof von Münster. In ungewöhnlich scharfer Form prangerte er in zahlreichen Predigten, insbesondere im Sommer 1941, die Verfolgungen von Geistlichen und die menschenverachtende Tötung von Geisteskranken (Euthanasie) durch die Geheime Staatspolizei an. Jederzeit drohte ihm die Verhaftung, GOEBBELS jedoch verschob die Abrechnung mit dem populären Mahner auf die Zeit nach dem „Endsieg”. Nach Kriegsende erhielt der unbeugsame Bischof 1946 die Kardinalswürde. Sein Grab im Dom ist heute Anziehungspunkt vieler Besucher. Der Bombenkrieg traf die in Jahrhunderten gewachsene Stadt vernichtend. 102 Luftangriffe zerstörten 92% der Altstadt und 67% der Gesamtstadt. Ungefähr 1.600 Menschen starben in den Trümmern, allein die völlig unerwartete Bombardierung vom 10.10.1943, der erste Tagesangriff, kostete etwa 670 Menschen das Leben. Tausende flohen aus der zerbombten Stadt. Beim Einzug der Alliierten in das zerstörte Münster am 3. April 1945 lebten nur noch 25.000 Menschen in der einstigen Großstadt.

Phönix aus der Asche:

der Wiederaufbau Münsters In Münster begann nach der Trümmerbeseitigung rasch der Wiederaufbau. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Städten entschieden sich der Stadtrat und die Kaufmannschaft für einen Wiederaufbau der alten Stadtstrukturen. Die Rückbesinnung auf die historische Bausubstanz ließ viele bedeutende Bauwerke wie die Giebelhäuser des Prinzipalmarktes, den Dom oder das Schlosses in neuem Glanz erstrahlen, allerdings oft im Detail in vereinfachter Form. Münster ist heute Verwaltungshauptstadt für Westfalen. Hier haben unter anderem der Regierungspräsident, die Oberfinanzdirektion, die Oberpostdirektion, das Oberverwaltungsgericht und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe ihren Sitz. Auch das Kommando des I. Deutsch-Niederländischen Korps mit Beteiligung der Bundeswehr, dessen Befehlsgewalt bis nach Schleswig-Holstein reicht, liegt in Münster. Große Banken und Versicherungskonzerne haben ihre Verwaltungsgebäude am Rande der Stadt errichtet. Die Wirtschaft Münsters weist mit etwa 2.000 Betrieben aus dem Bereich des Handwerks und etwa 5.800 weiteren Dienstleistungsbetrieben eine vielseitige Wirtschaftsstruktur auf. Münster ist heute wirtschaftliches Zentrum des Münsterlandes mit einem Einzugsbereich von ca. 1,4 Millionen Einwohnern. Besonders klein- und mittelständische Unternehmen prägen das industrielle Bild der Stadt. Münster ist eine lebendig pulsierende Hochschul- und Schulstadt. Mit etwa 45.000 Studenten (allein an der WWU] ) gehört sie zu den größten Universitätsstädten Deutschlands. Als Kulturzentrum kann Münster auf eine reiche Theaterlandschaft, 19 Kinos und eine Vielzahl von Bibliotheken und Museen verweisen. Heute leben in Münster ungefähr 270.000 Menschen. Bis zur Wiedervereinigung konnte Münster als einzige Großstadt der Bundesrepublik ein Bevölkerungswachstum vorweisen. Zweifellos ein Kompliment für die Stadt!

Zitate

* „Eine schöne, ja geradezu vornehme Stadt. Hier korrespondiert große Vergangenheit mit dynamischer Gegenwart. Beeindruckend.“ Papst Benedikt XVI., während seiner Zeit als Dozent an der Universität Münster

* „Ich war oft mutlos, ob meine Bestrebungen für den Frieden ein rechtzeitiges Resultat haben würden. Aber in Münster gewann ich wieder das Vertrauen zu den Menschen, dass sie das tun, denken und wollen, wie es sein muss.“ Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer

* „Es gibt in Münster alle Behörden, die man sich vorstellen kann und auch einige, die man sich nicht vorstellen kann.“ Volkmar Hopff, ehemaliger Präsident des Bundesrechnungshofes

* „Wenn ich in einer schönen Stadt war, habe ich immer gesagt, sie sei die zweitschönste in Deutschland, ob es nun Bamberg oder Bremen war. Damit provozierte ich die Frage, welche denn die schönste sei. Und dann habe ich gesagt: Münster.“ Theodor Heuss, erster Präsident der Bundesrepublik Deutschland

* „Münster – da sind Einbahnstraßen, die mich zur Verzweiflung bringen, aber auch herrlich restaurierte Gebäude aus frühen Jahrhunderten. Ich möchte verweilen, finde aber keinen Parkplatz. Auf Wiedersehen, Münster!“ Erich von Däniken, Schriftsteller

* „In Münster habe ich die ungewöhnliche Gelegenheit gehabt, einem bemerkenswerten Stück Geschichte zu begegnen und daran teilzuhaben.“ Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenmenister

* „Münster und die Münsteraner gefall’n mich nich’!“ Gebhard Leberecht von Blücher, preußischer General und Feldmarschall

* „Das war alles zerstört? Davon bemerkt man ja überhaupt nichts mehr.“ Sowjetischer Außenminister Eduard Schewardnadse über die Innenstadt

* „Unter allen Städten Westfalens ist Münster die vornehmste, ja in ganz Deutschland gibt es keine, die ihr darin gleich kommt.“ Ricarda Huch, Dichterin 1927

Sehenswürdigkeiten:

Das Rathaus von Münster

Der Dom

St.Lamberti

Promenade

Zwinger

Buddenturm

Schloss

siehe auch

Münsteraner Korporationen

Münsterlied